- Histerreich
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Istrien (kroatisch Istra, slowenisch Istra, italienisch Istria, lat. Histria, deutsch früher auch Histerreich) ist die größte Halbinsel an der nördlichen Adria zwischen dem Golf von Triest und der Kvarner-Bucht vor Rijeka. Die Fläche der gesamten Halbinsel beträgt 3.476 km².
Die Bezeichnung Istrien geht auf den Namen der Histri, eines Stammes der Illyrer, zurück, die in dieser Region in der Antike lebten.
Politische Gliederung
Der weitaus größte Teil Istriens gehört zu Kroatien, ein Teil des Nordens zu Slowenien und ein kleiner Landstrich um die Ortschaft Muggia zu Italien. Der kroatische Teil Istriens bildet – mit Ausnahme des Gebietes um die Stadt Opatija- Abbazia, das zur Gespanschaft (Bezirk, Komitat) Primorje-Gorski kotar (kroatisch Primorsko-goranska županija) gehört (das alte Liburnien) – die Gespanschaft Istrien (kroatisch Istarska županija). Diese umfasst 2.813 km² mit 206.344 Einwohnern (Volkszählung von 2001). Verwaltungssitz der Gespanschaft Istrien ist die im Landesinneren gelegene Stadt Pazin- Pisino - Mitterburg.
Bevölkerung
Die Bevölkerung Istriens besteht im kroatischen Teil der Halbinsel mehrheitlich aus Kroaten und im slowenischen Teil aus Slowenen. Besonders im Gebiet längs der Westküste gibt es eine größere italienische Minderheit. Im Gebirgsland des nordöstlichen Istrien wird in einigen Ortschaften auch das Istrorumänische gesprochen (deren Sprecher auf kroatisch als Istrorumänen, Ćiribirci oder Ćići bezeichnet werden). Die Bevölkerung konzentriert sich in den Küstengebieten, während das Landesinnere nur dünn besiedelt ist. Die größte Stadt Istriens ist Pula und die kleinste Stadt ist Hum. Hum gilt offiziell als kleinste Stadt der Welt. Istrien ist offiziell bilingual italienisch/slowenisch in Slowenien und italienisch/kroatisch in Kroatien. Im italienischen Teil jedoch ausschließlich italienisch.
Geographie und Wirtschaft
Die Halbinsel Istrien besteht größtenteils aus Kalkgestein. Die Küste ist tief gegliedert, einige Meeresarme wie der Limski kanal (zwischen Vrsar und Rovinj) oder die Bucht von Plomin-Fianona reichen tief ins Innenland und haben fjordähnlichen Charakter. Bedeutend ist der Fremdenverkehr an der Küste, der eine bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende Tradition hat.
Wirtschaftliches Zentrum und größte Stadt Istriens ist die Hafenstadt Pula-Pola. Bekannte Badeorte sind Medulin, Rovinj, Poreč, Ičići, Lovran, Medveja, Mošćenička Draga, Opatija und Umag im kroatischen, sowie Koper, Portorož, Piran und Izola im slowenischen Teil; Muggia und San Dorligo della Valle in Italien.
Im nördlichen und mittleren Teil Istriens liegen die Orte meist auf markanten Hügeln, was der Landschaft einen besonderen Reiz verleiht. Inneristrien ist recht dünn besiedelt. Die wichtigsten Orte hier sind Motovun, Buzet, Buje sowie Grožnjan, das vor allem durch seine Künstlerkolonie sowie durch Musikaufführungen bekannt wurde. Die Bevölkerung lebt vom seit Jahrzehnten traditionell bestehenden Tourismus, von Landwirtschaft und arbeitet in den lokalen Industriebetrieben. Weinbau wird in diesen Regionen intensiv betrieben, vor allem werden der gelbe bis grünliche, leicht bittere Malvazija sowie der helle rote Teran gekeltert. In der Gegend um Motovun werden hervorragende Trüffel gefunden, die von manchen Kennern zu den besten der Welt gezählt werden. Auch der Kaiserling (Amanita caesarea) zählt zu den istrischen Pilzspezialitäten.
Das Landesinnere Istriens ist reich an bemerkenswerten Baudenkmälern. Oft sind es kleine, unscheinbare Kirchen, die mit meist gut erhaltenen Fresken beeindrucken. Am bekanntesten ist das Marienkirchlein von Beram mit einem grandiosen Totentanzzyklus. In den Feldern findet man vereinzelt sehr alte Kažuns - Schutzhütten aus Stein, die in früheren Zeiten die Bauern und Hirten gebaut haben.
