Herzog von Kleve

Herzog von Kleve
Joan Blaeu, 1645
Die Schwanenburg in Kleve, Sitz der Grafen und Herzöge von Kleve

Das Herzogtum Kleve (auch Cleve) war ein Territorium des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis zu beiden Seiten des Rheins zwischen dem Fürstbistum Münster, dem Reichsstift Essen, den Herzogtümern Berg, Jülich und Geldern sowie dem Kurfürstentum Köln gelegen. Kleve bestand seit etwa 1020 als Grafschaft und wurde 1417 zum Herzogtum erhoben. Der Sitz des Herrschers war die Schwanenburg in der Stadt Kleve, zeitweise auch Burg Monterberg bei Kalkar.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Karte von Kleve, Berg, Mark und Jülich im Jahr 1477

Das Herzogtum Kleve umfasste ein Areal von 2.200 km², das vom Rhein und seinen Nebenflüssen Ruhr, Emscher, Lippe und der Gelderschen IJssel sowie der Maas und ihres Nebenflusses, der Niers durchflossen wird. Es zählte 100.350, größtenteils katholische Einwohner (die Grafschaft Moers inbegriffen). Das mittelalterliche Territorium lag überwiegend auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik und zu einem geringen Teil auf dem Gebiet der heutigen Niederlande. Es umfasste in etwa das heutige Gebiet der Kreise Kleve (Nord), Wesel und der kreisfreien Stadt Duisburg.

Städte

Zum Herzogtum Kleve gehörten die Städte Kleve, Wesel, Emmerich, Rees, Kalkar, Xanten, Duisburg, Kranenburg, Gennep, Griethausen, Grieth, Goch, Uedem, Kervenheim, Sonsbeck, Büderich, Orsoy, Huissen, Zevenaar, Isselburg, Dinslaken, Schermbeck, Holten und Ruhrort.

Ämter

Das Herzogtum Kleve war in Länder und Ämter untergliedert, die zumeist nach Städten benannt waren, beispielsweise das Land Kleve, das Land Dinslaken und das Land Kranenburg. Ausnahmen hiervon sind die Ämter Aspel, Düffel, Hetter, Kleverhamm und Liemers.

Geschichte

Grafschaft Kleve

Spätestens seit dem 15. Jahrhundert leiteten die Klever Grafen und Herzöge ihre Herkunft von dem Schwanenritter Elias ab, der eng mit der Figur des Lohengrin verwandt ist.

