- Allgemeiner Kongruenzgenerator
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Die Kongruenzgeneratoren bilden eine Klasse von Algorithmen, die zufällig aussehende Zahlenfolgen erzeugen. Die dadurch erzeugten Zahlen nennt man Pseudozufallszahlen, da sie deterministisch erzeugt werden und somit nicht wirklich zufällig sind. Kongruenzgeneratoren sind die bekanntesten und meistverwendeten rekursiven arithmetischen Zufallszahlengeneratoren.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeiner Kongruenzgenerator
Ein Kongruenzgenerator wird durch folgende Parameter definiert:
- Anzahl der Zustandswerte
- Modul
- Faktoren
- Inkrement
- Startwerte (Saat, engl. „Seed“)
Für i > n setzt man nun
- . Dabei bezeichnet den Divisionsrest; siehe Modulo.
Die so berechneten yi werden als Zufallszahlen verwendet. Braucht man reelle Zufallszahlen im Intervall [0;1[, so kann man dafür die Näherung
verwenden, falls der Modul m groß genug ist, um eine ausreichend feine Unterteilung zu ergeben.
Der Zustand des Generators vor der Erzeugung von yi wird durch die Werte yi − n,...,yi − 1 gegeben. Dieser Zustand legt (bei gegebenen n,m,ak,b) alle folgenden Zufallszahlen fest, da die nächste Zufallszahl und der nächste Zustand durch den aktuellen Zustand determiniert werden. Es gibt mn mögliche Zustände, und deshalb muss spätestens nach mn Schritten ein früherer Zustand wiederholt werden. Der Kongruenzgenerator erzeugt somit eine periodische Folge von Zahlen, wobei die Periodenlänge auch wesentlich kleiner als mn sein kann. Im Extremfall ist sie 1, und der Generator erzeugt immer die gleiche „Zufallszahl“. Bei der Festlegung der Parameter kommt es somit unter anderem darauf an, eine ausreichende Periodenlänge sicherzustellen.
Linearer Kongruenzgenerator
Mit n = 1 erhält man den Sonderfall eines linearen Kongruenzgenerators. Bei b = 0 wird er als multiplikativer Kongruenzgenerator bezeichnet, und für andere b als gemischter linearer Kongruenzgenerator.
Letzterer wird häufiger verwendet und hat vier natürliche Zahlen als Parameter:
- Modul
- Faktor
- Inkrement
- Startwert
Aus dem Startwert werden dann die weiteren Werte nach folgender Formel (mit ) berechnet:
Der lineare Kongruenzgenerator wurde 1949 von D. H. Lehmer eingeführt.[1] Er wird in den Laufzeitbibliotheken verschiedener Programmiersprachen zur Erzeugung von Pseudozufallszahlen verwendet. In der Kryptografie dagegen kommt er nicht zum Einsatz, da man schon aus wenigen Werten der erzeugten Zahlenfolge die Parameter a und b und damit die vollständige Zahlenfolge berechnen kann.
Periodenlänge
Lineare Kongruenzgeneratoren erreichen nach dem Satz von Knuth genau dann ihre maximal mögliche Periodenlänge m, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Das Inkrement b ist zum Modul m teilerfremd.
- Jeder Primfaktor von m teilt a − 1.
- Wenn m durch 4 teilbar ist, dann auch a − 1.
In diesem Fall erzeugt der Generator jede Zahl von 0 bis m − 1 genau einmal und beginnt dann wieder von vorn. Er liefert also eine pseudozufällige Permutation dieser Zahlen. Der Startwert y1 kann dann jede Zahl aus dieser Menge sein.
Der multiplikative Kongruenzgenerator (mit b = 0) muss somit eine Periodenlänge kleiner als m haben. Der Satz von Carmichael besagt: bei gegebenem m ist seine Periodenlänge genau dann maximal, wenn gilt:
- y1 ist zu m teilerfremd,
- a ist ein primitives Element modulo m.
Für einige Sonderfälle von m können die primitiven Elemente modulo m leicht bestimmt werden:
- Ist m eine Zweierpotenz , dann muss a mod 8 den Rest 3 oder 5 liefern. Die Periodenlänge ist dann m / 4, und der Startwert y1 muss ungerade sein. Es gibt zwei Perioden, die jeweils die Hälfte der ungeraden Zahlen von 1 bis m − 1 umfassen.
- Wenn m eine Primzahl ist, dann muss für alle Primfaktoren q von m − 1 gelten:
. Dann beträgt die Periodenlänge m − 1. Der Startwert y1 darf nicht Null sein.