Die südliche Spitze der Halbinsel bildet das Naturschutzgebiet Kap Kamenjak (Capo Promontore- Rt Kamenjak oder auch Donji Kamenjak) mit seiner einzigartigen Flora und Fauna.
Die Küstenlänge der westkroatischen Region Istrien beträgt 537 Kilometer. An manchen Felsküstenabschnitten unter anderem nahe Rovinj und im Nationalpark Brijuni findet man direkt am Strand versteinerte Dinosaurier-Fußabdrücke.
Geologie
Die geologischen Verhältnisse von Istrien sind hauptsächlich von Kalksteinen, Dolomite und ferner durch Sand- und Mergelsteine geprägt. Auf der gesamten Halbinsel zeigen die Landschaften Karsterscheinungen unterschiedlicher Ausprägung. Sie stellen eine in südlicher Richtung gerichtete Fortsetzung dieser im Triester Karst beginnenden Strukturen dar.
Die Oberfläche wird neben wenigen quartären Sedimenten im Norden (Mirna-Tal) und im Osten (Raška Draga) nur aus Gesteinen des Paläogens, der Kreide und des oberen Juras gebildet. Die Juraablagerungen sind die ältesten Bereiche von Istrien, bilden aber nur eine kleinere Zone an der Westküste zwischen den Städten Poreč und Rovinj. Die Sedimente der unteren Kreide liegen auf den Jurabildungen konkordant auf. Sie machen den größten Teil Istriens aus. Ihr folgen fast in gleicher Flächenausdehnung paläogene Ablagerungen.
Nach den verschiedenen Böden wird Istrien in eine weiße, graue und rote Region eingeteilt. Diese drei Bereiche sind zugleich die drei Höhen- und Landschaftszonen der istrischen Halbinsel.[1][2]
Die weiße Farbe entspricht den höchsten Teilen im Osten der Halbinsel, die durch den fast unbewachsenen hellen Kalksteinfels verursacht wird. Hauptsächlich sind das die Gebirgsketten Ćićarija und Učka. Bei dieser Karstregion spricht man auch vom Tschitschenkarst (früher Tschitschenboden), dessen Name von den rumänischsprachigen Bewohnern Tschitschen abgeleitet wurde.[3]
Der mittlere Teil Istriens weist viele Lehmböden auf und wird nach dessen Farbe als Grau-Istrien bezeichnet. Dieses hügelige Land ist erheblich zerklüftet, sehr trocken, nur dünn besiedelt und von Flyschablagerungen geprägt. Die prägenden Gesteine sind hier Sandsteine, Mergelgesteine und vereinzelt Brekzien.
Zwischen dem zentralen Teil und der westlichen Küstenzone erstreckt sich ein Kalksteinplateau mit aufliegenden Terra rossa-Böden. Diese roten Böden gaben diesem Landesteil den Namen Rot-Istrien. Nur wenige Schluchten schneiden in dieses Plateau mit einer Höhenlage zwischen 200 und 400 Metern ein. Die größten Einschnitte bilden die Schlucht Limska Draga und das Mirna-Tal von der westlichen Küste ausgehend und die Raška Draga im Osten, die alle mit tektonischen Linien korrespondieren. In dieser Zone befinden sich Lagerstätten sehr dichter Kalksteine, die seit mindestens römischer Epoche für Bausteine und Bildhauerzwecke genutzt werden. Die baulichen Zeugnisse der Römer in Pula sind überwiegend aus istrischen Kalksteinen errichtet worden (z.B. das Amphitheater). Der Steinbruch Vinkuran bei Pula wird deshalb auch als cava romana bezeichnet. Insbesondere die an der Westküste liegenden Abaustellen lieferten über lange Zeitabschnitte Baumaterial für Venedig. Später sind sie im gesamten Gebiet der Österreichisch-Ungarischen Monarchie zur Anwendung gekommen und wurden unter dem Sammelbegriff Karstmarmore in Konkurrenz zu den Werksteinen aus der Umgebung von Triest eingesetzt. Die ausgedehnten Terra rossa-Vorkommen waren die Grundlage einer seit römischen Zeiten betriebenen Ziegelproduktion.[4][5]
Mit der geologischen Erkundung von Istrien hat sich in besonderer Weise der österreichisch-ungarische Geologe Guido Stache verdient gemacht. Von ihm stammen frühe umfassende Arbeiten aus dieser Region und erste zusammenhängende Vorstellungen über ihren geologischen Aufbau. Sie entstanden bei seinen Feldarbeiten und nachfolgenden Publikationen zwischen 1858 und 1888.
