Geschichte Mazedonien

Geschichte Mazedonien

Die Region Makedoniens oder auch Mazedoniens, die sich auf der Balkanhalbinsel befindet, ist ein geographischer Raum ohne klare Abgrenzung. Die Region war etwa ab Mitte des 14. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts Bestandteil des Osmanischen Reiches, und in drei Provinzen unterteilt. Die bedeutendste Handelsstadt der Region war Saloniki - seit der Zeit des Byzantinischen Reiches - eine multikulturelle Stadt, in der Griechisch-Orthodoxe, Moslems und Juden gemeinsam über Jahrhunderte Zeit das wirtschaftliche und kulturelle Leben geprägt haben.

Inhaltsverzeichnis

Die Mazedonische Frage im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts

Innerchristliche Verwaltung des Osmanischen Reiches

Nach dem Fall von Konstantinopel 1453 und der physischen Eliminierung des Byzantinischen Reiches, bestätigte Sultan Mehmed II. 1454 den Patriarchen von Konstantinopel als Oberhaupt für alle orthodoxen Christen des Osmanischen Reiches. Der Patriarch stand somit nach weiteren osmanischen Eroberungen auch den serbischen und bulgarischen orthodoxen Kirchen vor, die ihre autokephalen Patriarchate und Erzbistümer teilweise aufgeben mussten. Der Klerus dieser nichtgriechischen Kirchen wurde vom Patriarchen in Konstantinopel berufen und das Patriarchat war auch zuständig für die Eintreibung und Abführung der speziell für die orthodoxen Untertanen geltenden Schutzsteuer. Diese Koexistenz zwischen Orthodoxen und Osmanen ermöglichte neben dem physischem, auch das kulturelle Weiterleben der Orthodoxie im Osmanischen Reich. Der griechische und armenische Klerus konnte eine vom Sultan privilegierte Vorrangstellung einnehmen gegenüber den Klerikern der Serben, Bulgaren und Rumänen. Dadurch entstanden starke innerorthodoxe Spannungen. Die von den Osmanen militärisch und politisch unterworfenen slawischen Balkanvölker waren zusätzlich einer religiös-kulturellen Unterwerfung von Seiten der christlichen Griechen ausgesetzt. Im Jahr 1767 löste der Sultan das Erzbistum von Ohrid auf, was zu einer Verstärkung des Einflusses der griechischen Kirche auf die Slawen führte. Die orthodoxe Kirche verdankte ihre Vormachtstellung während der Osmanenherrschaft der politisch gewichtigen Tatsache, dass die osmanische Macht bis Anfang des 18. Jahrhunderts keine Intervention einer orthodoxen politischer Macht zu befürchten hatte. Mit den fortdauernden russisch-osmanischen Kriegen verschlechterte sich auch diese Stellung, und spätestens nach dem Russisch-Osmanischen Krieg von 1768–1774 und der verheerenden osmanischen Niederlage wurde am 21. Juli 1774 der Friede von Küçük Kaynarca vereinbart, der unter anderem Russland als Schutzmacht aller Orthodoxen im Osmanenreich diktierte, analog zu Frankreich, das dasselbe Recht schon 1740 für die Katholiken erhalten hatte.

Innerorthodoxe Spaltung

Für die bulgarischsprachigen Christen im Osmanischen Reich entstand 1870 nun nach einem Ferman (Dekret) des Sultans eine eigene, bulgarische Kirche, das sogenannte bulgarische Exarchat, welches nicht unter dem Patronat des griechisch-orthodoxen Patriarchats in Konstantinopel stehen wollte. Das ermöglichte die Abhaltung von Gottesdiensten in slawischer Sprache (in der Regel war es die bulgarische Sprache), die Besetzung von Bischofssitzen durch Bulgaren und die Errichtung eines bulgarischen Schulwesens innerhalb des Osmanischen Reiches. Nun entbrannte auf der Balkanhalbinsel, am stärksten in der Region Makedonien, eine Auseinandersetzung um das Bekenntnis zum bulgarischen „Exarchat“ oder zum griechisch dominierten Patriarchat in Konstantinopel, das bereits 1872 das bulgarische „Exarchat“ für schismatisch erklärt hatte.[1] Die politische Auseinandersetzung tobte zwischen den verschiedenen Schulen die von der jeweiligen Kirchen unterhalten wurden. Der Kampf wurde auch durch Guerilla-Verbände mit reichlichem Blutvergießen ausgetragen. Diejenigen Menschen in der Region, die dem Patriarchat in Konstantinopel treu blieben, bekannten sich weiterhin auch zur griechischen Sprache und Kultur, während sich die slawisch sprechenden Menschen mehrheitlich zum bulgarischen Exarchat bekannten.

