Gebirgsartillerie

Gebirgsartillerie
Artilleriebeschuss der Stadt Faludscha.
Deutsche Artillerie ca. 1900
Taktisches Zeichen, Artillerie

Artillerie bezeichnet den Sammelbegriff für großkalibrige Geschütze, in diesem Sinne werden Geschütztypen zusammengefasst, etwa Schiffsartillerie, Küstenartillerie oder die Truppengattung des Heeres. Angehörige der Waffengattung werden als Artillerist bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Waffengattung

Abgrenzung

Der Name Artillerie, entlehnt im 17. Jahrhundert aus dem Französischen, geht auf das Altfranzösische artill(i)er (mit Gerätschaft ausrüsten) zurück, wahrscheinlich einer Ableitung vom altfranzösischen tire (Ordnung, Reihe).

Die Artillerie ist in vielen Streitkräften, insbesondere in der Teilstreitkraft Heer, eine Waffengattung. Die Abgrenzung anhand der Waffenart – großkalibrige Rohrwaffe – ist insbesondere nach Aufkommen von Raketenartillerie, die nur in Ausnahmefällen Rohrwaffen darstellen, nicht mehr eindeutig. Die Truppengattungsdefinition ist weitgehend durch eine funktionelle Sichtweise ersetzt. Im Allgemeinen werden im Heer nur Bodentruppen zur Artillerie gezählt, die feindliche Bodenziele mittels großkalibriger Geschütze und Raketenwerfern mittels Steilfeuer bekämpfen. Die Flugziele bekämpfende Flakartillerie zählt in vielen Heeren teils als eigene Truppengattung oder ist Teil der Luftstreitkräfte, wo zumeist keine Truppengattungen eingeteilt sind. In der Marine (Marineartillerie) werden meist keine Truppengattungen definiert, so dass auch hier die Schiffsartillerie mehr als organischer Teil einer bestimmten Schiffklasse angesehen werden. Dazu kommt die Küstenartillerie.

Unterteilung

Man unterscheidet historisch:

  • Wurfmaschinen, die von der Antike bis zum 16. Jahrhundert verwendet wurden.
  • Die Rohrartillerie wird seit dem 15. Jahrhundert benutzt. Sie ist mit Geschützen ausgestattet und bildete im Laufe der Geschichte verschiedene Untergruppen heraus:
  • Raketenartillerie (in China entwickelt, in Indien gegen die Briten eingesetzt und von diesen übernommen, in moderner Form seit dem Zweiten Weltkrieg)
  • Aufklärende Artillerie (seit dem Ersten Weltkrieg), die – organisiert in Beobachtungsabteilungen – mittels Radar, Licht- oder Schallmesstechnik gegnerische Artilleriestellungen und eigene Granateneinschläge ortet, Vermessungsaufgaben wahrnimmt und Wetterdaten auswertet. Mittels Drohnen kann heute die Aufklärung bis weit hinter die vorderste Verteidigungslinie (VVL) erfolgen.

Bedeutung haben in modernen Streitkräften überwiegend nur noch die Panzerartillerie, die Raketenartillerie, die aufklärende Artillerie, sowie in kleinerem Maße die fahrende Feldartillerie sowie die Festungsartillerie.

Schlachtruf

Deutsche Geschützmannschaft im Ersten Weltkrieg, 1914

Jede Waffengattung hat ihren eigenen Schlachtruf – so auch die Artilleristen: Zu-Gleich! Er dient im deutschen Sprachraum gleichzeitig zur Erkennung, Verbrüderung und Motivation. Er erklärt sich aus der – teilweise heute noch notwendigen – gemeinsamen Anstrengung der Geschützbesatzung bei verschiedenen Anlässen.

Dabei geht es einerseits um das Ansetzen des Geschosses (manchmal – bei Kaliber 155 mm – immerhin bis über 50 kg schwer), um es anschließend mit einem so genannten Ansetzer in das Rohr zu drücken, andererseits um das Reinigen des Rohres nach dem Schießen, wofür vor allem im Feld eine Stange mit Bürstenkopf durch das Rohr gezogen wird. Zum Dritten gab es Geschütze, bei denen das Rohr auf dem Transport um einige Meter zurückgezogen und zum Schießen wieder nach vorn gezogen werden musste, was per Hand erfolgte. All dies ist nur unter der gemeinsamen und gleichzeitigen Anstrengung der Bedienungsmannschaft möglich.

