Gemäßigte Großschreibung

Gemäßigte Großschreibung
Großschreibung
Vergleiche: Kleinschreibung

Mit Großschreibung ist bei der schriftlichen Notierung natürlicher Sprachen das Setzen von Großbuchstaben hauptsächlich am Wortanfang gemeint. Dies bezieht sich auf jene Schriftsprachen, deren Alphabete nicht nur zwischen Minuskeln und Majuskeln unterscheiden, sondern auch beide Schrifttypen im selben Text verwenden und überhaupt eine Worttrennung kennen. Dies trifft auf das lateinische, kyrillische und griechische Alphabet in ihren jeweils verschiedenen Ausprägungen seit dem Mittelalter zu. In den antiken und frühmittelalterlichen Schriftsystemen des griechisch-lateinischen Schriftenkreises (inklusive Runen, Irische Schrift, Koptische Schrift etc.) und in den außereuropäischen Schriftsprachen (Hebräische Schrift, Arabische Schrift, Chinesische Schrift, Japanische Schrift etc.) ist die Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinschreibung vollkommen unbekannt.

In vielen europäischen Schriftsprachen werden Eigennamen sowie religiöse Bezeichnungen großgeschrieben, auch bei Höflichkeitsformen findet sich häufig die Großschreibung.

Während die konsequente Kleinschreibung die Vermeidung aller Großbuchstaben meint, lässt die gemäßigte Kleinschreibung (welche auch als gemäßigte Großschreibung bezeichnet wird) bestimmte Fälle großgeschriebener Wörter zu, etwa am Satzanfang oder bei Eigennamen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Großschreibung im Deutschen entstand im Spätmittelalter (erst in mittelateinischen Texten im 13. Jh., und im Deutschen ab dem 14. Jh.). Dabei wurden bei einzelnen Wörtern (nicht nur Substantiven) der erste oder die ersten paar Buchstaben in Versalien gesetzt, um diese Wörter besonders zu betonen. Bevorzugt Begriffe aus dem religiösen Kontext („GOtt“) wurden auf diese Art hervorgehoben.

Die Tendenz, einzelne Wörter durch Versalschreibweise (üblicherweise des ganzen Wortes) zu betonen, findet sich heute unabhängig vom damaligen Gebrauch und sprachübergreifend.

Ein Übergang zur heute üblichen Form von Großschreibung fand allmählich durch den Gebrauch statt. Dabei entstanden im Laufe der Zeit auch die vielen Ausnahmen, etwa, dass Wörter nicht großgeschrieben werden, wenn sie im Kontext nicht als Substantive wahrgenommen werden (z. B. Das ist im allgemeinen nicht so.; diese Ausnahme wurde im Rahmen der Rechtschreibreform zurückgenommen). Solche Ausnahmen sollten jeweils das Lesen erleichtern, ließen dabei aber die Rechtschreibregeln komplexer werden.

Deutsche Sprache/Luxemburgische Sprache

Das Deutsche ist im lateinischen Alphabet (einschließlich der deutschen Varietäten des Niederdeutschen und einigen (nicht allen) nordfriesischen Schriftdialekten) zusammen mit dem Luxemburgischen die einzige Sprache, welche eine generelle Substantivgroßschreibung kennt, z. B. in den Wörtern „Brot“ oder „Liebe“. Ferner werden Eigennamen großgeschrieben wie z. B. „Peter“. Die Anreden „Du“, „Ihr“ und deren Ableitungen („Dich“, „Euch“, etc.) können bei direkter Ansprache des Lesers großgeschrieben werden, müssen es aber nicht. Außerdem werden als Nomen (nominal) gebrauchte Adjektive, Partizipien und Infinitive großgeschrieben, wenn sie in folgenden Kombinationen vorkommen:

Wörter am Satzanfang oder am Anfang von Buchtiteln und Überschriften werden ebenfalls normalerweise großgeschrieben.

Alle anderen Wörter müssen komplett kleingeschrieben werden, zum Beispiel „anders“, „gehen“ und „wenn“. Eine Ausnahme von der Regel, dass nur der erste Buchstabe eines Wortes großgeschrieben wird, sind Abkürzungen, bei denen sich die Klein- oder Großschreibung eines bestimmten Buchstaben an der Schreibung des jeweils abgekürzten Wortes orientiert. Zum Beispiel steht „GmbH“ für „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ und „StVO“ für „Straßen-Verkehrs-Ordnung“.

