- Geschichte des Transportwesens im Altertum
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Der Transport zu Lande steht in Bezug zur gesellschaftlichen Praxis, zur Geomorphologie der Landschaft und zum regionalen Klima. Am Anfang der Transportgeschichte trug der Mensch seine Lasten. Er entwickelte aber schnell Systeme, die diese Arbeit erleichterten.
Inhaltsverzeichnis
Tragen
Die Jäger waren Träger. Ein Träger hat die größte Geländetauglichkeit. Er besteigt steile Berge und benötigt nicht einmal Pfade, um Flüsse oder Seen zu erreichen. Hier war die Lastübergabe für den Transport zu Wasser an ein Wasserfahrzeug (Einbaum, Floß, Binsenboot) möglich. Die Mesolithiker nutzten bereits Einbäume beim Fischfang. Am Ende dieser Phase kam es zu neolithischen Migration und zur Beschaffung seltener Materialien mittels meergängiger Fahrzeuge. Zypern wird etwa 9500 v. Chr. von Jägern besiedelt. Obsidian (Glaslava) holte man von den Mittelmeerinseln Melos (ab 7000 v. Chr.), Lipari, Pantelleria und Sardinien. Ungeklärt bleibt, ob man den Lasten bis 15 kp tragenden Hund bereits jetzt als Packtier einsetzte.
Erste Tragehilfen an Land waren der geflochtene Korb, Fellbeutel, Netze, ausgehöhlte Kürbisse, der Tragriemen oder ein Ast mit dessen Hilfe Jäger ihre Beute und Sammlerinnen das Sammelgut zum Lager trugen. Mit der Entwicklung von Textilien folgte das Tragetuch. Die Dracht ist eine Einmann-Schultertrage, mit der man noch bis ins 20. Jahrhundert Körbe oder Eimer trug. Lasten werden heute immer noch von Menschen getragen (Sherpas), in unwegsamen Gegenden sogar über größere Distanzen.
Im Frühneolithikum entstanden im Zuge der Ausbeutung tierischen Potenzials durch Domestikation weitere logistische Möglichkeiten. Die Neolithiker bewegten – saisonal bzw. permanent – zwei Arten von Hauptnahrung. Zum einen mussten reife Kulturpflanzen zum Wohnplatz transportiert, behandelt und bevorratet werden. Zum anderen wurden von Nomaden Herdentiere bewegt und somit lebend bevorratet. Wann Tragetiere erstmals eingesetzt wurden, lässt sich nicht feststellen. Mit dem Rind wurde aber spätestens im 9. Jahrtausend v. Chr. ein Arbeitstier domestiziert, das bereits Gewichte bis 100 kp tragen konnte. Durch weitere Domestikationen kamen, teilweise erst wesentlich später: Dromedar (150 kp; 50 km/Tag), Elch, Hausesel (90 kp; 25 km/Tag), Gaur, Lama, Pferd, Rentier, Trampeltier (250 kp; 35 km/Tag) sowie Yak und Zebu hinzu, die in unwegsamen Gegenden heute noch als Trag–, Reit– bzw. Zugtier im Einsatz sind.
Ziehen
Mehrfach größer als seine Trageleistung, ist die Zugleistung jeder Tierart. Die zunächst von Kühen geleistete Arbeit setzt die (ggf. mehrfach erfolgte) Erfindung des Jochs zwar nicht voraus, sie kann aber etwa um 5500 v. Chr. im danubischen Raum unterstellt werden, wo Skelettveränderungen bei Rindern darauf verweisen. Die Belege dafür sind allerdings deutlich jünger. Der Zugleistung für den Transport ging die Arbeit von Ochsen vor dem Pflug voraus. Die seit der Bandkeramik belegte Kastration von Stieren beseitigte ihre Aggressivität und machte die enorme Kraft lenkbar.
Bei ethnologischen Forschungen kamen Bogucki (1993) bzw. Halstead (1995) zu dem Resultat, dass der Zugvieheinsatz die landwirtschaftliche Produktion erheblich steigerte. Primär erfolgte diese über die größere, weil einfacher zu bearbeitende Ackerfläche.
