- Gilles Binche
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Gilles Binchois, auch de Bins, Binch, Binche, (* um 1400 in Mons (?); † 20. September 1460 in Soignies) war Komponist, Dichter und Kleriker.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Binchois war der Sohn des Jean de Binch († 1425(?)) und dessen Frau Jeanne, geborene Paulouche († 1426(?)), hochangesehenen Bürgern. Er hatte wenigstens zwei Brüder: Andrj, der ihn überlebte, und Ernoul, der zwei Töchter hinterließ.
Seine erste Ausbildung dürfte Binchois im Umkreis des Monser Hofes erfahren haben. Wahrscheinlich erhielt Binchois auch eine Ausbildung zum Chorsänger.
Im Dezember 1419 ist Binchois als Organist von Sainte-Waudru in Mons nachweisbar; dieses Amt übte er bis 1423 aus. Am 28. Juli 1423 zahlte er der Stadt Mons einen Geldbetrag für das Privileg, nach Lille umziehen zu dürfen.
Schnell kam er in Kontakt mit den englischen Besatzern. Wahrscheinlich trat er in den Dienst des William de la Poles, des Grafen und späteren Herzogs von Suffolk (1396-1450). Ein Dokument aus dem Jahr 1427 berichtet, dass Suffolk 1424 nach einem Sturz vom Pferd in Paris ‘Binchoiz’ angewiesen habe, das Rondeau ‘Ainsi que a la foiz m’y souvient’ zu schreiben, und dass ‘Binchoiz’ in einer späteren Auseinandersetzung mit zwei Normannischen Dienern Suffolks eher den Herzog von Burgund als den Herzog von Gloucester unterstützt habe. Im April 1425 folgte er dem Grafen in den Hennegau. Wahrscheinlich bezieht sich auf diese Zeit die Überlieferung, dass Binchois in seiner Jugend Soldat gewesen sei.
Noch vor 1430, wahrscheinlich kurz vor 1427, wurde Binchois Mitglied der burgundischen Hofkapelle. Sein Dienstherr war der kunstliebende und in legendärem Luxus lebende Philipp der Gute, unter dessen Regierung Burgund eine Phase der kulturellen Blüte erlebte. Stets durfte sich Binchois der besonderen Gunst seines Dienstherren erfreuen und wurde von diesem reichlich mit Pfründen versorgt.
Sein erstes Kanonikat erhielt er bereits am 7. Januar 1430 an Saint-Donatian in Brügge. Diese Pfründe war mit einer halbjährlichen Residentpflichten verbunden. 1437 verlieh der Herzog Binchois Pfründe an Sainte-Waudru in Mons an Saint-Pierre in Cassel.
Die folgenden Jahre Binchois’ waren erfüllt von seinen Aufgaben als Mitglied der herzoglichen Kapelle, in deren Hierarchie er immer weiter nach oben stieg, und seinen Aufgaben als Kanoniker in Brügge. Für gewöhnlich reiste der Herzog mit seiner Kapelle; Binchois hat ihn, wenn immer möglich, begleitet.
Um 1437 wurde Binchois Honorarsekretär des Hofes. Im Juni 1437 erhob ihn der Bischof von Cambrai in den Rang eines Sub-Diakons. Einen Monat später schickte Binchois, offensichtlich auch mit magischen Ritualen vertraut, an die Herzogin einen Ring, der gegen Zahnweh wirksam sein sollte.
1452 verlieh der Herzog Binchois die Propstwürde des Kollegiatsstiftes Saint-Vincent in Soignies und zugleich ein Kanonikat. Soignies war für seine hervorragende Musikpflege bekannt, in dieser Beziehung nur mit Cambrai und Condé zu vergleichen. Zur Zeit Binchois besaßen die Komponisten Guillaume de Malbecque (Guillermus Modatoris) und Johannes Regis Kanonikate am Stift.
Als Propst übte Binchois die weltliche Gewalt aus. Er war verpflichtet, sich jährlich wenigstens 32 Wochen in Soignies aufzuhalten. Seit 1453 gehörte er deshalb der burgundischen Kapelle nur noch pro forma an, wurde gleichwohl bis zu seinem Tod weiter besoldet. Er bewohnte ein Mietshaus des Stifts. Die Magd Bellotte le Meskine und der junge Diener Martin bediente ihn.
