Hagenmarkt (Braunschweig)

Hagenmarkt (Braunschweig)

52.26722222222210.5247222222227Koordinaten: 52° 16′ 2″ N, 10° 31′ 29″ O

Heinrichsbrunnen auf dem Hagenmarkt

Der Hagenmarkt ist der zentrale Platz des Braunschweiger Weichbildes Hagen. Er ist über die Wendenstraße, die Fallersleber Straße, die Casparistraße, die Hagenbrücke und den Bohlweg erreichbar.

Inhaltsverzeichnis

Namensursprung

Das Weichbild Hagen wurde um 1160 durch Herzog Heinrich den Löwen angelegt, wobei „Hagen“ eine eingehegte Siedlung bezeichnet. Der Hagenmarkt wird 1268 als „forum Indaginis“ und 1328 als „uppe dem haghenmarkete“ genannt.

Bauten

St. Katharinen

St. Katharinen von Südosten
Opernhaus
Das Portal der Hagenmarkt-Apotheke

Der Hagenmarkt wird seit dem Mittelalter dominiert von der an seiner Ostseite ab ungefähr 1200 errichteten Katharinenkirche, der seit 1528 protestantischen Pfarrkirche des Hagen. Der Gründungsbau erfolgte in enger Anlehnung an den Braunschweiger Dom und die Martinikirche in der Altstadt. Der Umbau zu einer gotischen Hallenkirche wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts begonnen. Die Westanlage und der Südturm wurden 1379 fertiggestellt. In den Jahren 1887 bis 1890 restaurierte Stadtbaurat Ludwig Winter den Bau. Nach Zerstörungen während des Zweiten Weltkriegs wurde 1946 mit der Wiederherstellung begonnen. Die Turmhelme wurden 1957 bis 1958 erneuert.

Vom Rathaus zum herzoglichen Opernhaus

Ungefähr 1230 wurde südwestlich der Katharinenkirche das Hagenrathaus errichtet, nördlich davon befand sich das 1302 erwähnte Gewandhaus. Mit der Eroberung der Stadt durch den welfischen Landesherrn im Jahre 1671 war das Hagenrathaus funktionslos geworden. Auf Veranlassung des kunstsinnigen Herzogs Anton Ulrich wurde es zusammen mit dem benachbarten Gewandhaus im Jahre 1690 durch den Landbaumeister Johann Balthasar Lauterbach zu einem Opernhaus umgebaut. Es diente zunächst als Spielstätte für Opern. Ab dem 18. Jahrhundert wurden auch Schauspiele aufgeführt, darunter zahlreiche Erstaufführungen, wie Emilia Galotti und Faust. 1818 wurde die Bühne zum Nationaltheater erhoben. 1861 zog das Theater an seine neue Spielstätte am Steinweg. Das Opernhaus wurde 1864 abgerissen.

Hagenmarkt-Apotheke

Nach der seit 1479 bestehenden Ratsapotheke am Eiermarkt wurde im Jahre 1677 die Hagenmarkt-Apotheke als zweite derartige Einrichtung erbaut. Sie wurde nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg in modernem Architekturstil wieder aufgebaut. Lediglich das Portal des Bildhauers Wolter Hasemann blieb erhalten und wurde 1949/50 in die Nordseite des Gewandhauses am Altstadtmarkt versetzt.

Weitere Bauten

Die im folgenden genannten historischen Bauten sind nicht mehr erhalten. Im Jahre 1385 wurde eine städtische Waage im Norden des Hagenmarktes errichtet. Eine Schmiede wird 1404 erwähnt. Am Südrand des Hagenmarktes befand sich von 1695 bis 1828 das Katharineum, welches im heute noch bestehenden Gymnasium Martino-Katharineum aufging.

Brunnen und Denkmäler

Im Jahre 1874 wurde der heute noch erhaltene, von Adolf Breymann entworfene und von Georg Ferdinand Howaldt gegossene Heinrichsbrunnen errichtet. Die Bronzefigur stellt den Gründer des Hagen, Herzog Heinrich den Löwen, dar. Er hält ein Modell von St. Katharinen in seiner linken Hand. Die Brunnenschalen aus Velpker Sandstein stammen von Ludwig Winter, die Drachen und Löwen sind wiederum von Breymann. Ein früherer Brunnen an dieser Stelle aus dem Jahre 1407 wurde 1570 vergoldet und während der Befreiungskriege im Jahre 1814 eingeschmolzen, um daraus Kanonen zu gießen.