Die tatsächlichen Anfänge der Grafschaft Kleve liegen aber im frühen 11. Jahrhundert, als Kaiser Heinrich II. zwei Brüder als Grafen am unteren Niederrhein einsetzte, von denen Gerhard der Stammvater der Grafen von Geldern, Rutger der der Grafen von Kleve wurde. Ausgangspunkt der klevischen Herrschaft war wohl die Verwaltung des Reichswaldes. Erstmals 1092 benennt sich ein Graf nach der Burg Kleve; zeitweise wechselt die Bezeichnung zwischen Grafen von Kleve und Grafen von Tomburg. Das Kerngebiet der klevischen Herrschaft war der Raum zwischen Kleve und Kalkar. Hier gründeten die Grafen die Stifte Wissel und Bedburg. Seit 1117 begegnen die Grafen als Vögte des Stifts Zyfflich, 1119 werden sie Vögte des Klosters Fürstenberg. Zwischen 1122 und 1299 brachten sie auch die Vogtei über das bedeutende Viktorstift in Xanten in ihre Gewalt. Durch die Heirat Graf Arnolds I. mit Ida von Brabant gelangten die Klever Grafen in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in den Besitz von Wesel, das zum Ausgangspunkt für weitere Erwerbungen auf der rechten Rheinseite wurde. Im 13. Jahrhundert erlangten die territorialpolitischen Aktivitäten der Grafen eine neue Qualität, wie die Kette von Städtegründungen ab 1241 und die umfangreich betriebene Binnenkolonisation zeigen. Als Gefährdung für das Klever Territorium erwiesen sich die bis zum Ende des 13. Jahrhunderts üblichen Erbteilungen. So befand sich Graf Dietrich V. zeitweise im Konflikt mit seinem jüngeren Bruder Dietrich Luf I., und unter Graf Dietrichs VI. Bruder Dietrich Luf II. und dessen Sohn Dietrich Luf III. ging die Grafschaft Hülchrath an das Kölner Erzstift verloren. Nach dem Tod Graf Dietrichs VI. 1305 regierten nacheinander seine Söhne Otto, Dietrich VII. und Johann als Grafen von Kleve, ohne legitime Söhne zu hinterlassen. Nach Johanns Tod 1368 konnte sich seine Großneffe Adolf von der Mark, der ehemalige Bischof von Münster und Elekt von Köln, gegen andere Bewerber durchsetzen und erlangte mit Hilfe seines Bruders Graf Engelbert von der Mark die Grafschaft Kleve. 1392 beerbte Adolf seinen verstorbenen Bruder und vereinigte die Grafschaften Kleve und Mark kurzzeitig in seiner Hand, gab Mark aber schon 1393 an seinen zweiten Sohn Dietrich. Nach Adolfs Tod 1394 wurde sein ältester Sohn Adolf II. Graf von Kleve, dem in der Schlacht von Kleverhamm am 7. Juni 1397 eine Stärkung der klevischen Position gegenüber dem Herzogtum Berg gelang. 1398 fiel die Grafschaft Mark wiederum an Kleve. Durch Ehen mit Töchtern des römisch-deutschen Königs Ruprecht von der Pfalz und des Herzogs Johann Ohnefurcht von Burgund konnte Graf Adolf II. sein Ansehen weiter steigern. Konsequenz war die Erhebung in den Herzogsstand 1417.

Kleve-Märkisches Wappen aus dem Scheiblerschen Wappenbuch
1450–1480

Herzogtum Kleve

Kleve wurde 1417 von Kaiser Sigismund zum Herzogtum erhoben und gehörte seit 1500 zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis. Herzog Adolf war in jahrzehntelange Auseinandersetzungen mit seinem jüngeren Bruder Gerhard verstrickt; 1444-49 war das Herzogtum Kleve in die Soester Fehde mit dem Kölner Erzbischof verwickelt, 1450-58 in die Münsterische Stiftsfehde. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts geriet Kleve zeitweise unter starken Einfluss des Herzogtums Burgund. Herzog Johann III., der Friedfertige, schon seit 1511 Herzog von Jülich und Berg, vereinigte 1521 diese Herzogtümer mit dem Herzogtum Kleve und der Grafschaft Mark zu den Vereinigten Herzogtümern Jülich-Kleve-Berg. Damit vertrat er die weltliche Vormacht im niederrheinisch-westfälischen Reichskreis.

Mit Herzog Karl von Geldern schloss er einen Erbvertrag, dem zufolge nach des letzteren kinderlosem Tod 1538 Geldern und Zutphen an Kleve fielen; doch mussten jene Länder 1543 an den Kaiser Karl V. abgetreten werden. 1540 heiratete Anna von Kleve, die Schwester Herzog Wilhelms, den englischen König Heinrich VIII. Nachdem Johann Wilhelm IV. 1609 ohne Erben gestorben war, erhoben mehrere fürstliche Häuser Ansprüche auf seine hinterlassenen Länder Jülich, Kleve, Berg, Mark, Ravensberg und Ravenstein, was den jülich-klevischen Erbfolgestreit auslöste.

