Gerichtszweig

Gerichtszweig
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Rechtsweg nennt man den Zugang zur Gerichtsbarkeit, meist im engeren Sinn des Zugangs zur Gerichtsbarkeit eines bestimmten Gerichtszweigs. Die häufigste Formulierung ist die vom „Rechtsweg zu den ...-Gerichten“, den jemand „beschreitet“, vorausgesetzt, er ist „eröffnet“, das heißt, der richtige Zweig der Gerichtsbarkeit ist gewählt. Eine Frage der näheren Ausgestaltung des Rechtsweges ist es, ob innerhalb des jeweiligen Gerichtszweigs mehrere Instanzen (Rechtszüge) eröffnet sind.

Gerichtsorganisation in Deutschland (Makroebene)

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Historisch ist der Rechtsweg als Gegenbegriff zum „Verwaltungsweg“ entstanden. Er meint den Zugang zu unabhängigen - „ordentlichen“ - Gerichten (ordentliche Gerichtsbarkeit) und war bis zum 19. Jahrhundert nur in Straf- und Zivilsachen gegeben. Gegen Maßnahmen der Verwaltung musste man dagegen vor weisungsabhängigen Verwaltungsbehörden vorgehen (Verwaltungsrechtspflege). Ob der (ordentliche) Rechtsweg eröffnet war, war also gleichbedeutend mit der Frage, ob überhaupt Gerichte entscheiden würden. Von großer Bedeutung und stark umkämpft war es deshalb, ob die Gerichte selbst über ihre Zuständigkeit entscheiden oder ob das der Verwaltung bzw. Regierung zusteht (vgl. Kompetenzkonflikt).

Als die Forderung nach Rechtsschutz auch in Verwaltungssachen lauter wurde (Rechtsstaat), boten sich verschiedene Wege an. Die meisten Schriftsteller wollten den Zivilgerichten auch Verwaltungssachen zuweisen (so etwa Otto Bähr oder Lorenz von Stein). Andere forderten eine eigene, unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit (Rudolf von Gneist). Nur in den Hansestädten Bremen, Hamburg und Lübeck wurde das Ideal des Justizstaates verwirklicht, in dem bis in die 1920er Jahre Zivilgerichte Verwaltungsakte nachprüfen konnten. Überwiegend befürwortete man dagegen den Verwaltungsgerichtsstaat; Baden errichtete 1863 als erster Bundesstaat eine unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit (Verwaltungsgerichtshof), weitere folgten. 1933 war nur noch Schaumburg-Lippe ohne Verwaltungsgerichte. Auf Reichsebene existierten dagegen nur Spezial-Verwaltungsgerichte.

Bedeutung

Unter dem Grundgesetz ist der Zugang zu Gerichten grundsätzlich gesichert, wenn subjektive Rechte beeinträchtigt werden. Bei Rechtsverletzungen durch die „öffentliche Gewalt“ folgt das aus dem Grundrecht der Rechtsweggarantie, bei Rechtsverletzungen durch Private aus dem Justizgewähranspruch, der aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitet wird. Die Generalklauseln des § 13 GVG einerseits und des § 40 VwGO andererseits stellen sicher, dass für jeden Fall auch ein Gericht zuständig ist. Nur ganz ausnahmsweise ist der Rechtsweg nicht eröffnet (etwa nach Art. 19 Abs. 4 S. 3 GG für bestimmte Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis; vgl. G-10-Gesetz).

Die Straf- und Zivilgerichte werden auch heute noch als ordentliche Gerichte bezeichnet, obwohl unter dem Grundgesetz auch die Verwaltungsgerichte mit unabhängigen, „ordentlichen“ Richtern besetzt sind. Ob der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist, entscheidet also in aller Regel nicht mehr darüber, ob überhaupt Gerichte entscheiden werden, sondern nur noch über die Frage, welcher Gerichtszweig.

Der effektive Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz ist aber auch durch die Einrichtung und Ausstattung der Gerichte begrenzt. In diesem Zusammenhang wird immer wieder von der „knappen Ressource Recht“ gesprochen. Die Personalbedarfsplanung für Gerichtsbarkeiten und Staatsanwaltschafte wird gegenwärtig nach dem PEBB§Y-System durchgeführt.

Aufteilung

Die Gerichtsbarkeit ist in Deutschland auf fünf Gerichtszweige aufgeteilt. Dies sind

Die daneben bestehenden Verfassungsgerichte der Länder und des Bundes stehen außerhalb dieser Einteilung, da sie nur für die Fälle zuständig sind, bei denen es um die Einhaltung von Verfassungsrecht geht. Der Zugang zu den Verfassungsgerichten ist in der Regel subsidiär (nachrangig), da in aller Regel zuerst der Rechtsweg − also der Gang zu den Fachgerichten − erschöpft sein muss (Rechtswegerschöpfung).

Die Abgrenzung der Zuständigkeit erfolgt über eine generelle Zuweisung einer Rechtsmaterie zu einem Gerichtszweig (z. B. Verwaltungsrecht), eine aufdrängende Sonderzuweisung oder eine abdrängende Sonderzuweisung. Aufdrängende Sonderzuweisung bedeutet, dass eine konkrete Rechtsmaterie einer bestimmten Gerichtsbarkeit zugeschrieben wird, auch wenn sich dies nicht aus der generellen Zuweisung ergibt. Umgekehrt schließt die abdrängende Sonderzuweisung einen bestimmten Gerichtszweig aus.

Die Zuordnung zu einem bestimmten Gerichtszweig ist heute nur noch von geringerer Bedeutung. Während früher eine Klage vor dem falschen Gericht grundsätzlich als unzulässig abgewiesen wurde, erfolgt heute in der Regel eine Verweisung. Die Kosten der Verweisung hat jedoch in jedem Fall der Kläger zu tragen, auch wenn er in der Sache obsiegt.

„Der Rechtsweg ist ausgeschlossen“

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Der gelegentlich zu lesende Hinweis „Der Rechtsweg ist ausgeschlossen“ bedeutet lediglich, dass derjenige, der diese Formulierung verwendet, eine rechtliche Verantwortlichkeit ablehnt, bzw. dass er einen Anspruch nicht anerkennt. Ob dies von einem deklaratorischen Hinweis abhängt, ist jedoch zweifelhaft. In einer Sache unterliegt der Zugang zu Gerichten jedenfalls nicht der Disposition der Beteiligten.

Gelegentlich ist dieser Hinweis auch Teil unseriöser Geschäftspraktiken, mit denen Unternehmen versuchen, Verbraucher von der Durchsetzung ihrer Interessen auf dem Rechtsweg abzuhalten.

Abschließend kann man aber sagen, dass der Rechtsweg nicht einseitig ausgeschlossen werden kann, daher sind sämtliche Formulierungen dieser Art als nichtig zu betrachten.

Weblinks

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