- Gyroskop (Raumflugtechnik)
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In der Raumflugtechnik ist ein Trägheitsrad (englisch momentum wheel), Drallrad, Stabilisierungsschwungrad, manchmal auch Gyroskop, ein Kreisel, der die Ausrichtung eines Flugkörpers stabilisiert. Die frühen Satelliten erhielten eine Raumstabilisierung durch eine Eigendrehung. Im einfachen Fall übernimmt diese Aufgabe ein Trägheitsrad. Kleine Änderungen der Umdrehungsgeschwindigkeit drehen den Satelliten entlang der Rotationsachse. Ist der Laufkäfig des Trägheitsrads drehbar (siehe Bilder), lässt sich der Satellit beliebig ausrichten.
Inhaltsverzeichnis
Bezeichnungen
Die Bezeichnungen für Kreiselsysteme sind weder im deutschen noch im englischen einheitlich.
Ein Trägheitsrad ist ein Kreisel mit einem hohen Drehimpuls (je nach Satellit um 500 N*m*s) zur Drallstabilisierung eines Satelliten. Dem gegenüber ist der Drehimpuls eines Reaktionsrads im Ruhezustand 0. Es dient nicht zur Stabilisierung, sondern nur zum Ausrichten des Satelliten. Wenn es anläuft, dreht es aufgrund der Impulserhaltung den Satelliten in Gegenrichtung.
Ein kardanisch (engl. gimballed) aufgehängtes Drallrad wird auch als Gyroskop bezeichnet. Dennoch trägt häufig auch ein kräftefreier Kreisel diese Bezeichnung. Ein mechanischer Kreiselkompass enthält ein kleines Gyroskop. Er trägt aber nichts zur Lagestabilisierung bei. Moderne Laserkreisel nennt man in Erinnerung an den alten Kreiselkompass Gyroskop oder schlicht Gyro, obwohl sie gar keinen Kreisel mehr enthalten.
Dreidimensionales System von Kreiseln
Typischerweise hat ein Flugkörper mehrere Kreiselsysteme, die entsprechend den drei Hauptachsen (Querachse, Längsachse und Gierachse) ausgerichtet sind. Wenn eine Änderung der Ausrichtung gewünscht ist, wird durch Beschleunigung oder Abbremsung der Drehgeschwindigkeit ein Drehmoment in die eine oder andere Richtung erzeugt. Bei Erreichen der gewünschten Richtung wird die Bewegung durch einen entgegengesetzten Impuls gestoppt. Sogenannte Control moment Gyroskope (CMG) verkippen die Kreiselachse und rufen so ein Drehmoment auf das System aus. Gyroskope sind mechanisch hoch beansprucht. Um die Ausfallsicherheit zu erhöhen, werden mehrere Gyroskope (z.B. sechs im Hubble-Weltraumteleskop, vier in der Internationalen Raumstation) in Raumflugkörper installiert.
Probleme von Kreiselsystemen
Im Lauf der Zeit summieren sich die in den Kreiselsystemen gespeicherten Energien, das heißt die Drehzahlen der Räder nehmen zu. Durch den Einsatz von Triebwerken müssen diese von Zeit zu Zeit ausgeglichen werden, damit die Drehzahlen nicht in Bereiche kommen, in denen sich das Rad selbst zerstören könnte. Entwickler kombinieren daher Kreisel mit anderen Lageregelungssystemen wie Steuerdüsen oder (in der Nähe von Planeten mit starken Magnetfeldern) Magnetspulen. Mit Hilfe der Elektromagnete kann man von Zeit zu Zeit den Satelliten "festhalten" um den Gesamtdrehimpuls der Räder zu reduzieren.
Siehe auch
Weblinks
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