Graf-Helldorf-Spende

Graf-Helldorf-Spende

Als Helldorf-Spende (mitunter auch Graf-Helldorf-Spende) wird eine Zwangsabgabe für vermögende Juden in Berlin während der NS-Zeit bezeichnet. Die Zwangsabgabe wurde von Wolf-Heinrich von Helldorf, seit 1935 Berliner Polizeipräsident, erdacht und ab 1938 ohne Gesetzesgrundlage umgesetzt. Die Bezeichnung der Abgabe als „Spende“ ist euphemistisch, da die Entrichtung niemals freiwillig war, sondern im Gegenteil in Berlin für reiche Juden zwingende Voraussetzung zur Erlangung des Passes und damit der Möglichkeit zur lebensrettenden Emigration war.

Der Abgabe unterlagen Berliner, die durch die NS-Rassengesetze als Juden klassifiziert wurden, und ein Vermögen von mehr als 300.000 RM besaßen. Diese mussten – abhängig von ihrem Vermögen – zwischen 50.000 und 300.000 RM an einen von Helldorf geschaffenen Notfonds zahlen, der angeblich der Linderung jüdischer Not diente. Die erpresste Summe konnte aber auch bedeutend höher liegen. Nach den Aussagen Betroffener wurden diese in das Polizeipräsidium vorgeladen, wo der Regierungsassessor Müller-Scholtes die Vermögensanmeldung und den konfiszierten Pass des Auswanderers „locker und vielversprechend schwenkte“, während er mit ihm über die „Spende“ sprach.[1]

Die „Helldorf-Spende“ mussten unter anderem entrichten:

  • Paul Mendelssohn Bartholdy, Chemiker, Industrieller und Vorstand bei Agfa, die sein Vater gegründet hatte.[2]
  • Julius Fromm, Kondomfabrikant.[3]
  • Moritz und Eugen Garbaty, Söhne des Zigarettenfabrikanten Josef Garbáty, mussten insgesamt 1,15 Mio. RM an Helldorf zahlen.[4]
  • Martha Liebermann, geb. Marckwald und Witwe von Max Liebermann musste 10.000 RM zahlen.[5]
  • Paul Mamroth, Mitgründer der AEG. Mamroths Nachbar in Teltow war seit 1935 Graf von Helldorf selbst.[6]

Angeblich wurde die halboffizielle Aktion Helldorfs 1939 durch Göring gestoppt, nachdem dieser durch die jüdische Gemeinde Berlins darauf aufmerksam gemacht wurde.[7] Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 waren die legalen Möglichkeiten zur Emigration in ein sicheres Land für deutsche Juden unabhängig vom Ende dieser Zwangsabgabe abgeschnitten.

Zur Zahlung der „Helldorf-Spende“ Erpresste konnten in der Bundesrepublik nach 1956 unter bestimmten Voraussetzungen entschädigt werden, da diese als „echte Sonderabgabe“ gemäß § 59 BEG galt.[8]

Literatur

  • Wolf Gruner: Judenverfolgung in Berlin 1933-1945. Eine Chronologie der Behördenmaßnahmen in der Reichshauptstadt. Edition Hentrich, Berlin 1996. ISBN 3-89468-238-8.

Einzelnachweise

  1. Hans Reichmann und Michael Wildt: Deutscher Bürger und verfolgter Jude - Novemberpogrom und KZ Sachsenhausen 1937 bis 1939. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1998, S. 103f. ISBN 3-486-56339-4.
  2. Paul Mendelssohn Bartholdy in seinen Memoiren, ohne Ortsangabe. Verfügbar im Moses-Mendelssohn-Zentrum an der Universität Potsdam.
  3. Götz Aly und Michael Sontheimer: Fromms: Wie der jüdische Kondomfabrikant Julius F. Unter die deutschen Räuber fiel. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 153. ISBN 3-10-000422-1.
  4. Beate Meyer und Hermann Simon: Juden in Berlin, 1938-1945. Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung in der „Stiftung Neue Synagoge Berlin“ im Jahr 2000. Philo, Berlin 2000, S. 83. ISBN 3-8257-0168-9.
  5. Bernd Schmalhausen: Ich bin doch nur ein Maler - Max und Martha Liebermann im dritten Reich. Georg Olms Verlag, Hildesheim 1994, S. 116–117, Fußnote 23. ISBN 3-487-09911-X.
  6. Kirsten Graulich: „Ohne viel Federlesens verschwunden“. In: „Potsdamer Neueste Nachrichten“ vom 8. November 2008. (Abgerufen am 22. November 2008.)
  7. Shalom Adler-Rudel: Jüdische Selbsthilfe unter dem Naziregime 1933-1939 im Spiegel der Berichte der Reichsvertretung der Juden in Deutschland. Mohr Siebeck, Tübingen 1974, S. 113, Fußnote 154. ISBN 3-1683-5232-2.
  8. Georg Blessin, Hans Wilden und Hans-Georg Ehrig: Bundesentschädigungsgesetze. Beck, München 1957, 2. völlig neugestaltete Auflage, Teil 59, Ziffer 10 (S. 441).

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