- Alt-Lübeck
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Liubice (auch Leubice genannt) ist der slawische Name Alt-Lübecks (Bedeutung: "die Liebliche"), einer Vorsiedlung des heutigen Lübecks. Diese ist allerdings nicht die geografische Keimzelle der Hansestadt.
Inhaltsverzeichnis
Lage
Liubice liegt an der Mündung der Schwartau in die Trave, etwa 6 km flussabwärts der Altstadtinsel des heutigen Lübeck und gegenüber der Teerhofinsel.
Geschichte
Im 7. Jahrhundert rückten in die während der Völkerwanderung von den germanischen Bewohnern verlassenen Gebiete an der Lübecker Bucht slawische Völker nach. Die Wagrier und Polaben errichteten ein dichtes Netz von Dörfern und Burgen, darunter Oldenburg (Starigard), Plön, Ratzeburg und später die slawische Königsresidenz Liubice, an der Mündung der Schwartau in die Trave, welche heute als Alt-Lübeck ein Bodendenkmal ist. Diese Siedlung war in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts und im 10. Jahrhundert weniger dicht besiedelt. Erst in jungslawischer Zeit lässt sich wieder eine zunehmende Bevölkerung erfassen. Liubice war - trotz fehlender räumlicher Übereinstimmung - die Vorgängersiedlung der späteren Stadt Lübeck.
Ab der Mitte des 11. Jahrhunderts erfolgte ein Ausbau Liubices, der zur Entstehung eines großen Siedlungskomplexes im 11. Jahrhundert führte. 1055 und in den nachfolgenden Jahren wurde die alte Burg erneuert. Diese Maßnahme ist mit dem Slawenfürsten Gottschalk verbunden. Nach dessen Tod übernahm Kruto die Herrschaft nicht nur in Wagrien, sondern im gesamten Abodritenverband, und in dessen letzte Jahre fallen die Anfänge der Neugestaltung der Burg. 1087 wurde die Wehranlage zum zweiten Mal erneuert. In dieser Zeit wurde die Burg im Westen durch einen 12 m breiten Graben vom Land getrennt, wodurch sie auf einer künstlichen Insel lag.
Zur vollen Blüte kam Liubice unter Slawen"könig" Heinrich. Alt-Lübeck war nun ein frühstädtischer Komplex, bestehend aus einer Burg, einem Hafen, zwei Vorburgsiedlungen und einer eigenen, um eine Kaufmannskirche sich entwickelnde Kaufleutesiedlung am anderen Flussufer. In der Burgmitte hebt sich die Kirche von der profanen Bebauung ab. Die ältere, aus Holz gebaute Kirche weist einen Grundriss von 22 m Länge und 15 m Breite auf. Für den slawischen, aber auch den skandinavischen Bereich ist dieser Grundriss ungewöhnlich. Parallelen sind nur aus Island bekannt. Die Kirche ist architektonisch anspruchsvoller und repräsentativer. Sie diente als Grabstätte und wird in die 90er Jahre des 11. Jahrhunderts datiert. Die neue Kirche wurde aus Feldsteinen gebaut. Sie war 20 m lang und 11 m breit, einschiffig und hatte eine halbrunde Apsis. Der Niedergang der Kirche beruht auf der Zerstörung Alt-Lübecks durch die Ranen 1138 nach Heinrichs und seiner Söhne Tod. Liubice wird danach als Handelsplatz aufgegeben. Der Name Liubice wurde 1143 vom Grafen Adolf II. von Holstein auf sein auf einer Halbinsel namens Bucu gelegenes Stadtgründungsprojekt übertragen, aus dem das heutige Lübeck hervorging.
Die dort noch ansässigen Abodriten hielten bis ins 13. Jahrhundert hinein vor der Marienkirche im neuen Lübeck ihre Ratsversammlung ab. Im Lübischen Recht haben sich Überreste slawischer Rechtsinstitutionen gehalten.
Forschung
Erste Grabungen erfolgten bereits Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Lübecker Pastor Karl Martin Joachim Klug. Mit Hilfe des in den 1970er Jahren aufgekommenen neuen Datierungsverfahrens der Dendrochronologie, hat man herausgefunden, dass Alt-Lübeck in Wirklichkeit älter ist, als bisher angenommen. Der älteste Wall wurde auf 819 datiert. Es folgen zwei weitere Teile des Walles, die auf die Jahre 1055 und 1087 datiert wurden. Der Wall hat einen Durchmesser von etwa 100 Metern und wies ein Tor an der Südseite auf. Dendrodaten zeigen zwei Reparaturen am Wall und Baumaßnahmen innerhalb der Burg in den Jahren 1002 und 1035. Unter der 1852 entdeckten Steinkirche fand man eine Vorgängerkirche aus Holz. Verstreut in der Burg standen damals Flechtwerk- und Blockbauten. Die auf das Ende des 11. Jahrhunderts datierte Kirche hatte eine Halbrundapsis.
Siehe auch
Liste historischer Orte in Schleswig-Holstein
Literatur
- Karl Klug: Alt-Lübeck. In: Neue Lübeckische Blätter, 18. Jahrgang 1852, S. 305-309.
- Karl Klug: Alt-Lübeck. In: ZVLGA Band 1 (1860), S. 221-248.
- Johannes Baltzer und Friedrich Bruns: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck. Herausgegeben von der Baubehörde. Band III: Kirche zu Alt-Lübeck. Dom. Jakobikirche. Ägidienkirche. Verlag von Bernhard Nöhring: Lübeck 1920, S. 1-8. Unveränderter Nachdruck 2001: ISBN 3-89557-167-9
- Doris Mührenberg: Archäologie in Lübeck. Band 5.
- Manfred Gläser, Doris Mührenberg: Lübecker Bürger und die Archäologie. Lübeck 2008, S. 22 - 23. ISBN 978-3-7950-1290-8
53.90777777777810.714444444444Koordinaten: 53° 54′ 28″ N, 10° 42′ 52″ O
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