- Goldreis
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Unter Goldenem Reis (engl. Golden Rice) versteht man eine gentechnisch veränderte Reissorte. Es wurden zwei artfremde Gene und damit ein mehrschrittiger Syntheseweg in das Genom eingefügt. Das Phytoensynthas-Gen (psy) stammt von der Osterglocke (Narcissus pseudonarcissus) und das Carotindesaturase-Gen (crtI) von einem Bakterium Namens Erwinia uredovora (neuer Name: Pantoea ananatis). Dank dieser zwei Gene kommt es zur Bildung von Beta-Carotin (Provitamin A) im Endosperm der Reiskörner, die deshalb (gold-)gelb / orange gefärbt sind. Das Provitamin wird dann im Körper zu Vitamin A (Retinol) umgewandelt.
Goldener Reis wurde entwickelt von Ingo Potrykus von der ETH-Zürich zusammen mit Peter Beyer von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Das Projekt startete 1992 und die ersten Ergebnisse wurden 2000 veröffentlicht.[1] Ziel der Veränderung war laut der beteiligten Forscher ein Mittel gegen den in Entwicklungsländern Asiens häufigen Vitamin-A-Mangel (Ursache für Augenleiden bis hin zu Erblindung, so wie Beeinträchtigung des Immunsystems, was zu erhöhter Mortalität und Morbidität bei Kleinkindern führt) zu finden. Da die Nahrungsgrundlage dieser Völker größtenteils aus Reis besteht, lag es auf der Hand, eine Reissorte für diese Zwecke zu nutzen.
Das Projekt hat zu großen Kontroversen geführt, sowohl Kritiker als auch Befürworter sind an diesem Projekt auf Grund der großen medialen Aufmerksamkeit gleichermaßen interessiert.
Inhaltsverzeichnis
Durchführung
Der erste Prototyp des Goldenen Reises wurde erstmals in der Sorte des japonica Typs Taipei 309 erhalten. Das Molekül Geranylgeranyldiphosphat (GGPP) steht am Eingang des Carotinbiosynthesewegs und bildet ein Engpass in der Synthese der Folgereaktionen. Das Produkt des ersten, von Phytoensynthase (PSY) durchgeführten Schritts, eine Fusion zweier GGPP Molekülen, ist Phytoen, welches eine Reihe weiterer Reaktionen eingeht, wie z. B. Desaturierung und Zyklisierungsreaktionen. Um von Phytoen zu β-Carotin zu gelangen, müssen die pflanzlichen Enzyme Phytoendesaturase (PDS), ζ-Karotindesaturase (ZDS) und Carotin-cis-trans-isomerase (CRTISO) hinzugefügt werden, welche im Reiskorn entweder ganz oder fast vollständig abgeschaltet worden sind (dabei bleiben sie voll aktiv im grünen Blattgewebe). Das entstehende Produkt, all-trans-Lycopin, muss dann durch eine β-Lycopincyclase (β-LCY) zu β-Carotin umgewandelt werden. Die bakterielle Desaturase CRTI aus dem Bakterium Erwinia uredovora besitzt die Aktivität dieser drei Enzyme (PDS, ZDS und CRTISO). Als Phytoensynthase wurde für den erste Goldene Reis das entsprechende Enzym aus Narzissen (NpPSY von Narcissus pseudonarcissus) gewählt. Da es sich hierbei um das geschwindigkeitsbestimmende Enzym handelt, wurde später nach einer effektiveren Phytoensynthase gesucht, und jene aus Mais für katalytisch aktiver befunden. Aus dieser Entdeckung resultierte die neue Variante "Golden Rice 2".[2] Die eingesetzten Gene wurden unter die Kontrolle von Glutelinpromotoren gesetzt (die spezifisch für das Endosperm sind) und die Pflanzen transfiziert. Es stellte sich heraus, dass Reiskörner dieser Pflanzen bereits eine gelblich-goldene Färbung zeigten, das erwartete all-trans-Lycopen sollte eigentlich rot sein. Es zeigte sich nach weiteren Untersuchungen, dass eine im Reisendosperm aktive β-Lycopinzyklase vorhanden ist, die das Lycopin in ausreichender Geschwindigkeit zu β-Carotin umsetzt. Das erklärt warum im Goldenen Reis Prototyp noch drei Enzyme eingefügt wurden (NpPSY, NpLCY und CRTI), in Golden Rice 1 dann aber nur zwei (NpPSY und CRTI). In Golden Rice 2 wurde einfach NpPSY durch ZmPSY ersetzt.[3]
Positionen der Befürworter
- Im Gegensatz zu allen anderen (kommerziell zugelassenen) Eigenschaften gentechnisch veränderter Pflanzen, ist Goldener Reis die Entwicklung einer unabhängigen Forschergruppe. Die Firmen, die das Projekt unterstützt haben und heute auch einige Patente halten, haben an dieser Forschung zwar mitgearbeitet, selber aber jedes finanzielle Interesse abgewiesen[4]. Goldener Reis kann also nach dem Einkreuzen in lokale Sorten von den Landwirten selbst vermehrt werden.
