HarmoS

HarmoS
Logo des Konkordats
Logo des überparteilichen Komitees für das HarmoS-Konkordat (schweizerdeutsch Juhui, i cha in Chindsgi: Juhui, ich kann in den Kindergarten)
Nein-Plakat des überparteilichen Komitees «HarmoS Nein»

Die interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule, auch kurz HarmoS-Konkordat genannt, ist in der Schweiz ein interkantonales Konkordat zwischen Kantonen und dem Fürstentum Liechtenstein, der die obligatorische Schule (Primarschule) vereinheitlichen soll. Das Konkordat definiert Grundelemente des Volksschulgesetztes der einzelnen Kantone, und wurde von der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) formuliert. Dem Konkordat können die Kantone seit 2007 beitreten, ein Vorgang, der in der Regel vom Kantonsparlament durchgeführt wird und dem Volk nur unterbreitet wird, wenn das Referendum ergriffen wird und es mit den nötigen Unterschriften zustande kommt.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Dieses Konkordat hat sich zum Ziel gesetzt die obligatorische Schulbildung in der Schweiz weiter zu harmonisieren. Die Qualität und Durchlässigkeit des Systems sollen gesichert und die Mobilitätshindernisse abgebaut werden. Das HarmoS-Konkordat soll das Schulkonkordat von 1970 ablösen, welches das Schuleintrittsalter wie auch die Dauer der obligatorischen Schule regelt. Die neue Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS-Konkordat) hat folgende Inhalte:

  • Verlängerung der obligatorischen Schulzeit auf 11 Jahre,
  • Einführung einer Vorschule oder Eingangsstufe anstelle des bisherigen Kindergartens,
  • Definition des Schuleintritts und der Dauer der Schulstufen,
  • Benennung der übergeordneten Ziele der obligatorischen Schule für die ganze Schweiz,
  • Bezeichnung von Instrumenten der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung auf nationaler Ebene,
  • Bestimmung von Instrumenten verbindlicher Bildungsstandards,
  • Beseitigung schulischer Hindernisse für eine nationale und internationale Mobilität der Bevölkerung,
  • Anpassungen an nationale und internationale Portfolios.

Die Kantone, welche dem HarmoS-Konkordat beitreten, verpflichten sich, die obengenannten Inhalte, Ziele und Strukturen für die obligatorischen Schule umzusetzen. Dazu gehören auch die Einführung von Blockzeiten und Tagesstrukturen und die Anpassung der Lehrpläne (Einführung von sprachregionalen Lehrplänen). Der Konkordatsentwurf stimmt inhaltlich mit der am 21. Mai 2006 angenommenen Bildungsverfassung überein.

Beitrittsprozesse

Über den Beitritt zum Konkordat entscheiden die Parlamente der Kantone, wobei das Kantonsparlament den Beitritt zunächst beschliesst und Stimmbürger darauf den Beitritt durch ein fakultatives Referendum entscheiden können. Dieser Vereinbarung kann auch der Nachbarstaat Fürstentum Liechtenstein beitreten.

Die Abstimmungen und Beitrittsprozesse laufen seit Herbst 2007 an und wurde bereits in einigen Kantonen beschlossen. Das HarmoS-Konkordat tritt jedoch erst in Kraft, wenn zehn Kantone dies ratifizieren. Es gilt dann für die Kantone, die dem Konkordat beigetreten sind. Für die Strukturanpassungen haben Kantone sechs Jahre Zeit. Weil die Anpassungsfrist jedoch für alle Kantone am gleichen Datum abläuft, haben Kantone, die dem Konkordat später beitreten, weniger Zeit allfällige Strukturanpassungen vorzunehmen.