Das Herzogtum Kleve als Teil Brandenburg-Preußens

Durch den Vertrag von Xanten 1614 kam Kleve zunächst in vorläufigen, 1666 in definitiven Besitz der Kurfürsten von Brandenburg. Von 1609 bis 1672 hielten indes die Generalstaaten die festen Plätze von Kleve mit ihren Truppen besetzt, und erst der Große Kurfürst von Brandenburg vereinigte nach Vernichtung der ständischen Sonderrechte Kleve völlig mit dem brandenburgisch-preußischen Staat. Von 1647 bis 1679 amtierte Johann Moritz von Nassau-Siegen als Statthalter des brandenburgischen Kurfürsten in Kleve. Nach dessen Tod übte zeitweise Kurprinz Friedrich dieses Amt aus. 1655 richtete man in Duisburg die erste Universität ein. Während das Herzogtum Kleve im 17. Jahrhundert noch eine wichtige Rolle für den Aufstieg Brandenburg-Preußens gespielt hatte, sank die Bedeutung Kleves und der anderen Westprovinzen im 18. Jahrhunderts stetig, insbesondere nach dem Erwerb Schlesiens durch Friedrich den Großen 1740/42. Nachdem Kleve 1757-1762 in französischer Gewalt gewesen war, blieb Preußen im Besitz des eigentlichen Herzogtums bis zum Frieden von Basel 1795, in welchem es den Teil auf der linken Rheinseite (etwa 990 km²) an Frankreich abtrat, das denselben mit dem Rur-Departement vereinigte.

Die klevischen Gebiete im 19. Jahrhundert

Die Distrikte Zevenaar, Huissen und Malburg kamen 1803 an die Batavische Republik. 1805 trat Preußen auch den auf der rechten Rheinseite gelegenen Teil von Kleve an Frankreich ab. Napoleon I. schlug Stadt und Festung Wesel zum Roer-Departement und den übrigen Teil zu dem 1806 gegründeten Großherzogtum Berg; 1810 aber verband er das nördlichste Stück desselben mit dem französischen Département Overijssel.

Nach dem Zusammenbruch der französischen Herrschaft Ende 1813 ging die Initiative des politischen Handelns am gesamten Niederrhein an Preußen über, das durch den Wiener Kongress 1815 das gesamte Rheinland zugesprochen bekam. Preußen gewann also nicht nur die vorher schon in seinem Besitz befindlichen Territorien (Herzogtum Geldern, Herzogtum Kleve, Fürstentum Moers) und die kurz zuvor gewonnenen Gebiete (Essen, Werden, Elten, Teile des Fürstbistums Münster) zurück. Es trat vielmehr das Erbe aller anderen rheinischen Territorialherren an, indem es auch die ehemals kurkölnischen und bergisch-jülichschen Besitzungen übernahm.

Neben diesen Gebietsgewinnen musste Preußen allerdings auch einige territoriale Einbußen hinnehmen. Alle westlich der Maas gelegenen Teile des ehemaligen Herzogtums Geldern, ein schmaler Streifen östlich der Maas und die Exklaven und Randgebiete westlich und nördlich von Elten (Huissen, Malburgen, Zevenaar, Lobith und Wehl) sowie Kekerdom und Leuth südlich der Waal fielen endgültig an die Niederlande. Gleichzeitig ging niederländisches Territorium an Preußen über: die Exklave Schenkenschanz und die heute zu Emmerich gehörenden Gemarkungen Borghees, Speelberg, Leegmeer und Klein-Netterden.

Das gesamte Gebiet des ehemaligen Herzogtums wurde in die Preußische Verwaltungsgliederung einbezogen. Es gehörte zunächst zur Provinz „Jülich-Kleve-Berg“ und zum Regierungsbezirk Kleve, die beide schon zum 22. Juni 1822 aufgelöst und mit der südlichen Provinz „Niederrhein“ zur Rheinprovinz bzw. mit dem Regierungsbezirk Düsseldorf vereinigt wurden.

Herrscher von Kleve

Grafen von Kleve

Herzöge von Kleve (ab 1521 zugleich Herzöge von Jülich und Berg)

Die sechs Klever Herzöge, Adolf II., Johann I., Johann II., Johann III., Wilhelm V. und Johann Wilhelm (v.l.n.r.), Bild eines unbekannten Malers aus dem 17. Jh.