Ein weiteres Ziel ist das möglichst gleichzeitige Abfeuern der Geschosse mehrerer Geschütze, so dass nur ein lauter Knall hörbar wird, was dem Feind die Ortung erschwert. Der Ruf dient daher auch zur gemeinsamen Koordinierung. Die ursprüngliche Bedeutung kommt aber aus der Zeit, in der die Geschütze noch von Pferden gezogen wurden. Wenn diese dann im Dreck oder Schlamm feststeckten, mussten die marschierenden Kanoniere die Geschütze mit anschieben. Dafür kam der Ruf Zu Gleich auf. Erst später wurde er für die anderen Tätigkeiten benutzt.

Schutzpatron

Die Heilige Barbara von Nikomedien, die auch die Schutzheilige der Bergleute ist, ist Schutzpatronin der Artillerie.

Ihr Namenstag am 4. Dezember wird traditionell gefeiert. Dabei übernimmt der jüngste Offizier des Verbandes die Rolle der Barbara. Als Barbara verkleidet tritt er bei der Barbarafeier auf und führt so durch den Abend. Auf der Feier werden ernste und nicht so ernstzunehmende Vorfälle des letzten Jahres in der Einheit, dem Verband oder sonstige Einrichtung (z.B. Artillerieschule) auf eine (wahrscheinlich nicht immer für jeden, z. B. den Betroffenen) lustige Art und Weise aufgearbeitet. Wenn ein Artilleriesoldat Alkohol zu sich nimmt, so spricht man davon, „der heiligen Barbara zu huldigen“.

Verwendete Munition

Je nach Ziel können unterschiedliche Munitionssorten bzw. Zünder verwendet werden:

  • Historisch:
    • Kanonenkugel, meistens ein Volleisengeschoss
    • Ketten und durch Ketten verbundene Kugeln (gegen die Takelage von Segelschiffen)
    • Kartätsche, eine Art Schrotladung
    • Schrapnell, mit Kugeln gefülltes Geschoss, welche vor dem Ziel durch eine dahinterliegende Treibladung aus Schwarzpulver ausgestossen werden. Wird gegen Weichziele eingesetzt. Gebräuchlich bis etwa 1916, Vorläufer eines Splittersprenggeschosses
    • Einheitsgeschoss (in Deutschland), ein Zwitter aus Schrapnell und Sprenggranate
    • Karkasse (Geschoss), ein Käfig aus Bandstahl, gefüllt mit glühenden Kohlen (Brandgeschoss).
  • Sprenggeschoss, wirkt durch Spreng- und Splitterwirkung, je nach Zünder kann das Geschoss über dem Ziel, im Moment des Aufschlages oder mittels Verzögerung nach Eindringen in das Ziel zur Detonation gebracht werden. Bei geeigneten Fallwinkeln und Beschaffenheit des Bodens können bei Verzögerungszündern auch Abpraller entstehen.
  • Panzerbrechendes Geschoss, ursprünglich als Vollkugel, hat heute einen massiven Kern mit weicher Spitze zum Durchschlagen von Panzerungen. Panzerbrechende- oder Sprenggeschosse werden auch verwendet, um im Ausnahmefall gepanzerte Fahrzeuge unmittelbar zu bekämpfen (direktes Richten). Feld- und Panzerhaubitzen verfügen hierzu meist über ein separates Panzerzielfernrohr. Das Ziel wird nur durch einen direkten Treffer zerstört.
  • Cargogeschosse:
    • Bombletgeschoss, stößt über dem Ziel eine Anzahl von einzelnen Hohlladungs-Sprengkörpern aus, die sich dadurch verteilen. Diese sind zusätzlich mit einem Splittermantel versehen und wirken ähnlich wie Handgranaten.
    • SMArt (Suchzündermunition Artillerie) Munition, dient zur gezielten Bekämpfung einzelner, gepanzerter Fahrzeuge. Ein Geschoss enthält zwei Subgeschosse die autonom fungieren und getrennte Ziele bekämpfen können. Ein Problem liegt allerdings darin, dass
      • nur bis zum Ausstoß der 1. Submunition die Ballistik genau bestimmt werden kann,
      • der Ausstoßpunkt der 2. Submunition nicht genau bestimmt werden kann,
      • die Windrichtung und Windgeschwindigkeit im Ziel (ggf. > 30 km entfernt) ziemlich genau bekannt sein muss. Diese Daten können der „Zielmeldung“ beigefügt werden (siehe auch „System ADLER“ [1]) oder auch durch ein Wettermodell (z. B. „WeModArt“ der Bundeswehr) errechnet werden und
      • die Ziele sich nach dem Ausstoß der Submunition im „Footprint“, der mit dem Sinken des an einer Art Fallschirm hängenden Geschosses immer kleiner wird (Radius ca. 150 Meter), befinden müssen.
    • STRIX Selbstzielsuchende Munition 12 cm Fest Mw
  • Nukleargeschoss: Der Einsatz ist der deutschen Bundeswehr verboten, es war geplant, im Einsatzfall das Geschütz vorzubereiten und einzurichten, um danach amerikanische Soldaten das Geschütz übernehmen und bedienen zu lassen.
  • Nebelgeschoss: Nebelgeschosse können (je nach verwendetem Nebel) dem Gegner nicht nur die optische Sicht nehmen und Bewegungen verschleiern, sonden auch die Sicht durch Sichtverstärker (Wärmebild etc.) beeinträchtigen bzw. ganz stören.
  • Leuchtgeschoss: Das Leuchtgeschoss dient zur Beleuchtung des Gefechtsfeldes. Da technische Unterstützungsgeräte wie Restlichtverstärker etc. immer mehr auf dem Vormarsch sind, wird dieses Geschoss über kurz oder lang aussterben. Es werden derzeit bei der Bundeswehr auch nur noch Restbestände verschossen.
  • Spezielle Munition, die beispielsweise Flugblätter enthält. Während des kalten Kriegs wurden auch Geschosse auf beiden Seiten entwickelt, die Giftköder oder mit Erregern von Seuchen behaftete Köder enthielten, um über den Umweg der Tiere bzw. Nutztiere die Bevölkerung zu infizieren.
  • Minen werden mittels Artillerieraketen verschossen, wenn sie nicht durch Minenverlegegeräte oder von Hand direkt vor Ort verlegt werden.
  • Für Ausbildungszwecke existieren Exerzier- und Übungsgeschosse. Exerziergeschosse (Schweiz: Manipuliermunition) dienen nur dem Üben am Gerät (Ansetzvorgang simulieren, bei der neuen Panzerhaubitze 2000 kann damit im Simulator ein Schießen simuliert werden und das Geschoss wird nur mit Pressluft durch das Rohr gedrückt und fällt am Ende in eine Auffangvorrichtung. Übungsgeschosse (Schweiz: Übungsmunition) werden tatsächlich verschossen und sind mit Gips gefüllt. Der Aufschlag wird durch den Gipsstaub geortet.
  • reichweitengesteigerte Geschosse wie z. B. das Base-Bleed-Geschoss