Um den 5. September 1460 erkrankte Binchois schwer und starb am 20. September. Er hinterließ ein erhebliches Vermögen. Seine letzte Ruhestätte fand er im Chor der Kollegiatskirche. Sein Grabmal wurde im 18. Jahrhundert zerstört.
Johannes Ockeghem komponierte auf Binchois Tod die ‘Deploration sur la mort de Binchois’, Guillaume Du Fay, den Verlust eines Freundes beklagend, das Rondeau En triumphant de Cruel Dueil.
Abgesehen von einer Miniatur (1451) ist kein Portrait Binchois’ nachzuweisen. Der Kunsthistoriker Erwin Panofsky hat 1949 die Hypothese aufgestellt, dass das „Bildnis des Tymotheos“ von Jan van Eyck Binchois darstelle. Doch dieser Hypothese wird entgegen gehalten, dass der Dargestellte kein Notenblatt in der Hand halte. Mittlerweile sieht man in diesem Bildnis ein Selbstportrait van Eycks.
Was Martin le Franc 1440 in einer berühmten Stelle seines „Le champion des dames“ zum ersten Male ausgesprochen hat: dass Binchois nicht weniger als Guillaume Du Fay für die Herausbildung eines neuen, englisch inspirierten Stils verantwortlich sei, gehört seit Johannes Tinctoris zum Grundstock musikgeschichtlicher Einsichten. John Dunstable, Binchois und Guillaume Du Fay wurden als die wichtigsten Lehrer der nachfolgenden Komponistengeneration verehrt. Viel bewundert ist bis heute Binchois’ melodischer Erfindungsreichtum.
Werke
Fragmenta missarum
- Kyrie ‘angelorum’;
- Kyrie ‘apostolorum’, ‘de martiribus’ oder ‘brevioris perfecta’;
- Kyrie [cunctipotens];
- Kyrie ‘de dominica’ oder ‘de beata Maria’;
- Kyrie ‘feriale’;
- Kyrie ‘in simplici die’;
- Gloria und Credo;
- Gloria und Credo ‘brevioris imperfecta per medium’;
- Gloria ‘hominibus’ und Credo ‘factorem’;
- Gloria;
- Gloria;
- Credo;
- Credo ‘aversi’ oder ‘autenti triti irregularis’;
- Sanctus und Agnus;
- Sanctus und Agnus für tiefe Stimmen;
- Sanctus und Agnus [ferialie];
- Sanctus und Agnus;
- Sanctus;
- Agnus Dei.
Psalmen und Lobgesänge
- In exitu Israel (Psalm 113);
- Magnificat primi toni;
- Magnificat secundi toni;
- Magnificat tertii toni;
- Magnificat [quarti toni];
- Magnificat sexti toni ad omnes versus;
- Magnificat octavi toni;
- Te Deum laudamus.
Kleinere geistliche Werke
- A solis ortus cardine;
- Asperges me (1);
- Asperges me (2);
- Ave regina celorum;
- Beata nobis gaudia;
- Da pacem Domine;
- Deo gracias;
- Dixit sanctus Philippus;
- Domitor Hectoris Paride;
- Felix namque es;
- Gloria laus et honor;
- Inter natos mulierum (1);
- Inter natos mulierum (2);
- Nos qui vivimus;
- Nove cantum melodie /Tanti gaude germinis/ ... enixa meritis (für die Taufe des Prinzen Anthoine von Burgund am 18. Januar 1431);
- ‘Passions en nouvelle maniere’ (1438, verloren);
- Quem terra pontus;
- Salve sancta parens (1);
- Salve sancta parens (2);
- Sancti Dei omnes;
- Ut queant laxis;
- Veneremur virginem;
- Veni Creator Spiritus;
- Vox de celo ad Anthonium.
