Haniwa

Haniwa
Haniwa in Hausform (Kofun-Zeit)

Die Haniwa (jap. 埴輪, dt. „Tonringe“) sind bis zu 1,50 m große japanische Grabfiguren aus unglasiertem Ton, die meist in der Technik Wasumi (oder Aufbautechnik) hergestellt wurden. Das heißt, dass zu ihrer Herstellung keine Töpferscheibe benutzt, sondern Tonrollen aufeinander gefügt und verstrichen wurden.

Haniwa wurden von Archäologen bei zahlreichen japanischen Hügelgräbern, den so genannten Kofun der danach benannten Kofun-Zeit (3. bis 6. Jahrhundert) gefunden. Sie sind seit der Edo-Zeit Gegenstand wissenschaftlicher und archäologischer Untersuchungen, werden dabei aber so wenig wie möglich bewegt, da sie sehr empfindlich und leicht zerbrechlich sind.

In der Kofun-Zeit entwickelte sich eine Hocharistokratie mit Militärführern. Ihre Reiterei trug Rüstungen und Waffen, insbesondere Schwerter aus Eisen, und sie benutzten fortschrittliche militärische Techniken, die denen in Nordostasien ähnelten. Zahlreiche Beispiele davon sind in den Haniwa für die Grabstätten nachgebildet worden.

Alte schriftliche Quellen über die Haniwa sind selten. Dazu zählt das Nihon Shoki, eine japanische Chronik und Legendensammlung aus dem Anfang des 8. Jahrhunderts. Dort wird behauptet, ein Vorfahr der Sugawara hätte den Vorschlag gemacht, dass die Haniwa frühere, in die Grabkammer eingeschlossene Menschenopfer von Bediensteten ersetzten. Das wurde von der Wissenschaft verworfen.[1]

Der größte Teil der Haniwa wurde im Süden von Honshū, besonders in der Region Kinai bei Nara sowie im Norden von Kyūshū, aber auch im Kantō-Gebiet gefunden.

Einzigartig für die Haniwa ist ihre Aufstellung: Die überwiegende Zahl wurde nicht in die Grabkammern, sondern außerhalb davon platziert. Ihr Zweck war im Praktischen die Abgrenzung des sakralen Bereiches der Grabanlage, sowie im Spirituellen der Schutz der beigesetzten Person.

Die Form der den Gräbern beigegebenen Haniwa entwickelte sich stetig. Die ältesten aus dem 4. bis 5. Jahrhundert hatten zylindrische Form (daher der Name) und erinnerten an große Keramikvasen, mit typischerweise 40-50 cm Durchmesser und etwa 1 m Höhe. Sie wurden in kleinen Öfen gleich neben dem Grabmal gebrannt. Danach stellen sie zunehmend unterschiedliche Dinge dar, die eine Militäraristokratie kennzeichnen, etwa Rüstungen, Schilde, Waffen, Schiffe und Gebäude.

Haniwa aus Ton in Form eines Pferdes 6. Jhd., Tōkyō National Museum

Jene, die Personen und Tiere darstellen, befinden sich in der Regel im Eingangsbereich der Grabkammer eines Grabhügels und sollten ein Hindernis für das Profane und Böse sein.

Wurden die Haniwa anfangs hauptsächlich in den Ecken der Grabkammern und vor deren Öffnungen aufgestellt, kamen sie mit der Verlagerung des Produktionsschwerpunktes nach Kantō Ende des 5. Jahrhunderts vor allem auf den Schlüssellochgräbern zu stehen: Sie wurden auf den Absätzen etwa in mittlerer Höhe der Gräber (gewissermaßen eine Höhenlinie bildend) und entlang des Randes der obersten Schlüssellochförmigen Abflachung aufgereiht.

In der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts erschienen Haniwa erstmals in Form von Tieren und Menschen, etwa Hunde, Pferde, Vögel und Hirsche. Unter den menschlichen Statuen fand man bis zu 1,50 Meter hohe Krieger, Musiker, Tänzer und Priesterinnen. Die Vielfalt, besonders der Kleidung zeigt die hierarchische Ordnung dieser Gesellschaft.

Während sich die größeren Haniwa-Figuren des aristokratischeren Kinai statischer geben, fallen die Figuren in Kantō lebendiger und expressiver aus. Dies spiegelt die dort vorherrschende Gesellschaftsstruktur aus einem Mix hauptsächlich von Soldaten und einfachem Volk wider.

Im 6. Jahrhundert entwickelten sich Gruppen spezialisierter Töpfer, die bald die Herstellung dominierten.