Klima
Istrien ist mit jährlich 2.380 Sonnenstunden klimatisch sehr günstig gelegen: Im Sommer wird es in der Regel nicht zu heiß, während die Winter mild sind. Der kälteste Monat ist statistisch der Februar mit durchschnittlich 6 °C und der wärmste Monat ist der Juli mit durchschnittlich 23 °C. Der Jahresdurchschnitt beträgt 14 °C.
Verkehr
Das Schienennetz stammt fast ausschließlich aus altösterreichischer Zeit. Die Hauptverbindung wurde 1876 als Istrianer Staatsbahn in Betrieb genommen führt von Pula in Nordrichtung durch ganz Istrien bis zum Anschluss an das slowenische Eisenbahnnetz. Die Schienenverbindung nach Triest wurde bereits vor Jahrzehnten stillgelegt, soll aber nach aktuellen Berichten möglicherweise wieder hergestellt werden. Eine Schienenverbindung zum eigentlichen kroatischen Eisenbahnnetz bestand zu keinem Zeitpunkt, wurde aber nach der Unabhängigkeit Kroatiens zeitweise erwogen.
Bis 1935 bestand auch die schmalspurige Verbindung Triest - Poreč, häufig auch Porečanka bezeichnet.
Bei Pula, Rijeka (Kroatien) und Portorož (Slowenien) existieren internationale Flughäfen. Der Flughafen Rijeka wird seit dem Jahr 2005 unter anderem von so genannten Billigfluggesellschaften angeflogen. Der Flughafen Pula ist auch für Starts und Landungen der Boeing 747 (Jumbo Jets) ausgelegt.
Geschichte
Frühgeschichte und Antike
Die Existenz des Menschen im Gebiet von Istrien während des Paläolithikum ist durch Funde in der Romuald-Höhle im Limer-Kanal nachgewiesen. Die zweite Fundstätte ist Šandalja bei Pula, wo 12000 Jahre alte Überreste von Menschen gefunden wurden. Aus der jüngeren Steinzeit, um 6000 v. Chr. stammt die älteste, in den Höhlen auf den Inseln Cres, Lošinj und Krk gefundene Keramik, die sich durch ihre charakteristische Verzierung auszeichnet, die durch Eindrücken mit den Rändern einer Muschel oder von anderen Gegenständen ausgeführt wurde (Cardial- oder Impressokultur). Eine der ältesten nachgewiesenen Ansiedelungen in Istrien, der heutige Ort Premantura, reicht bis in die Bronzezeit zurück. In der Antike war die Halbinsel als Histria bekannt. Ihre Bewohner, die Histrier, werden von der Forschung entweder als mit den Venetern oder den Liburnern verwandt betrachtet. Die Römer lernten die Einwohner als verwegene Seeräuber kennen. Einen ersten Kriegszug nach Istrien unternahmen die Römer 221 v. Chr., nachdem sie das benachbarte Venetien in ihr Reich eingegliedert hatten. Zu erneuten Auseinandersetzungen der Römer mit den Histriern kam es, als erstere 181 v. Chr. die Kolonie Aquileia gründeten. Trotz intensiver Gegenwehr gelang es den Römern, Istrien bis 178 v. Chr. vollständig zu erobern. Bis zur Zeit Cäsars gehörte Istrien zum römischen Illyricum, das noch nicht vollständig als Provinz organisiert war. Unter Augustus und Tiberius wurde Istrien eine Region und bildete zusammen mit Venetien die sog. 10. region: 'Venetia et Histria' . Alle freien Bewohner Istriens waren seitdem römische Bürger.
Siehe auch: Histrier
Mittelalter
In Istrien hielt sich das romanische Element durchgängig. Die Langobarden kamen 568 im Norden hinzu. Die einfallenden Slawen an der Ostgrenze oberhalb der Cicciaria verwüsteten Teile Istriens, vermochten es aber nicht einzunehmen und wurden von den Exarchen von Ravenna abgewehrt, vor allem während der Balkanfeldzüge des Maurikios durch Kallinikos.
