Galaxiengruppe

Galaxiengruppe
kompakte Galaxiengruppe HCG 87

Galaxiengruppen und Galaxienhaufen sind Ansammlungen von Galaxien im Universum.

Galaxien sind nicht gleichförmig im Raum verteilt, sondern treten gehäuft in Strukturen auf, die sich seit Beginn der Expansion des Universums unter dem Einfluss der Schwerkraft gebildet haben und von dieser zusammengehalten werden. Galaxiengruppen und Galaxienhaufen bilden noch größere Objekte, die Galaxiensuperhaufen. Galaxien, die nicht offensichtlich Teil einer Gruppe oder eines Haufens sind, heißen Feldgalaxien. Nach heutiger Vorstellung sind alle diese Strukturen Teile einer großräumigen schaumartigen Verteilung von Haufen und verbindenden Filamenten, die sich um Hohlräume (engl. Voids) mit geringer Galaxiendichte gruppieren. Die Entwicklung dieser großräumigen Struktur aus kleinen zufälligen Dichteschwankungen nach dem Urknall und unter dem Einfluss der Schwerkraft ist ein wichtiges Thema der Kosmologie.

Inhaltsverzeichnis

Galaxiengruppen

Kleinere Ansammlungen von Galaxien mit weniger als 50 Mitgliedern in einem Volumen mit einem Durchmesser von bis zu 10 Millionen Lichtjahren (MLj) heißen Gruppen. Ihre Masse ist etwa 1013 Sonnenmassen; die Geschwindigkeiten ihrer Mitglieder variieren um etwa 150 km/s. Die Abgrenzung zu Galaxienhaufen ist nicht scharf definiert.

Auch unser Milchstraßensystem befindet sich in einer Gruppe, der Lokalen Gruppe. Diese umfasst neben der Milchstraße die Spiralgalaxie M 31 im Sternbild der Andromeda, M 33 im Sternbild Dreieck sowie mehrere Begleitgalaxien wie z. B. die Magellanschen Wolken.

In der Umgebung der Lokalen Gruppe befinden sich mehrere andere Galaxienhaufen, die einen großen Teil der hellsten Galaxien am Nachthimmel als Mitglieder besitzen. Die wichtigsten dieser Gruppen sind:

Die Umgebung der Lokalen Gruppe bis etwa 20 MLj Entfernung. Die eingezeichnete Ebene ist die Äquatorebene der Erde, die beiden Pfeile geben die Richtung zum Zentrum des lokalen Superhaufens, dem Virgo-Galaxienhaufen bzw. dem etwas kleinernen Fornax-Galaxienhaufen an, die beide etwa 60 MLj entfernt sind.
  • Die Maffei-Gruppe, benannt nach dem Entdecker der beiden größten Galaxien dieser Gruppe. Diese Gruppe in einer Entfernung von sechs bis zwölf MLj ist, von uns aus gesehen, fast komplett durch die Milchstraßenscheibe verdeckt. Obwohl es sich um die nächste Nachbargruppe handelt (sie wurde sogar noch vor einigen Jahren als Teil der Lokalen Gruppe angesehen) wurde sie erst spät im zwanzigsten Jahrhundert entdeckt. Die einzige hellere Galaxie dieser Gruppe, die nicht durch interstellare Extinktion extrem abgedunkelt erscheint, ist IC 342. Die Gruppe liegt in den Sternbildern Kassiopeia und Giraffe.
  • Die Sculptor-Gruppe, benannt nach dem Sternbild Bildhauer, in dem die hellsten Mitglieder der Gruppe liegen. Diese Gruppe ist etwa zehn MLj entfernt und enthält mit der Sculptor-Galaxie (NGC 253) die hellste Galaxie außerhalb der Lokalen Gruppe, die auf der Südhalbkugel zu sehen ist.
  • Die M81-Gruppe, die nur wenig weiter als die Sculptor-Gruppe entfernt ist und mit Bodes Galaxie (M 81) die hellste Galaxie außerhalb der Lokalen Gruppe enthält.
  • Die M83-Gruppe oder auch NGC5128-Gruppe, die nach den hellsten Mitgliedsgalaxien, der südlichen Feuerrad-Galaxie (M 83) und Centaurus A (NGC 5128) benannt ist. Die Gruppe ist am Südhimmel in den Sternbildern Wasserschlange und Zentaur zu finden und ist 12 bis 17 Millionen Lichtjahre entfernt.
  • Die Canes-I-Gruppe oder CVn-I-Gruppe (auch M94-Gruppe) im Sternbild Jagdhunde. Die Gruppe liegt 13 bis 18 MLj entfernt; ihr hellstes Mitglied ist die Spiralgalaxie M 94.