Mängel der erzeugten Zahlen
Der lineare Kongruenzgenerator liefert keine vollkommen zufällig erscheinenden Zahlen. Man kann nachweisen, dass eine Abhängigkeit von aufeinanderfolgenden Zahlen besteht.
Teilperiode
Oft wählt man m = 2e, wobei e die Wortlänge des Rechners in Bit ist, denn dann muss man die Modulo-Division nicht explizit berechnen. Sie ergibt sich von selbst durch das Abschneiden der Überlauf-Bits. In diesem Fall verhalten sich die x niederwertigsten Bits der Zustandszahl yi wie ein Generator mit dem Modul 2x. Diese Bits wiederholen sich also spätestens nach 2x Schritten. Dies bedeutet insbesondere, dass das niederwertigste Bit bestenfalls die Periode 2 besitzt, also regelmäßig zwischen 0 und 1 wechselt. Beim multiplikativen Kongruenzgenerator ist es sogar konstant.
Allgemein gilt für alle linearen Kongruenzgeneratoren: wenn d ein Teiler des Moduls m ist, dann ergibt eine Zahlenfolge mit der Periode :
- für ein gilt: .
Wenn der Generator nach dem Satz von Knuth die Periode m hat, dann beträgt die Länge o der Teilperiode genau d für alle Teiler d von m.
Wegen dieses Teilperioden-Verhaltens ist es ungünstig, Zufallszahlen durch zu gewinnen, wenn k und m nicht teilerfremd sind. Dann würde der Divisionsrest für eine Zahl d, die k und m teilt, eine Periode der Länge höchstens d durchlaufen. Wenn man z. B. einen sechsseitigen Würfel simulieren will und m gerade ist, dann liefert Zahlen, die abwechselnd gerade und ungerade sind.
Mögliche Abhilfe:
- Man verwendet einen multiplikativen Kongruenzgenerator mit einer großen Primzahl als Modul m und setzt . Dann sind aber die ri nicht gleichverteilt, es sei denn, m − 1 ist ein Vielfaches von k. Wenn ist, kann man dieses Problem oft vernachlässigen.
- Wenn m = 2e ist: die yi um e − f Bit nach rechts schieben, um die höchstwertigen Bits zu verwenden: (wobei 2f die kleinste Zweierpotenz ist). Wenn das Ergebnis ist, wird es verworfen und neu erzeugt. Diese Methode liefert gleichverteilte Ergebnisse.
Hyperebenen-Verhalten
Der lineare Kongruenzgenerator weist ein Hyperebenen-Verhalten auf, siehe Satz von Marsaglia. Durch geeignete Wahl der Parameter m, a und b kann man das Verhalten des Generators optimieren und eine große Zahl von Hyperebenen erreichen. Bei gegebenem m kann man a nach folgenden Faustregeln bilden:
- a sollte weder zu groß noch zu klein sein, etwa:
- a sollte möglichst zufällig gewählt werden, also nicht in dualer oder dezimaler Darstellung eine „runde“ Zahl sein.
- Beim gemischten linearen Kongruenzgenerator sollte die Potency möglichst groß sein. Sie ist der minimale Wert s, für den (a − 1)s ein Vielfaches von m ist. Donald E. Knuth empfiehlt, dass die Potency mindestens 5 sein sollte. Wenn m = 2e, dann sollte sein, um die maximal mögliche Potency zu erhalten.
Wenn man sichergehen will, dass der Generator gute Zufallszahlen erzeugt, sollte man sich nicht allein auf diese Faustregeln verlassen, sondern den Generator mit dem Spektraltest prüfen.
Wegen des Hyperebenen-Verhaltens greift man statt auf den linearen Kongruenzgenerator gelegentlich auf den inversen Kongruenzgenerator zurück, der dieses Problem nicht aufweist. Allerdings erfordert er einen höheren Rechenaufwand. Er ist kein Spezialfall des allgemeinen Kongruenzgenerators.
Fibonacci-Generator
Ein Fibonacci-Generator ist ebenfalls ein Kongruenzgenerator (mit n = 2, b = 0 und a1 = a2 = 1) und besteht aus folgenden Komponenten:
- Modul
- Startwerte
Mit folgender Bildungsregel werden die Pseudozufallszahlen erzeugt:
Eine Eigenschaft ist es, dass die Fälle yi − 1 < yi + 1 < yi bzw. yi < yi + 1 < yi − 1 nie auftreten. Fibonacci-Generatoren sind daher als Pseudozufallszahlengeneratoren wenig geeignet. Das gilt insbesondere für mathematische Objekte, zu deren Erzeugung mehr als zwei Zufallszahlen erforderlich sind. Würde man beispielsweise damit versuchen, eine zufällige Punktewolke in einem Würfel zu generieren, so kämen alle Punkte auf zwei Ebenen zu liegen.
