Hochschulpädagogik

Hochschulpädagogik

Hochschuldidaktik beschäftigt sich mit allen Aspekten von Lernen, Lehren und Studium an Hochschulen.

Dies betrifft zum einen die kritische Auseinandersetzung mit Inhalten von Studiengängen und die Studienreform, der Weiterentwicklung von Studiengängen. Dieser „Inhaltsaspekt“ von Studium und Lehre stand in der „Hochkonjunktur“ der Hochschuldidaktik während der 1960er Jahre im Mittelpunkt und basierte auf einer grundlegend gesellschaftskritischen Haltung, welche Gegenkritik nach sich zog. Der „Vermittlungsaspekt“, d. h. die Planung und Durchführung von Unterricht und Lehrveranstaltungen ist erst später in den Fokus gerückt, als verstärkt die Frage diskutiert wurde, was „gute“ Lehre ausmacht und wie diese gefördert werden kann.

In der aktuellen Diskussion wird Hochschuldidaktik oft auf diesen Aspekt verkürzt, wenngleich gerade im Kontext des Bologna-Prozesses auch die Frage der Inhalte und der Struktur von Studiengängen einer kritischen Auseinandersetzung bedarf.

Hochschuldidaktische Weiterbildung ist keine Voraussetzung für die Berufung zum Hochschullehrer. Hochschuldidaktik wird daher als Angebot an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, Lehrbeauftragte oder bereits tätige Professorinnen und Professoren gestaltet. Anders als in anderen europäischen und anglo-amerikanischen Ländern ist nur in den wenigsten Bundesländern in Deutschland der Nachweis einer didaktischen Qualifikation für die Tätigkeit als Lehrender einer Hochschule erforderlich.


Inhaltsverzeichnis

Entwicklung des Fachs

In den 1960er Jahren hatte Hochschuldidaktik Konjunktur, wollte man doch Hochschulen grundlegend reformieren und eine „neue“ Lehre zur Geltung bringen. Nach einer Phase der Institutionalisierung von Hochschuldidaktischen Zentren an verschiedenen Universitäten ist die Hochschuldidaktik im deutschsprachigen Raum relativ schnell in die Kritik geraten. Ihre Fortbildungsangebote fanden oft ungenügend Nachfrage und ihr Wirkungsgrad in den Hochschulen blieb gering, so dass Hochschuldidaktik zunehmend infrage gestellt wurde und immer mehr an den Rand gedrängt wurde. Die meisten der seinerzeit gegründeten Einrichtungen wurden bis heute aufgelöst, umbenannt oder reorganisiert.

In den 1990er Jahren hat vor allem das Thema E-Learning die hochschuldidaktische Diskussion vorangetrieben. Das Thema war Motor für hochschuldidaktisch angelegte Projekte und Innovationen, wie z. B. die Forcierung des fall- und problemorientierten Lernens in der Hochschule.

Erst Ende der 1990er Jahre hat die Hochschuldidaktik mit der Umsetzung der Bologna-Beschlüsse zur europaweiten Einführung gestufter Studiengänge mit den Abschlüssen Bachelor und Master stärkere Aufmerksamkeit erhalten. Die damit erforderlichen Änderungen, wie Modularisierung der Studienangebote, studienbegleitendes Prüfungswesen, systematische Evaluation usw. hat den Stellenwert der Hochschuldidaktik im Hochschulsystem gestärkt. Damit verbunden ist auch eine Abwendung von der Vorlesung als höchster Form der Lehre (zu der man mit der Habilitation befähigt wird) hin zu mehr aktivierenden Lehrmethoden, wie beispielsweise Lernen durch Lehren. Durch die zunehmend selbstverständliche Nutzung von E-Learning an Hochschulen ist der Bedarf an Kompetenzentwicklung bei den Lehrenden gestiegen. Auch hier stellen sich neue Anforderungen an die Hochschuldidaktik.

Damit steht die Hochschuldidaktik im neuen Jahrtausend vor einem Umbruch ihrer Arbeit und ihrem Stellenwert in Hochschule und Gesellschaft: Von einer oft randständigen Disziplin zu einem interdisziplinären Fach, das sich mit der Theorie und Praxis der Gestaltung von Hochschule beschäftigt.

Da der Begriff Hochschuldidaktik in Hochschulen durch die Vergangenheit als eher negativ vorbelastet gilt, wird der Begriff zunehmend seltener genutzt. Ein Indiz dazu ist z. B. die Umbenennung der „Zeitschrift für Hochschuldidaktik“ in „Zeitschrift für Hochschulentwicklung“. Auch sprechen (ehemals) hochschuldidaktische Einrichtungen heute allgemeiner z. B. von „Akademischer Personalentwicklung“, was zumindest Teile der früheren Hochschuldidaktik umfasst.

Einrichtungen

Eine der bekannten Einrichtungen im deutschsprachigen Raum ist das Interdisziplinäre Zentrum für Hochschuldidaktik an der Universität Hamburg unter Leitung von Rolf Schulmeister (IZHD), das die Hochschuldidaktik maßgeblich beeinflusst hat. 2006 wurde die ehemals senatsunmittelbare Einrichtung in Zentrum für Hochschul- und Weiterbildung umbenannt und in die Fakultät 4 (Fakultät für Erziehungswissenschaft, Bewegungswissenschaft und Psychologie) integriert. Das ZHW hat neben dem hochschuldidaktischen Studiengang „Master of Higher Education“ mehrere große Drittmittelprojekte im Bereich E-Learning durchgeführt (z. B. Methodenlehre Baukasten, Projektlinie Awareness/Neue Lehr- und Lernkultur im E-Learning im Projekt KoOP).