Siehe auch: Liste der hellsten Galaxien sortiert nach Galaxiengruppe

Galaxienhaufen

Galaxienhaufen Abell 1689, mit durch Gravitationslinsenwirkung zu Bögen verzerrten Hintergrundgalaxien

Galaxienhaufen haben eine Größe von bis zu einigen tausend Einzelgalaxien, die sich alle mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten im gemeinsamen Schwerefeld des Haufens bewegen. Nach dem Stand der Forschung sind sie die größten Strukturen des Universums, die gravitativ gebunden sind. Die Masse liegt bei etwa 1014 bis 1015 Sonnenmassen in einem Gebiet typischerweise 10 bis 20 MLj, mit Geschwindigkeiten, die um etwa 500-1000 km/s streuen (so genannte Pekuliargeschwindigkeiten). Der Hauptteil der Masse der Galaxienhaufen wird von Dunkler Materie ausgemacht (ca. 80 %). Galaxienhaufen sind von einem dünnen, 10 bis 100 Millionen K heißen Gas durchdrungen, das durch seine Röntgenstrahlung beobachtbar ist. Dieses Gas macht ca. 15 % der Masse eines Galaxienhaufens aus. Der Rest der Masse (5 %) ist in den Sternen und Planeten der Galaxien vorhanden. In der Mitte von Galaxienhaufen befindet sich oft eine riesige Elliptische Galaxie wie M 87 im Zentrum des uns nächsten Galaxienhaufens, des Virgo-Galaxienhaufens im Sternbild Virgo (Jungfrau). Im Sternbild Chemischer Ofen befindet sich im Zentrum des Fornax-Galaxienhaufens, der nur wenig weiter als der Virgo-Haufen entfernt ist, die elliptische Riesengalaxie NGC 1399. Sie besitzt einen ausgedehnten diffusen Halo und ist daher die uns nächste so genannte cD-Galaxie. Ein weiterer naher Haufen, dessen Galaxien noch mit etwas größeren Amateur-Teleskopen sichtbar sind, ist der Coma-Galaxienhaufen im Sternbild Haar der Berenike. Dieser Galaxienhaufen ist ein typisches Beispiel eines großen Galaxienhaufens, dessen Zentrum von zwei elliptischen Riesengalaxien vom cD-Typ dominiert wird. Dieser Haufen ist etwa 300 MLj entfernt.

In den dichten Zentralregionen von Galaxienhaufen findet man meist Elliptische Galaxien, während Galaxien am Rand von Haufen, Galaxien in Gruppen und Feldgalaxien meist Spiralgalaxien sind.


Klassifizierung von Galaxienhaufen

Ähnlich wie sich Galaxien nach dem Schema der Hubble-Sequenz klassifizieren lassen, können auch Galaxienhaufen nach ihrem morphologischen Typ klassifiziert werden. Die Klassifizierung ist allerdings weniger eindeutig und die physikalische Erklärung der Morphologie meist schwierig. Daher hat sich bisher kein Klassifizierungsschema durchgesetzt, allerdings erfreut sich das Schema von Rood und Sastry (RS-Schema) einiger Beliebtheit, wohl auch wegen seiner Ähnlichkeit zum Hubble-Schema. Nach dem RS-Schema unterscheidet man anhand der Verteilung der zehn hellsten Mitglieder folgende Haufentypen:

