- Glarus Unterland
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Nach einem Landsgemeindebeschluss vom 7. Mai 2006 soll in einer Gemeindereform des Kantons Glarus die Anzahl der Gemeinden von 25 (Stand: 1. Juli 2006) auf drei (2011) reduziert werden.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vorgeschichte
Durch eine abwandernde Bevölkerung, zahlreiche leerstehende Fabrikhallen und gravierende finanzielle Probleme einzelner Gemeinden sorgt der Kanton seit längerem schweizweit für Aufsehen. Die Gemeinde Bilten erlitt trotz ihrem hervorragenden Wirtschaftsstandort massive Steuereinbussen.
Dies führte zu Überlegungen, die politisch unabhängigen Gemeinden zu grösseren Einheiten zu verschmelzen.
Gegner und Befürworter der Gemeindereform meldeten sich schon vor der Landsgemeinde mit Leserbriefen in der Lokalpresse. Sie waren grösstenteils der Meinung, jede Gemeinde solle selbst entscheiden können, wenn eine Fusion mit einer Nachbargemeinde ansteht. Man unterstellte dem Regierungsrat und dem Landrat einen Verstoss gegen die Demokratie bzw. die Bundesverfassung, deren Artikel 23, Absatz 3 lautet: "Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung beizutreten oder anzugehören".
An der Landsgemeinde
Vom Landrat und vom Regierungsrat wurde ein Modell favorisiert, das die Reduktion von damals 27 Ortsgemeinden auf 10 Einheitsgemeinden vorsah. Ein Vorstoss von Kurt Reifler verlangte sogar die Reduktion auf drei Einheitsgemeinden. Überraschenderweise wurde dieser Vorschlag an der Landsgemeinde am 7. Mai 2006 mit einer knappen Mehrheit gutgeheissen, obschon Befürworter und Gegner das Wort ergriffen hatten.
Gerichtliches und politisches Nachspiel
Kurz nach der Abstimmung wurden Stimmen laut, die ein Rückgängigmachen des Entscheides forderten, weil das Vorgehen aus demokratischer und politischer Sicht als fragwürdig beurteilt wurde. Die radikalste Reformvariante - die Schaffung von nur 3 Einheitsgemeinden - war nicht im Memorial für die Landsgemeinde aufgeführt. Sie wurde dennoch von einer knappen Mehrheit angenommen. Gegen diesen Beschluss der Landsgemeinde reichte ein Stimmbürger beim Verwaltungsgericht des Kantons Glarus eine Klage ein. Er zweifelte die Rechtmässigkeit der Abstimmung an, da der Antrag für die drei Gemeinden erst während der Debatte eingebracht wurde. Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht am 6. Juni 2006 abgewiesen. [1].
Diese Klage und eine staatsrechtliche Beschwerde wurden an das Bundesgericht weitergezogen. Das Bundesgericht wies am 3. November 2006 sowohl die Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 6. Juni 2006 [2] als auch die Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Landsgemeindebeschluss des Kantons Glarus vom 7. Mai 2006 [3] ab. Die beanstandete Verletzung von Artikel 118 der Glarner Kantonsverfassung, der vorsieht, dass die Stimmberechtigten der betroffenen Gemeinden über Bestand und Zusammenschlüsse von Gemeinden selber entscheiden, wurde durch das Bundesgericht ebenso wenig geprüft, wie die Verletzungen von Artikel 34 Abs. 2 und von Artikel 65 der Bundesverfassung. Das Bundesgericht vertrat lediglich den Standpunkt, dass eine Verletzung von Art. 118 KV früher hätte gerügt werden müssen, nämlich im Zeitpunkt der Vorbereitung der Landsgemeinde. Ob der Entscheid mit der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung, die auch von der Schweiz ratifiziert wurde, zu vereinbaren ist, wurde bisher nicht geprüft.
Ausserordentliche Landsgemeinde
Das Initiativkomitee für ein demokratisches, faires und effizientes Glarnerland forderte die Einberufung einer ausserordentlichen Landsgemeinde mit dem Ziel, den Strukturreformentscheid zur Schaffung von drei Gemeinden aufzuheben. Mit den von ihm gesammelten und eingereichten 2279 gültigen Unterschriften ist die Initiative zustande gekommen. Die ausserordentliche Landsgemeinde – die erste seit 155 Jahren – fand am 25. November 2007 statt und bestätigte den Beschluss für die Gemeindereform mit grossem Mehr. Einen Memorialsantrag, der verlangte, gleich den ganzen Kanton in einer Gemeinde zusammenzufassen, empfanden die Glarner als zu radikal und lehnten ihn ab.
Die neuen Gemeinden
Namen und Umfang der neuen Gemeinden sind noch nicht definiert. Als Arbeitstitel fungieren momentan Glarus Süd, Glarus Mitte sowie Glarus Nord. Auch die Bezeichnungen Glarus Hinterland, Glarus Mittelland, Glarus Unterland sind im Gespräch.
Glarus Süd
Glarus Süd würde das Glarner Hinterland umfassen. Als mögliche Namen sind auch Schwanden oder Fryberg in Diskussion.
Dieser Gemeinde würde angehören
- das Sernftal mit den heutigen Gemeinden Engi, Matt und Elm, auch Kleintal genannt,
- das sogenannte Grosstal, das von der Linth durchflossen wird, welches die heutigen Gemeinden Betschwanden, Braunwald, Haslen (bestehend aus den am 1. Juli 2006 fusionierten Haslen, Leuggelbach und Nidfurn), Linthal, Luchsingen (bestehend aus den schon früher fusionierten Gemeinden Diesbach, Luchsingen und Hätzingen), Mitlödi, Rüti, Schwanden, Schwändi und Sool umfasst.
- ein Teil der Glarner Alpen, die teils bewirtschaftet werden.
Glarus Mitte
Glarus Mitte würde den Kantonshauptort Glarus sowie das Klöntal und die bisherigen Gemeinden Ennenda, Netstal und Riedern umfassen. Die Talschaft wird von der Linth durchflossen und ist umgeben von den Glarner Alpen. Glarus, Netstal und Ennenda werden von der Eisenbahnlinien Rapperswil-Glarus-Linthal und Zürich-Ziegelbrücke-Schwanden bedient. Das Busnetz für die Feinverteilung wurde in den 80er- und 90er-Jahren erweitert.
Glarus Nord
Glarus Nord ist der Name der politischen Gemeinde, welche vor allem die Linthebene des Kantons Glarus, den Kerenzerberg und einen Teil des Walensees umfasst. Die neue Gemeinde wird sich ab 2011 über das Gebiet der bis dahin selbstständigen Gemeinden Bilten, Filzbach, Mühlehorn, Näfels, Mollis, Niederurnen, Oberurnen und Obstalden erstrecken und zählt damit knapp 16'000 Einwohner. An der Gemeindeversammlung vom 14. Januar 2009 bestimmten die Bürger der Gemeinden den Namen Glarus Nord für die zukünftige Gemeinde, wählten das Gemeindewappen und bevorzugten ein Gemeindeparlament anstelle einer direktdemokratischen Gemeindeversammlung. Als Gegenvorschlag stand der Name Linth zur Diskussion, der jedoch von einer Mehrheit abgelehnt wurde.
Weblinks
Quellen
- ↑ [1] Entscheid des Verwaltungsgerichtes vom 6. Juni 2006 (PDF)
- ↑ [http://jumpcgi.bger.ch/cgi-bin/JumpCGI?id=03.11.2006_1P.427/2006
- ↑ [http://jumpcgi.bger.ch/cgi-bin/JumpCGI?id=03.11.2006_1P.339/2006
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