Eine Gedenkplatte erinnert an den im Jahre 1604 auf dem Hagenmarkt hingerichteten Bürgerhauptmann Henning Brabandt.

Geschichte

Der Hagenmarkt um 1830

Der Überlieferung nach wurde der morastige Grund des Hagen durch flandrische Siedler (1196 erwähnt), die Herzog Heinrich der Löwe nach Braunschweig rief, ab dem 12. Jahrhundert entwässert. Möglicherweise waren auch Friesen an der Besiedlung beteiligt, worauf die Bezeichnung Vresendor von 1349 hindeutet.

Archäologische Grabungen

In den Jahren 1980/1981 wurden Grabungen durch den Archäologieoberrat Hartmut Rötting durchgeführt. Dabei fand man einen ungefähr um 1200 angelegten Knüppeldamm, der zur Befestigung des sumpfigen Untergrundes gedient hatte. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Katharinenkirche auf einer Schwemmsandinsel erbaut wurde. In vorstädtischer Zeit lag das Niveau des Hagenmarktes um ca. 2,6 m tiefer.

Die „Große Schicht“ 1374 bis 1380

Der Hagenmarkt war im Laufe der Geschichte mehrfach Schauplatz gewaltsamer innerstädtischer Auseinandersetzungen, den sogenannten "Braunschweiger Schichten". Während der „Großen Schicht“ kam es dort 1374 zur Hinrichtung des Bürgermeisters der Altstadt, Tile von Damm. Erst durch äußeren wirtschaftlichen Druck durch Ausschluss Braunschweigs aus der Hanse im Jahre 1375 wurde die Wiederherstellung der althergebrachten Machtverhältnisse erzwungen. Im Jahre 1380 wurde Braunschweig unter Auflagen wieder in die Hanse aufgenommen.

Der „Aufruhr der Armut“ 1512 bis 1514

Zur Sanierung der städtischen Finanzen wurden zu Beginn des 16. Jahrhunderts Schoß und Zölle erhöht. Eine erneute Anhebung im Jahre 1512 sowie eine andauernde Inflation führten zu einem Aufstand im Hagen, wobei die ärmeren Bevölkerungsschichten aus der Schöppenstedter Straße, der Mauern- und Friesenstraße sowie aus Nickelnkulk und Klint das Hagenrathaus stürmten. Hänselmann sprach daher später vom „Aufruhr der Armut“. Der Bürgermeister wurde verletzt, ein Ratsherr getötet. Auch der städtische Zollschreiber Hermann Bote wurde Opfer der Übergriffe. Er beschrieb diese, sowie die vorhergehenden „Schichten“ seit 1292, d. h. innerstädtischen Aufstände, in seinem „Dat schicht boick“ von 1514. Die Eroberung des Altstadtrathauses gelang nicht; der Rat war jedoch zu Zugeständnissen gezwungen, reduzierte die erhobenen Abgaben und setzte die Neuerungen im „Kleinen Brief“ von 1513 fest. Die Lage beruhigte sich Ende 1513 nach der Hinrichtung mehrerer Aufrührer und nach der Verabschiedung eines neuen Finanzgesetzes 1514, das die ärmeren Bevölkerungsgruppen weniger stark belastete.

Die Brabandtsche Revolution 1601 bis 1604

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts eskalierten die sozialen Spannungen zwischen ärmeren Bevölkerungsschichten und dem wohlhabenden Patriziat, welches bislang die Macht im Rat innehatte. Im Jahre 1601 gelang dem Bürgerhauptmann Henning Brabandt mit dem „Neuen Rezeß“ eine Demokratisierung der innerstädtischen Machtverteilung. In den Folgejahren verlor Brabandt zusehends die Unterstützung der Bevölkerung. Es kam zu Unruhen, die sich am 3. September 1604 zuspitzten, als sich Brabandts Gegner auf dem Hagenmarkt und seine Anhänger auf dem Altstadtmarkt versammelten. Es folgte eine Jagd auf die Bürgerhauptleute und ihre Anhänger. Brabandt gelang zunächst die Flucht, wurde jedoch am Folgetag gefangengenommen. Im unmittelbar folgenden Strafprozess entlud sich die Rache des alten patrizischen Rates. Brabandt gestand unter der Folter alle ihm zur Last gelegten Taten bis hin zu einem Bündnis mit dem Teufel. Dem Schuldspruch folgte am 17. September 1604 Brabandts bestialische Hinrichtung auf dem Hagenmarkt. Mehrere Anhänger Brabandts wurden ebenfalls hingerichtet.