Einsatzgrundsätze

Aufstellung

Artilleriegeschütze wurden ursprünglich offen aufgestellt und direkt gerichtet (mit Sicht auf das Ziel) und feuerten in der Regel auf Kernschussweite. Mit fortschreitender Entwicklung der Geschütze, was zu höherer Reichweite und Zielgenauigkeit führte, wurden offene Artilleriestellungen einfache Ziele für die feindliche Artillerie. Aus diesem Grunde stellten während des Russisch-Japanischen Krieges 1904/05 erstmals die Japaner ihre Artillerie in gedeckten Positionen auf (z. B. hinter einem Berg oder Hügel), von denen sie das Gefechtsfeld und den Zielsektor nicht mehr direkt beobachten konnten. Die europäischen Armeen folgten dieser Vorgehensweise des indirekten Richtens rasch.

Deshalb wird die Rohrartillerie spätestens seit den ersten Monaten des Ersten Weltkrieges ausschließlich in gedeckter Stellung eingesetzt, d. h. aus der Feuerstellung ist das Ziel nicht zu sehen. Trotz der zurück gezogenen Aufstellung kann der Standort der Artillerie geortet werden, z. B. durch Radarerfassung der Flugbahn der Geschosse oder durch akustische Triangulation. Daher müssen die Feuerstellungen oft gewechselt werden, so dass sich die Form der Selbstfahrlafette (Panzerhaubitze) durchgesetzt hat.

Durch die hohe Reichweite kann aus mehreren Artilleriestellungen auf das gleiche Ziel geschossen, und der Schwerpunkt des Feuerkampfes rasch verlegt werden. (Die Reichweite der Panzerhaubitze 2000 liegt bei 30 km mit dem 155-mm-NATO-Standard-Geschoss und 40 km mit dem reichweitengesteigerten Geschoss.) Die Stellungen der Rohrartillerie der Bundeswehr werden nach dem Ein-Drittel-Zwei-Drittel-Prinzip erkundet. Damit sollten die Stellungsräume ein Drittel der mittleren Kampfentfernung hinter der Front liegen. Dadurch verbleiben zwei Drittel der mittleren Kampfentfernung für Feueraufträge.

