Horopter

Horopter

Den theoretischen Punkt-Horopter (von griechisch hóros, „Grenze“, und optēr, „Späher“) bildet die Gesamtheit der Punkte, die bei einer festen Augenstellung in beiden Augen auf korrespondierende Stellen der Netzhaut abgebildet werden.

Die Augen fixieren Punkt 3. Die übrigen stellen beliebige Punkte auf dem theoretischen Horopter T dar. Der empirische Horopter E ist deutlich flacher und breiter.

Punkte bzw. Objekte, die auf der Fläche des Horopters oder in geringem Abstand dazu, im sogenannten Panumbereich, liegen, werden einfach wahrgenommen (fusioniert), solche, die sich davor (= gekreuzte Disparität) oder dahinter (= ungekreuzte Disparität) befinden, werden doppelt gesehen (physiologische Diplopie), ihre konkrete Wahrnehmung in der Regel jedoch unterdrückt.

Sofern korrespondierende Netzhautstellen durch identische Winkel gegen die Blickachse des Auges definiert sind, besteht der Horopter aus einem Kreissegment, dem Vieth-Müller-Segment, das durch die Knotenpunkte der beiden Augen und den Fixationspunkt verläuft und an den optischen Knotenpunkten endet. Die Knotenpunkte sind die Schnittpunkte der geradlinigen Verbindung zwischen dem Objekt und seinem Abbild mit der optischen Achse. Außerhalb der durch die Knotenpunkte und den Fixationspunkt definierten Fläche existiert dieser Horopter nur entlang einer annähernd vertikalen Linie, die in der Ebene verläuft, welche die interokuläre Achse halbiert und auf ihr senkrecht steht (mittsagittale Ebene). Diese Linie heißt oft der vertikale Horopter. Außerhalb dieser beiden Linien gibt es keine Punkte im Raum, die korrespondierende (das heißt winkelgleiche) Netzhautstellen reizen.

Weicht der Rollwinkel der Augen um die Blickachse (Torsionswinkel) der beiden Augen voneinander ab, besteht der Horopter aus zwei kontinuierlichen Schraublinien, die sich der visuellen Ebene von oben bzw. unten aus der Richtung des vertikalen Horopters nähern, und dann in Richtung auf die optischen Knotenpunkte der Augen dem Vieth-Müller-Segment annähern.

Empirisch weichen korrespondierende Punkte von der oben gegebenen Definition der Winkelgleichheit ab, was zu Deformationen des sogenannten empirischen Horopters gegenüber dem theoretischen führt. Innerhalb der visuellen Ebene, die durch die beiden Knotenpunkte und das Fixationsziel definiert wird, ändert sich der Kurvenradius des Horopters abhängig von der Distanz zum Fixationspunkt. Es gibt dabei einen Fixationsabstand, die abathische Distanz, für die der Horopter annähernd eben, das heißt eine Gerade innerhalb der visuellen Ebene ist. Für Fixationen jenseits dieser abathischen Distanz ist der Horopter hyperbolisch verformt und biegt sich vom Betrachter weg. Für Fixation näher als die abathische Distanz ist der Horopter flacher als das Vieth-Müller-Segment. Diese Abweichung vom theoretischen Horopter heißt nach ihren beiden Entdeckern Ewald Hering und Franz Hillebrandt Hering-Hillebrandt-Abweichung.

Außerhalb der visuellen Ebene neigt sich der empirische vertikale Horopter vom Beobachter weg. Dieser Befund lässt sich durch eine Scherung der korrespondierenden Netzhautstellen gegenüber der Winkelgleichheit erklären und heißt nach ihrem Entdecker Hermann von Helmholtz Helmholtz-Scherung.

Der Begriff Horopter selbst geht auf den belgischen Jesuitenmönch Franciscus Aguilonius zurück, der ihn im zweiten Buch seiner 1613 erschienenen sechs Bücher über Optik als jene Fläche einführte, in der monokular gesehene Objekte verortet werden.

Siehe auch

Quellen

  • Hermann von Helmholtz, Handbuch der physiologischen Optik, Voss, Hamburg, 1867
  • Christopher Tyler, The Horopter and Binocular Fusion. In: D. Regan (Hrsg): Binocular Vision. CRC Press, Boston, 1991.
  • Brian Rogers und Ian Howard: Seeing in Depth, I. Porteus, Thornhill, 2002.

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  • Horopter — Ho*rop ter, n. [Gr. ? boundary + ? one who looks.] (Opt.) The line or surface in which are situated all the points which are seen single while the point of sight, or the adjustment of the eyes, remains unchanged. [1913 Webster] The sum of all the …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Horopter — (Sehziel) heißt der Komplex aller derjenigen Punkte der Außenwelt, die bei einer bestimmten Stellung beider Augen ihre Bilder auf korrespondierende Netzhautpunkte entwerfen. Beim Sehen mit zwei Augen entstehen auf beiden Netzhäuten zwei… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Horopter — (v. gr.), der Punkt, in welchem die beiden auf einen Gegenstand gerichteten Augenachsen sich schneiden, od. vielmehr die durch diesen Punkt senkrechte Ebene (die sonst auch Fläche des H. genannt wird). Was im H. liegt, fällt als Bild auf die… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Horópter — (griech., »Sehziel«), der Inbegriff aller derjenigen Punkte im Raum, die bei einer bestimmten Augenstellung einfach (nicht doppelt) gesehen werden (s. Gesicht, S. 731 [Einfachsehen]) …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Horópter — (grch.), Sehkreis, diejenige Fläche, in der bei bestimmter Augenstellung alle Punkte nur einfach, nicht doppelt gesehen werden …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Horopter — Horopter, griech. deutsch, der Punkt, in dem sich beide auf einen Gegenstand gerichteten Augenachsen schneiden, daher derselbe einfach u. nicht doppelt erscheint …   Herders Conversations-Lexikon

  • horópter — (Del gr. ὅρος, límite, y ὀπτήρ, que mira). m. Ópt. Línea recta tirada por el punto donde concurren los dos ejes ópticos, paralelamente a la que une los centros de los dos ojos del observador …   Diccionario de la lengua española

  • Horopter — In studies of binocular vision the horopter is a volume centred on the fixation point that contains all points in space that yield single vision. This volume can be defined theoretically as the points in space which are imaged on corresponding… …   Wikipedia

  • horopter — The sum of the points in space, the images of which for a given fixation point fall on corresponding retinal points. If the fixation point is 2 m., the h. is a straight line; if less, a curve concave to the face; if more, a convex …   Medical dictionary

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