Bulgarische Nationalbewegung

Nach dem Russisch-Osmanischen Krieg von 1877-1878 und der erneuten osmanischen Niederlage sah der Vorfrieden von San Stefano zwischen Russland und dem Osmanischen Reich vom 3. März 1878 einen großbulgarischen Staat unter Einschluss Makedoniens vor. Großbritannien, Frankreich, das Deutsche Reich und die Donaumonarchie aber drängten mit Erfolg auf eine Korrektur dieses Vorfriedensvertrages. Auf dem Berliner Kongress konnte Russland seine maximalen Forderungen auf der Balkanhalbinsel nicht durchsetzen. Es entstand ein bulgarisches Fürstentum, welches unter russischem Einfluss stand, sowie die autonome Provinz Ostrumelien unter osmanischer Verwaltung und mit Philippopel als Hauptstadt. Am 6. Septemberjul./ 18. September 1885greg. vereinigten sich das bulgarische Fürstentum im Norden und die autonome Provinz Ostrumelien den Ergebnissen des Berliner Kongresses zum Trotz[2][3]. 1893 entstand die Bewegung Bulgarische Makedonien-Adrianopeler Revolutionäre Komitees[4] (die später in Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation IMRO, bulgarisch/mazedonisch VMRO umbenannt wurde), die hauptsächlich aus Bulgarien geleitet wurde, jedoch zeitweise auch einen unabhängigen mazedonischen Staat propagierte.

Seit den 1890er Jahren begann der bulgarische Anspruch auf Mazedonien ins Wanken zu geraten. Serbische und griechische Priester und Lehrer wetteiferten, wenngleich anfänglich ohne großen Erfolg, um die Gunst der mazedonischen Bevölkerung für die jeweils erwünschte nationale Hinwendung.[5] Als weitere Alternative gegenüber dem bulgarischen Angliederungskonzept vertrat die innermazedonisch revolutionäre Bewegung, bei häufig wechselnden Bezeichnungen als Innere Organisation bekannt, ein autonomes Mazedonien im Rahmen einer Balkanföderation. Die Mazedonische Frage war nicht mehr wie selbstverständlich eine bulgarische Angelegenheit. Innermazedonische Partikularinteressen machten den Weg Sofias zur nationalen Vereinigung noch steiniger.[6]

Dem Ilinden-Aufstand der slawischen Bevölkerung im August 1903 gegen die Osmanenherrschaft gegenüber verhielten sich Griechen und Serben neutral. Die griechische und serbische Führung hatten bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Position vertreten, dass die bulgarisch geführte Guerillabewegung im makedonischen Raum nicht den eigenen Interessen diene. Spätestens ab diesem Zeitpunkt manifestierte sich die direkte Auseinandersetzung des griechischen, serbischen und bulgarischen Nationalismus. Die makedonische Frage wurde die brisanteste Teilfrage der Orientalischen Frage. Von 1903 bis 1918 wurde Makedonien das geopolitische „Schiebegewicht“ und der „Zankapfel“ des Balkans. In sämtlichen bewaffneten Auseinandersetzungen dieser Jahre bestanden die Kombattanten beider Seiten sowohl aus regulären Truppen als auch aus Paramilitärs, wie die Komitadschi. In allen Fällen wurde exzessive Gewalt gegen die Zivilbevölkerung als Kriegsmittel gezielt eingesetzt.[7]