Ursprünglich waren Haniwa bemalt, wie auch die Wände der Grabkammern und sogar die Gebeine. Sie tragen besonders Spuren von Eisenoxidrot, besonders auf den Gesichtszügen menschlicher Figuren. Sie wurden auch mit weißen Pigmenten aus Lehm und schwarzen aus Manganoxid verziert, die sich jedoch nicht bis heute erhalten haben. Unabhängig von ihrer Herkunft sind alle Haniwa Hohlfiguren mit Öffnungen an Stelle von Augen und Mündern.

Obwohl das Wort Haniwa im engeren Sinn Statuen aus Ton bezeichnet, die auch bei weitem am zahlreichsten sind, hat man den Begriff auf andere zum gleichen Zweck verwendet Skulpturen ausgedehnt: Steinskulpturen im Norden von Kyūshū, die aus dem Vulkangestein das Berges Aso geschnitten wurden, stellen Pferde (石馬, sekiba, dt. „Steinpferd“), Menschen (石人, sekijin, dt. „Steinmensch“) oder Schilder dar. Auch entsprechende Objekte aus Holz (木製品, mokuseihin), die wegen ihrer schlechten Haltbarkeit sehr selten gefunden werden, rangieren unter dem Sammelbegriff Haniwa.

Die Ankunft des Buddhismus in Japan führte mit der Einführung neuer Begräbnisformen dazu, dass diese Statuen aus dem Gebrauch gerieten.

Literatur

  • Fumio Miki: Haniwa. Weatherhill, New York 1974, ISBN 0-8348-2714-X
  • J. Edward Kidder: Japan: Frühe Kunst. Hirmer, München 1964

Einzelnachweise

  1. Robert Borgen: Origins of the Sugawara. in: Monumenta Nipponica, Vol. 30 (1975), S. 405-22

Weblinks

 Commons: Haniwa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Haniwa — en forme de maison (ère Kofun) Les haniwa (埴輪, cylindres de terre cuite) sont des figurines funéraires japonaises. On les a retrouvés dans de nombreuses tombes de la période des kofun (古墳時代, kofun jidai, IIIe …   Wikipédia en Français

  • haniwa — ● haniwa nom masculin (mot japonais) Cylindre d argile fiché dans la terre autour des tumuli de la période des grandes sépultures (kofun) au Japon. (À partir du Ve s., ils sont surmontés de personnages, d animaux ou de modèles d architecture.)… …   Encyclopédie Universelle

  • Haniwa —   [japanisch »Tonringe«], aus rotem Ton gebrannte Grabbeigaben im frühgeschichtlichen Japan (Kofunzeit, 3. 6. Jahrhundert). Die frühesten Beispiele sind um 90 cm hohe Tonzylinder, aus denen mit der Zeit Menschen, Tiere, Häuser u. a. modelliert… …   Universal-Lexikon

  • Haniwa — The nihongo|Haniwa|埴輪 are terra cotta clay figures which were made for ritual use and buried with the dead as funerary objects during the Kofun period (3rd to 6th century AD) of the history of Japan.During the Kofun period, a highly aristocratic… …   Wikipedia

  • Haniwa — Los Haniwa (埴輪, Haniwa?) son figuras de terracota que fueron elaboradas para su uso en rituales y enterradas como objetos funerarios durante el período Kofun de la historia de Japón, periodo durante el cual se desarrolló una clase aristócrata de… …   Wikipedia Español

  • haniwa — /hah nee wah /, n., pl. haniwa. any of the terra cotta models of people, animals, and houses from the Yayoi period of Japanese culture. [1965 70; < Japn, earlier faniwa, equiv. to fani red clay + wa wheel] * * * Terra cotta cylinders and… …   Universalium

  • haniwa —    In Japanese tradition, sculptured pottery cylinders, modeled in human or animal figures, or in other forms, and placed in early (archaic) Japanese burial mounds (or tumuli ). Human figured haniwa figurines have generally been found in… …   Glossary of Art Terms

  • haniwa — Cilindros y esculturas de terracota colocados sobre y alrededor de las tumbas japonesas durante el período Túmulo ( 250–552 AD). Los primeros haniwa eran cilindros huecos en forma de tonel usados para deslindar un cementerio. En el s. IV los… …   Enciclopedia Universal

  • haniwa — noun plural Usage: often capitalized Etymology: Japanese Date: 1931 large hollow baked clay sculptures placed on ancient Japanese burial mounds …   New Collegiate Dictionary

  • Haniwa — Ha|ni|wa die (Plur.) <aus jap. ha niwa »Tonringe«> aus rotem Ton gebrannte Grabbeigaben im frühgeschichtlichen Japan …   Das große Fremdwörterbuch

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”