Landnahme der Slawen
In der ausgehenden Spätantike, im 6. Jahrhundert, rückten die Slawen (Kroaten, Slowenen und Serben) über die untere (im 5. Jahrhundert von den Westgoten verlassene) Donau vor und unternahmen Plünderungszüge zwischen den oströmischen Provinzen Illyrien und Makedonien (wichtige Informationen hierzu liefert auch die Chronik von Monemvasia). Hierbei operierten in der Regel kleinere Gruppen, die das unwegsame Gelände der Gebirge und die dichten Wälder ausnutzen. Da die damals reichen römischen Provinzen an der Ost-Adriaküste genug Beute hergaben, erfolgte eine Ansiedlung. Zunächst nur in den nicht mehr unter römischer Herrschaft stehenden und von den Langobarden 568 geräumten Gebieten des heutigen Istrien und Slawonien.
Da zu diesem Zeitpunkt eine ernst zu nehmende römische Balkanpolitik nicht stattfand, konnten die Slawen ungehindert zwischen den Julischen Alpen und dem Pelepones umherziehen und fast jährlich Teile des Balkans plündern. Nicht einmal der Hexamilion bei Korinth konnte die Südslawen aufhalten.
Frankenreich
789 unterwarf Karlmann, Sohn Karls des Großen, Istrien dem Fränkischen Reich. 803 wurde es in die fränkische Mark Friaul eingegliedert. 827 erhielt das Patriarchat Aquileia die Metropolitangewalt über Istrien und seine Bischofssitze. 828 wurde die Mark Friaul in vier Grafschaften geteilt; Istrien bildete ab dann mit der Grafschaft Friaul die Mark Aquileia.
Hochmittelalter
Im Hochmittelalter vergab Otto I. die Mark Aquileia (zusammen mit der Mark Verona) ab 952 an Bayern; ab 976 kam die Mark Aquileia an Kärnten. 1040 wurde Istrien von Heinrich III. in eine eigene, von Friaul abgesonderte Markgrafschaft des Heiligen Römischen Reiches umgewandelt.
Mit dieser Markgrafschaft, die auch unter dem Namen Meranien lief, wurden von 1040 bis 1208 nacheinander verschiedene Adelsgeschlechter belehnt, zuletzt ab 1170 die Grafen von Andechs, genannt Andechs-Meranien. Der erste von ihnen war Graf Berthold V., der auch Titularherzog von Dalmatien (Merania, Meran) war. Ihm folgte 1188 sein Sohn Berthold VI. und diesem 1204 sein vierter Sohn, Markgraf Heinrich von Istrien. Letzterem wurde 1208/09 die Teilnahme an der Ermordung König Philipps in die Schuhe geschoben, er verlor u. a. die Markgrafschaft und musste temporär ins Exil gehen.
Kaiser Otto IV. 1208 übergab sie dem Herzog Ludwig von Bayern. Dieser trat sie dem Patriarchen von Aquileia, Wolfger von Erla, ab, der darauf Anspruch erhob.
Da die Andechs-Meranier praktisch nie in Istrien residierten, bildeten sich dort relativ selbständige Besitzkomplexe des Patriarchats Aquileia, der örtlichen Bischöfe, venezianischer Klöster, der ravennatischen Bischofskirche Sant'Apollinare, der Dynastie von Duino (bei Triest) und der Grafen von Görz (Gorizia) heraus. Zusätzlich versuchte Venedig, zunächst erfolgreich, die Herrschaft über die Küstenstädte zu erringen. Sein Einfluss wurde jedoch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch die Patriarchen von Aquileia wieder zurückgedrängt.
In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts jedoch, als das Reich nach Ende der Staufer-Dynastie geschwächt war, konnte Venedig zu Lasten des Patriarchats von Aquileia wieder an Einfluss gewinnen. Parallel dazu bauten die Grafen von Görz ihren Einfluss im Inneren der Halbinsel – ebenfalls auf Kosten Aquileias – aus. Im Frieden von Treviso 1291 erhielten dann endgültig Venedig die Hoheit über die Küste von Koper (Capodistra) bis Rovinj (Rovigno) und die Grafen von Görz über die Karstgebiete im Inneren. Pola, das sich unabhängig gemacht hatte, kam erst 1331 unter venezianische Herrschaft. Triest konnte sich noch länger unabhängig halten; es unterstellte sich 1382 der Schutzherrschaft der Habsburger. An diese neuen Herren waren 1374 durch Erbvertrag auch die von den Grafen von Görz ab ca. 1200 erlangten Gebiete im Landesinneren (Pazin) gefallen.