Griechische Nationalbewegung

Die "Megali Idea" (große Idee) war das Motto des griechischen Nationalismus im 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die im Universalitätsanspruch des Begriffes Hellenentum die Vereinigung aller Teile der griechischen Welt anstrebte. 1844 formulierte Ministerpräsident Ioannis Kolettis die Außenpolitik des modernen griechischen Nationalstaates mit dem Ziel der staatlichen Vereinigung aller Griechen und der Expansion des Nationalstaates, dessen zukünftige Hauptstadt das noch zu erobernde Konstantinopel sein sollte. Unklar blieb in diesem Kontext ob die Eliminierung oder die Erhaltung des osmanischen Reiches beabsichtigt wurde. So gab es die Besonderheit, dass der griechische Staat im Kontext der Megali Idea als ein Erfüllungsgehilfe betrachtet wurde unter dem Motto Die Nation steht über dem Staat. Auf griechischer Seite gründeten Offiziere und Intellektuelle im Jahr 1894 den Geheimbund Ethnike Hetairia (Nationale Gesellschaft), dessen Kämpfer in Makedonien vor allem zwischen 1904 und 1908 einen blutigen Guerillakrieg (Μακεδονικος Αγωνας) primär gegen ihre bulgarischen Konkurrenten führten aber auch gegen die osmanischen Behörden.

Balkankriege 1912-1913

Die Jungtürkenrevolution von 1908-1909 verschärfte den Konflikt zwischen Griechenland, Serbien, Montenegro, Bulgarien und dem Osmanischem Reich. Die Bevölkerung in der Region bestand bis zu den Balkankriegen mehrheitlich aus Christlich-Orthodoxen und Moslems. Die Christlich-Orthodoxen trennten sich in die Anhänger des griechisch dominierten Patriarchats von Konstantinopel, und in jene, die dem bulgarischen Exarchat (hier ist ebenfalls ein Patriarchat gemeint) anhingen. Im Ersten und Zweiten Balkankrieg wurden jene Grenzen Griechenlands, Bulgariens, Rumäniens und Serbiens gezogen, die mit den heutigen fast identisch sind. In der Zeit 1912−1922 mussten viele Moslems die Region verlassen.

Weltkriege und Griechischer Bürgerkrieg

Nach den Balkankriegen fiel nun der größte Teil Makedoniens an Griechenland (Ägäis-Makedonien) und Serbien (Vardar-Makedonien). Bulgarien erhielt nur einen kleinen Teil Ostmakedoniens (Pirin-Makedonien). Mit der Beendigung des Ersten Weltkrieges 1918 änderten sich die Grenzen der Region kaum, bis auf Westthrakien, das nun Teil des griechischen Staates wurde.

Das Gebiet der heutigen Republik Mazedonien blieb weiterhin integraler Teil des serbischen Königreiches. Es wurde offiziell als Süd-Serbien bezeichnet. Die slawischen Bewohner der Region wurden als Serben angesehen. Ab 1929 bildete das Gebiet des heutigen Mazedonien zusammen mit Teilen des südlichen Serbiens administrativ die Provinz „Vardarska banovina“. Im Untergrund existierte die IMRO, die sich von der bulgarischen Nationalbewegung allmählich löste, als Befreiungsorganisation weiter. Ihre Aktionen waren nun gegen die Serben gerichtet. Spektakulärer Höhepunkt des Kampfes der IMRO war das gemeinsam mit der kroatischen Ustascha durchgeführte Attentat auf den jugoslawischen König Alexander I. am 9. Oktober 1934 in Marseille.[8] Schätzungsweise 4200 Mazedonier wurden zwischen 1918 und 1934 von der IMRO umgebracht, dem gegenüber standen rund 340 Opfer unter den Repräsentanten der jugoslawischen Staatsgewalt.[9]

Während des Zweiten Weltkrieges und der Kontrolle der Balkanhalbinsel durch die Truppen der Achsenmächte formierte sich ein Teil der slawischsprachigen Minderheit, die vorwiegend in Nordwest-Griechenland ansässig war, in militante Gruppierungen „anti-griechischer“ Ausrichtung. Diese kämpften entweder auf Seiten der Achsenmächte oder waren kommunistisch geprägt. Auch wenn die Organisationen ideologisch entgegengesetzte Ziele verfolgten, propagierten zum Zeitpunkt beide die Lostrennung des makedonischen Territoriums von Griechenland und seinen Anschluss an Bulgarien oder Jugoslawien.

