Good Governance

Good Governance

Good Governance (deutsch Gute Regierungsführung) bezeichnet ein gutes Steuerungs- und Regelungssystem einer politisch-gesellschaftlichen Einheit wie etwa eines Staates oder einer Gemeinde. Es beinhaltet gutes Regierungs- und auch Verwaltungshandeln einschließlich einer guten Haushats- bzw. Budget-Mittel-Bewirtschaftung. Ihr steht die schlechte Regierungsführung gegenüber.

Der Begriff "Governance" bzw. der Begriff der "Regierungsführung" alleine ist allgemein faktisch-deskriptiver Natur und bezieht sich auf historische und zeitgenössisch veränderte und sich stetig verändernde Steuerungsmechanismen auf den Gebieten Staat, Markt und Bürger-Solidarität. "Gute" Regierungsführung ist hingegen qualitativ und normativ-wertvorschreibend. "Gute Regierungsführung" ist wesensmäßig ein normatives Ideal staatlicher, marktlicher und zivilgesellschaftlicher Steuerung, wobei die dominierende normative Ausrichtung bereits in der Schwerpunktsetzung der drei Steuerungsgebiete erkennbar ist.

Inhaltsverzeichnis

Konzept und Begriffsgeschichte

Während der Grundbegriff "Governance" schon im XV. Jahrhundert aufkam und heute ein Begriff der allgemeinen Historiker- und Politische Wissenschaftssprache ist, entstand das Konzept der guten Regierungsführung Ende der 1980er Jahre bei der Weltbank und wurde von den internationalen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit wie UNDP (das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen) und OECD als positive Umkehrung der negativen Erfahrung aufgenommen. Es handelte sich um eine Antwort auf die negativen Folgen der Strukturanpassungsprogramme von IWF und Weltbank.

Hieraus schloss man auf eine Abwesenheit von funktionsfähigen Institutionen, Prinzipien und Strukturen, deren Gesamtheit als „Governance“ bezeichnet wurde – und als „Good Governance“, wenn sie besonders gut funktionierte. Eine einheitliche Definition guter Regierungsführung gibt es – selbst innerhalb der einzelnen Organisationen – nicht. Die Prinzipien der guten Regierungsführung beinhalten jedoch allgemein: Verwaltungstransparenz, Effizienz, Partizipation, Verantwortlichkeit, Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit. Demokratie wird dabei oft nicht explizit angeführt, liegt jedoch dem normativen Konzept der guten Regierungsführung zu Grunde und kann vor allem in den Punkten Transparenz und Partizipation gefunden werden. Die Errichtung bzw. Entwicklung von Institutionen und Strukturen, die zur Umsetzung und Erreichung dieser Prinzipien führen, wurde bald zur Voraussetzung für weitere Zahlungen.

Gute Regierungsführung ist also eher eine Sammlung von Methoden und Instrumenten, die normativ bestimmte Steuerungsprinzipien und -formen bevorzugen. Damit sei - insbesondere in Zusammenhang mit Themen der politischen Führung in Entwicklungsländern - ein Referenzsystem gegeben, auf dessen Grundlage sich die Qualität politischer Führung und Steuerung bewerten lasse. In neuester Zeit wird der Begriff „Good Governance“ auch im Rahmen von Konzepten der Verwaltungsethik rezipiert und diskutiert.


Anwendung

- Der Entwicklungshilfe-Ausschuss der OECD (DAC) billigte im Dezember 1993 die "Orientierungen für eine partizipative Entwicklung und gute Staatsführung." Damit unterstreichen die westlichen Geberländer den hohen Stellenwert, den sie einer guten Staatsführung, der Beachtung der Menschenrechte und der Demokratisierung für nachhaltige Entwicklungsfortschritte beimessen. Gleichzeitig wird damit ihr Wille deutlich, in wachsendem Maße die Gewährung entwicklungspolitischer Leistungen mit politischen Reformen in Richtung auf Demokratie und Menschenrechte zu verknüpfen, also eine politische Konditionalisierung der Entwicklungszusammenarbeit zu praktizieren. - Das AKP-EG-Partnerschaftsabkommen von Cotonou/Benin/Afrika (2000) definiert "Good Governance" in Artikel 9 Abs.3 wie folgt: "In einem politischen und institutionellen Umfeld, in dem die Menschenrechte die demokratischen Grundsätze und das Rechtsstaatsprinzip geachtet werden, ist verantwortungsvolle Staatsführung die transparente und verantwortungsbewusste Verwaltung der menschlichen, natürlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen und ihr Einsatz für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung. Sie beinhaltet klare Beschlussfassungsverfahren für Behörden, transparente und verantwortungsvolle Institutionen, den Vorrang des Gesetzes bei der Verwaltung und Verteilung der Ressourcen und Qualifizierung zur Ausarbeitung und Durchführung von Maßnahmen insbesondere zur Verhinderung und Bekämpfung der Korruption." - Für Hochverschuldete Entwicklungsländer (HIPC), die im Rahmen der HIPC-Initiative der G8-Staaten von Schuldenerlassen profitieren sollen, spielt die gute Regierungsführung für ihre Einstufung eine maßgebliche Rolle. - Die Afrikanische Union nutzt das Programm African Peer Review Mechanism zur gegenseitigen Evaluation der Qualität des Regierungshandelns.