- Goldener Reis hat durch das Transgen keinen evolutionären Vorteil. Sollte die zusätzliche Eigenschaft auskreuzen, werden auch wilde Sorten keinen Selektionsvorteil daraus haben.
- Das – aus Sicht der Befürworter – stärkste Argument für Goldenen Reis ist der humanitäre Aspekt. Sozioökonomische ex ante Impaktstudien belegen, dass durch die Einführung von Goldenem Reis ein hoher Prozentsatz der durch Vitamin-A-Mangel verursachten Krankheits- und Sterbefälle, vor allem bei Kleinkindern, verhindert werden könnten.[5]
- Im Gegensatz zu anderer kommerzieller Gentechnik ist für den Bauern vor Ort keinerlei Umstellung seiner Methoden nötig (keine höheren Kosten oder Ertragsänderungen).
- Die beteiligten Wissenschaftler werfen den Gegnern des Projekts oft vor, diese hätten zu hohe Erwartungen. So war z. B. nie daran gedacht worden, Goldenen Reis als alleinige Vitamin-A-Quelle anzusehen – der für den Tagesbedarf nicht ausreichende Vitamin-A-Anteil wurde aber von Kritikern oft bemängelt. Vielmehr war bekannt, dass der Großteil der Vitamin-A-Mangelernährten durchaus eine gewisse Menge Vitamin A aufnimmt, nur eben nicht genug. Syngenta gab anderseits bekannt, dass es gelungen sei, den Vitamin-A-Gehalt in neueren Varianten des „Golden Rice“ um das 23-fache zu erhöhen, wodurch bereits der Verzehr von 70 Gramm pro Tag den Bedarf eines Menschen decken soll (Golden Rice 2).
- Zwar erhöht die Aufnahme genügender Fettmengen mit dem Essen die Aufnahme von β-Carotin, jedoch ist auch bekannt, dass die benötigte Menge sehr klein ist,[6] und dass Vitamin-A-Mangel die Aufnahme verstärkt, und ebenso, dass Reis selber die Hauptlipidquelle reisessender Gesellschaften ist. Erste Experimente belegen, dass die Aufnahme von β-Carotin aus Goldenem Reis hocheffizient ist.[7]
Kritikpunkte
- Das β-Carotin kann nur in Verbindung mit Fetten aufgenommen werden (weil es fettlöslich ist), aber gerade in den entsprechenden Regionen sind Fette wenig verfügbar. Allerdings zeigen Forschungen, dass bei Vitaminmangel die Aufnahme von Vitamin A erhöht ist und der Reis selbst auch eine Lipidquelle ist.
- Die Pflanze ist nicht patentfrei und deswegen können Patentgebühren anfallen: Zusätzlich zu den schon vorher bestehenden Patenten zur Herstellung wurden auf Teile der veränderten Pflanze sowie deren Produkte Patente angemeldet. Allerdings soll gegenüber Kleinbauern sowie lokalen Händlern in Entwicklungsländern auf die fälligen Lizenzgebühren verzichtet werden, falls diese mit dem Reis weniger als 10.000 US-Dollar pro Jahr umsetzen.