Die bulgarische Besatzung Mazedoniens verfolgte rein nationale Ziele und kümmerte sich nicht um die Wirtschaftspolitik im befreiten Gebiet. Daher glich des Land, was seine Ausrichtung auf die Bedürfnisse der deutschen Kriegswirtschaft betrifft, dem kroatischen Ustascha- und dem serbischen Rumpfstaat.[10]

Im Gegensatz zum bulgarischen Mutterland wurden die makedonischen Juden nicht vor dem Holocaust gerettet. 7100 Personen, darunter 2000 Kinder wurden ins Vernichtungslager Treblinka deportiert. Nur 196 von ihnen überlebten.[11]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges brach 1946 der Bürgerkrieg in Griechenland zwischen dem kommunistischen und dem royalistisch-bürgerlichen Lager aus. Die Tatsache, dass sich die kommunistische Armee in Griechenland nicht nur aus ethnischen Griechen, sondern auch aus Angehörigen der slawischen Minderheit Makedoniens zusammensetzte, fügte dem Bürgerkrieg neben seiner offenkundigen ideologischen zugleich eine nationale Dimension hinzu. Hinzu kam mit der Gründung der Föderativen Volksrepublik Mazedonien innerhalb Jugoslawiens im August 1944 die staatliche Institutionalisierung des Makedonismus. Die Entscheidung der jugoslawischen Führung, aus der jugoslawischen Provinz Vardarska Banovina die sechste Teilrepublik der jugoslawischen Föderation ins Leben zu rufen und innerhalb dieser mazedonische Nationenbildung zu betreiben, beruhte sowohl auf innen- als auch außenpolitischen Überlegungen. Bis in die Mitte der 20. Jahrhunderts hinein, war die ethnonationale Determiniertheit der christlich-orthodoxen Bevölkerungsmehrheit Makedoniens gering gewesen.[12]

Mazedionien als Teilrepublik der Sozialistischen Republik Jugoslawien

Die Zeit zwischen 1949-1991 (Kalter Krieg)

Mit der Ausrufung der sogenannten Truman-Doktrin (1947) und dem darauffolgenden Eingreifen der USA im griechischen Bürgerkrieg, wurde der Konflikt 1949 mit einer Niederlage der Kommunisten beendet. Etwa 120.000 Menschen mussten Griechenland verlassen, und flüchteten in die Ostblockstaaten. Etwa die Hälfte davon waren ethnisch griechisch, und deren Repatriierung in Griechenland begann erst ab Mitte der 1980er Jahren. In der ideologischen Konfrontation zwischen Ost und West wurden die ethnischen Regionalkonflikte des Balkans für ein halbes Jahrhundert eingefroren. Am 26. Juli 1963 wurde Skopje von einem verheerenden Erdbeben getroffen, das fast die ganze Stadt zerstörte und über 1000 Menschenleben forderte.[13]

Heutige Republik Mazedonien

Seit 1991 (Moderne „Mazedonische Frage“)

Mazedonien erklärte 1991 nach einen Referendum die Unabhängigkeit. Der erste Staat der Mazedonien unter dem Verfassungsnamen anerkannte war Bulgarien. Dies geschah am 15. Januar 1992. Trotzdem kam es zu Unstimmigkeiten mit Griechenland und Bulgarien. 1992 zog sich die jugoslawische Volksarmee friedlich zurück, allerdings nahm sie ihre militärische Ausrüstung mit, so dass der neue Staat und seine Streitkräfte nur mit Handfeuerwaffen bewaffnet waren[14].

