Hervé Baruléa

Hervé Baruléa

Hervé Barulea (auch: Hervé Baruléa, * 29. Juli 1947 in Thil, Meurthe-et-Moselle in Lothringen), bekannt unter seinem Künstlernamen Baru, ist ein französischer Comiczeichner.

Baru wuchs in Lothringen als Sohn einer Bretonin und eines italienischen Einwanderers auf. Sein Vater war Arbeiter, die Familie lebte in einfachen Verhältnissen. Baru entdeckte seine zeichnerischen Fähigkeiten erst spät. Nach einer Ausbildung zum Sportlehrer begann er in den 1970er Jahren mit dem Zeichnen von Comics. Den Beruf des Sportlehrers übte er noch bis zu Beginn der 1980er Jahre aus.

Inhaltsverzeichnis

Stil

Baru orientierte sich an José Antonio Muñoz und Jean-Marc Reiser und entwickelte dabei einen eigenständigen Zeichenstil, der sich vor allem durch die Darstellung der Personen auszeichnet. Breite Schultern beherrschen teilweise grotesk verformte Körper, die Gesichter sind stark typisiert, einer Karikatur ähnlich auf das Wesentliche reduziert. In Bewegung und Sprache verzerren Körper und Mimik stark. Hintergründe und Objekte sind detailliert und naturalistisch gezeichnet. Die Position der Sprechblasen variiert oft in Anhängigkeit zur Position des Akteurs, eine Sprechblase kann sich auch am unteren Panelrand oder zwischen zwei Panels befinden, ist aber immer in direkter Nähe zur Person. Baru nutzt nur wenige Bewegungslinien, Bewegung und Geschwindigkeit setzt er durch Perspektivenwechsel und ungewöhnliche Blickwinkel um. Oft zeigt ein Panel nur einen Ausschnitt oder ein einzelnes Detail, und bremst damit bewusst die Dynamik.

Werdegang

Die ersten Veröffentlichungen des Autodidakten erschienen im Comicmagazin Pilote. Das erste Album, der erste Band der Reihe Quéquettes Blues, erschien 1984 und erhielt 1985 auf dem Internationalen Comicfestivals von Angoulême den Prix Alfred für das beste Debüt. Weitere Alben erschienen bei Dargaud und im Futoropolis Verlag. Das Album Cours, camarade! erschien 1988, es ist die Geschichte um einen polnischsprachigen Franzosen und einen marokkanischen Einwanderer, die nach einer Nacht mit zwei Schwestern vor dessen rassistischem Bruder und seinen Freunden quer durch Frankreich fliehen. Als Anhalter und mit gestohlenen Fahrzeugen erreichen die beiden schließlich Marseille, um dort mit einer Überfahrt nach Nordafrika Frankreich den Rücken zu kehren.

Den Prix Alph’Art für das beste Album 1991 erhielt Baru auf dem Comicfestival Angoulême für das Album Le Chemin de l’Amérique. Die Geschichte eines algerischen Boxers spielt um 1960 und wurde von Jean-Marc Thévent geschrieben. Der erfolgreiche Boxer gewinnt die französische Meisterschaft und wird Europameister. Wegen seiner Herkunft erlangt er trotz seiner sportlichen Erfolge keine Achtung und wird letztendlich zum Spielball zwischen algerischen Freiheitskämpfern und französischen Politikern.

Der japanische Manga-Verlag Kodansha begann 1991 nach westlichen Zeichnern zu suchen, die Comics für das Manga-Magazin Morning schaffen und damit das Angebot des Magazins erweitern sollten. Die Comics sollten jedoch an die japanischen Lesegewohnheiten angepasst sein, sie mussten im Vergleich zu europäischen Alben einen viel größeren Umfang haben, um in Einzelfolgen im Magazin veröffentlicht werden zu können. Auch Baru zählte zu den ausgewählten Künstlern und ging nach Japan, um dort die Motive aus Cours, camarade! für L’Autoroute du soleil aufzugreifen und zu erweitern. Er arbeitete von 1991 bis 1994 an der Geschichte, die mit ihren schwarz-weißen Zeichnungen auf 430 Seiten wieder eine Verfolgungsjagd quer durch Frankreich schildert. Die Hauptfiguren werden erneut von Rechtsradikalen verfolgt. Diese Geschichte endet jedoch nicht mit einer Abkehr von Frankreich, der Verfolger kommt in einem filmreifen Showdown ums Leben und die beiden Verfolgten kehren nach Hause zurück. Auf über 400 Seiten zeigt Baru einfühlsam die Entwicklung der beiden Hauptfiguren, die während der Flucht viel über sich und das Leben erfahren. Er greift etliche Manga-typische Stilmittel auf, so werden beispielsweise einzelne Szenen in kleinste Zeiteinheiten aufgeteilt, trotzdem war die Serie in Japan nicht erfolgreich. Die französischer Übersetzung erschien 1995 bei Casterman und wurde mit dem Prix Alph'Art für das beste Album ausgezeichnet.

Mit Bonne Année versuchte Baru 1999 erstmals einen Blick in die Zukunft und lässt den Comic zur Jahreswende 2014/2015 in Frankreich nach der Regierungsübernahme von Rechtsradikalen spielen. Sein letzter Comic L’Enragé von 2005 greift erneut das Thema einer früheren Veröffentlichung auf und erzählt vom Aufstieg eines Boxers polnischer Abstammung.

Zentrale Themen in Barus Werk sind Gewalt, Alltagssituationen im Arbeitermillieu, die Probleme von Einwanderern und Jugendlichen fremder Abstammung und die Gefahren rechtsextremer Denkweisen.

Veröffentlichungen

  • 1984 Quéquette Blues, Part Ouane, Dargaud
  • 1985 La Piscine de Micheville, Dargaud
  • 1985 La Communion du Mino, Futuropolis
  • 1986 Quéquette Blues, Part Tou, Dargaud
  • 1986 Quéquette Blues, Part Tri, Dargaud
  • 1987 Vive la classe, Futuropolis
  • 1988 Cours, camarade!, Albin Michel (dt. Lauf Kumpel, Carlsen 1989)
  • 1990 Le chemin de l'Amérique, Albin Michel (dt. Der Champion, Carlsen 1991)
  • 1991 Roulez Jeunesse!, Albin Michel (Sammelband der drei "Quéquette Blues"-Alben)
  • 1995 Le soleil dans la poche, Illustrationen, Text Thierry Lenain, Syros 1995
  • 1995 L'autoroute du soleil, Kodansha, Casterman 1995 (dt. Autoroute du soleil, Edition Moderne 2000)
  • 1997 Sur la route encore, Casterman
  • 1998 Bonne année, Casterman
  • 1999 Les années Spoutnik. Le penalty, Casterman (dt. Die Sputnikjahre, Carlsen ab 2002)
  • 2005 L’Enragé, Dupuis (dt. Wut im Bauch, Edition 52 2005)

Quellen

  • Andreas Platthaus: Chronist der Außenseiter in Im Comic vereint – Eine Geschichte der Bildgeschichte. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 2000, ISBN 3458344241
  • N. N.: Im Blickpunkt - Baru, RRAAH! Magazin, Nr. 54, 15. Jahrgang, Februar 2001, S. 8-15, ISSN 0933-601X

Weblinks



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