Zielaufklärung

Kanadische 25 Pfund Schnellfeuer-Feldartillerie (87,6 mm), Zweiter Weltkrieg

Durch den Übergang von der offenen Stellung in die verdeckte Stellung musste indirekt gerichtet werden, d. h. die Zielaufklärung erfolgt bei der Rohrartillerie meist durch vorgeschobene Beobachter (heute: Artilleriebeobachter) oder mit technischem Hilfsmittel, dem Artilleriebeobachtungsradar (ABRA), die die Position der Ziele ermitteln und das Schießergebnis korrigieren.

Diese Beobachter verfügen heutzutage meist über technische Mittel zur Entfernungs- und Richtungsmessung (Laserortung), teilweise können diese Geräte per Datenstrecke die Zielkoordinaten direkt an die Feuerleitrechner übertragen. Die Feuerleitrechner ermitteln anhand der Zielkoordinaten und der Stellungskoordinaten die Schussrichtung, Rohrerhöhung sowie die zu verwendende Treibladung eines Geschützzuges. Je nach Zielgröße wird das Feuer verschiedener Geschützzüge zusammengefasst, dabei kann das Feuer so koordiniert werden, dass die ersten Geschosse der verschiedenen Stellungen gleichzeitig im Ziel eintreffen. Weiterhin erfolgt die Zielaufklärung auch durch die technischen Mittel der aufklärenden Artillerie oder durch Meldungen der Kampftruppe.

Wird nur nach Karte geschossen, so spricht man von Planschießen.

Durch die Verbesserung der technischen Aufklärung ist es teilweise möglich, ein Geschoss im Fluge zu vermessen und die Koordinaten der Feuerstellung zu errechnen. Durch die dadurch auftretende höhere Gefährdung werden die Geschütze in den Feuerstellungen in großen Abständen (aufgelockerte Feuerstellung) aufgestellt und eine Feuerstellung wird nach Erfüllung eines Feuerauftrages rasch gewechselt (Stellungswechsel).

Durch den Zwang zu hoher Beweglichkeit werden fast nur noch Geschütze auf Selbstfahrlafetten, nach Möglichkeit unter Panzerschutz (Panzerhaubitze), eingesetzt. Aus Gewichtsgründen kommen aber in Spezialaufgaben noch leichte Feldgeschütze zum Einsatz (Luftverlastbarkeit)

Neuerdings denkt man wieder an „leichte“ Artilleriegeschütze, die aufgrund der vermehrten Auslandseinsätze der Bundeswehr luftverlastbar sein müssen. Die grundlegende Technik soll der PzH2000 entsprechen; allerdings sind wegen der erforderlichen Gewichtseinschränkungen (nur ca. 50 % des Gewichts der PzH2000) bestimmte Einschränkungen hinzunehmen.

Leichte Mörser (Granatwerfer) sind organisatorisch meist direkt der Kampftruppe, insbesondere der Infanterie, zugeordnet.

Feuerleitung

Rakete von Kazimieras Simonavičius, Artis Magnae Artilleriae

Da die Geschütze keine unmittelbare Sicht zum Ziel haben, muss die Erhöhung und die Richtung des Geschützes/Werfers errechnet werden. Dazu kommen heutzutage ausschließlich Feuerleitrechner zum Einsatz, es kann aber auch mittels Schusstafel manuell gerechnet werden.

Durch Anpassung der Rohrerhöhung und der Treibladung lassen sich Ziele hinter Deckungen bekämpfen, bzw. der Auftreffwinkel der Geschosse verändern.

Um sichere Schießgrundlagen für das indirekte Richten zu besitzen, muss das Geschütz bzw. der Werfer eine vermessene Stellung beziehen. Die traditionelle Vermessung durch Vermessungstrupps wird durch den Einsatz allerdings zunehmend von GPS abgelöst. Das eigentliche herkömmliche Zielen erfolgt mit Hilfe von Festlegepunkten. Hierbei werden die Festlegewerte (Grundrichtung und Nordrichtung) des Geschützes/Werfers beim Richten über die Festlegepunkte unterlegt und dienen somit als Basis der folgenden Feueraufträge.