Schleifen und Schlitten
Die Komposition Zugtier-Joch-Pflug zieht eine Erfindung schleifender Transport-Systeme mit einigem Automatismus nach sich. Die Entwicklungslinie Joch, Pflug und Ochse erkennt auch Bakker, der den engen Zusammenhang mit dem Pflug, dem Joch, der Kastration von Rindern sowie der Nutzung ihrer Zugkraft sieht. Angesichts des Einsatzes auf den Feldern und in den Wäldern Mitteleuropas war eine von Tieren gezogene Schleife, die das Kufenprinzip in der Zugvorrichtung umsetzt, der nächste logische Schritt. Die älteste erhalten gebliebene Schleife stammt vom Lac de Chalain im französischen Jura und datierte wenige Jahre vor 3000 v. Chr.
In Nordamerika setzten die Prärieindianer ursprünglich Hunde als Pack– oder Zugtiere des Travois ein, einer kleinen Stangenschleppe, die unter Umständen bereits gleichzeitig oder sogar vor den altweltlichen Schleifen in Gebrauch war. Später passten sie den Travois an die Größe der nun verfügbaren Pferde an.
Schleifende Systeme sind nur vorwärts bewegt einsetzbar. Während die Deichsel einer Schleife in den Lastenträger integriert ist, was auf ihre Abkunft vom Pflug weist, kam es bei der Kombination von Schlitten und Zugtieren zum Einsatz von Gurten oder Seilen. Diese Lösung erfordert kein Joch, gestattet den Einsatz eines einzelnen Zugtieres und weist daher auf eine andere Entwicklungslinie. Schwer beladene Schlitten benötigen zum Gleiten einen Wasserfilm und sind daher auf wassernahen Gebrauch oder auf den Einsatz auf Eis und Schnee beschränkt.
Radfahrzeuge
Für rollende Lasttransporte sind prinzipiell auch Rollen einsetzbar. Folglich wird ihre Verwendung, z. B. beim Transport von Megalithen, nachzuweisen gesucht. Ihre Anwendung erfordert, da Rollen aufgrund ihres überaus hohen Rollwiderstandes sehr leicht verkanten, was oft übersehen wird, eine feste, völlig ebene, also hergerichtete Trasse. Daher erleichterten Rollen wohl erst in der Bronzezeit die Transporte von Tragschlitten oder Steinblöcken mit glatter Unterseite auf einer vielfach genutzten Kurzstrecke, etwa zwischen dem Nilboot und der Baustelle beim Pyramidenbau. Transportrollen waren dagegen nirgendwo die Wegbereiter des Rades.
Das Rad kann überall erfunden worden sein, ohne Achse oder Welle war es aber nutzlos. Die Innovation bestand in der Platzierung zweier Räder auf den Achsen oder den Enden einer Welle. Ihr Einsatz baute das logistische Potenzial gegenüber den schleifenden Systemen aus, setzte allerdings anfänglich den natürlich vorkommenden, fahrfesten Untergrund voraus. Neben Last und Trasse hat der aus der Radgröße resultierende Rollwiderstand Einfluss auf die Nutzbarkeit von Fahrzeugen. Die ersten Räder waren Scheibenräder, die in Baumstammgröße, jedoch nicht quer sondern in Wuchsrichtung aus der Stammmitte herausgearbeitet wurden. Mehrteilige Räder, die in Mooren gefunden wurden, vergrößerten schnell die Durchmesser. Aber erst die bronzezeitliche Erfindung der Speiche ermöglichte wirklich große und vergleichsweise leichte Räder.
Gebrauchsfähige Fahrzeuge entstanden noch während des Neolithikums. Wer sie benötigte, entwickelte in einem Prozess, der auf vorhandenen Lösungen aufbaute, Karren oder Wagen. Auf der Suche nach dem Ursprung der europäischen Fuhrwerke kommt man um einen dualen Ansatz nicht herum, denn nahezu gleichzeitig erscheinen die Karre (einachsig) und der Wagen (mehrachsig). Der Einsatz zweier Tiere (eines Gespannes) blieb eine von den schleifenden Systemen her bekannte Lösung, die in Anbetracht des Zustandes der Trassen noch lange sinnvoll blieb.
Karren
Die Karre ist eine frühe zirkumalpine Erscheinung, die vollständig die Funktion der Schleife übernimmt, deren Tochter sie ist. Ihre rotierende Welle nimmt axiale Unebenheiten (z. B. die Rillenerosion einer Trasse) besser auf, als jene Radnaben die auf den stehenden Achszapfen des vorzeitlichen Wagens sitzen. Eine frühe Karre in Mitteleuropa war der so genannte Dreieckswagen. Er entstand aus der an ihrem breiten Ende mit einem Radsatz ausgestatteten Schleife.