Frühe Neuzeit
Das venezianische Istrien, das hauptsächlich die Küstengebiete umfasste, blieb vierhundert Jahre unter venezianischer Herrschaft. Aus dieser Zeit stammt auch das deutlich erkennbare venezianische Flair der Küstenstädte Istriens. Venezianisch-Istrien umfasste unter anderem Monfalcone, Grado, Koper (Capo d'Istria), Pula (Pola), Poreč (Parenzo), Rovinj (Rovigno), Umag (Umago), Labin (Albona) und andere Städte.
Einigung
Nach dem Frieden von Campo Formio 1797 besetzte Österreich das Land. Als aber Österreich 1805 im Frieden zu Pressburg auf sämtliche „venezianische Besitzungen“ Verzicht geleistet hatte, musste es auch Istrien an Frankreich abtreten, und dasselbe wurde dem Königreich Italien zugeschlagen. Man bildete daraus und aus einigen anderen Gebieten das Département Istrien (2.900 km² mit 82.300 Einwohnern, Hauptstadt Koper/Capo d'Istria). 1808 ernannte Napoleon I. den Marschall Bessières zum „Herzog von Istrien“. Später wurde Istrien von Napoleon mit den illyrischen Provinzen vereinigt. 1813 wurden die beiden Gebiete von den Österreichern zurückerobert, und mit der Auflösung der Republik Venedig bildete Istrien 1815 wieder einen Teil der österreichischen Monarchie. 1849 wird Istrien als eigenes Kronland organisiert, das mit Triest und Görz zum Küstenland vereinigt war.
Die Markgrafschaft Istrien, die auch die Inseln der Kvarner-Bucht mit umfasste, hatte im Jahr 1900 eine Fläche von 4.955 km² mit 345.000 Einwohnern. In Pula befand sich seit 1867 der Hauptstützpunkt der k. u. k. Kriegsmarine.
Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit
Im Londoner Vertrag vom 26. April 1915 wurden Italien territoriale Versprechungen unter anderem bezüglich Istrien gemacht, um es zum Kriegseintritt an der Seite der Alliierten zu bewegen. Für die Geschichte Istriens spielte der Vertrag insofern eine gewichtige Rolle, als sich in den Friedensverhandlungen die irredentistische italienische Diplomatie im Kreise der Großen Vier immer wieder und zunehmend hartnäckiger auf diesen Vertrag berief, um Italiens Gebietsansprüche durchzusetzen. Dem Londoner Vertrag zufolge sollten neben Görz und Gradisca auch Istrien mit Triest und die dalmatinischen Inseln Italien zufallen. Er sicherte Italien also Gebietserweiterungen zu Lasten der mehrheitlich von Slowenen und Kroaten besiedelten Territorien Österreich-Ungarns beziehungsweise des späteren Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen zu.
Durch den Vertrag von Saint-Germain 1919, nach dem Ersten Weltkrieg, kam ganz Istrien zu Italien. Der Grenzvertrag von Rapallo 1920 bestätigte dies auch bilateral zwischen Italien und dem neu gegründeten Staat Jugoslawien.
Am 2. März 1921 traten die Bergarbeiter von Labin wegen schlechter Arbeitsbedingungen in den Ausstand. Nach 36 Tagen wurde dieser gewaltsam beendet und die verantwortlichen Führer bestraft. Diese Episode ging als Labinska Republika (Republik Labin) in die Geschichtsschreibung ein.
Nach der k. u. k.-Volkszählung im Jahr 1846 hatte ganz Istrien 228.035 Einwohner, darunter 134.445 Kroaten (59 %), 60.000 Italiener (26 %), 31.995 Slowenen (14 %). Die Zahlen dieser Erhebung sind im Detail jedoch ungenau und fragwürdig. Sie dienten als Grundlage für die „Ethnographische Karte der oesterreichischen Monarchie“ von Karl Freiherr von Czoernig (1855).