Basierend auf diesen Koordinaten und den Zielkoordinaten werden

In diese Berechnung werden innenballistische Einflüsse (nur Rohrartillerie)

  • Pulvertemperatur
  • individueller Korrekturfaktor eines jeden Rohres

und außenballistische Einflüsse

einbezogen.

Bei Gefechten mit sich bewegendem Geschütz und Ziel (zum Beispiel auf See) müssen noch Korrekturen für Kurs und Geschwindigkeit des eigenen und des Zielschiffes angebracht werden. Außerdem müssen noch die Schiffsbewegungen durch Wellengang ausgeglichen werden.

Stehen die obigen Daten nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung, so wird durch Einschießen ein entsprechender Korrekturfaktor ermittelt. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurden zur Feuerleitung Zentrale Leitstände benutzt, die zunächst optisch, später auch über Radar die Zieldaten ermittelten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen auch Zentrale Leitstände in Gebrauch, die die Geschütze automatisch richteten.

Die Feuerleitung der Artillerie hatte auch einen Einfluss auf die Entwicklung der Informatik. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg war die Berechnung von Flugbahnen ein enormes Problem. Die Feuerleitung wurde noch anhand von Tabellen vorgenommen. Um eine numerische Berechnung möglich zu machen, wurde unter John von Neumann der erste Großcomputer entwickelt und in Betrieb genommen, der ENIAC. Er konnte die Flugbahn eines Projektils in wenigen Minuten bestimmen.

Heute erfolgt die technische und taktische Feuerleitung in der deutschen Artillerie mit dem Führungs- und Waffeneinsatzsystem „ADLER“ (Artillerie-, Daten-, Lage, Einsatz- und Rechnerverbund) [2]. Das System „ADLER“ wurde 1995 in die Deutsche Artillerie eingeführt. Seit 2006 ist die verbesserte Version „ADLER II“ im Einsatz. Die o. a. Daten werden dabei automatisch berechnet, wobei alle innen- und außenballistischen Einflüsse sowie die „Zieldaten“ ebenfalls automatisch berücksichtigt werden.

Darüber hinaus ist „ADLER“ ein Führungs- und Informationssystem, das alle Verbände, Einheiten und Teileinheiten der Artillerie miteinander verbindet und so einen verzugsarmen Informationsaustausch aller relevanten Daten ermöglicht.

Geschichte

Übersicht Artillerie von 1741
Schwere Feldhaubitze 18
(bis 1945 Deutsches Standard-Artilleriegeschütz) Kaliber 15 cm; hier ohne Schutzschild