An der Technischen Universität Dortmund befindet sich die zur Zeit größte Einrichtung im deutschsprachigen Raum, das „Hochschuldidaktische Zentrum“, unter Leitung von Johannes Wildt. An dieser Einrichtung befindet sich auch die Geschäftsstelle vom Hochschuldidaktik Netzwerk Nordrhein-Westfalen, deren weiteren Mitglieder die Ruhr-Universität Bochum, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Bergische Universität Wuppertal und die Universitäten in Duisburg, Paderborn und Siegen sind. Über das Website-Portal des Netzwerks werden Lehrveranstaltungen ortsübergreifend beworben. Das Netzwerk definiert seine Arbeit in Einklang mit den Leitlinien der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik e. V. (AHD). Dieser Verein hat ebenfalls dort seinen Bundessitz.

An der RWTH Aachen besteht seit 1974 das Zentrum für Lern- und Wissensmanagement (vormals hochschuldidaktisches Zentrum), welches ein umfassendes Angebot in den Bereichen Lehren/Lernen, Führung/Management und Forschung unter dem Titel „Fit für die Hochschule“ anbietet. Das ZLW arbeitet auf europäischer Ebene eng zusammen im Verbund der IDEA League.

An der Universität Duisburg-Essen ist insbesondere die medienbezogene Hochschuldidaktik, u. a. mit dem E-Competence Ansatz und dem Duisburg Learning Lab (Michael Kerres), bekannt geworden. Das dortige Zentrum für Hochschuldidaktik wurde 2005 erweitert zu einem Zentrum für Hochschul- und Qualitätsentwicklung.

Als bislang jüngste hochschuldidaktische Einrichtung in Nordrhein-Westfalen eröffnete im Januar 2008 das ZHD Zentrum für Hochschuldidaktik an der Universität zu Köln.

An anderen Hochschulen wird hochschuldidaktische Arbeit in anderen Einrichtungen, wie z. B. Weiterbildungsabteilungen, organisiert.

In Baden-Württemberg und in Bayern ist die Arbeit der Hochschuldidaktik jeweils in drei hochschulübergreifenden Zentren organisiert. Für Fachhochschulen ist das Zentrum für Hochschuldidaktik der bayerischen Fachhochschulen (DiZ) gegründet worden.

Seit 2006 bietet der Hochschulevaluierungsverbund Südwest (HESW) den Lehrenden der Mitgliedshochschulen (Universitäten und Fachhochschulen des Landes Rheinland-Pfalz, Universität Frankfurt, Universität des Saarlandes) die Möglichkeit, hochschuldidaktische Veranstaltungen zu besuchen. Diese werden vom Zentrum für Qualitätssicherung und -entwicklung (ZQ) (Mainz) organisiert (und durchgeführt). Angestrebt ist eine Vernetzung innerhalb der Mitgliedshochschulen, so dass Veranstaltungen an allen Standorten stattfinden können.

Das Gießener Graduiertenzentrum Kulturwissenschaften bietet im Rahmen der AG „Hochschuldidaktik Literaturwissenschaft“ regelmäßig stattfindende Workshops für Lehrende an, stellt Unterrichtsmaterialien zur Verfügung und dient als Plattform für den gegenseitigen Austausch zwischen Dozenten (Teaching center).

Neue Tendenzen in der Methodik

Im Zuge der Modularisierung (Bologna-Prozess) halten im Hochschulbereich Unterrichtsmethoden Einzug, die bisher dem Schulbereich vorbehalten waren. Da neben den Fachinhalten auch Schlüsselqualifikationen als Lernziel festgelegt werden, bemühen sich die Dozenten Verfahren anzuwenden, die eine effektivere Wissens- und Kompetenzvermittlung sichern (Projektlernen, Videofeedback als Methode zur Steigerung der Lehrkompetenz, Lehrcoaching und Lehrportfolios). Es findet eine schrittweise Ablösung von traditionellen frontalen Unterrichtsarrangements (Trichtermodell) zu konstruktivistischen Methoden statt (siehe beispielsweise Joachim Grzega[1] mit Lernen durch Lehren).

Quellen

  1. Grzega, Joachim (2003): LdL in universitären Kursen: Ein hochschuldidaktischer Weg zur Vorbereitung auf die Wissensgesellschaft; Grzega, Joachim (2005): Lernen durch Lehren und Forschung: Bildungs-, lehr- und lernökonomische Hinweise und Materialien

Siehe auch

Literatur

  • Wagner, Wolf (1977/ 2002): Uni-Angst und Uni-Bluff. Wie studieren und sich nicht verlieren. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt. (1992 wurde die Originalausgabe vollständig überarbeitet, deren Qualität wird unterschiedlich beurteilt).

Weblinks

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Studium

  • IZHD, Universität Hamburg (Regelstudienzeit: ca. 4 Semester): „Master of Higher Education“ Weiterbildungsstudiengang zum Erwerb der akademischen Lehrqualifikation. Akkreditierter Masterstudiengang seit 2005. Zuvor Ergänzungsstudium mit Zertifikatsabschluss „Lehrqualifikation für Wissenschaft und Weiterbildung“ (1999–2007).

Übersichten

Zeitschriften

Gesellschaften

Forschung


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