Ali bin Abi Talib

Ali bin Abi Talib

ʿAlī ibn Abī Tālib, ibn ʿAbd al-Muttalib ibn Hāschim ibn ʿAbd al-Manāf, (arabischعلي بن أبي طالب‎, DMG ʿAlī b. Abī Ṭālib);‎ (* um 598 in Mekka; † 24. Januar 661 in Kufa), war der vierte Kalif im sunnitischen Islam, letzter der Rechtgeleiteten Kalifen und erster Imam (‏امام‎) aller Linien der schiitischen und alevitischen Imame. Er stammt aus dem haschimitischen Zweig der Koreischiten. Ali war ein Vetter und Schwiegersohn des Propheten Mohammed und der erste Mann nach dem Propheten, der sich zum Islam bekannte – im Alter von neun Jahren, und Zeit seines Lebens ein treuer Prophetengefährte. Er heiratete Fatima, die Tochter Mohammeds. Über die Frage seiner Nachfolge entzweiten sich der sunnitische und schiitische Islam gegen Mitte des 7. Jahrhunderts. Ali ibn Abi Talib heißt auf Deutsch "Ali, der Schüler von Abu". Im sunnitischen Glauben versucht man hiermit den Nachfolgeanspruch von Abu zu untermauern, da bei den Schiiten Ali der rechtmäßige Nachfolger Mohammeds gewesen sein soll und nicht Abu. Ali, wie auch seine Söhne Hasan und Hussein, sind zentrale Figuren im schiitischen und alevitischen Islam.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Ali war der Sohn von Fatima bint Asad und Abu Talib. Der Überlieferung zufolge wurde er als einziger Mensch in der Kaaba zu Mekka geboren. Ursprünglich sollte das Kind Asad oder Haydar heißen (beides bedeutet „Löwe“), aber der Prophet Muhammad bestimmte den Namen Ali „der Hohe“.

Nachfolgestreit nach dem Tod des Propheten Mohammed

Beginn des Streites

Der Tod des Propheten Mohammed stellte die muslimische Umma vor die Frage, wer die Nachfolge des Propheten innerhalb der Gemeinde antreten sollte. Mohammed hatte darüber keine Vorkehrungen getroffen. Auch herrschte in der Frage der Nachfolge innerhalb der Umma kein Konsens. Die Regelung der Nachfolge des Propheten wurde daher zu einem Politikum; nach Reza Aslan, einem schiitischen Islamwissenschaftler, wurde bald klar, dass „ein gewisses Maß an historischer Kontinuität der Umma nur dann gewährleistet war, wenn ein Abkömmling des quraischitischen Clans, und zwar einer der frühen Prophetengefährten (muhadschirun), die 622 die Hidschra nach Medina unternommen hatten, zu Mohammeds Nachfolger bestimmt werde.“

Eine Reihe von Muslimen waren zu diesem Zeitpunkt davon überzeugt, dass Mohammed jedoch bereits einen Nachfolger bestimmt hatte; hier unterscheidet sich sunnitische von schiitischer Geschichtsschreibung. Die Anhänger Alis, (Shi'at Ali, später Shi'a, der Name wurde den Anhängern Alis erst einige Jahrzehnte später gegeben, als diese Strömungen politische Gestalt annahmen) waren der Überzeugung, dass Mohammed auf seiner Pilgerfahrt nach Mekka seinen Vetter und Schwiegersohn Ali als Nachfolger öffentlich designiert habe; dabei soll er in der Oase Ghadir al-Chumm gesagt haben: „Allen, denen ich gebiete, soll auch Ali gebieten.“ Eine etwa gleich große Zahl von Muslimen bestritt diese Szene – viele von ihnen lehnten die privilegierte Stellung des Clans des Propheten, des Banu Haschim, ab, zu dem auch Ali gehörte.

Abu Bakr, Umar sowie Abu Ubaida, alles führende Prophetengefährten, kamen daher zu einer traditionellen Shura, einer Versammlung, zusammen. Überliefert ist hierüber nur, dass Abu Bakr hieraus als designierter Nachfolger Mohammeds, als chalifat rasul allah oder Kalif, hervorging. Für viele Muslime war Abu Bakr die perfekte Wahl, da er als einer der ersten und aufrichtigsten Prophetengefährten angesehen wurde. Er leitete das sogenannte Goldene Zeitalter des Islams ein. Für die Anhänger Alis war diese Wahl ein Skandal. Sie erkennen daher nur die spätere Herrschaft Alis als rechtmäßig an.

Es gibt Meinungen, nach denen Ali an der Ermordung des dritten Kalifen Uthman beteiligt war. Auch wurde ihm die Amnestie der Rebellen, die Uthman ermordet hatten, später zum Verhängnis, als er in seiner eigenen Regierungszeit von zahlreichen Anhängern Uthmans, darunter die Mohammed-Witwe Aischa, als Kalifenmörder dargestellt wurde.

Ali als vierter Kalif

Am 17. Juni 656 wurde Ali nach der Ermordung des dritten Kalifen, Uthman ibn Affan, welcher vom umayyadischen Zweig der Koreischiten stammt, zum neuen Kalifen gewählt. Er lehnte jedoch den Titel Kalif, den Uthman in der Zwischenzeit in khalifat rasulullah, Stellvertreter des Gesandten Gottes, umgeändert hatte, ab und nannte sich lediglich amir al-mu'minin, Befehlshaber der Gläubigen.