Als Artillerie – in unterschiedlichsten Abwandlungen: Arkeley, Artollerei, Archiley, Artellarey – wurden bereits vor der Erfindung des Schießpulvers die mittelalterlichen Kriegsmaschinen bezeichnet. Die ersten Pulvergeschütze wurden bei Belagerungen gebraucht, wo sie in den Mauern der Burgen und Städte die Ziele fanden, deren Zerstörung man mit ihrer Hilfe leichter und aus größerer Ferne zu bewerkstelligen hoffte, als dies mit den bisherigen Kriegsmaschinen möglich war. Bald indes hat sich auch der Verteidiger der Geschütze bedient und seine Mauern durch Anschüttung eines Erdwalles dahinter zu ihrer Aufstellung geeignet gemacht. Die Rohre, ohne Schildzapfen, wurden auf Holzunterlagen gelegt und ihr Rücklauf durch eine dahinter angebrachte Verpfählung aufgehoben. Diese Unbeholfenheit in ihrer Bewegung musste naturgemäß die Anwendung von schweren Geschützen sehr beschränken. Man fertigte deshalb auch leichtere Geschützrohre, legte sie aus Bockgestelle oder in Laden, diese auf Unterlagen, die ein Heben der Mündung oder des Bodenstücks mittels der seitlichen Richthörner gestatteten. Die Bockgestelle erhielten dann Räder, wurden also fahrbar, oder man transportierte die Rohre in ihren Gestellen auf besondern Wagen und ermöglichte so ihre Verwendung in der Feldschlacht. Der erste bestimmt nachgewiesene Gebrauch der Feuerwaffen findet sich in der Chronik von Metz vom Jahr 1324. Die Engländer sollen bereits 1346 bei der Schlacht von Crécy einige (drei oder sechs) leichte Kanonen in freier Feldschlacht verwendet haben, welche Angabe jedoch vielfach bestritten wird. Ein sachlicher Unterschied zwischen Feld-, Festungs- und Belagerungsartillerie bestand anfangs nicht, man nahm mit ins Feld, was sich transportieren ließ, und zwar möglichst viel, um den Ritter mit seinem schweren Panzer zu Falle zu bringen. Die Zahl der in Feldschlachten verwendeten Geschütze hatte sich zu Anfang des 15. Jahrhundert erheblich gesteigert, denn die Hussiten eroberten in der Schlacht bei Riesenberg 1431 bereits 150 Geschütze. Den tiefgreifendsten und nachhaltigsten Anstoß erfuhr das Geschützwesen durch die Reichsstädte, namentlich Nürnberg, die bei ihrem Emporblühen in ihrer eignen Wehrkraft die sicherste Stütze für ihre Selbständigkeit erblickten. Sie hatten ihren Stückgießer, ihren Zeugmeister und errichteten Zeughäuser zur Aufbewahrung ihrer Vorräte, die um Mitte des 15. Jahrhunderts in Nürnberg außerordentlich groß gewesen sind. 1445 ließ diese Stadt durch ihren Meister Hans von der Rosen eine 519 Zentner schwere Hauptbüchse gießen. Natürlich wollte auch jeder Stückgießer, von denen viele zur Zunft der Büchsenmeister gehörten, selbständig sein und Geschütze nach seiner Art herstellen, woraus die zahllosen Kaliber und speziellen Konstruktionen der Geschützrohre wie ihrer Lafetten entstanden. Einheitlicher war nur das Geschützwesen der Fürsten, von denen Karl der Kühne von Burgund ihm besonderes Interesse widmete; er soll zuerst Geschütze mit Schildzapfen sowie solche aus Gusseisen gehabt haben. Auch seine Lafetten waren schon verhältnismäßig leicht fahrbar, woraus sich seine bedeutende Artillerie erklärt, denn in der Schlacht bei Grandson am 3. März 1476 fielen den Schweizern 400 Geschütze in die Hände. Bei ihrer geringen Beweglichkeit und dem großen Werte, den man auf die Erhaltung der Geschütze legte, gab man ihnen eine Bedeckung aus den tapfersten Truppen. Wie damals ein Kampf nur durch das Handgemenge entschieden wurde, so konnten Geschütze nur im Kampf Mann gegen Mann gewonnen oder erobert werden, was bei deren tapferer Verteidigung dem Sieger zu besonderem Ruhm gereichte. Deshalb wurden auch die Geschütze zu den Trophäen der Schlacht gerechnet, ein Gebrauch, der heute noch nicht erloschen ist.

Um die Entwickelung der Artillerie erwarb sich Kaiser Maximilian I. großes Verdienst, indem er ein bestimmtes System in die Kaliber (6-, 12-, 24-Pfünder) brachte und die Lafettenkonstruktion (durch Martin Merz, † 1501) so vervollkommte, dass ihre Prinzipien für die fernern Zeiten Geltung behielten. Er hatte auf seinem Zug nach Venedig 1509 schon 106 Geschütze mit Räderlafetten, die gegen Mitte dieses Jahrhunderts auch ein Marschlager erhielten, beim Schießen auf Holzbettungen abgeprotzt standen und daher Rücklauf hatten, eine bahnbrechende Erkenntnis im Gebrauch der Artillerie. Eine organisierte Artillerietruppe bestand noch nicht; sie war eine Zunft, die auf den Schultern der Büchsenmeister ruhte, sowohl in der Praxis als in der Theorie, die ein wunderbares Gemisch abergläubischer Behauptungen und Gebräuche bildete. Die Büchsenmeister unterschied man als Feuerwerker, welche mit Wurfgeschützen umzugehen und Kunstfeuer anzufertigen, auch den Mineurdienst zu verrichten wussten, Büchsenmeister, welche mit Kartaunen schossen, und die Schlangenschützen; sie luden und richteten das Geschütz, während die übrigen Verrichtungen bei der Bedienung von Handlangern, den Schanzbauern, ausgeübt wurden. Die Schanzbauer, unter dem Schanzbauerhauptmann und dem Schanzmeister, verrichteten Pionierdienste (Schanzen-, Wege- und Brückenbau) und gehörten zur Artillerie. Die Stückknechte saßen als Fahrer auf den Zugpferden der Geschütze.

