Holzgasanlage

Holzgasanlage
Holzvergaser an einem Opel (1940)
Adler Diplomat 3 GS mit Holzgasgenerator (1941)
Holzgasantrieb in Berlin (1946)
Ansicht von vorne links
Holzvergaser Güssing (2006)

Die Holzvergasung ist eine verfahrenstechnische chemische Reaktion, die es ermöglicht, durch Pyrolyse oder Teilverbrennung unter Luftmangel („unterstöchiometrische Verbrennung“) aus Holz, Holzkohle, Holzteer, Holzessig und Holzgeist das brennbare Holzgas zu gewinnen. Das wirtschaftlich wichtigste Produkt ist jedoch die Holzkohle; daher ist es gebräuchlicher, das Wort Holzverkohlung und nicht Holzvergasung zu gebrauchen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte, Entstehung und Nutzung

Im 19. Jahrhundert wurden durch die Holzverkohlung viele wichtige Rohstoffe für die Chemiewirtschaft erzeugt. Das Hauptprodukt der Holzverkohlung, die Holzkohle, findet unter anderem als Aktivkohle immer noch wichtige Anwendungsbereiche. Die Gewinnung anderer Rohstoffe ist heute nicht mehr rentabel. Wichtige frühere Chemikalien der Holzverkohlung waren Methanol, Aceton, Essigsäure. Die Holzverkohlung blieb für Methanol bis zur ersten synthetischen Herstellung aus Wassergas unter Hochdruck (1923, M. Pier) das wichtigste Verfahren zur Gewinnung dieser Chemikalie. Der Holzteer wurde früher zum Anstrich von Häusern, Schiffen und zum Abdichten von Holzfässern verwendet.

Erhitzt man trockenes Holz auf 270 °C, so setzt plötzlich eine exotherme Wärmereaktion ein. Die Temperatur steigt dabei auf etwa 400 °C und es entstehen Holzkohle, Holzteer, Holzessig, Holzgeist und Holzgas. Je nach verwendeter Holzart und Erhitzungsmethode können sich die entstehenden Produkte unterscheiden. Birken- und Buchenholz bilden bei der Verkohlung recht viel Holzessig und Holzgeist, Kiefern- und Fichtenholz bilden mehr Holzkohle und Holzteer. Je nach Verkohlungstemperatur können auch sehr unterschiedliche Holzkohlen entstehen. Wählt man eine sehr niedrige Verkohlungstemperatur, ist der Gehalt an Wasserstoff und Sauerstoff noch sehr beträchtlich. Bei höheren Verkohlungstemperaturen (ab 500 °C), enthält die Kohle zu über 90 % Kohlenstoff.

Bei der Holzverkohlung von Buchenholz entstehen, bezogen auf 100 kg Holz, 34,3 kg Holzkohle, 25,4 kg Wasser, 20,8 kg Holzgase, 6,7 kg Holzessig, 2,3 kg Holzgeist und 10,5 kg Holzteer. Das Holzgas besteht aus Kohlendioxid (52 %), Kohlenmonoxid (34 %), Methan (10 %), Ethan (2 %) und Wasserstoff (2 %).

Das Holzgas wird unter anderem dazu benutzt, Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen anzutreiben. Die Generatoren wurden außen an die Karosserie gebaut oder als Anhänger mitgeführt. Die technische Anlage dazu, der Holzvergaser, auch Holzkohlevergaser, Holzgaserzeuger oder Holzgasgenerator, wird mit Brennholz befüllt. Durch Erhitzen entweicht aus dem Holz ein brennbares Gasgemisch (sog. Holzgas), dessen Bestandteile hauptsächlich aus Kohlenstoffdioxid, Kohlenstoffmonoxid (zusammen ca. 85 %) und Methan sowie kleineren Anteilen von Ethylen und Wasserstoff bestehen. Details siehe Holzgas.

Insbesondere in Kriegs- und Krisenzeiten mit Treibstoffmangel werden Fahrzeuge zumeist in Eigeninitiative mit einem improvisierten Holzvergaser ausgestattet. Sogar die Deutsche Reichsbahn erprobte den Einsatz von Holzkohlevergasern an Rangierlokomotiven der Baureihe Köf II in den 1930er und 1940er Jahren (siehe auch: Gasmotor).

In Holzvergaser-Heizkesseln wird das Holz in einem Teil des Heizkessels zu Gas umgewandelt, das in einem weiteren Teil des Kessels mit hohem Wirkungsgrad zu Heizzwecken in einer sogenannten „zweistufigen Verbrennung“ verbrannt wird. Diese Holzvergaser-Heizungskessel erreichen etwa die Nutzungswerte einer modernen Öl- oder Gasheizung und zeichnen sich im Vergleich zu einfacher Holzverbrennung durch erheblich verbesserte Abgaswerte aus und dienen so dem Umweltschutz.

