Gersuny

Gersuny

Robert Gersuny (* 15. Januar 1844 in Teplitz (Teplice), Böhmen; † 31. Oktober 1924 in Wien) war ein österreichischer Chirurg.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Robert Gersuny

Gersuny wurde als zweiter Sohn eines angesehenen Badearztes in Teplitz geboren. Sein Vater war nicht nur als Chirurg und Geburtshelfer tätig, sondern auch alsInternist und Zahnarzt. Schon früh zeigte er eine gute Beobachtungsgabe, die ihm in seiner späteren Tätigkeit als Mediziner sehr von Nutzen war. Eine Zeitlang spielte er mit den Gedanken Priester zu werden, denn er wollte den Leidenden und Hilfesuchenden beistehen. Hinzu kam, dass sein Vater ihm vom Studium der Medizin abriet. Er begann dennoch 1861 ein Medizinstudium in Prag, wo er im Corps Austria aktiv war. Er promovierte 1866 und war als Sekundararzt am Prager Allgemeinen Krankenhaus unter Professor Dr. Rudolf Jaksch tätig. Die zur damaligen Zeit recht primitiven Behandlungsmethoden, insbesondere die der damals grassierenden Cholera, deprimierten ihn. Auch war sein Verhältnis zu seinem Lehrer, Professor Dr. Jaksch, nicht ohne Spannungen. Noch im hohen Alter erinnerte er sich lebhaft an dessen Ausspruch „Wenn ich Sie unschädlich gemacht habe, ist mein höchstes Ziel erreicht.“ Zu dieser Zeit las Gersuny Billroths Allgemeine Chirurgie und begeisterte sich derart an Inhalt und Aufbau des Buches, dass er beschloss, in seinen nächsten Ferien nach Wien zu fahren und sich um Aufnahme als Operationszögling an der Klinik, an der Billroth tätig war, zu bewerben. Er wurde angenommen und trat im Oktober 1869 seinen Posten an der II. Chirurgischen Universitätsklinik an. Es entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft zwischen beiden. Daneben freundete er sich mit verschiedenen Assistenten Billroths an, so z.B. Josef Breuer, Anton von Frisch und Carl Gussenbauer. Billroth machte ihn 1872 zu seinem Privatassistenten. Die Aufgabe eines Privatassistenten war zu dieser Zeit schwierig, denn selbst große Operationen wurden in der Wohnung des Patienten durchgeführte, und es galt zu improvisieren und auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Er begleitete Billroth auch auf seinen Reisen als beratender Arzt nach Polen, Russland und Afrika. In den Jahren 1880 bis 1893 wirkte Gersuny als Primarchirurg am Karolinen-Kinderspital in Wien. In dieser Zeit schuf er sich einen guten Ruf als Operateur, indem er eigene Wege zum Nutzen der Kranken ging. So konnte er beweisen, dass eine isolierte Knochentuberkulose durch radikale Entfernung des Krankheitsherdes geheilt werden kann. Lange Zeit war er einer der beschäftigsten Chirurgen Wiens. Oft übernahm er erfolgreich Fälle, die von anderen Ärzten als zu kompliziert abgelehnt wurden. Im Jahre 1882 wurde Gersuny Primarius des von Billroth 1879 gegründeten Rudolfinerhauses, einem Spital mit Krankenpflegerschule in Wien. Nach dessen Tode übernahm er 1894 die Leitung des Rudolfinerhauses und baute es in den Folgejahren aus. Er leitete es bis zu seinem Tod 1924. Sein Schwerpunkt lag auf dem Gebiet der plastischen Chirurgie.

Paraffineinspritzung nach der von H. Eckstein modifizierten Gersunischen Methode, Nasenkorrektur 1902/1903

Gersuny gilt als Erfinder der Paraffineinspritzungen, mit welchen er "subkutane Prothesen" erzeugte, die in Verlust geratene Gewebsbestandteile ersetzten. Zu diesem Zweck spritzte er einen vielfach zu Salben verwendeten Stoff, das Vaseline, unter die Haut und beobachtete, dass die eingespritzte Masse, wenn man sie einige Zeit unberührt ließ, reizlos an Ort und Stelle blieb, ohne vom Körper in erheblicher Weise aufgesaugt zu werden. Die Tatsache, dass an der äußeren Haut kaum Spuren zurückblieben, veranlassten Gersuny, die Methode bei einer ganzen Reihe von verschiedenen Erkrankungsformen anzuwenden, bei denen es sich meistens darum handelte, den Verlust von Gewebsbestandteilen zu verdecken. Allerdings war die Methode war nicht frei von Nachteilen. In einigen Fällen kam es dazu, dass Vaseline in die Blutbahn geriet und damit zu krankhaften Erscheinungen führte. In anderen Fällen wurde ein Teil des Vaselins im Laufe von Monaten absorbiert und damit das Resultat teilweise zerstört. Um die der Methode Gersunys anhaftenden Nachteile zu beseitigen, verwendete der Arzt H. Eckstein später Hartparaffin, und zwar eine Sorte, die sich erst bei etwa 58 Grad Celsius verflüssigte. Das ebenfalls in flüssigem Zustand unter die Haut gespritze Paraffin ließ sich, bevor es erstarrte, eine geraume Zeit nach Belieben formen, sodass es sich besonders gut dazu eignete, in Verlust geratene Gewebsteile zu rekonstruieren. Um die Mitte dieses Jahrhunderts wurde der von Gersuny eingeschlagene Weg wegen zahlreicher schwerer Komplikationen wieder verlassen, und es wurden neue Substanzen wie Teflon, Silikon und Kollagen eingesetzt.

Gersuny erfand auch eine Reihe chirurgischer und gynäkologischer Operationsmethoden, die heute Allgemeingut sind. So nahm er u.a 1890 die erste Brustvergrößerung vor.

Werke

  • Arzt und Patient, Wien 1884
  • Über falsche Diagnosen, Wien 1887
  • Bemerkungen über das Spezialistentum in der Medizin, Wien 1892
  • Bodensatz des Lebens, Hugo Heller & Co. , Wien-Leipzig 1906 (Aphorismen)
  • Theodor Billroth in Meister der Heilkunde Bd. 4, Wien-Berlin-Leipzig-München, Rikola Verlag, 1922.

Literatur

  • Deutsche Biographische Enzyklopädie, Band 3, K.G. Sauer, München 1996, ISBN 3-5982-3160-1, S. 661
  • Neue Österreichische Biographie; Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950, 4. Band, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, ISBN 3-7001-0187-2, S. 92 – 100
  • Winfried Muschaweckh, Die Operation nach Gersuny und ihre Modifikation, Dissertation Erlangen-Nürnberg 1969

Zitate

Aphorismen sind nur Fetzen der Wahrheit, geben sich aber für die ganze aus.

Weblinks


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