Im elisabethanischen England wurde um ca. 1580 an Stelle der auf den bisherigen Kriegsschiffen bereits vorhandenen unterstützend eingesetzten Geschütze eine leistungsfähige Schiffsartillerie hoher Reichweite als Hauptbewaffnung entwickelt. Die daraus resultierende veränderte Taktik des Seegefechts revolutionierte den Seekrieg. Erstmals zeigte sich die Überlegenheit des Konzeptes 1588 gegenüber der Spanischen Armada. Statt der bisherigen Nahkämpfe auf geenterten, im Gefecht häufig geruderten, Schiffen und des Rammens wurden zur See von nun an Artilleriegefechte unter Segel ausgetragen.

Dem Dreißigjährigen Krieg aber blieb es vorbehalten, die Bedeutung der Feldartillerie in der ihr von Gustav Adolf gegebenen technischen Vervollkommnung, ihrer Organisation und taktischen Verwendung in außerordentlicher Weise zu heben. Er erleichterte die Geschütze und dadurch ihre Beweglichkeit, gab den Infanterieregimentern die Regimentskanonen und vereinigte die übrigen Geschütze zu größeren Batterien auf den Flügeln der Truppenstellungen, häufig maskiert, so dass sie den Feind mit ihrem Feuer überraschten, wie in der Schlacht bei Breitenfeld die Reiterei Isolanis. Den Übergang über den Lech erzwang er sich mit 72 Geschützen in drei Batterien, und vor Frankfurt an der Oder brachte er 200 Geschütze aller Kaliber ins Feuer. Die Franzosen waren jedoch die ersten, welche ein förmlich organisiertes Artilleriekorps besaßen, das 1695 bereits aus 16 Bataillonen bestand. Wie in allen Zweigen des Kriegswesens, war Friedrich der Große auch Reorganisator der Artillerie. Die Regimentskanonen ließ er durch Leute der Infanterie bedienen, im übrigen trennte er die Feld- von der Festungsartillerie, formierte die Artillerie zu Bataillonen, deren 1762 bereits sechs à fünf Kompanien bestanden, und errichtete 1759 die erste Batterie reitender Artillerie. Die Einteilung in Kompanien und Batterien bezog sich nicht auf eine bestimmte Anzahl Geschütze, wie heutzutage; eine solche fand erst Anfang des 19. Jahrhunderts durch den Prinzen August von Preußen nach Vorgang der Franzosen, bei denen sechs bis acht Geschütze eine Batterie bildeten, statt; die Regimentsartillerie löste er auf, formierte die Artillerie zu Brigaden, ließ die Festungsartillerie eingehen und die Kompanie abwechselnd Feld- und Festungsartillerie sein, eine Einrichtung, die bis 1852 bestanden hat; er errichtete die Artilleriehandwerksstätten, die Artillerieprüfungskommission, die Stellung als Artillerieoffizier vom Platz in den Festungen und führte die fahrenden Artilleristen (Fahrer) an Stelle der Stückknechte ein.

Eine neue Epoche begann für die Artillerie mit der Einführung der gezogenen Geschütze. Angeregt durch die Versuche Wahrendorffs mit einem Verschluss für Hinterladung 1840 und Cavallis, der damit ein Zugsystem und Langgeschosse verband, begannen in Preußen die Versuche mit gezogenen Hinterladekanonen und gepresster Geschossführung auf Anregung des Prinzen Adalbert von Preußen schon 1851, die aber erst zehn Jahre später zur Einführung kamen. Inzwischen hatte Frankreich sich beeilt, seine Feldartillerie mit gezogenen Vorderladekanonen nachdem System La Hitte zu bewaffnen, um ihr dadurch im Feldzug 1859 in Oberitalien die Überlegenheit über die österreichische Armee zu sichern, was auch erreicht wurde. Infolgedessen kamen in Österreich 1863 gezogene Vorderladekanonen nach Lenks Bogenzugsystem zur Einführung. Hier entstanden, um schnellere Bewegungen der Feldartillerie zu ermöglichen, die Kavallerie- oder fahrenden Batterien, bei denen die Bedienungsmannschaften auf wurstähnlichen Reitsitzen der Lafetten und Munitionswagen (Wurstwagen) saßen; in Preußen, wo sie auf den Handpferden und dem Protzkasten saßen, wurde mit dem System C/64 mit seinen Gussstahlachsen, Gussstahlrohr, Rädern mit Bronzenaben und den Achssitzen etc. ein solches Maß von Beweglichkeit erreicht, dass diese Geschütze nicht nur das Fahren in den schnellsten Gangarten der Pferde, in welcher sie der Kavallerie zu folgen vermögen, gestatten, die Biegsamkeit zwischen Protze und Lafette ermöglicht auch ein Anpassen an so erhebliche Unebenheiten des Terrains, dass die Artillerie im allgemeinen mit ihren Geschützen dahin zu kommen vermag, wo sich Kavallerie bewegen kann. Diese technische Vervollkommnung des Artilleriematerials gestattete eine taktische Verwendung der Feldartillerie, welche sie den beiden Hauptwaffen kämpfender Armeen, der Infanterie und Kavallerie, als dritte Hauptwaffe ebenbürtig zur Seite stellte.

