Gesetz des Brehon

Gesetz des Brehon

Die Brehon Laws (Richtergesetze) sind die Altirische Form der Zivilrechtsprechung vor der anglo-normannischen Besetzung des Landes. Sie bilden auch die Grundlage des britischen Rechtssystems, das als case law oder Common Law bezeichnet wird. Ihre gälische Bezeichnung lautet Fénechas, d.h. Gesetz der Féine bzw. Féne oder der freien Bauern.

Die altirischen Richter (gäl. Brehons) waren in ihrer Urteilsfindung frei, was sie zu einer einflussreichen Gruppe machte. Es gab eine Ausbildung zum Richter in Gesetzesschulen. Die Urteile wurden über Jahrhunderte mündlich überliefert, bevor sie zwischen 600 und 900 n. Chr. u. a. im Dun Cahermacnaghten im Burren im Co. Clare aufgezeichnet wurden.

Der O´Davoran Clan unterhielt hier eine der wichtigen Gesetzesschulen im mittelalterlichen Irland. Die Fälle wurden im ältesten Dialekt der irischen Sprache, Bérla Féini genannt, geschrieben, der schon zur Zeit der Niederschreibung schwierig zu lesen war, so dass die Schreiber besonders eingewiesen werden mussten. Die Kommentatoren hatten häufig Mühe bei ihren Versuchen, die archaischen Texte zu erklären. Die bedeutendsten Aufzeichnungen sind das Senchus Mór und das Buch von Acaill. Das Original des Senchus mor ging verloren. Die beiden irischen Gelehrten O’Donovan und O’Curry, die die Gesetze um 1670 ins englische übersetzten, waren erst nach einem lebenslangen Studium dazu in der Lage und in zahlreichen Fällen waren sie, zu ihrem Bedauern nicht einmal völlig sicher. Die Übersetzung O´Curry´s umfassen 2.906, die O'Donovan´s 2.491 Seiten, die in fünf Bänden veröffentlicht wurden. Es gibt jedoch noch unübersetzte Texte, die einen ähnlichen Umfang haben.

Der Fortbestand der unabhängigen irischen Rechtspraxis wurde von englischen Kommentatoren des späteren 16. und 17. Jahrhunderts wie Edmund Spenser oder John Davies (1569–1626) als einer der Hauptgründe für die unvollständige Unterwerfung bzw. „Zivilisierung“ Irlands angesehen. Diese Einschätzung war insofern nicht falsch, als die in weiten Teilen noch unabhängige irische Rechtskultur Grundlage und Sinnbild für den Fortbestand der auf der Clans-Herrschaft beruhenden irischen Sozialverfassung („derbfine“) war. So wurden Verbrechen typischerweise außerhalb des staatlich-jurisdiktiven Zugriffs zwischen den betroffenen Familien geahndet, also auf eine Art und Weise, die dem Common Law entgegenlief.

Der englische Dichter Spenser etwa, der bis zu seiner Vertreibung im Jahre 1598 in Irland lebte, argumentierte Anfang der 1590er Jahre in seiner berüchtigten Schrift „A Veue of The Present State of Ireland“, die Ausübung des Brehon Law sei noch vor den „Sitten“ („customes“) und dem Festhalten am Katholizismus („religion“) die erste Untugend der einheimischen Bevölkerung. Diese "vices" zu brechen, sei Voraussetzung für die Etablierung der englischen Herrschaft auf der Insel und die Hebung der irischen Volkskultur. In dem Maße, in dem die englische Verwaltung in Irland im Laufe des äußerst konfliktreichen 17. Jahrhunderts die Oberhand über die irischen Lords gewann, sollten die Brehon Laws im 17. Jahrhundert tatsächlich zurückgedrängt werden.

Eine sicher unzutreffende Überlieferung besagt, dass St. Patrick und König Lear im Jahre 438 n. Chr. eine Aufzeichnung beauftragten in die, durch eine Überarbeitung von St. Patrick christliche Standpunkte eingeflossen seien.

Quelle

  • Ancient laws of Ireland, publ. under direction of the commissioners for publishing the Ancient Laws and Institutes of Ireland, Tel. 2: Senchus Mor, Dublin 1869

Literatur

  • Kuno Meyer: The Triads of Ireland, Dublin 1906.
  • Laim Breatnach (Hg.), Uaraicecht na Riar. The Poetic Grades in Early Irish Law, Dublin 1987.
  • Fergus Kelly: Guide of Early Irish Law, Dublin 1988.
  • Ronald G. Asch: Kulturkonflikt und Recht. Irland, das Common Law und die Ancient Constitution, in: Ius Commune 21 (1994), S. 169–212.
  • Achim Landwehr, „Becoming a liege and true Englishman“. Englische Assimilationspolitik in Irland 1534-1547, in: Historische Mitteilungen der Görres-Gesellschaft 12 (1999), S. 1–34.

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