Nach der k. u. k.-Volkszählung von 1910 hatte das österreichische Istrien 386.463 Einwohner, darunter 168.184 Kroaten (43 %), 147.417 Italiener (38 %), 55.134 Slowenen (14 %), 15.728 andere (4 %). Das österreichische Istrien schloss allerdings Liburnien und den Karts mit ein, wo eine slawische Mehrheit herrschte, diese Regionen gehören jedoch nicht zu dem heutigen Istrien. Insofern sind die Statistiken verzerrt.
Um die demographische Struktur zugunsten der italienischen Bevölkerungsgruppe zu verändern, wurden zur Zeit der faschistischen Regierung Italiener angesiedelt. Gegen einheimische Kroaten wurden schikanöse Verordnungen eingeführt. Die italienischen Faschisten führten (ähnlich wie in Südtirol) Zwangsitalianisierungsmaßnahmen durch. Die slowenische und kroatische Sprache wurde im öffentlichen Leben verboten, slowenische und kroatische Zeitungen durften nicht mehr erscheinen und auch im Schulunterricht durfte nicht mehr auf Slowenisch oder Kroatisch unterrichtet werden. Etwa 12.000 Kroaten und Slowenen verließen während der italienischen Herrschaft Istrien. Bereits in den 1920er Jahren kam es zu ersten, damals jedoch relativ erfolglosen, antifaschistischen Widerstandsaktionen der kroatischen und slowenischen Einwohner.
Zweiter Weltkrieg
Während des Zweiten Weltkrieges kämpften italienische Partisanen zusammen mit den kroatische und slowenische Partisanen gegen den italienischen Faschismus.Nach dem Frontwechsel Italiens auf die Seite der Alliierten im Jahre 1943 übernahmen zunächst die Partisanen die Kontrolle, jedoch wurde Istrien zusammen mit den benachbarten Gebieten unmittelbar danach von der deutschen Wehrmacht besetzt. Istrien wurde als Operationszone Adriatisches Küstenland unter deutsche Besatzungsherrschaft gestellt, die bis zum Frühjahr 1945 andauerte. In der Folge kam es wie schon 1943 zu Vergeltungsmaßnahmen und Massakern an der italienischen Zivilbevölkerung durch die Partisanenverbände. Die jugoslawischen Kommunisten rächten sich kollektiv an den Italienern: über 6.000 Menschen wurden verhaftet, viele davon blieben verschollen und es wurden erst nach Jahrzehnten ihre Überreste in Massengräbern (Foibe-Massaker) entdeckt. Erst mit der amerikanischen Besetzung Triests wurde der Terror beendet.
Über 150.000 italienisch-venezianische Istrianer verließen als Vertriebene/Optanten (Esuli) nach 1945 Istrien im Zuge der Repression durch das Tito-Regime. Diese Repression und Vertreibung führte faktisch zur Auslöschung der alten venezianisch-istrischen Kultur der italienischsprachigen Volksgruppe.
Jugoslawien, Freies Territorium Triest
Bei der Gründung des zweiten Jugoslawien 1945 kam der Hauptteil an die Teilrepublik Kroatien, der nordwestliche Teil Istriens gehörte zunächst zum Territorium des Freien Territoriums Triest. Als 1954 das Gebiet des Freien Territoriums zwischen Jugoslawien und Italien aufgeteilt wurde, wurde der jugoslawische Anteil seinerseits unter den Teilrepubliken Slowenien und Kroatien aufgeteilt. Zahlreiche italienische Optanten (nach jugoslawisch/kroatischer Lesart) bzw. Esuli (dt. „Exilierte“ oder „Verbannte“) siedelten nach der Entstehung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien und in der Folge von grausamen Vergeltungsmaßnahmen nach Italien über. Aufgrund von ethnischer Benachteiligung, und im Zuge von systematischen Morden, Deportationen und Vertreibung (siehe auch: AVNOJ-Beschlüsse und Foibe-Massaker) kam es zur Abwanderung von 90 % der italienischen Bevölkerung Istriens. Das Gebiet um die Städte Capodistria und Portorose kam zu Slowenien, das weiter südlich gelegene Gebiet von Parenzo bis Pola zu Kroatien. Die Grenze zwischen Italien und Jugoslawien wurde 1975 im Vertrag von Osimo endgültig vertraglich festgelegt. Durch das gleichzeitig abgeschlossene Abkommen zum Schutz der Minderheiten beiderseits der Grenze wurden auf jugoslawischem (beziehungsweise heute in Rechtsnachfolge kroatischem und slowenischem) Gebiet die Rechte der italienischen Minderheit garantiert. Zweisprachige Ortsschilder und Straßenbezeichnungen kennzeichnen heute das multikulturelle Istrien im slowenischen und kroatischen Teil, während sich in und um Triest allenfalls zweisprachige Wegweiser finden.