Rechtscharakter

Der Begriff "Good Governance" bzw. "gute Regierungsführung" war bei seiner Aufstellung durch Institutionen von Geberländern rechtlich eine einseitige und daher unverbindliche "politische Konditionalisierung bzw. Konditionalität". Bei der Aufnahme dieser Konditionalität in einzelne, konkrete Verträge mit bestimmten Empfängerländern über Entwicklungshilfe wurde aus "Good Governance" bzw. "gute Regierungsfohrung" eine bilateral verpflichtende Vertrags-Klausel bzw. -Kondition. Durch die inzwischen erfolgte Verankerung in zahllosen völkerrechtlichen bilateralen und multilateralen Verträgen (z. B. das oben zitierte AKP-EG-Partnerschaftsabkommen mit über 20 verschiedenen Staaten)hat der Grundsatz den Rechtscharakter eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Völkerrechts-Gewohnheitsrechts erhalten. Soweit die genannten bilateralen und multilateralen Entwicklungshilfe-Abkommen durch die Parlamente der vertragsschließenden Geber- und Empfängerländer ratifiziert worden sind, sind diese Abkommen und damit der Rechtsgrundsatz von "Good Governance" bzw. "gute Regierungsführung" auch zum bindenden Rechtsgrundsatz des internen nationalen Rechts der ratifizierenden Staaten geworden.Ob der einzelne Staatsbürger des ratifizierenden Staates von seinem Staat auf einem konkreten Politikfeld, die Erfüllung von "Good Governance" bzw. "gute Regierungsführung" im Sinne eines Bürger- oder Menschenrechts einfordern kann (Drittwirkung), ist noch ungeklärt.

Literatur

  • Anita Ernstorfer / Albrecht Stockmayer (Ed.): Capacity Development for Good Governance. 2009, ISBN 978-3-8329-2871-1
  • Heribert Weiland/Ingrid Wehr/Matthias Seifert (Hrsg.): Good Governance in der Sackgasse? Reihe: Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik, Bd. 5. 2009, ISBN 978-3-8329-4292-2
  • Good Governance: Erfolg und Versagen. Themenheft von Internationale Politik ISSN 0014-2476, 57 (2002), August 2002,
  • Governance and Good Governance. Themenheft von Trames ISSN 1406-0922, vol. 8, no. 4 (Winter 2004), Inhaltsverzeichnis.
  • Klaus König/M. Adam (Hrsg.): Governance als entwicklungspolitischer Ansatz. Speyer 2001, ISBN 3-932112-57-1
  • Klaus König: Governance als entwicklungs- und transformationspolitisches Konzept. Duncker und Humblot, Berlin 2002, ISBN 3-428-10822-1
  • Aram Ziai: Zwischen Global Governance und Post-Development. Entwicklungspolitik aus diskursanalytischer Perspektive, Münster 2006, ISBN 3-89691-592-4.
  • Altmann, Gerhard: Die Good Governance-Konzeption von Weltbank, IWF und OECD. In: Gesellschaft, Wirtschaft, Politik 54 (2005).
  • Uwe Holtz, Detlev Karsten, Monika Sticht: Entwicklungpolitisches Glossar. Stichwörter zur Entwicklungs- und Nord-Süd-Politik. www.uni-bonn.de/~uholtz/virt_apparat/EP'Glossar.pdf

Weblinks


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