19. Jahrhundert

In den Jahren 1884 und 1885 entstand mit der Neuanlage der Casparistraße eine Verbindung zum Bahnhof. Der bisherige Wochenmarkt wurde 1897 in die neueröffnete Markthalle verlegt.

Umbau ab 1981

Dem Charakter des Hagenmarktes als wichtiger Verkehrsknotenpunkt wurde durch den Umbau ab 1981 Rechnung getragen. Im Jahre 1983 wurde der neue Cityring fertiggestellt, der die Schnittpunkte Hagenmarkt, Radeklint, Europaplatz und John-F.-Kennedy-Platz miteinander verbindet.

Der „Braunschweiger Kessel“ 2005

Am 18. Juni 2005 wurden während einer Anti-NPD-Kundgebung auf dem Hagenmarkt ungefähr 250 Personen von der Polizei für mehr als zwei Stunden eingeschlossen. Darunter befanden sich auch zufällig vorbeikommende Passanten. In nachfolgenden Gerichtsverfahren wurde entschieden, dass die Einkesselung rechtswidrig war.[1]

Literatur

  • Bernd Jericho: Hagenmarkt in: Braunschweiger Stadtlexikon, herausgegeben im Auftrag der Stadt Braunschweig von Luitgard Camerer, Manfred R. W. Garzmann und Wolf-Dieter Schuegraf unter besonderer Mitarbeit von Norman-Mathias Pingel, S. 97, Braunschweig 1992, ISBN 3-926701-14-5
  • Jürgen Hodemacher: Braunschweigs Straßen – ihre Namen und ihre Geschichten, Band 1: Innenstadt, Cremlingen 1995
  • Richard Moderhack: Braunschweiger Stadtgeschichte, Braunschweig 1997

Einzelnachweise

  1. Urteil zum „Braunschweiger Kessel“, Braunschweiger Zeitung vom 28. Oktober 2006

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Braunschweig-Neustadt — Wappen der Neustadt Das Weichbild Neustadt um 1400 (gelb dargestellt) Das Weichbild Neustadt ist das nördlichste der fünf Weichbilde des mittelalter …   Deutsch Wikipedia

  • Braunschweig [2] — Braunschweig (hierzu der Stadtplan), Haupt und Residenzstadt des Herzogtums Braunschweig, an der Oker, 63 m ü. M., Knotenpunkt der preuß. Staatsbahnlinien Eilsleben Helmstedt B., B. Jerxheim und andrer Linien, ist eine interessante, ihr… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Braunschweig [5] — Braunschweig (Stadt), 1) Hauptstadt des Herzogthums an der Ocker; öffentliche Plätze: der Burgplatz, auf welchem der eherne Löwe Heinrichs des Löwen seit 1172 (n. And. 1166) steht, der Schloßplatz mit dem Schlosse, der Altstadtmarkt mit… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Hagenmarkt — 52.26722222222210.524722222222 Koordinaten: 52° 16′ 2″ N, 10° 31′ 29″ O …   Deutsch Wikipedia

  • Braunschweig — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Braunschweig — Die Buchstaben und Zahlen zwischen den Linien | E6 | bezeichnen die Quadrate des Planes. AckerstraßeE6 AdolfstraßeDE4, 5 ÄgidienhalleC4 ÄgidienkircheC4 ÄgidienmarktCD4 Alte WageC3 AltewiekringE3, 4 Alt RichmondC7 Altstädter RathausB4… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Straßenbahn Braunschweig — Kombinierter Bus und Straßenbahn Bahnhof vor dem Hauptbahnhof Die Braunschweiger Verkehrs AG (BSVAG) besorgt den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im Großraum Braunschweig mit mehreren Bus sowie Straßenbahnlinien zusammen mit anderen… …   Deutsch Wikipedia

  • Neues Rathaus (Braunschweig) — Das Rathaus von Süden Das Neue Rathaus der Stadt Braunschweig, wurde zwischen 1894 und 1900 nach Plänen des Stadtbaurates Ludwig Winter im Stil der Hochgotik errichtet. Das dreistöckige Gebäude befindet sich direkt gegenüber dem Braunschweiger… …   Deutsch Wikipedia

  • Opernhaus am Hagenmarkt — von Süden gesehen, Kupferstich von A. A. Beck, 1747 …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrichsbrunnen (Braunschweig) — Heinrichsbrunnen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”