Der Namen Mazedonien - im Hinblick auf die gleichnamige griechische Region Makedonien - und Symbole wie den Stern von Vergina, wird nicht von griechischer Seite anerkannt. Griechenland hatte keine Einwände gegen die Unabhängigkeit. Die damalige Flagge Stern von Vergina wurde nicht als Staatssymbol anerkannt, denn das Symbol wurde erst Mitte 1980 in archäologischen Ausgrabungen in Griechenland entdeckt, und korreliert mit Makedonien aus der Antiken Zeit. Die Auswahl dieses Symbols als Bestandteil der Nationalflagge, sowie die Umbenennung (2007) des Flughafen in der Hauptstadt Skopje in Alexander the Great-Airport empfindet die griechische Seite als Provokation. Seit 1995 ist eine veränderte Fahne als Staatssymbol bei der UNO anerkannt.

Griechenland sieht den Namen Mazedonien als historisch nicht gerechtfertigt an, da die Geschichte des antiken Makedoniens ein Teil der griechischen antiken Geschichte ist, und zum diesem Zeitpunkt waren in der Region keine Slawen. Zusätzlich wird argumentiert, dass ein großer Teil des heutigen Mazedoniens nie Teil der historischen Region Makedonien gewesen sei, und die Bezeichnung Mazedonien (in Griechisch Μακεδονία (Makedonía) und in slawischen Sprachen Македонија/Македония/Makedonija) in diesem Sinne wird als kommunistische Erfindung angesehen in Zusammenhang mit den Ereignissen des blutigen griechischen Bürgerkrieges.

Die heutige Republik Mazedonien argumentiert, dass die Bezeichnung Makedonien mindestens seit dem 19. Jahrhundert für die ganze Region inklusive der heutigen Republik Mazedonien, sowohl lokal, als auch darüber hinaus üblich sei, und dass sich die slawischsprachigen Bewohner der Region auch mindestens ebenso lang als Makedonci (Македонци oder im bulgarischen Pirin-Mazedonien Македонци) bezeichnen. International ist die Republik deshalb vorläufig als Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (engl. Former Yugoslav Republic of Macedonia) anerkannt und wurde unter dieser Bezeichnung auch 1993 in die UNO aufgenommen.[15] [16] Die meisten Staaten verwenden jedoch auch offiziell den Begriff Republik Mazedonien. Die UNO forderte Griechenland und Mazedonien auf, zu einer friedlichen Einigung im Namenskonflikt zu finden.[17] Die Verhandlungen werden bis heute (2009) ohne Ergebnis geführt.

Bulgarien erkannte nicht nur als erster Staat das Land, sondern tat dieses auch unter dem verfassungsmäßigen Namen - Republik Mazedonien. Die Anerkennung einer mazedonische Nation und Sprache blieb jedoch bis zum Besuch des mazedonischen Ministerpräsidenten Ljubtscho Georgiewski 1999 in Sofia offen. Während des Besuchs fand eine Konsolidierung der zwischenstaatlichen Beziehungen die lange historisch belastet waren. Beide Seiten verzichteten in gemeinsame Erklärungen auf territoriale Ansprüche und erkannten ihre jeweiligen Sprachen an. In der gemeinsamen Erklärung der beiden Regierungschefs wird betont, dass kein Artikel der mazedonischen Verfassung eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Bulgariens ermögliche. Das gelte auch für die Rechte jener Staatsbürger Bulgariens, die sich selbst nicht als Bulgaren betrachten. Damit sind eben die Pirin-Makedonier im Westen Bulgariens gemeint, die von Skopje seit Ende des Zweiten Weltkrieges als Makedonier betrachtet werden und in der Vergangenheit als Begründungen für Gebietsansprüche Jugoslawiens dienten. Obwohl sich nur 3.117 (Stand 2001) der Bevölkerung im dieses Gebietes sich als Mazedonier bezeichnen, beziffert man in Skopje eine in der Umgebung von Blagoewgrad lebende »Minderheit« auf 200.000[14].

