Helium-Mischungskühlung

Helium-Mischungskühlung
³He-⁴He-Mischungskühler

Die 3He-4He-Mischungskühlung ist ein Kühlverfahren, das sich der Tatsache bedient, dass bei Mischung der Isotope 3He und 4He des Elements Helium Energie aufgenommen wird und diese dem System in Form von Wärme entzogen wird. Es wurde Anfang der 1950er Jahre von H. London et al. vorgeschlagen[1]. Das Kühlprinzip wird in kommerziell erhältlichen Mischungskryostaten (auch Entmischungs- oder Verdünnungskryostaten) angewandt, um Temperaturen unterhalb von 1 Kelvin zu erreichen, wie sie für die Grundlagenforschung z. B. im Bereich der Festkörperphysik benötigt werden.

Das Prinzip der 3He-4He-Mischungskühlung ist gewissermaßen ein quantenmechanisches Analogon zur konventionellen Verdampfungskühlung und funktioniert wie folgt:

Eine Heliummischung aus den beiden Isotopen 3He und 4He zerfällt unterhalb einer Temperatur von etwa 1 Kelvin in zwei flüssige Phasen: Es bildet sich eine konzentrierte Phase, die fast ausschließlich aus 3He besteht, und eine verdünnte Phase, die nur zu etwa 6 % aus 3He und zu 94 % aus 4He besteht. Das 4He der verdünnten Phase bildet bei Temperaturen unterhalb von 2,2 K (Lambda-Linie) eine Quantenflüssigkeit mit suprafluiden Eigenschaften, diese bedeutet, dass die Flüssigkeit keinerlei Reibungswiderstand mehr bietet. Die 3He-Atome bewegen sich in dieser idealen Flüssigkeit daher vollkommen reibungsfrei - so wie die Atome im fast leeren Raum. Tritt ein 3He-Atom aus der konzentrierten Phase über die Phasengrenzfläche in die verdünnte Phase über, so entspricht dieser Mischungsprozess dem Übergang zwischen flüssiger und gasförmiger Phase analog zur Verdampfungskühlung, wie sie z. B. in einem herkömmlichen Kühlschrank ausgenutzt wird. Bei diesem Übertritt über die Phasengrenzfläche ist - ebenso wie bei der konventionellen Verdampfung - Energie aufzuwenden. Diese Energie (die Mischungsenthalpie) wird der Umgebung als Wärme entzogen und bewirkt die Abkühlung. Dies hat vor allem zwei Gründe:

  1. Das 3He-Atom ist aufgrund der stärkeren Nullpunktsschwingung größer als das 4He-Atom, sodass ein 3He-Atom mehr Van-der-Waals-Bindungen mit den kleinen 4He-Atomen als mit größeren 3He-Atomen eingehen kann.
  2. Zudem müssen die Energiezustände der fermionischen 3He-Atome sukzessive besetzt werden. In einem Gemisch sind pro Volumen stets weniger 3He zu finden als in einer reinen 3He-Flüssigkeit. Dadurch wird die Fermienergie in einem Gemisch auch immer niedriger sein als in einer konzentrierten Phase. Außerdem werden die Wellenfunktionen der 3He-Atome von den 4He-Atomen abgeschirmt, sodass teilweise 3He-Atome trotz Pauli-Prinzips gleiche Zustände besetzen können.

Die Kühlleistung des Systems ist proportional zur Übergangsrate von 3He-Atomen über die Phasengrenzfläche (Teilchen pro Zeiteinheit). Der Kühlprozess funktioniert bis hinunter zu beliebig niedrigen Temperaturen, da die verdünnte Phase aus thermodynamischen Gründen immer einen nicht verschwindenden Anteil 3He-Atomen enthält. Auch bei einer Temperatur von 0 Kelvin (absoluter Nullpunkt) würde sich ein 3He-4He-Gemisch nie vollständig entmischen, sondern es würde sich ein Gleichgewicht einstellen, bei dem 6,5 Prozent 3He in 4He gelöst bliebe. Die 3He-reiche konzentrierte Phase schwimmt wegen ihrer geringeren Dichte auf der verdünnten Phase. Der Konzentrationsunterschied des 3He in den beiden Phasen wird in Mischungskryostaten durch kontinuierliches Abpumpen des 3He aus der verdünnten Phase aufrecht erhalten. Um wieder ein 3He-4He-Mischgleichgewicht zu haben, werden stetig 3He-Atome aus der konzentrierten Phase nachgeliefert.

Das Abpumpen des 3He erfordert einen ausreichend hohen Dampfdruck des 3He, welcher mit sinkender Temperatur allerdings abnimmt. Um einen genügend großen 3He-Dampfdruck für effektives Abpumpen zu gewährleisten, wird in 3He-4He-Mischungskryostaten die verdünnten Phase in der Destille lokal geheizt und so auf einer Temperatur von knapp unter 1 Kelvin gehalten. Im kontinuierlichen Betrieb wird das 3HeHe-Gas auf der anderen Seite des Kühlkreislaufs im Kondensor bei etwa 1 Kelvin wieder verflüssigt. Der Kondensor dient zugleich zur Vorkühlung des Kryostaten. Von hier aus wird das 3He der konzentrierten Phase in der Mischkammer, in der die Phasengrenze zwischen konzentrierter und der verdünnter Phase liegt, im Gegenstromprinzip über Wärmeübertrager wieder zugeführt. Dieser Kreislauf bewirkt eine kontinuierliche Kühlung.

Moderne Mischungskryostate erreichen typische Kühlleistungen von etwa einem halben Milliwatt und Endtemperaturen von wenigen Millikelvin. Die Endtemperatur eines Systems ist praktisch begrenzt durch Wärmelecks und die Effizienz der Wärmeübertrager.

1972 ist auch für das He-3 eine superfluide Phase entdeckt worden. Die Begründung liegt darin, dass sich die He-3-Atome bei Temperaturen unterhalb von 2,5mK (?) jeweils zu zweit (Cooper-Paare) verbinden, und sich dann wie Bose-Teilchen verhalten. Diese Erklärung ist analog zu der Supraleitung (dort verbinden sich zwei Elektronen mit Spin ½ zu Cooper-Paaren). Für die Entdeckung des Effekts der Suprafluidität bei He-3 wurden die Physiker Douglas D. Osheroff, Robert C. Richardson und David M. Lee 1996 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

Quellen

  1. Matter and Methods at Low Temperatures, Frank Pobel, Springer Verlag, ISBN 978-3-540-46356-6

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