Funktionsweisen

Bei der Pyrolyse des Holzes unter Luftabschluss erfolgt das Erhitzen durch eine externe Energiequelle. Die meisten Holzvergaseranlagen erzeugen die Energie jedoch durch eine teilweise Verbrennung des Holzes unter Luftmangel.

Das erzeugte Gas wird nach der Abkühlung, bei der Wasserdampf und Kohlenwasserstoffe zum Holzgaskondensat kondensieren, und Filterung dem Verbrennungsmotor des Fahrzeugs oder sonstiger Verwendung zugeleitet. Die Entsorgung dieses Kondensates stellt bei großen Anlagen einen wesentlichen Teil der Anlagentechnik dar, da es organische Schadstoffe (Phenole oder Ammoniumverbindungen) enthält, die gezielt entsorgt werden müssen, zum Beispiel in einer Kläranlage oder einer thermischen Nachverbrennung – ein Punkt, der häufig in der Diskussion übersehen wird.

Ein spezielles Verfahren, das Gleichstromverfahren, wurde von Georges Imbert zur praktischen Nutzung für den mobilen Verkehrsbereich entwickelt. Er baute seine Anlage 1923 in einen Opel ein. Bis 1930 verbesserte er seine Generatortechnik zu einer zuverlässigen wirtschaftlichen Anlage, die auch von 1939 bis 1948 in Nutzfahrzeugen verwendet wurde. Das Fahren solcher mit Holzgas betriebenen Fahrzeuge erforderte einen eigenen Führerschein.

Der deutsche Unternehmer Johannes Linneborn erwarb 1931 von Imbert die Lizenzen für den Imbert-Generator in Europa und 1934 für die ganze Welt.

Arten

Festbett-Vergasung im Gegenstrom- und Gleichstromverfahren

Im Festbett liegen die Holzscheite oder -späne wie in einem normalen Feuerofen auf einem Gitterrost. Im Gegenstromverfahren wird die Luft durch den Gitterrost und das verbrennende Holz gesaugt. Die darüber liegenden Holzschichten verbrennen nur teilweise und verschwelen zu Holzgas, das am oberen Ende des Ofens abgesaugt wird. Luft und Holzgas bewegen sich in entgegengesetzter Richtung (im Gegenstrom) zum langsam absinkenden Holz. Das Gas hat eine relativ niedrige Temperatur von meistens etwa 100 °C und enthält wegen der stattfindenden Trocknung und Verschwelung des Holzes entsprechend viel Wasserdampf und organische Bestandteile, die bei weiterer Abkühlung zum Holzgaskondensat kondensieren. Das Kondensat ist in der Regel recht sauer mit einem pH-Wert um 3, der im Wesentlichen durch Ameisen- und Essigsäurebestandteile verursacht ist.

Im Gleichstromverfahren wird die Luft unmittelbar über dem Gitterrost direkt in die heiße Vergasungszone des Ofens zugeführt und unter dem Gitterrost abgesaugt. Holzgas und Luft bewegen sich im Bereich des Gitterrostes in gleicher Richtung (im Gleichstrom). Die Temperatur des Holzgases liegt hier wesentlich höher (mehrere hundert °C) und das Gas enthält, da es vor dem Verlassen des Ofens eine sehr hohe Temperatur hat, deutlich weniger organische Bestandteile im Kondensat. Das Kondensat hat hier leicht basische pH-Werte, die auf Ammoniumverbindungen zurückzuführen sind, die in der (wegen des Sauerstoffmangels) reduzierenden Atmosphäre der heißen Zone entstehen.

Wirbelschicht-Vergasung

Beim Wirbelschicht-Vergaser handelt es sich im Prinzip um eine Wirbelschichtfeuerung, die mit Luftmangel betrieben wird und so durch die unvollständige Verbrennung des Holzes (das hier nur in Form von Hackschnitzeln oder Sägemehl verwendet werden kann) als Abgas das gewünschte Holzgas liefert.

Allotherme Vergasung

Bei der allothermen Vergasung wird die erforderliche Wärme für den Pyrolysevorgang über einen Wärmeübertrager eingebracht. Neuere Entwicklungen arbeiten mit Wärmerohren (Heatpipe), die über eine hohe Wärmestromdichte verfügen. Wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens ist die Erzeugung von Prozessgas mit hohem Heizwert (hauptsächlich Wasserstoff und Kohlenmonoxid). Durch den allothermen Wärmeeintrag wird das Prozessgas nicht mit zusätzlichem Rauchgas beaufschlagt. Ein ähnliches Verfahren ist die Wärmeeinbringung durch Wasserdampf oder durch Partikeleintrag. In den meisten Fällen werden die Rückstände der Vergasung (Koks) dem Dampferzeuger als Energiemedium zugeführt. Dadurch erhöht sich der Kaltgaswirkungsgrad erheblich.

Literatur

  • Metz, T.: Allotherme Vergasung von Biomasse in indirekt beheizten Wirbelschichten TU München, 2006

Weblinks


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