Für die Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996 bis 2006 stand die Abschaffung der Substantivgroßschreibung zur Diskussion;[1][2] letztlich wurde aber sogar eine leicht vermehrte Großschreibung beschlossen (z.B. heute Abend, des Weiteren, im Voraus).[3][4]

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Als ein Argument für die Beibehaltung der Großschreibung werden eine Studie aus einem Max-Planck-Institut aus dem Jahr 1999 sowie weitere, frühere Untersuchungen angeführt, denen zufolge ein Text mit Substantivgroßschreibung durch Muttersprachler schneller lesbar ist, auch wenn die Sprache eigentlich über eine gemäßigte Kleinschreibung verfügt. Diese Studien werden von Gegnern der Großschreibung als methodisch fehlerhaft und unrepräsentativ angezweifelt. Außerdem wird die Großschreibung allgemein sowie insbesondere die zum Teil uneinheitliche Regelung der Groß- und Kleinschreibung im Deutschen als Quelle von Rechtschreibfehlern kritisiert.

Viele deutsche Literaten, u. a. die Brüder Grimm, sprachen sich immer wieder für die Kleinschreibung der Substantive aus. Im Artikel Kleinschreibung finden sich weitere, ausführlichere Aspekte dieser Thematik.

Englische Sprache

Im Englischen werden alle Wörter des Grundwortschatzes kleingeschrieben, mit Ausnahme von Eigennamen sowie einigen Ableitungen von Eigennamen (s.u.). Das bezieht sich nicht nur auf Namen wie „John“ oder „Mary“, sondern z. B. auch auf Markennamen oder Produktnamen. Zum Beispiel ist „windows“ die Mehrzahl des englischen Wortes für „Fenster“, „Windows“ jedoch ist ein Betriebssystem der Firma Microsoft. Weiterhin werden u. a. großgeschrieben:

  • das Personalpronomen „I“ („ich“), und zwar immer, unabhängig davon, ob es am Satzanfang oder mitten in einem Satz steht
  • Wörter am Satzanfang
  • Wörter in Überschriften (welche Wörter dabei gegebenenfalls nicht großgeschrieben werden, hängt von der Textart der Überschrift ab)
  • Ländernamen, Nationalitätsbezeichnungen und Sprachen sowie die zugehörigen Adjektive
  • Ortsnamen und Ableitungen zur Bezeichnung der Einwohner, z. B. Glasgow, Glaswegian
  • Namen von Institutionen, Einrichtungen, historischen Ereignissen, Dokumenten, Epochen (Bank of England, New Labour)
  • Wochentage, Monatsnamen, Flüsse, Meere, Gebiete, Planeten und Sterne

Dänische Sprache/Norwegische Sprache

Von Deutschland hatte sich die Großschreibung von Substantiven ins Dänische ausgebreitet und durch die Union mit Norwegen (1521–1814) auch dort Fuß gefasst.

Im Norwegischen wurde 1869 die gemäßigte Kleinschreibung eingeführt. Dänemark folgte mit der Rechtschreibreform von 1948.

Grundsätzlich gilt, dass dänische Texte aus der Zeit vor 1948 bei Zitaten unverändert bleiben. Zu beachten ist weiterhin, dass die Anredeformen I (ihr), De (Sie), Dem (Ihnen), Deres (Ihr) groß geschrieben werden, ebenso Titel wie Hendes Majestæt (Ihre Majestät).

Internationale Besonderheiten

Die Großschreibung wird nicht in allen Ländern der gemäßigten Kleinschreibung gleich gehandhabt. So werden Völkernamen im Englischen, Niederländischen, Französischen und Spanischen groß, im Italienischen, Dänischen, Schwedischen und Norwegischen klein geschrieben. Für Feiertage gilt das Entsprechende, mit der Ausnahme des Italienischen, das hier zu den großschreibenden Sprachen gehört. Auch die Schreibung von Institutionen und Titeln ist unterschiedlich; so heißt es auf englisch „Queen Elizabeth“, auf französisch aber „la reine Élisabeth“, und im Dänischen hat man nach Jahrzehnten ausschließlicher Kleinschreibung vor wenigen Jahren in solchen Fällen die Großschreibung wieder zugelassen (heute „dronningen“ und „Dronningen“). Auch für die Schreibung der Wörter für „(ein bestimmter) Staat“ und „(eine bestimmte) Kirche“ gelten keine einheitlichen Regeln. In Ländern oder Regionen mit hoher Analphabetenrate kann man im öffentlichen Leben beobachten, dass oft nur Großbuchstaben verwendet werden, da dort sehr viele Menschen Kleinbuchstaben nur schwer lesen können.