„Höhepunkt“ der Rohrartillerie war der Erste Weltkrieg (1914–1918). Hier kamen alle Gattungen der Artillerie zum Einsatz. Dadurch änderte sich das Gesicht des Krieges nachhaltig: der jetzt besonders wirksame Einsatz von Granaten machte Bewegung in offenem Gelände sehr risikoreich und erzwang den Bau von Grabensystemen. Trotzdem gingen ca. 3/4 der Verluste der Kriegsparteien auf die Artillerie zurück, da auch neue Artillerie-Techniken und Taktiken, (etwa die „Feuerwalze“), sowie der verstärkte Einsatz von Sprenggeschossen erprobt und eingeführt wurden.

Im Ersten Weltkrieg verschoss die Artillerie der Kriegsparteien zusammen etwa 850 Millionen Schuss. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde durch eine höhere Mobilität der Infanterie und Ausbau der Panzertruppen die Wirksamkeit der Artillerie beschränkt und die mobile Kriegsführung wieder ermöglicht. Dementsprechend wurden auch die Mobilität und der Panzerschutz der Artillerie ständig erhöht.

Im Laufe des Zweiten Weltkrieges wurde neben der bis dahin eingesetzten Rohrartillerie die Raketenartillerie weiter entwickelt. Bei den Verbänden des deutschen Heeres tauchte im Jahre 1940 erstmals der „Nebelwerfer“ (sechs kreisförmig angeordnete Rohre, die auf einer Lafette montiert waren) auf. Ähnliche Entwicklungen fanden zeitgleich auch bei den japanischen Streitkräften und den Alliierten statt.

Von 1952 bis 1963 waren die USA auch im Besitz von Geschützen mit Nukleargeschossen. Das 280-mm-Geschütz M65, auch „Atomic Annie“ genannt, wurde bei Übungen 1953 in der Wüste von Nevada getestet.

Im Laufe der Truppenreduzierung der 1990er Jahre war die Artillerie als Waffengattung, obwohl ihre aufklärende Komponente gerade in den Auslandseinsätzen wertvolle Dienste zur Informationsbeschaffung leistet, besonders stark betroffen.

Artillerie im Spätmittelalter

siehe Hauptartikel Artillerie im Landsknechtsheer

Artillerie in der Wehrmacht

siehe Hauptartikel Artillerietruppe (Wehrmacht)

Artillerie in der Bundeswehr

siehe Hauptartikel Artillerietruppe (Bundeswehr)

Siehe auch

Literatur

  • Patrick d’Arcy: Versuch einer Theorie der Artillerie. Dresden 1766 (Digitalisat)
  • Franz Kosar: Artillerie im 20. Jahrhundert, Verleger: Bernard und Graefe, Bonn 2004, ISBN 3-7637-6249-3
  • Hans Mehl: Schiffs- und Küstenartillerie: Marinegeschütze aus 500 Jahren,Verlag Mittler, Hamburg 2001, ISBN 3-8132-0774-9
  • Martin Guddat:Kanoniere, Bombardiere, Pontoniere: die Artillerie Friedrichs des Grossen, Mittler Verlag, Bonn 2001, ISBN 3-8132-0383-2
  • Terry Gander, Hans Joachim Zurek: Artillerie heute, Podzun-Pallas-Verlag, Friedberg 1990, ISBN 3-7909-0405-8
  • Carl von Decker: Versuch einer Geschichte des Geschützwesens und der Artillerie in Europa, von ihrem Ursprunge bis auf die gegenwärtigen Zeiten, LTR-Verlag, Wiesbaden 1981, ISBN 3-88706-027-X
  • Georg Ortenburg: Waffe und Waffengebrauch im Zeitalter der Einigungskriege.Bernard und Graefe Verlag, Koblenz 1990, ISBN 3-7637-5809-7

Weblinks


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