- Hewlêr
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Lage der Stadt Arbil im Irak
Arbil (kurdisch: Hewlêr, arabisch أربيل, DMG Arbīl) ist die Hauptstadt des gleichnamigen irakischen Gouvernements Arbil und Sitz der Regierung der Autonomen Region Kurdistan. Arbil liegt 80 km östlich von Mosul. Arbil war Hauptstadt des Fürstentums Adiabene.
Begünstigt durch die stabile Sicherheitslage und als Standort des Regionalparlaments wurden in Arbil in den letzten Monaten einige Auslandsvertretungen eröffnet. Länder, die in Arbil eine diplomatische Vertretung haben, sind unter anderem die USA, Russland, Iran, Großbritannien, Frankreich und Südkorea. Deutschland eröffnete am 18. Februar 2009 ein Generalkonsulat in Arbil.[1] Im November 2007 eröffnete die UNO ein Büro in Arbil. Bürgermeister ist Nihad Latif Kodscha, der 23 Jahre in Deutschland im Exil war.
Inhaltsverzeichnis
Bevölkerung
Die Einwohnerzahl von Arbil beträgt 1,6 Millionen (Stand: 2006). Die überwiegende Mehrheit besteht aus Kurden; zu den Minderheiten zählen Araber und Turkmenen. Außerdem leben, bedingt durch den Bauboom, zahlreiche Arbeiter türkischer Firmen in der Stadt. Die Einwohnerschaft besteht überwiegend aus Muslimen. Die Mitglieder einer assyrischen/christlichen Gemeinde (über 40.000) leben größtenteils im Vorort Ankawa.
Geschichte
Antike
Arbil zählt zu den ältesten durchgehend besiedelten Städten der Welt. Das Alter der Stadt wird auf mehr als 4300 Jahre geschätzt. In der Ur-III-Zeit hieß der Ort Urbilum, bis in die Altbabylonische Zeit Urbel, die Assyrer nannten ihn Arbail[2]. Andere Forscher führen den Namen auf das Akkadische arba’ū ilū (Vier Götter) zurück. Die Griechen nannten sie Arbela.
Die Stadt war lange Zeit ein religiöses Zentrum für die Göttin Ischtar. In klassischer Zeit war die Stadt unter ihrem aramäischen Namen Arbela bekannt. Als Arbil unter medischer Herrschaft war, siedelte Kyaxares I. Stämme der Sagartier aus dem Zagros hier an. Als die Achämeniden die Meder ablösten, führte der Meder Phraortes einen Aufstand gegen Dareios I. an. Dareios I. besiegte die Aufständischen 521 v. Chr. und ließ dies auf der Behistun-Inschrift verewigen.
Nach der Niederlage der Perser gegen Alexander den Großen wurde Arbil Teil des Seleukidenreiches. Mit dem Sieg von 141 v. Chr. wurde Mithridates I. von Parthien zum Herrscher Mesopotamiens. Mehrfach wechselte die Stadt zwischen Parthern und Seleukiden. 88 v. Chr. eroberte Tigranes Arbil und besetzte Adiabene. Als aber die Römer Armenien bedrohten, bot er den Parthern als Gegenleistung für ihre Hilfe gegen Rom Adiabene an.
Später entwickelte sich Arbil zu Hauptstadt der mehr oder weniger autonomen Vasallen der Parther. Der erste bekannte König der lokalen Dynastie war Izates, der um 30 n. Chr. herrschte. Sein Nachfolger konvertierte zum Judentum.
Im Jahr 195 besetzte Septimius Severus Adiabene und erhielt den Titel Parthicus Adiabenicus. Vologaeses IV. eroberte Adiabene zurück und bestrafte den lokalen König Narses wegen der unterlassenen Hilfe bei einem Feldzug im Osten des Reiches. Arbil wurde wie das gesamte Gebiet in den römisch-parthischen Kriegen oft umkämpft. 216 eroberte Caracalla die Stadt. Die Römer plünderten königliche parthische Gräber.