Verzögerter Fibonacci-Generator
Das Prinzip des Fibonacci-Generators kann aber verallgemeinert werden, indem man nicht die beiden letzten, sondern weiter zurückliegende Zustandswerte yi zur Erzeugung der neuen Zufallszahl verwendet. Dies ergibt einen verzögerten (engl. 'lagged') Fibonacci-Generator:
- mit den Startwerten
Dann ist also n = A und aA = aB = 1, die übrigen ak sind Null. Dabei wählt man in der Regel m gerade und A und B so, dass das Polynom in x
- xA + xB + 1
ein primitives Polynom modulo 2 ist. Dann beträgt die Periodenlänge des Generators mindestens 2A − 1.
Die folgende Tabelle gibt einige Wertepaare für A und B an, die diese Bedingung erfüllen:
A 2 31 55 73 98 100 135 258 607 3217 23209 B 1 13 24 25 27 37 22 83 273 576 9739 xA + xB + 1 ist genau dann ein primitives Polynom modulo 2, wenn dies für xA + xA − B + 1 gilt. Somit kann man statt B immer auch A − B verwenden.
Dieser Generator wird auch praktisch eingesetzt. Er liefert aber ebenfalls keine vollkommen zufällig erscheinenden Zahlen. Das Problem des einfachen Fibonacci-Generators wird nur verlagert: man hat niemals yi − A < yi < yi − B oder yi − B < yi < yi − A. Außerdem gibt es noch weitere Mängel.
Als Abhilfe wurde vorgeschlagen, immer nur A aufeinanderfolgende Zahlen zu verwenden, und dann die nächsten 4A bis 10A Zahlen zu verwerfen. Dies funktioniert gut, aber um den Preis eines 5 bis 11 mal höheren Rechenaufwands. Der von Donald E. Knuth vorgeschlagene Generator ranarray arbeitet auf diese Weise. Bei ihm ist A = 100 und B = 37, und von 1009 aufeinanderfolgenden Zahlen wird immer nur ein Block von 100 Zahlen verwendet.
Um die Periode 2A − 1 sicherzustellen, kommt es nur auf das jeweils niederwertigste Bit in den Zustandswerten yi an, also darauf, ob sie gerade oder ungerade sind. Man kann die höherwertigen Bits beliebig modifizieren, um die Qualität der erhaltenen Zufallszahlen zu verbessern. Beispielsweise:
Andere
Man kann den verzögerten Fibonacci-Generator weiter verallgemeinern, indem man mehr als zwei Zustandswerte verarbeitet:
- .
n ist hier das größte Element in M. Um eine Periode von mindestens 2n − 1 zu garantieren, muss auch hier das entsprechende Polynom
- oder gleichbedeutend das Polynom
ein primitives Polynom modulo 2 sein (mit geradem Modul m). Ein so konstruierter Generator mit | M | > 2 liefert im allgemeinen bessere Zufallszahlen als mit | M | = 2, aber wiederum um den Preis eines höheren Rechenaufwands.
Mit einer weiteren Verallgemeinerung kann man bei gegebenem n die Periodenlänge vergrößern und wohl auch die Qualität der Zufallszahlen weiter verbessern. p sei ein Primfaktor von m. für die Berechnungsvorschrift
werden die derart gewählt, mit , dass das Polynom in x
ein primitives Polynom modulo p ist. Dann beträgt die Periodenlänge mindestens pn − 1.
Der vorige Generator ergibt sich daraus mit p = 2 und als Sonderfall, und liefert einen multiplikativen Kongruenzgenerator mit der Periodenlänge p − 1.Das Polynom ist ein primitives Polynom modulo p, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
()
- a ist ein primitives Element modulo p
- das Polynom xr ist kongruent zu a (modulo f(x))
- für alle Primfaktoren q von r ist der Grad des Polynoms positiv
Dabei wird Polynomarithmetik angewandt (siehe Polynom#Polynome in der abstrakten Algebra sowie Polynomdivision), und mit den Koeffizienten wird modulo p gerechnet (sie sind Elemente des Restklassenrings ).
Siehe auch
Zur Erklärung der Symbolik siehe den Artikel Modulo.
Einzelnachweise
- ↑ Donald E. Knuth: The Art of Computer Programming. Volume 2: Seminumerical Algorithms. 3. Auflage. Addison-Wesley, 1997, ISBN 0-201-89684-2, S. 10–26
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