Bei dem Besuch Georgiewskis in Sofia wurde noch eine enge militärische Zusammenarbeit vereinbart. Bulgarien stellte dem neuen Staat gleich 150 Panzer und die gleiche Anzahl von Geschützen kostenlos zur Verfügung – für die schwach ausgerüstete mazedonische Streitkräfte war dieses absolutes Novum und im angesichts der folgenden Albanische Revolten ein Transfer von großer Bedeutung[14].

Im Zuge des Namenkonfliktes brach Griechenland (1994-1995) die wirtschaftlichen Beziehungen mit der Republik Mazedonien ab. Es stoppte jegliche Aus- und Einfuhren in und von der Republik Mazedonien. Das Land, das sich gerade im Umbruch befand und traditionell wirtschaftlich stark von Serbien und Griechenland abhängig ist, wurde dadurch massiv getroffen. Der Europäische Gerichtshof entschied jedoch, dass diese Aktion Griechenlands nicht den EU-Richtlinien widerspreche. Griechenland hob das einseitige Embargo wieder auf, nachdem die Regierung in Skopje Verhandlungsbereitschaft zeigte und auch die Nationalflagge geändert wurde.

Um das Jahr 2000 kam es in Mazedonien zu Spannungen, weil innerhalb der großen albanischen Minderheit, die mehrheitlich im westlichen Teil der Republik angesiedelt ist, Separationstendenzen ausbrachen. Der junge Staat hat seit der formellen Unabhängigkeit vor allem unter dem Gegensatz der zwei Volksgruppen zu leiden. Die Albaner, die nach eigenen Angaben ein Drittel der Bevölkerung ausmachen (die Volkszählung von 2003 ergab genau 25 Prozent, wird aber teilweise angezweifelt), wünschen mehr Autonomie, die ihnen die slawisch-mazedonische Mehrheit nur schwer zugestehen möchte. Dies führte zu bürgerkriegsähnlichen Kampfhandlungen im Westen des Landes durch die UÇK, die teilweise auf die Hauptstadt übergriffen und erst durch internationale Vermittlung beendet werden konnten. Ein Bürgerkrieg konnte durch ausländische Truppenpräsenz (Operation Amber Fox) und das durch internationale Vermittlung 2001 geschlossene Rahmenabkommen von Ohrid verhindert werden. Dieses Abkommen kam vor allem durch die Haltung von Präsident Boris Trajkovski zustande, der auch die Annäherung an die EU in Bewegung brachte. Die albanische Seite wirft der Regierung in Skopje allerdings vor das Rahmenabkommen nicht einzuhalten.

Am 26. Februar 2004 stürzte das Flugzeug des Präsidenten Boris Trajkovski über Stolac in Bosnien und Herzegowina ab. Er war gerade auf dem Weg zu einer Geldgeberkonferenz in Mostar. Da Trajkovski im allgemeinen als sehr offen und als Garant für den Frieden im Land galt, wurde dieser Unfall als schwerer Rückschlag gesehen. Ministerpräsident Branko Crvenkovski kündigte zwar an, dessen Politik weiterzuführen, doch die notwendig gewordenen Präsidentenwahlen im April 2004 stellten das Land erneut vor einen Scheideweg. Branko Crvenkovski, der sich für eine Annäherung Mazedoniens an die NATO und Europäische Union einsetzt, konnte sich schließlich in einer Stichwahl gegen Sasko Kedev von der Oppositionspartei VMRO-DPMNE durchsetzen.

Im März 2004 legte Mazedonien sein Beitrittsgesuch zur Europäischen Union vor. Am 17. Dezember 2005 wurde Mazedonien offiziell Beitrittskandidat. Allerdings hat das Land noch keinen Termin für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen erhalten.