Nach der Revolte des Ardaschir I. im Jahr 222 gegen die Parther und der Etablierung des Sassanidischen Reiches wurde Arbil für 400 Jahre Teil des neuen Reiches. Arbil wurde von einem Gouverneur (Mittelpersisch: Mowbed) regiert. Einer dieser Gouverneure war der Kronprinz Chosrau II.. Die Sassaniden zeigten sich generell tolerant gegen Christen, so dass Arbil auch Sitz eines Metropoliten der Kirche des Ostens war. Die Diözese hieß auf aramäisch Ḥdhayab. Daher hatte Arbil eine großen Anteil aramäisch sprechender Christen. Die Christianisierung des nördlichen Mesopotamien ging oft von Arbil aus.
Mittelalter
Nachdem die Sassaniden durch die Araber besiegt worden waren, wurde das Gebiet muslimisch. Jahrhunderte später eroberte Imad ad-Din Zengi 1131 die Stadt. Von 1146 bis 1233 war Arbil Teil des Atabeyliks Arbil. Einer der lokalen Herrscher, Muzafferüddin Kökböri, hinterließ viele soziale Einrichtungen wie Waisenhäuser. Nach 1233 fiel die Stadt an die Abbasiden. 1397 fiel Tamerlan in die Stadt ein und zerstörte sie. Infolgedessen nahm der Anteil der Christen immer mehr ab, und Arbil wurde mehr und mehr eine muslimische Stadt. Ab dem 16. Jahrhundert regierten die Osmanen über Arbil, und sie wurde Teil des Vilayets von Mosul. 1731 belagerte Nadir Schah, der spätere Herrscher Persiens, die Stadt und konnte sie nach langem Widerstand einnehmen. Trotzdem blieb die Stadt bis zum ersten Weltkrieg Teil des Osmanischen Reiches.
Arbil lässt sich gliedern in die untere Stadt in der Ebene am Fluss und die Kernstadt auf dem Siedlungshügel, in dessen Mitte ein osmanisches Fort thront. Während des Mittelalters wurde Arbil zu einer wichtigen Station auf der Handelsstraße zwischen Mosul und Bagdad.
Neuzeit
Arbil wurde im ersten Golfkrieg leicht beschädigt. Die Einwohner litten unter Saddam Husseins Regierung bis 1991. Nach dem Rückzug von Saddam 1992 wurde das erste freie Kurdische Parlament in Arbil gewählt. Es gab bis 1996 gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Seit 1996 wird Arbil von der KDP verwaltet.
Seit dem Irakkrieg 2003 gab es in Arbil und im kurdisch verwalteten Nordirak nur einzelne Anschläge. Der mit 109 Toten schwerste ereignete sich am 1. Februar 2004. Im Mai 2005 starben bei einem Anschlag 45 Menschen. Im Mai 2007 war das Innenministerium der kurdischen Regionalregierung Ziel eines Anschlags, der 19 Todesopfer forderte.
Am 4. Juni 2005 trat erstmals das kurdische Regionalparlament zusammen, am 12. Juni 2005 wurde Masud Barzani zum Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan im Irak ernannt.
Wirtschaft
Die wirtschaftliche Stellung Arbils im Irak war über Jahrzehnte unbedeutend. Die Gründe waren die Politik Saddam Husseins, die Operationen und Massaker der irakischen Armee, sowie die Folgen der Aufstände nach dem zweiten Golfkrieg und des anschließenden Bürgerkriegs zwischen den kurdischen Fraktionen. Dies änderte sich schlagartig mit dem Dritten Golfkrieg: Da in den anderen Teilen des Irak Terroranschläge von Baathisten und Islamisten an der Tagesordnung sind, weichen immer mehr Unternehmen nach Arbil aus. Dies hat zu einer regen wirtschaftlichen Aktivität in Arbil geführt.
