- Gesellschaft Memorial
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Dieser Artikel befasst sich mit der Menschenrechtsorganisation „Memorial“. Für das gleichnamige Erinnerungsblatt des Blaise Pascal siehe Memorial (Blaise Pascal), für die gleichnamige Bittschrift der Zürcher Landgemeinden von 1794 Memorial und Stäfner Handel. Memorial wird auch mit der Bedeutung Abschiedsurkunde verwendet. - Memorial International (de, en, ru)
- Memorial Deutschland (de)
- Auszeichnung mit dem Alternativen Nobelpreis (en)
Memorial ist eine internationale Menschenrechtsorganisation. Sie wurde 1988 auf Initiative von Andrei Sacharow in Russland gegründet und widmet sich der historischen Aufarbeitung politischer Gewaltherrschaft, der Einhaltung der Menschenrechte und der sozialen Fürsorge für die Überlebenden des sowjetischen Arbeitslagersystems (GULAG).
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Geschichte
Ursprünglich entstand Memorial, um in Russland ein Denkmal für die Opfer des Stalinismus zu errichten. Gründungsvorsitzender war Andrei Sacharow. Sie war die erste regierungsunabhängige Organisation auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion. Das Denkmal wurde am 30. Oktober 1990 vor der früheren KGB-Zentrale in Moskau, der Lubjanka, eingeweiht.
Die Organisation setzte sich bald weitere Ziele. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter besuchten GULAG-Überlebende, schrieben ihre Lebensgeschichten auf und versuchten ihnen in der Öffentlichkeit eine Stimme zu verleihen. Anfang der 1990er Jahre entstanden in Russland rund 70 Memorial-Verbände. Inzwischen gibt es international 87 Gruppen, darunter in Polen, in der Ukraine, in Lettland und in Deutschland.
Die Arbeit von Memorial wird von der Soros-Stiftung (USA), der Ford-Stiftung (USA) und der Heinrich-Böll-Stiftung (Deutschland) regelmäßig finanziell unterstützt. Außerdem erhält die Organisation Gelder des UNHCR und des Europarats für ihr Programm zur Beratung von Flüchtlingen.
Schwerpunkte
Historische Aufarbeitung
In eigenen Bibliotheken und Archiven sammelt Memorial Dokumente aus den Arbeitslagern der Sowjetunion. Dazu gehören: Opferkarteien, Häftlingserinnerungen, Prozessunterlagen, Bilder und Samisdat-Veröffentlichungen. Den Bibliotheken sind wissenschaftliche Informationszentren angegliedert, in denen das Repressionssystem erforscht wird. Die Ergebnisse werden in einem verbandseigenen Verlag veröffentlicht.
Die Organisation bemüht sich, an den Stellen früherer Lager und Massengräber Gedenksteine oder -tafeln zu errichten. Einmal im Jahr richtet Memorial eine Expedition zu den im Norden Russlands gelegenen Solowezki-Inseln aus, auf denen bereits 1920 das erste Straflager für politische Gefangene gebaut wurde.
Menschenrechte
Im Moskauer Menschenrechtszentrum von Memorial werden Informationen zur Menschenrechtslage in Russland aufbereitet und Initiativen für Konfliktlösungen vorbereitet. Es gibt Programme gegen ethnische Diskriminierungen, dem Schutz von Flüchtlingen und zur Entsendung von Beobachtern in Kriegsgebiete, darunter auch Tschetschenien. Die Organisation veröffentlicht ihre Analysen in Broschüren, in einer eigenen Radiosendung sowie im Internet.
Eine Memorial-Jugendgruppe setzt sich gegen den Rechtsextremismus in Russland ein. Sie beschäftigt sich mit der Geschichte des europäischen Faschismus, organisiert Demonstrationen und Pressearbeit. Sie veröffentlicht die Zeitschrift Tumbalalajka. Wegen ihrer Beschäftigung mit dem Rechtsextremismus wurde die Sankt Petersburger Memorial-Gruppe seit 2003 verschiedentlich Opfer von Überfällen. 2004 wurde das Memorial-Mitglied Nikolai Girenko erschossen, nachdem er als Gutachter in Neonazi-Prozessen aufgetreten war.
Soziale Hilfen
Überlebende des GULAG-Systems leben im Alter oft in sozial verheerenden Umständen. Die Lagerjahre werden den Häftlingen nicht auf die Rente angerechnet. Weil sie sozial geächtet waren, erhielten sie nur unqualifizierte und schlecht bezahlte Arbeiten. Memorial unterstützt diese Personengruppe deshalb in Härtefällen.
Gesunde Mitglieder kümmern sich um pflegebedürftige frühere Lagerinsassen. Eine eigene Apotheke in Sankt Petersburg versucht, ihnen die nötigen Medikamente zur Verfügung zu stellen. Es gibt Finanzhilfen für Reparaturen und zur Grundversorgung, wenn ein Überleben anders nicht möglich ist. Für mittellos verstorbene frühere Häftlinge trägt die Organisation teilweise die Beerdigungskosten.
Auszeichnungen
Memorial erhielt 2001 den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis, 2004 den Alternativen Nobelpreis für ihren Einsatz zur geschichtlichen Aufarbeitung und Respektierung der Menschenrechte.
Weblinks
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