Siehe auch

Quellen und Literatur

Literatur

  • Klaus Flink: Die klevischen Herzöge und ihre Städte. 1394 bis 1592. In: Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich – Kleve – Berg. Boss, Kleve 1984, S. 75–98, ISBN 3-922384-46-3
  • Klaus Flink: Klevische Städteprivilegien (1241-1609) (= Klever Archiv 8). Stadtarchiv Kleve, Kleve 1989, ISBN 3-922412-07-6
  • Klaus Flink: Territorialbildung und Residenzentwicklung in Kleve. In: Klaus Flink, Wilhelm Janssen (Hrsg.): Territorium und Residenz am Niederrhein. Referate der 7. Niederrhein-Tagung des Arbeitskreises niederrheinischer Kommunalarchive für Regionalgeschichte (= Klever Archiv 14). Stadtarchiv Kleve, Kleve 1993, S. 67–96, ISBN 3-922412-13-0
  • Wilhelm Janssen: Die Entwicklung des Territoriums Kleve (= Geschichtlicher Atlas der Rheinlande Beiheft V/11-12), Bonn 2007, ISBN 978-3-7749-3520-4 Karte
  • Dieter Kastner: Die Grafen von Kleve und die Entwicklung ihres Territoriums vom 11. bis 14. Jahrhundert. In: Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich – Kleve – Berg. Boss, Kleve 1984, S. 53–62, ISBN 3-922384-46-3
  • Dieter Kastner: Die Territorialpolitik der Grafen von Kleve (= Veröffentlichungen des Historischen Vereins für den Niederrhein, insbesondere das alte Erzbistum Köln 11). Schwann, Düsseldorf 1972, ISBN 3-508-00161-X
  • Thomas R. Kraus: Studien zur Frühgeschichte der Grafen von Kleve und der Entstehung der klevischen Landesherrschaft. In: RhVjbll. 46,1982. S. 1–47.
  • Jens Lieven: Adel, Herrschaft und Memoria. Studien zur Erinnerungskultur der Grafen von Kleve und Geldern im Hochmittelalter (1020 bis 1250) (= Schriften der Heresbach-Stiftung Kalkar 15), Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89534-695-8
  • Wolf-Rüdiger Schleidgen: Territorialisierung durch Verwaltung. Anmerkungen zur Geschichte des Herzogtums Kleve-Mark im 15. Jahrhundert. In: RhVjbll. 63,1999. S. 152–186.

Quellenpublikationen

  • Theodor Ilgen: Quellen zur inneren Geschichte der rheinischen Territorien. Herzogtum Kleve 1: Ämter und Gerichte, 2 Bd.e in 3 Teilen, Bonn 1921-25 (Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 38).
  • Heike Preuss (Bearb.): Kleve-Mark Urkunden 1394-1416. Regesten des Bestandes Kleve-Mark Urkunden im nordrhein-westfälischen Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf, Siegburg 2003 (Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen C 48).
  • Wolf-Rüdiger Schleidgen (Bearb.): Das Kopiar der Grafen von Kleve, Kleve 1986 (Klever Archiv 6).
  • Wolf-Rüdiger Schleidgen: Kleve-Mark Urkunden 1223-1368. Regesten des Bestandes Kleve-Mark Urkunden im nordrhein-westfälischen Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf, Siegburg 1983 (Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen C 13).
  • Wolf-Rüdiger Schleidgen: Kleve-Mark Urkunden 1368-1394. Regesten des Bestandes Kleve-Mark Urkunden im nordrhein-westfälischen Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf, Siegburg 1986 (Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen C 23).
  • Robert Scholten (Hg.): Clevische Chronik nach der Originalhandschrift des Gert van der Schuren nebst Vorgeschichte und Zusätzen von Turck, einer Genealogie des Clevischen Hauses und drei Schrifttafeln, Kleve 1884.

Archiv

Das kleve-märkische Landesarchiv liegt heute im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf.

Weblinks


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