Kanton Stand Datum (Beschlussdatum bzw. Abstimmungsdatum) Bemerkung
Kanton Schaffhausen Beitritt beschlossen 29. Oktober 2007 beschlossen durch Kantonsparlament (Kantonsrat)
Kanton Glarus Beitritt beschlossen 4. Mai 2008 beschlossen durch Landsgemeinde
Kanton Waadt Beitritt beschlossen 22. April 2008 beschlossen durch Kantonsparlament (Grand Conseil)
Kanton Jura Beitritt beschlossen 23. April 2008 beschlossen durch Kantonsparlament (Parlement)
Kanton Neuenburg Beitritt beschlossen 25. Juni 2008 beschlossen durch Kantonsparlament (Grand Conseil)
Kanton Wallis Beitritt beschlossen 7. Mai 2008 beschlossen durch Kantonsparlament (Grosser Rat)
Kanton Thurgau Beitritt abgelehnt 30. November 2008 abgelehnt durch kantonale Volksabstimmung
Kanton Graubünden Beitritt abgelehnt 30. November 2008 abgelehnt durch kantonale Volksabstimmung
Kanton St. Gallen Beitritt beschlossen 30. November 2008 beschlossen durch kantonale Volksabstimmung
Kanton Zürich Beitritt beschlossen 30. November 2008 beschlossen durch kantonale Volksabstimmung
Kanton Nidwalden Beitritt abgelehnt 8. Februar 2009 abgelehnt durch kantonale Volksabstimmung
Kanton Bern Referendum zustande gekommen[1] 19. Februar 2009 Entscheidung durch kantonale Volksabstimmung
Kanton Luzern Beitritt abgelehnt 28. September 2008 abgelehnt durch kantonale Volksabstimmung
Kanton Genf Beitritt beschlossen 8. Februar 2009 beschlossen durch Kantonsparlament (Grand Conseil)
Kanton Freiburg Referendumsfrist offen 12. Februar 2009 beschlossen durch Kantonsparlament
Kanton Tessin Referendumsfrist offen 17. Februar 2009 beschlossen durch Kantonsparlament[2]

Historische Entwicklung

Folgende Entwicklungen und Reformen im schweizerischen Bildungswesen führten schlussendlich zum HarmoS-Konkordat:

  • Erstes Eidgenössisches Schulgesetz in der Schweiz entstand in der Helvetik (1798-1803): Schule als Aufgabe des Staates, verbesserte Ausbildung für Lehrkräfte, Erziehungsräte
  • Vereinheitlichungsbestreben und Widerstände im 19. Jahrhundert
  • Bildungsartikel in der Bundesverfassung 1874: Allgemeine Schulpflicht
  • Schulkonkordat 1970: Harmonisierung der Strukturen, Förderung des Bildungswesens, Schuleintrittsalter Ende 6. Altersjahr oder früher, Schuldauer 9 Jahre/38 Wochen, Ausbildungszeit bis Matura 12-13 Jahre, Schuljahresbeginn Spätsommer
  • Harmonisierung und Bildungsrahmenartikel 2006

Kritik

Als Hauptkritikpunkte werden die frühe obligatorische Einschulung, die Transformation des Kindergartens, die zunehmende Verstaatlichung der Erziehung zulasten der Erziehungsberechtigung der Eltern, die Verschiebung der Schulhoheit von den Kantonen auf nicht-demokratisch gewählte Gremien (EDK) verbunden mit der De-facto-Abschaffung der demokratischen Mitsprache in Bildungsangelegenheiten und insgesamt die undeklarierte Ausrichtung des Bildungswesens auf die globalen Märkte [3] im Sinne der von der Schweiz unterzeichneten WTO-GATS-Verträge[4], genannt.

Quellen

  1. http://www.news.ch/Im+Kanton+Bern+kommt+es+zur+HarmoS+Volksabstimmung/373006/detail.htm
  2. http://tagesschau.sf.tv/content/view/full/423550
  3. http://www.anti-bertelsmann.de/2006/Wissensgesellschaft.pdf Bildungsmärkte der Wissensgesellschaft
  4. http://www.humanrights.ch/home/upload/pdf/050826_GATSunddieSchweiz_hochuli2003.pdf GATS und die Schweiz

Literatur

  • EDK Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule – HarmoS-Konkordat – Bericht zur Vernehmlassung (16.2.2006 – 30.11.2006), Ediprim AG, Biel, 2006
  • Pelizzari, A.: Die Ökonomisierung des Politischen: new public management und der neoliberale Angriff auf die öffentlichen Dienste, Konstanz 2001. ISBN 3-89669-998-9

Weblinks


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