Das RS-Klassifikationsschema für Galaxienhaufen
  • cD-Haufen werden von einer einzelnen riesigen cD-Galaxie im Zentrum dominiert. Beispiel sind die Haufen Abell 2634 im Sternbild Pegasus, der etwa 400 MLj entfernt ist und von NGC 7720 dominiert wird, und Abell 2199, der in etwa 430 MLj Entfernung im Sternbild Herkules und im Hercules-Superhaufen liegt.
  • B-Haufen (von binär) werden von einem Paar von cD-Galaxien dominiert. Das Paradebeispiel ist der berühmte Coma-Galaxienhaufen (Abell 1656), ein weiteres Beispiel der 260 MLj entfernte Galaxienhaufen Abell 569 im Sternbild Luchs.
  • L-Haufen zeichnen sich durch eine annähernd lineare Anordnung der größten Galaxien im Zentrum aus. Ein Beispiel ist der Perseus-Galaxienhaufen (Abell 426), der etwa 230 MLj entfernt im Perseus-Pisces-Superhaufen liegt (Bild und Information: [1]).
  • C-Haufen (von Englisch core) zeichnen sich durch einen einzelnen dichten Kern mit mehreren Großgalaxien aus. Beispiele sind der Hydra-Galaxienhaufen (Abell 1060), der etwa 150 MLj entfernt ist und zum Hydra-Centaurus-Superhaufen zählt, und der 210 MLj entfernte Galaxienhaufen Abell 262 im Sternbild Andromeda, der Teil des Perseus-Pisces-Superhaufen ist. Auch der weiter oben abgebildete Galaxienhaufen Abell 1689 ist vom RS-Typ C.
  • F-Haufen sind flach, d.h. in eine Richtung stark abgeplattet, aber ohne starke Konzentration im Zentrum. Beispiele sind der etwa 290 MLj entfernte Leo-Galaxienhaufen (Abell 1367) im Coma-Superhaufen und der fast sechs GLj entfernte Haufen IRAS 09104+4109.
  • I-Haufen haben eine irreguläre Struktur, ohne klar definiertes Zentrum oder mit mehreren Zentren. Beispiele sind der Virgo-Galaxienhaufen und der Hercules-Galaxienhaufen (Abell 2151), ein spiralreicher Haufen im gleichnamigen Superhaufen in einer Entfernung von etwa 485 MLj (Bild und Information: [2]).

Methoden zur Entdeckung von Galaxienhaufen

  • Die nächsten Galaxienhaufen sind als Konzentration heller Galaxien in Himmelsaufnahmen erkennbar. Verfeinert wurde diese Methode durch George Abell und seine Mitarbeiter, die seit den 1950er Jahren im Palomar Observatory Sky Survey durch entsprechende Beobachtungen am Südhimmel insgesamt über 4000 Galaxienhaufen bis zu Rotverschiebungen von 0.2 identifizierten. Ferne Galaxienhaufen heben sich nur noch schwach vom Vorder- und Hintergrund anderer Galaxien ab und sind so nur schwer auszumachen.
  • Da Galaxienhaufen viele helle elliptische Galaxien mit ähnlichen rötlichen Farben enthalten, verraten sie sich in einer großflächigen Untersuchung von Farbe und Helligkeit von Galaxien durch eine in einem kleinen Bereich auftretende rote Sequenz.
  • Mit Weltraumteleskopen der Röntgenastronomie können Galaxienhaufen über ihr heißes Gas gefunden werden.
  • Kleine Veränderungen der kosmischen Hintergrundstrahlung beim Durchgang durch das heiße Gas eines Galaxienhaufens (Sunyaev-Zeldovich-Effekt) können mit bestimmten Radioteleskopen identifiziert werden.

Dunkle Materie in Galaxienhaufen

Eine genaue Analyse der Eigenbewegungen der Galaxien in Galaxienhaufen mit dem Virialsatz zeigt, dass die gesamte sichtbare Materie nicht ausreicht, um den Zusammenhalt der Haufen durch die Schwerkraft sicherzustellen. Diese Beobachtung wurde erstmals 1933 von Fritz Zwicky am Coma-Galaxienhaufen gemacht. Auch das später im Röntgenlicht entdeckte heiße Gas hat nicht genügend Masse. Diese Beobachtungen gaben den ersten Hinweis auf ein bisher nicht erklärtes Phänomen, das heute unter Dunkle Materie zusammengefasst wird.

Gravitationslinsenwirkung

Galaxienhaufen können das Licht weit hinter ihnen stehender astronomischer Objekte mittels ihrer Gravitation bündeln und verstärken (Gravitationslinse). Diese Verstärkung ist ein wichtiges Hilfsmittel, um extrem schwache Galaxien im Hintergrund bei Rotverschiebungen bis z > 6 noch untersuchen zu können.

Siehe auch

Weblinks


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