Bei den Parlamentswahlen am 5. Juli 2006 kam es zu einem Machtwechsel. Es siegte das von der konservativen Partei VMRO-DPMNE geführte Oppositionsbündnis Für ein besseres Mazedonien mit 44 Sitzen. Das Bündnis Mazedonien gemeinsam der regierenden Sozialdemokratischen Liga Mazedoniens kam nur auf 32 Sitze. Die VMRO-DPMNE bildete daraufhin eine Regierung mit albanischen Demokratischen Partei der Albaner, der von der SDSM abgespaltenen Neuen Sozialdemokratischen Partei und weiteren Kleinparteien. Die stärkste albanische Partei, die Demokratische Union für Integration, wurde damit in die Opposition verwiesen.

Literatur

  • Katrin Boeckh: Von den Balkankriegen zum Ersten Weltkrieg. Kleinstaatenpolitik und ethnische Selbstbestimmung am Balkan. Verlag Oldenbourg , München 1996, ISBN 3-486-56173-1
  • Johannes Lepsius (Hrsg.): Die große Politik der europäischen Kabinette 1871-1914. Band 36: Die Liquidierung der Balkankriege 1913-1914. Berlin 1926. (Quellenedition)
  • Susanne-Sophia Spiliotis: Transterritorialität und nationale Abgrenzung: Konstitutionsprozesse. Verlag Oldenbourg, München 1998, ISBN 3-486-56415-3
  • Stefan Troebst: Das makedonische Jahrhundert. Von den Anfängen der nationalrevolutionären Bewegung zum Abkommen von Ochrid 1893 - 2001. Ausgewählte Aufsätze. Verlag Oldenbourg, München 1996, ISBN 978-3-486-58050-1

Einzelnachweise

  1. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915-1918 und 1941-1944. Verlag Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 21.
  2. http://www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=112331#Ostrumelien
  3. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Bulgarien/Geschichte.html
  4. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915-1918 und 1941-1944. Verlag Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 27
  5. Magarditsch A. Hatschikjan: Tradition und Neuorientierung in der bulgarischen Außenpolitik 1944 - 1948. Die "nationale Außenpolitik" der Bulgarischen Arbeiterpartei (Kommunisten). Verlag Oldenbourg, München 1988, ISBN 3-486-55001-2, S. 20
  6. Magarditsch A. Hatschikjan: Tradition und Neuorientierung in der bulgarischen Außenpolitik 1944 - 1948. Die „nationale Außenpolitik“ der Bulgarischen Arbeiterpartei (Kommunisten). Verlag Oldenbourg, München 1988, ISBN 3-486-55001-2, S. 20-21
  7. Stefan Troebst: Das makedonische Jahrhundert. Von den Anfängen der nationalrevolutionären Bewegung zum Abkommen von Ochrid 1893 - 2001. Ausgewählte Aufsätze. Verlag Oldenbourg, München 1996, ISBN 978-3-486-58050-1, S. 28
  8. Stefan Troebst: Das makedonische Jahrhundert. Von den Anfängen der nationalrevolutionären Bewegung zum Abkommen von Ochrid 1893 - 2001. Ausgewählte Aufsätze. Verlag Oldenbourg, München 1996, ISBN 978-3-486-58050-1, S. 30
  9. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915-1918 und 1941-1944. Verlag Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 180-181
  10. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915−1918 und 1941–1944. Verlag Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 321
  11. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915–1918 und 1941−1944. Verlag Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 279-280
  12. Stefan Troebst: Das makedonische Jahrhundert. Von den Anfängen der nationalrevolutionären Bewegung zum Abkommen von Ochrid 1893 - 2001. Ausgewählte Aufsätze. Verlag Oldenbourg, München 1996, ISBN 978-3-486-58050-1, S. 28
  13. BBC
  14. a b c Wolfgang Libal/ Christine von Kohl: Der Balkan. Stabilität oder Chaos in Europa, Europa Verlag, 2000, ISBN 3-203-79535-3, S.102-105
  15. Anerkennung durch die UN-Generalversammlung: A/RES/47/225 , 8. April 1993
  16. Offizielle Liste der UNO-Mitgliedsstaaten
  17. Weiterverfolgung der S/PRST/1995/46 -Dokument, 15. September 1995

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