Rondeaux
- Adieu adieu mon joieulx souvenir;
- Adieu jusques je vous revoye;
- Adieu m’amour et ma maitresse;
- Adieu ma doulce...;
- Adieu mes tres belle amours;
- Ainsi que a la foiz m’y souvient;
- Amoureux suy et me vient toute joye;
- Amours et qu’as tu en pensé;
- Amours et souvenir de celle;
- Ay douloureux disant helas;
- Bien puist...;
- C’est assez pour morir de dueil;
- Comme femme desconfortée;
- De plus en plus se renouvelle;
- Depuis le congé que je pris;
- En regardent votre tres doulx mantiens;
- En sera il mieulx a voustre cuer;
- Esclave puist yl devenir;
- Helas que poray je plus faire;
- Jamais tant que je vous revoye (2);
- Je me recommande humblement;
- Je ne fai tousjours que penser;
- Je ne pouroye estre joyeux;
- Je ne vis onques le pareille;
- Joyeux penser et souvenir;
- La merchi ma dame et Amours;
- L’ami de ma dame ist venu;
- Les tres doulx jeux du viaire ma dame;
- Liesse m’a mandé salut;
- Ma léesse a changié son nom;
- Marguerite, fleur de valeur;
- Mes yeulx ont fait mon cuer porter;
- Mon cuer chante joyseusement;
- Mon doulx espoir tres desireux las;
- Mon seul et souverain desir;
- Mort en merchy;
- Nous vous verens bien Malebouche;
- Plains de plours et gemissemens;
- Pour prison ne pour maladie;
- Qui veut mesdire si mesdie;
- Quoy que Dangier, malebouche et leur gent;
- Rendre me vieng a vous sauve la vie;
- Se je souspire, plains et pleure;
- Se j’eusse un seul peu d’esperanche;
- Se la belle n’a le voloir;
- Seule esgarée de tout joyeulx plaisir;
- Tant plus ayme plus suy mal amé;
- Tout a par moy afin qu’on ne me voie;
- Toutes mes joyes;
- Tristre plaisir et douleureuse joye;
- Vostre alée me desplait tant;
- Vostre tres douls regart plaisant;
- [Textlos].
Balladen
- Adieu mon amoureuse joye;
- Amours merchi de trestout mon pooir;
- Dueil angoisseus rage demeseurée;
- J’ay tant de deul que nul homs peit avoir;
- Je loe Amours et ma dame mercye;
- Ma dame que j’ayme et croy;
- Mesdisans m’ont cuidié desfaire.
Bergerette, Kombinationschanson
- Eine textlose Bergerette; Filles a marier ne vous mariez (Kombinationschanson)
Unechte, unterschobene, zweifelhafte Werke
- Mess-Zyklus mit tropiertem Kyrie ‘Omnipotens Pater’;
- Missa ‘Pax vobis ego sum;
- Gloria;
- Gloria;
- Magnificat sexti toni;
- Alma Redemptoris mater;
- Beate mater;
- Quam pulchra es;
- Virgo prefulgens;
- Ce mois de mai;
- Je cuidoye estre conforté;
- Va tost mon amoureux desir;
- Dame que j’ay loingtamp servie;
- Esprix d’amours l’autre jour;
- Faisons bonne chiere et lie;
- Soyés loyal a vo povoir;
- Veuillés hoster de che dangier;
- Adieu ma tresbelle maistresse;
- Bien vienguant ma tres redoubtée;
- De ceste joieuse advenue;
- Je ne porroye plus durer;
- Je vous salue ma maistresse;
- La tresorire de bonté;
- L’une tresbelle l’une clere lune;
- Mon coeur avoec vous s’en va;
- Bien viegnes mon prinche gracieux;
- Je n’atens plus de resonfort;
- L’onneur de vous dame sans per;
- Tous desplaisir m’en sont;
- Va t’en mon desir gracieux.
Siehe auch
Weblinks
- Allan W. Atlas: Binchois and beyond. In: Musical Times, Herbst 2001 (engl.)
- Einträge zu Gilles Binchois im Katalog des Deutschen Musikarchivs
PND: Datensatz zu Gilles Binchois bei der DNB – Keine Treffer 12. September 2007 Personendaten NAME Binchois, Gilles ALTERNATIVNAMEN Gilles de Bins; Binch; Binche KURZBESCHREIBUNG franco-flämischer Komponist, Dichter und Kleriker GEBURTSDATUM um 1400 GEBURTSORT unsicher: Mons STERBEDATUM 20. September 1460 STERBEORT Soignies
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