Die Frage der entschädigungslosen Enteignung des Haus- und Grundbesitzes der früheren italienischen Bevölkerung in rund 1000 istrianischen Dörfern und Städten des heutigen Slowenien und Kroatien durch das kommunistische Tito-Regime ist bis dato ungelöst.
Zerfall Jugoslawiens
Im Gegensatz zur Grenze zu Italien war die Grenze zwischen den Teilrepubliken Kroatien und Slowenien im Nordwesten Istriens zu jugoslawischer Zeit an einigen wenigen Stellen relativ ungenau festgelegt. Nach der Unabhängigkeit der beiden Staaten 1991/92 kam es zu einer bis heute nicht endgültig beigelegten Kontroverse zwischen den beiden Staaten um den exakten Grenzverlauf an einigen wenigen Stellen, vor allem um die Seegrenze im Golf von Triest. Die Verhandlungen laufen gegenwärtig noch (siehe: Internationale Konflikte der Nachfolgestaaten Jugoslawiens). Istrien, das von den blutigen Kriegsereignissen nicht direkt betroffen war, nahm in den Kriegsjahren (1991-1995) Zehntausende Landsleute aus Slawonien, Dalmatien und der Lika in Hotels und Campingplätzen auf.
Istrien als Teil Kroatiens und Sloweniens
In beiden Staaten findet ein zweisprachiger Schulunterricht statt. Ebenso findet sich in Straßen- und Ortsbezeichnungen kroatisch-italienisch (z. B. kroat. Pula / ital. Pola) oder slowenisch-italienisch (z. B. slow. Koper / ital. Capodistria) wieder.
- Kroatien: Der kroatische und größere Teil Istriens (90% der Halbinsel) unterliegt der Gespanschaft Istrien (kroat. Istarska županija). Der Hauptverwaltungssitz ist Pazin. Der wirtschaftliche und kulturelle Mittelpunkt ist allderdings Pula (80.000 Einwohner). Etwa 76 % der Einwohner, in der Gespanschaft Istrien, sind Kroaten.
Zusammensetzung der Bevölkerung im kroatischen Teil Istriens nach Nationalitäten laut Volkszählung von 2001:[6]
Ethnie Anzahl Prozent Kroaten 148.328 71,88% Italiener 14.284 6,92% Serben 6.613 3,20% Bosniaken 3.077 1,49% Albaner 2.032 0,98% Slowenen 2.020 0,98% Istrianer* 8.865 4,30% - Istrianer*: Es wurde keine Nationalität (im amtlich definierten Sinne) angegeben, sondern eine regionale Zugehörigkeit (Istrianer), welche im weiteren Sinne ethnisch Kroaten sind.
- Slowenien: Gerademal 46 km misst die slowenische Adriaküste von der italienischen Grenze Ankaran bis zur kroatischen Grenze im Dragonja-Tal. Dieser Teil unterliegt heute der Region Primorska (slowenisches Küstenland). Wirtschaftliches und kulturelles Zentrum ist Koper (50.000 Einwohner), etwa 20km südlich von Triest (slow./kroat. Trst) in Italien.
Einzelnachweise
- ↑ Dmitar Čulić: Istrien und Kvarner.Beograd (Verlag Jugoslavija) 1963
- ↑ Dubravko Matičec: Neotectonic Deformations in Western Istria, Croatia. In: Geologia Croatica 47/2 Zagreb (Institute of Geology) 1994
- ↑ G. Steinmann / O. Wilckens (Hrsg.): Handbuch der Regionalen Geologie. Balkanhalbinsel. Die Küstenländer Österreich-Ungarns. Heidelberg (Winters Universitätsbuchhandlung) 1914
- ↑ *Guido Stache: Geologisches Landschaftsbild des istrischen Küstenlandes. Wien 1864
- ↑ Stefan Mlakar: Die Römer in Istrien. Pula 1966
- ↑ Zensus 2001
Literatur
- Harald Waitzbauer: Durch Istrien. Mit der Istrianischen Staatsbahn in die k.k. Adriaprovinz. Salzburg 1989. ISBN 3-7013-0757-1
Weblinks
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