Von dem seit kurzem eröffneten Flughafen werden andere Staaten der Golfregion und Europa angeflogen. Allerdings wird die Anfrage der örtlichen Fluggesellschaft Kurdistan Airlines an die Türkei, die Städte Ankara und Istanbul anfliegen zu dürfen, mit der Begründung abgelehnt, dass auf den Flugzeugen die kurdische Fahne und die Wörter Kurdistan oder Kurdish stehen. Als erster europäischer Netzcarrier fliegt Austrian Airlines seit dem 11. Dezember 2006 die Strecke Wien–Arbil. Gegen Ende 2005 bekam aber eine türkische Fluglinie mit dem Namen Fly Air die Erlaubnis, Arbil und Silemani anzufliegen. Seit dem 20. September 2005 gibt es auch eine Direktverbindung Arbil–Frankfurt. Die Kurdistan Airline wurde in Zagros Air umbenannt, um Probleme mit der Türkei zu vermeiden. Von Frankfurt aus gibt es eine Route über die Türkei und eine über Dubai. Am 16.12 2008 erklärte der russische Konsul, dass neben anderen auch eine Flugstrecke Arbil–Moskau geplant sei.
Ein Großprojekt ist der Bau eines 1,6 Milliarden US-Dollar teuren Medienzentrums nach dem Vorbild der Dubai Media City (voraussichtliche Fertigstellung: 2009). [3] Weiterhin werden breite Ringstraßen angelegt, die die weitere Stadtentwicklung anregen sollen. Den Schwerpunkt der heutigen Stadtentwicklung bildet die Gulan Street, noch vor fünf Jahren eine Landstraße und Umgehungsstraße um Arbil. Sie führt von der Hauptstraße Arbil–Mossul über etwa 6 Kilometer zur Hauptstraße Arbil–Shaqlawa und ist mittlerweile von diversen Villenvierteln, Einkaufszentren und Hochhäusern geprägt. Die inzwischen vierte Ringstraße ist nach Qazi Mohammed benannt, dem ersten Präsidenten der Republik Mahabad; die Umgebung dieser Straße ist bereits zu weiten Teilen zur Bebauung freigegeben.
Arbil Master Plan
Der irakische Staat hatte bis Anfang 2009 keine Gesetzesgrundlage zur Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für eine geordnete Stadtplanung, etwa für die Erstellung von Flächennutzungsplänen oder Bebauungsplänen. Aufgrund der herausragenden Bedeutung von Arbil für die kurdische Region beschloss die Verwaltung einen Entwicklungs- und Flächennutzungsplan, der bis auf das Jahr 2034 ausgelegt ist. Eine neue Megamall wird 2010 fertig gestellt sein und etwa eine Milliarde US-Dollar kosten. Diese Mall soll das alte Stadtzentrum ersetzen, das zu Gunsten von Parkanlagen großenteils abgerissen werden soll. Die alte Zitadelle wurde bereits evakuiert und in ein Freilichtmuseum verwandelt. Diese erste Phase des Entwicklungsplans soll bis 2014 abgeschlossen sein.
Klima
In Arbil herrschen heiße und trockene Sommer mit bis zu über 50 °C und milde Winter mit meist über 10 °C. Die Tiefsttemperaturen können jedoch bis 0 °C absinken.
Bekannte Schriftsteller der Stadt
- Ibn Khallikan (1211–1282)
- Abdulla Pashew (* 1946)
- Muhammad al-Khatib Arbili
- Dawan Koye
- Aram Hawleri
- Dashti (1909–1957)
Siehe auch
Weblinks
- Kurdish Globe Englischsprachige Zeitung aus Arbil
- Jona Lendering: Artikel bei Livius.org (englisch)
Quellenangaben
- ↑ Deutschland reicht dem Irak die Hand Pressemitteilung des Auswärtigen Amtes
- ↑ H. F. Russell: Shalmaneser’s campaign to Urartu in 856 B.C. and the historical geography of Eastern Anatolia according to the Assyrian sources. In: Anatolian Studies 34, 1984, S. 171–201.
- ↑ The future of Arbil Bazaar is in Nishtiman market, Media mogul
36.19111111111144.009444444444Koordinaten: 36° 11′ N, 44° 1′ O
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