- Einige Kritiker bezweifeln das altruistische Engagement der Forscher und sehen in dem Projekt eher eine gezielte Imagekampagne für die grüne Gentechnik, siehe auch „Grüne Revolution“.
- Die Ursachen der Ernährungsprobleme in den betroffenen Ländern liegen oft nicht nur an einer grundsätzlichen Ressourcenknappheit, auch Kriege, Armut, mangelnde Bildung sowie Strukturmängel sind dafür verantwortlich.
- Das Problem des Vitamin-A-Mangels ließe sich einfacher mit dem Verzehr anderer traditioneller Gemüsesorten (z. B. Süßkartoffel) oder auch einer sehr günstigen und simplen Medikation, der Gabe von in Öl gelöstem (Pro-)Vitamin-A, beheben. Die Versorgung der Bevölkerung mit diesem Mittel unterliegt aber logistischen Problemen.
- Das New York Times Magazine berechnete, dass ein 11-jähriges Kind am Tag 15 Pfund des Goldenen Reises essen müsste, um seinen Minimalbedarf an Vitamin-A zu decken.[8]
Aktueller Stand des Projekts
Nach erfolgreichen Feldtests in Louisiana (2004), die die Stabilität des Transformationsereignisses betrafen, wird im Moment auf den Philippinen (IRRI und PhilRice), in Indien und Vietnam, Goldener Reis in lokale Sorten eingekreuzt und es werden die zur Zulassung als Kulturpflanze notwendigen Tests durchgeführt.
- Am 15. Februar 2009 war in der philippinischen Presse zu lesen, dass IRRI und PhilRice die Markteinführung für 2012 planen.
Einzelnachweise
- ↑ Ye X, Al-Babili S, Klöti A, Zhang J, Lucca P, Beyer P, Potrykus I (2000) Engineering the provitamin A (beta-carotene) biosynthetic pathway into (carotenoid-free) rice endosperm. Science 287:303-305.
- ↑ J.A. Paine, C.A. Shipton, S. Chaggar, R.M. Howells, M.J. Kennedy, G. Vernon, S.Y. Wright, E.Hinchliffe, J.L. Adams, A.L. Silverstone, R. Drake: Improving the nutritional value of Golden Rice through increased pro-vitamin A content. In: Nature Biotechnology. 23/2005 S. 482-487 doi:10.1038/nbt1082.
- ↑ S. Al-Babili, P. Beyer: Golden Rice - five years on the road - five years to go? In: Trends in Plant Science. 12/10/2005 S. 565-573 Volltext.
- ↑ syngenta.com
- ↑ Stein AJ, Sachdev HP, Qaim M (2006) Potential impact and cost-effectiveness of Golden Rice. Nat Biotechnol 24:1200-1201.
- ↑ Nestel P and Nalubola R. As little as one teaspoon of dietary fat in a meal enhances the absorption of β-carotene. http://www.ilsi.org/file/vitafat.pdf.
- ↑ Tang G, Qin J, Grusak MA, Russell R. Quantitative determinations of vitamin A value of Golden Rice given as single or multiple meals. Micronutrient Forum, Istanbul, Turkey, 16. bis 18. April 2007
- ↑ New York Times Magazine, 04.03.2001: The Great Yellow Hype
Weblinks
- Golden Rice Project Eigendarstellung (engl.)
- Kritiker-Sicht: Gentech-Pflanzen erfüllen Erwartungen nicht - Beispiel Goldener Reis - Umweltinstitut München
- "Die gelbe Revolution", Der Spiegel 48/2008
- Die westliche Protestgemeinde zieht gegen die Grüne Gentechnik zu Felde. Und sabotiert damit die Zukunft von Dritte-Welt-Ländern, taz, 24. August 2002
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