Ali wurde allerdings nur von Teilen der Umma als Kalif anerkannt, da gegen ihn der Vorwurf erhoben wurde, dass er für den Mord an Uthman mitverantwortlich sei, weil er die Untersuchungen des Mordes nicht förderte. Des Weiteren waren Teile der Umayyaden, insbesondere Muawiya, der mächtige Statthalter von Syrien, gegen Ali. Es kam zum Bürgerkrieg in der islamischen Nation (fitna), darunter auch die berühmte Kamelschlacht bei Basra (9. Dezember 656), in der Aischa ein mekkanisches Heer gegen Ali anführte und von Ali besiegt wurde.

Doch konnte Ali die Anerkennung seines Kalifats gegen Muawiya nicht durchsetzen. Während der Schlacht von Siffin am Euphrat (657) ließ sich Ali zu Verhandlungen umstimmen, was zur Spaltung seiner Anhängerschaft und zum Abfall der egalitären Charidschiten führte, die gegen Verhandlungen mit Muawiya waren. In der Folgezeit musste sich Ali vor allem der Bekämpfung der Charidschiten im Irak widmen. Die Ausbreitung ihrer Lehre konnte er aber, trotz einiger Erfolge über die Abtrünnigen, nicht verhindern.

Unter Ali begann sich das politische Zentrum des Kalifats zu verschieben. So befand sich nicht nur seine Residenz Kufa außerhalb der Arabischen Halbinsel, sondern auch seine Konkurrenten Aischa und Muawiya stützten sich auf ihre Anhängerschaft im Irak bzw. in Syrien. Am 22. Januar 661 (15. Ramadan 40) fiel Ali in Kufa einem charidschitischen Attentat von Ibn Muldscham zum Opfer. Er starb am Sonntag, dem 24. Januar 661 (17. Ramadan 40), durch die schweren Verletzungen. Er ist 63 Jahre alt geworden und starb im selben Alter, in dem der Prophet starb. Weitere zeitgleiche Anschläge, z. B. auf Muawija, scheiterten.

Muawiya folgte ihm im Kalifenamt nach und wurde als Muawiya I. der 5. Kalif. Er unterzeichnete einen Friedensvertrag mit Hassan, damit er auf seine Herrschaftsansprüche verzichtete. Muawiya I. aber hielt den Vertrag nicht ein und ernannte seinen Sohn Yazid I. zum Nachfolger. Yazid I., der Sohn des Muawiya, tötete in der Schlacht von Kerbala Hussein. Dadurch waren alle Hoffnungen der Schiiten, einen Kalifen aus der Blutslinie von Ali zu installieren, gescheitert.

Bedeutung und Verehrung

Die Bezeichnung der Religionsgemeinschaft der Aleviten leitet sich von seinem Namen ab.

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Die Imam-Ali-Moschee in Nadschaf

Ali wird von den Muslimen für seine Weisheit und seine außerordentliche literarische Begabung gerühmt. Der Überlieferung nach sollte der Prophet Mohammed gesagt haben: „Ich bin die Stadt des Wissens, und Ali ist ihr Tor. Wer zu mir gelangen will muss erst durch Ali.“, „Oh Ali du bist zu mir, wie Aaron zu Moses“. Diese und ähnliche Aussagen des Propheten finden allgemeine Akzeptanz bei der überwiegenden Mehrheit der Muslime. Unterschiede tauchen bei der Interpretation auf. Seine Kritiker bemängeln sein mangelndes politisches Talent, vor allem was die Durchsetzungsfähigkeit betrifft. Er ließ sich vor und während seines Amts ein ums andere mal ausmanövrieren.

Aus der Anhängerschaft Alis entwickelte sich die Schia Ali („Partei Alis“). Diese sah Hasan ibn Ali und Hussein ibn Ali, die Söhne Alis, sowie deren Nachkommen als einzig rechtmäßige Imame der Muslime an. Später entwickelte sie sich zur zweitgrößten Glaubensrichtung im Islam.

Die Grabmoschee Alis, die Imam-Ali-Moschee, befindet sich nach herrschender Ansicht im irakischen Nadschaf, das daher auch als schiitisches Theologiezentrum gilt. Nach einer anderen Version befindet sich die Grabmoschee, das Ali-Mausoleum, in Masar-e Scharif im heutigen Afghanistan. Auch der usbekische Ort Shohimardon verfügt über einen Schrein, der als Ali-Mausoleum verehrt wird.

Literatur

  • Claude Cahen, Jean Bollack (Hrsg.): Der Islam I. Vom Ursprung bis zu den Anfängen des Osmanenreiches. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 1991 (Fischer Weltgeschichte, Band 14), ISBN 3-596-60014-6.
  • Ulrich Haarmann: Geschichte der Arabischen Welt. 4. Auflage. C. H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47486-1.
  • Gernot Rotter: Die Umayyaden und der zweite Bürgerkrieg. Steiner, Wiesbaden 1982, ISBN 3-515-02913-3.
  • William L. Cleveland, A History of the Modern Middle East, Third Ed. Westview Press, 2004.

Weblinks


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