Henry A. Turner

Henry A. Turner

Henry Ashby Turner (* 4. April 1932 in Atlanta, Georgia; † 17. Dezember 2008 in New Haven, Connecticut) war ein amerikanischer Historiker. Er lehrte mehr als vierzig Jahre Deutsche Geschichte an der Yale University. Bekannt wurde er für sein 1985 auch auf Deutsch erschienenes Buch Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers [1].

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach seinem B.A.-Studium in Lexington, Virginia, an der Washington and Lee University absolvierte Turner 1954–55 einen Fulbright-Austausch nach München und Berlin, bevor er an der Princeton University 1957 den Mastergrad und 1960 bei Gordon A. Craig den Ph. D. erwarb. An der Yale University in New Haven, an der er seit 1958 gelehrt hatte, wurde er 1961 Assistenzprofessor, 1964 außerordentlicher Professor und 1971 ordentlicher Professor. Von 1976 bis 1979 war er dort Vorsitzender der historischen Fakultät. Nach einer Reihe von Stiftungsprofessuren trat er als Stillé Professor of History 2002 in den Ruhestand.

Forschung

Turner wurde unter Historikern auch in Deutschland durch seine Aufsätze zu Faschismus und Kapitalismus in Deutschland, weit bekannt, die gesammelt erschienen 1972. Darin lehnte er die marxistische These ab, dass die deutschen Großunternehmer wichtige finanziellen Unterstützer Hitlers gewesen seien, worüber eine Kontroverse etwa mit George W. F. Hallgarten entbrannte. In seinem Buch German Big Business and the Rise of Hitler (deutsch: Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers), arbeitete er seine Ergebnisse weiter aus. Turner hatte akribisch die Unterlagen vieler großer deutscher Konzerne sowie der NSDAP überprüft. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass vor 1933 der Großteil des NSDAP-Geldes von Parteimitgliedern gekommen war. Hingegen war das meiste Geld aus unternehmerischen Kreisen an die konservativen politischen Parteien geflossen. Die am meisten begünstigste Partei war demnach die Deutsche Volkspartei (DVP); an zweiter Stelle lag die Deutschnationale Volkspartei (DNVP); danach kam das Zentrum und an letzter Stelle die NSDAP.

Der einzige Wahlkampf, in dem die Großunternehmer die Nationalsozialisten großzügig unterstützten, fand im März 1933 statt (vgl. Reichstagswahl 1933), nachdem Hitler bereits zum Reichskanzler ernannt worden war. Bei seinen Recherchen entdeckte Turner die Broschüre Hitlers, Der Weg zum Wiederaufstieg, die Hitler für die führenden deutschen Industriellen geschrieben hatte.

Laut Turner war Hitlers Erlangung der Macht ein mögliches, aber nicht unumgängliches Resultat. Er legt die These nahe, der Untergang der Weimarer Republik sei stark von Zufälligkeiten und Kontingenzen geprägt und stellt sich damit gegen die Sonderweg-These der deutschen Geschichte. Dieser Theorie zufolge war der Nationalsozialismus ein zwangsläufiges Ergebnis der vorherigen Geschichte Deutschlands. Turner geht jedoch davon aus, dass Deutschland noch Anfang der dreißiger Jahren vier Möglichkeiten hatte:

  • NS-Diktatur
  • kommunistische Diktatur
  • Militärdiktatur
  • Demokratie

In seinem Buch Hitler's Thirty Days to Power: January 1933 (deutsch: Hitlers Weg zur Macht: Der Januar 1933) legt Turner die These vor, dass der Erfolg der Nationalsozialisten nur aufgrund der Handlungen einer kleinen Anzahl bestimmter Persönlichkeiten ermöglicht wurde. Dabei spielten Paul von Hindenburg, Oskar von Hindenburg, Alfred Hugenberg, Franz von Papen, Otto Meissner und Kurt von Schleicher die Hauptrollen.

Turners jüngstes Buch General Motors and the Nazis (2005; deutsch: General Motors und die Nazis) behandelt die Geschichte der Opel AG, Tochtergesellschaft des amerikanischen Autoherstellers, zur Zeit der NS-Diktatur.

Werke

  • Faschismus und Kapitalismus in Deutschland. Göttingen 1972.
  • Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers. Siedler Verlag, Berlin 1985.
  • Hitlers Weg zur Macht: Der Januar 1933. Luchterhand Verlag, München 1996.
  • General Motors und die Nazis. Econ Verlag, Berlin 2006.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. "Henry Turner, 76, Historian and Author, Is Dead"., Nachruf von William Grimes, erschienen am 19. Januar 2009 in der New York Times, abgerufen 24. Januar 2009 (englisch)

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