2-plus-4-Vertrag

2-plus-4-Vertrag

Der Zwei-plus-Vier-Vertrag (Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland) ist ein Staatsvertrag zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland sowie Frankreich, den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich und der Sowjetunion. Er machte den Weg für die Wiedervereinigung Deutschlands frei und wurde am 12. September 1990 in Moskau unterzeichnet und trat am 15. März 1991, dem Tag der Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde, mit einer offiziellen Zeremonie in Kraft.[1]

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Dem Vertrag – er wird auch als Souveränitätsvertrag bezeichnet – gingen die Zwei-plus-Vier-Gespräche voraus, in denen die außenpolitischen Aspekte der Vereinigung der beiden deutschen Staaten wie Grenzfragen, Bündniszugehörigkeit und Truppenstärke besprochen wurden. Nachdem am Rande der Open-Skies-Konferenz in Ottawa am 13. Februar 1990 grundsätzlich eine Einigung auf solche Gespräche erzielt worden war, fanden diese in vier Runden am 5. Mai in Bonn, am 22. Juni in Berlin, am 17. Juli in Paris (unter Beteiligung der Republik Polen) sowie am 12. September in Moskau statt.

Bis zuletzt war der Ausgang der Verhandlungen in Moskau fraglich. Nachdem der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow und Bundeskanzler Helmut Kohl am 10. September telefonisch den besonders umstrittenen Abzug der sowjetischen Truppen aus der DDR auf den Zeitraum bis 1994 festgelegt hatten, wuchsen vor allem die Bedenken auf französischer und britischer Seite. Die Regierungen beider Länder waren bis dahin davon ausgegangen, dass die Wiedervereinigung wegen sowjetischer Bedenken erst in weiter Zukunft zustande kommen würde. Die britische Regierung startete einen letzten Versuch, die Einigung zu verzögern, indem sie forderte, nach einer Wiedervereinigung auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR militärische Manöver abhalten zu dürfen. Von sowjetischer Seite wurde dies, wie von den Briten erwartet, entschieden abgelehnt. In einer nächtlichen Verhandlungsrunde vom 11. auf den 12. September setzte der amerikanische Außenminister James Baker auf Betreiben seines deutschen Amtskollegen Hans-Dietrich Genscher bei den Briten einen Verzicht auf die Manöver durch.

„(1) Die Französische Republik, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika beenden hiermit ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Als Ergebnis werden die entsprechenden, damit zusammenhängenden vierseitigen Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken beendet und alle entsprechenden Einrichtungen der Vier Mächte aufgelöst.“

Artikel 7 Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland

Unter dem Titel „Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland“ verzichteten die Vier Mächte, die Hauptalliierten im Zweiten Weltkrieg, auf ihr Vorbehaltsrecht in Bezug auf Deutschland. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde erst 1991 durch alle Vertragsstaaten – zuletzt am 4. März 1991 durch den Obersten Sowjet der UdSSR ratifiziert – wobei die Annahme des Vertrags bis zum Schluss hochumstritten und keineswegs gesichert war. Aufgrund dessen gaben die Vertreter Frankreichs, der Sowjetunion, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten am 2. Oktober 1990 (BGBl. II, S. 1331) in New York eine Erklärung ab, nach der ihre „Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Vereinigung Deutschlands bis zum Inkrafttreten des Vertrags über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland ausgesetzt“ seien.[2]

Am 13. März 1991 intervenierte das sowjetische Militär auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland, indem es den ehemaligen Staatschef der DDR Erich Honecker eigenmächtig und unter Verletzung der Souveränität des vereinten Deutschlands aus dem Militärhospital Beelitz-Heilstätten in die Sowjetunion ausflog und Honecker somit einem Prozess in Deutschland entzog. De facto bedeutete dies tatsächlich eine grobe Verletzung der Souveränität, de jure allerdings konnte sich die UdSSR auf eine immer noch fortwährende Zuständigkeit des Vier-Mächte-Rechtes berufen.

Die „Zwei-plus-Vier“-Verhandlungen werden als ein Meisterstück der internationalen Diplomatie beurteilt. Innerhalb kürzester Zeit wurden Probleme gelöst, die eine ganze Epoche geprägt und gestaltet haben.