Datenverarbeitung

Die Unterscheidung von Klein- und Großbuchstaben beschreibt eine bestimmte Umgangsweise von Computern mit Texten, bei der zwischen Majuskeln und Minuskeln unterschieden wird. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Dateisystem vieler Unix-artiger Betriebssysteme. Im Gegensatz zu den Dateisystemen von MS-DOS oder Windows, welche nicht zwischen Klein- und Großbuchstaben unterscheiden, bezeichnen unter Unix beispielsweise „Brief.txt“ und „brief.txt“ verschiedene Dateien. Dabei spielt es auch keine Rolle, an welcher Stelle des Wortes sich die Buchstaben unterscheiden: Also auch „gericht.txt“ und „gericHt.txt“ sind verschieden.

Dieses unterschiedliche Verhalten kann zu Problemen bei gemischten Netzwerken führen, etwa wenn man versucht, zwei Dateien mit gleichem Dateinamen, aber unterschiedlicher Schreibung, von einem Unix-System auf ein Windows-System zu kopieren.

Im Deutschen hat sich für die Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinschreibung noch kein Begriff durchgesetzt. Angesichts der bestehenden Begriffe „Großschreibung“ und „Kleinschreibung“ liegt die Neuprägung „Schreibungsabhängigkeit“ nahe. Die unter Windows typischerweise anzutreffenden Dateisysteme wären somit „schreibungsunabhängig“ zu nennen. Unter UNIX hätte man hingegen im Normalfall ein „schreibungsabhängiges“ Dateisystem.

Im Englischen wird der Begriff „case sensitivity“ für die Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinschreibung durch ein Computersystem verwendet. Das Gegenteil wird durch den Begriff der „case insensitivity“ bezeichnet. Die englischen Termini werden auch in der deutschen Umgangssprache der Informatik sehr häufig verwendet. Computersysteme sind somit entweder „case sensitive“ (schreibungsabhängig) oder „case insensitive“ (schreibungsunabhängig), wobei das nicht generell für die Gesamtheit des Computersystems gelten muss; so sind Unix-Dateisysteme normalerweise schreibungsabhängig, manche (wie z.B. CIFS, VFAT, SMB) sind es dennoch nicht.

Ad absurdum geführt wird unter bestimmten Umständen die Schreibungsunabhängigkeit, wenn auf dem jeweiligen System eine Uniformisierung nicht möglich ist. So kann es dazu kommen, dass beispielsweise 'Martin' und 'MARTIN' anstandslos als gleich erkannt werden, 'Müller' und 'MÜLLER' dagegen nicht, da u.U. die deutschen Umlaute – wie hier im Beispiel das ‚Ü‘ – nicht richtig behandelt werden. Auf modernen Systemen ist dies selten geworden und tritt oft nur noch auf, wenn aus irgendwelchen Gründen die Wandlung zwischen unterschiedlichen Codierungen fehlgeschlagen ist.

Bei Datenbanken kommen je nach System unterschiedliche Methoden zum Einsatz, d.h. es ist nicht generell mit Bestimmtheit zu sagen, ob ein erzeugter Index schreibungsabhängig oder nicht ist. Die Derivate von SQL kennen beispielsweise hierzu verschiedene Möglichkeiten, die Kollation zu spezifizieren.

Die genannte Problematik existiert natürlich nicht nur bei Dateisystemen und Datenbanken, sondern kann prinzipiell in jeder Software auftreten. Allerdings sind das wohl die bekanntesten Beispiele.

Eine bemerkenswerte Asymmetrie existiert im Deutschen, nämlich, dass bei der Ligatur 'ß' kein Widerpart existiert, sondern es in der Normschrift durch 'SS' ersetzt wird. Das bedeutet, dass derart gewandelte Texte nicht rückwandelbar sind. Dieses Problem wurde durch das Unicode-Konsortium nach langer Diskussion dadurch behoben, dass man willkürlich einen Widerpart (großes ß) definierte.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sprachreport, Extra-Ausgabe Juli 1996, Abschnitt D) Groß- und Kleinschreibung.
  2. Theodor Ickler: GKS-Geschichte. In: Mein Rechtschreibtagebuch, 29. November 2005.
  3. Philologenverband begrüßt "Reform der Rechtschreibreform" Pressemeldung des Deutschen Philologenverbandes (DPhV), Berlin, 31. Juli 2006.
  4. Stefan Stirnemann: Zur Lage der Schule. Schweizer Orthographische Konferenz, 7. Juli 2008.

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