Über die am Indus parallel zu ersten europäischen handfesten Belegen der Existenz von Wagen, kultischen Rang besitzenden Karre ist noch keine gültige Aussage zu treffen. Sie taucht um 3500 v. Chr. in Harappa unvermittelt und variantenreich als Tonmodell auf, so dass sie zu der Zeit bereits sakralen Status besitzt, während sie als vorauslaufende Realie fundtechisch noch nicht existiert.
Wagen
Für die Herkunft des Wagens lieferte die Indoeuropäische (IE) Sprachforschung wichtige Hinweise. So sollen Achse (*hakhs), Deichsel, Joch (*iuk´om), Nabe, Rad (*rotho) und Wagen Worte der Protosprache (PIE) sein, die im Moment der Wagenerfindung noch kongruent war. Dies deutet auf ein relativ frühes Datum der Erfindung.
Die Majkop-Kultur (zwischen 3700–3000 v. Chr. am Westkaukasus) kennt Wagenräder bereits als Grabgut. Es ist aber davon auszugehen, dass der Wagen eine profane Vorlaufzeit (Existenz) hatte, bevor er Status- oder Sakralcharakter erreichte. Diese Kultur hatte in einer winterkalten Landschaft offenbar beim Schlittenbau Erfahrung gesammelt und brauchte ein Fuhrwerk mit den typischen Eigenschaften eines Wagens. Holzwerkzeug fand Veselovsky 1897 bei seiner Grabung in Majkop. Dem Schlittengebrauch stand in der Steppe nichts entgegen. Schlitten haben dort jene Vorteile, die eine Troika heute noch bietet. Ihr Gebrauch könnte sogar sehr viel älter sein als bisher angenommen, da die gletscherfrei gebliebene sibirische Tundra während der Eiszeit bewohnt war. Auf zirkumpolaren Permafrostböden sind Schlitten auch Sommertags einsetzbar. In Nordeuropa nutzen die (heute) rentierhaltenden Komi den Schlitten ganzjährig. Als erste Zugtiere kommen die einige Jahrtausende vor den Großtieren domestizierten Hunde in Frage, die gegebenenfalls bereits die paläolithische Jagd erleichterten. Eine so komplexe Erfindung wie sie Fahrzeuge darstellen, lässt sich aber nicht mit dem Nomadismus verbinden. So entstand der Wagen in Osteuropa in einer halbnomadischen Kultur, die alle Ressourcen alle Voraussetzungen und den Bedarf hatte.
Mesopotamiens älteste (abgebildete) Schlitten waren keine Lastenträger, sondern von Rindern gezogene „Dreschmaschinen“. Die Kenntnis des Schlittenprizips sollte von außen in diese Landschaft mitgebracht worden sein (Einwanderung der Sumerer aus dem Zagros?). Die Abbildungen zeigen dann zwei Kreise, die Räder darstellen und aus dem zunächst geschliffenen Objekt ein Fahrzeug machen, das hier eindeutig im Kultbereich eingesetzt wurde. Dies geschah aber nicht früher als der Gebrauch der synchron entstandenen Fahrzeuge in Europa. Bei der Entwicklung des Wagens auf der Basis des Schlittens konnte keine Karre entstehen. Das lässt die lose Verbindung mittels Seil bzw. Gurt (keine integrierte Deichsel), zwischen der Trageeinheit und dem Zugvieh technisch nicht zu.
Der Fahrzeuggebrauch für logistische Zwecke ist entgegen manchen Einlassungen chronologisch vom ersten Zugtiereinsatz völlig zu trennen. Zugtiere bedienten zunächst radlose Systeme. Karre wie Wagen bauen erst auf solchen Systemen auf.
Siehe auch
- Umfassender Artikel: Verkehrsgeschichte
Literatur
- Fansa M. und Burmeister S. (Hrsg.) 2004: Rad und Wagen, ISBN 3-8053-3322-6
- Köninger u.a. (Hrsg.) 2001: Schleife, Schlitten, Rad und Wagen, Schriftenreihe Hemmenhofener Skripte, Janus-Verlag, Freiburg i. Br.
- Walkowitz J.E.: Logistik im Neolithikum und Chalcolithikum, in: Varia neolithica IV, 2006, ISBN 3-937517-43-X
Weblinks
- Römische Traktionssysteme - Pferd, Geschirr, Wagen (engl.)
- Entwicklung des Kummets (engl.)
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