Bestimmungen des Zwei-plus-Vier-Vertrages im Einzelnen

Die völkerrechtlich festgeschriebene Oder-Neiße-Grenze seit 1990

Der Vertrag regelt in zehn Artikeln die außenpolitischen Aspekte der deutschen Vereinigung und kam damit faktisch einem Friedensvertrag zwischen Deutschland und den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges gleich, auch wenn dieser Begriff vermieden wurde. Das Ergebnis war die Wiederherstellung der Deutschen Einheit und die Wiedererlangung der endgültigen „vollen Souveränität Deutschlands über seine inneren und äußeren Angelegenheiten“.[3]

Eine zusätzliche Note schrieb die Bodenreform in der DDR für alle Zeiten fest.

Die Unterzeichner waren die Außenminister Hans-Dietrich Genscher für die Bundesrepublik, Lothar de Maizière (in Vertretung für den zurückgetretenen Markus Meckel) für die DDR, Roland Dumas für Frankreich, Eduard Schewardnadse für die UdSSR, Douglas Hurd für Großbritannien und James Baker für die USA.

„Die beiden deutschen Staaten handelten nur im eigenen Namen und nicht als Vertreter Deutschlands […]. Gemäß Art. 8 I 2 des Vertrages hat dann jedoch die Ratifikation ‚auf deutscher Seite durch das vereinte Deutschland‘ zu erfolgen; der Vertrag soll ‚für das vereinte Deutschland‘ in Kraft treten (Art. 9 S. 1) und ‚daher für das vereinte Deutschland‘ auch gelten (Art. 8 I 2). […]
Politisch soll durch die gewählte Verfahrensweise sichergestellt werden, daß Brüche und Verwerfungen in den zwischenstaatlichen Beziehungen, wie sie in Fällen von Staatensukzession vorkommen können, vermieden werden. Es ist zwar ungewöhnlich, daß ein Rechtssubjekt als ‚Verhandlungsstaat‘ den Vertragstext abfaßt und annimmt, ein anderes Rechtssubjekt aber seine Zustimmung bekundet, durch den Vertragstext gebunden zu sein; es ist jedoch grundsätzlich möglich, daß ein Staat einer vertraglichen Regelung zustimmt und rechtlich gebunden wird, obgleich er nicht ‚Verhandlungsstaat‘ war. [Vgl. Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23.5.1969].“

Professor Dr. Dieter Blumenwitz: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1990, S. 3041 ff.

Anstatt eines Friedensvertrages

Die Annahme des Zwei-plus-Vier-Vertrages war Voraussetzung der Vier Mächte zu deren Zustimmung zur deutschen vollständigen Souveränität, da ein Friedensvertrag nach dem Zweiten Weltkrieg nicht abgeschlossen wurde und auch seither „weder geplant ist noch Sinn machte“. Der Wortlaut „anstatt eines Friedensvertrages“ war allerdings nur eine Sprachregelung, um Reparationsforderungen nicht nachkommen zu müssen. Diese Frage kann „materiell als erledigt betrachtet werden“, nachdem bereits 1953 Polen und die Sowjetunion ihren Verzicht erklärt haben. Bei der Londoner Schuldenkonferenz wurde festgelegt, dass alle Reparationsforderungen nach einem Friedensvertrag ausgehandelt würden.[5] Zudem war besonders für die Bundesrepublik der Begriff des Friedensvertrages seit dem Versailler Vertrag negativ besetzt und war nicht zuletzt auch angesichts der Zeit, die seit Ende des Zweiten Weltkriegs vergangen war und der veränderten politischen Realität, nicht angemessen.

Am 15. März 1991 wurde die Nachkriegsordnung endgültig beseitigt. Die Forderung nach einem Friedensvertrag ist daher im besten Wortsinn „historisch überholt“; die Vielzahl erheblich stärkerer völkerrechtlicher Vertragsbindungen sichert, dass die Mitgliedstaaten in Frieden zueinander stehen, wie z. B. innerhalb der NATO oder in der EU.

Siehe auch

Fußnoten

  1. vgl. BGBl. II (1990), S. 1317 (Artikel 2) und BGBl. II (1991), S. 587
  2. „Suspendierungserklärung“ der Alliierten zu ihren Vorbehaltsrechten vom 2. Oktober 1990
  3. BGBl. II (1990), S. 1318, 1320, 1324
  4. BGBl. II (1990), S. 1331
  5. Zit. nach Klaus Stern, in: Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band V, § 135, S. 2070 f.

Weblinks


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