Alte Synagoge Essen

Alte Synagoge Essen
Alte Synagoge in Essen
rekonstruierter Toraschrein in der Alten Synagoge

Die Alte Synagoge ist kulturelles Begegnungszentrum und Gedenkstätte der Stadt Essen. Sie befindet sich im Zentrum der Stadt in der Steeler Straße 29, nahe dem heutigen Rathaushochhaus.

Die Einrichtung, die 1980 gegründet wurde, ist untergebracht im ehemaligen Synagogengebäude der jüdischen Vorkriegsgemeinde. Die Synagoge wurde nebst angeschlossenem Rabbinerhaus (heute Archiv der Stadt Essen) 1913 nach zweijähriger Bauzeit fertiggestellt, Architekt war Edmund Körner. Heute gehört das Gebäude zu den größten, besterhaltenen und architektonisch beeindruckendsten Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Gebäudes

Aufgrund von Platzmangel im Vorgängerbau in der Gerswidastraße ließ die jüdische Gemeinde 1911 vom Architekten Edmund Körner einen repräsentativen und selbstbewussten Synagogenneubau planen, der die Integration und Anerkennung der Juden im Deutschland des zweiten Kaiserreichs zum Ausdruck bringen sollte. Mitten in der Innenstadt sollte das Haus die Ankunft des Judentums in der deutschen Gesellschaft versinnbildlichen. Am 25. September 1913 wurde die damals "Neue Essener Synagoge" feierlich eingeweiht und war, gegen ihre Bestimmung für die Ewigkeit, nur 25 Jahre lang kulturelles und soziales Zentrum einer 1933 rund 4500 Mitglieder zählenden Gemeinde. Sie hatte einen über 1500 Personen fassenden Hauptraum mit mehreren Emporen, Orgel und großem Bimah-Bereich (der auch häufig für Konzerte genutzt wurde und wird), eine Wochentagssynagoge, Lehrräumlichkeiten, einen Gemeindesaal, ein Sekretariat, eine Bibliothek, einen Garten sowie Rabbiner- und Kantorwohnungen im an der Hinterfassade angebauten Rabbinerhaus. Sowohl in der Grund- als auch in der Innenarchitektur integriert die Synagoge traditionelle jüdisch-orientalische mit abendländisch-christlichen Elementen. Vor allem der Hauptraum war nach Vorgaben des Jugendstils ausgestaltet. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, heute Reichspogromnacht genannt, wurde sie durch Brandschatzung im Inneren stark beschädigt. Ihr Äußeres blieb dabei fast unversehrt. Aufgrund der massiven Bauweise aus Stahlbeton konnten die Nationalsozialisten das Gebäude entgegen ihren Plänen nicht abreißen, eine Sprengung war wegen umliegender Häuser unmöglich. Den Zweiten Weltkrieg überstand der Bau ohne größere Schäden. Bis heute ist die Alte Synagoge in Essen das größte freistehende Synagogengebäude nördlich der Alpen, hinsichtlich des Raumvolumens sogar noch größer als die Berliner Synagoge in der Oranienburger Straße. Die mächtige freischwebende Kuppel hat eine Höhe von 37 m, insgesamt ist der Bau 70 m lang.

Von 1945 bis 1959 stand die Synagoge ungenutzt als Ruine am Rande der Essener Innenstadt. 1959 entschloss sich die neue jüdische Nachkriegs-Gemeinde, die bis dahin das frühere Rabbinerhaus als Zentrum genutzt hatte, zum Bau ihrer noch heute bestehenden neuen Synagoge (Ruhrallee Ecke Sedanstr.). Im selben Jahr erwarb die Stadt Essen den früheren Synagogenbau und richtete dort 1960/1961 ein Museum für Industriedesign ein, das „Haus Industrieform“. Zu diesem Zweck wurden sämtliche noch vorhandenen synagogalen Einrichtungselemente beseitigt. Es entstand ein im Inneren völlig veränderter und nicht mehr an die Synagogenzeit erinnernder Raum in nüchterner Zweckform, dem damaligen Zeitgeist entsprechend. 1979 beschädigte ein Brand, ausgelöst durch einen Kurzschluss, die Designausstellung. Dieses Ereignis und eine veränderte Einstellung zum Umgang mit diesem Ort veranlassten schließlich den Rat der Stadt Essen, hier 1980 die Institution „Alte Synagoge“ einzurichten. Von 1986 bis 1988 wurde der Innenraum mit Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen im Ansatz rekonstruiert, so dass er in seinen früheren synagogalen Konturen wieder erkennbar ist.

Die „Alte Synagoge“ heute

Heute versteht sich die „Alte Synagoge“ als eine offene Begegnungsstätte und ein politisches Dokumentationsforum. Sie bietet zahlreiche Veranstaltungen zur Begegnung mit jüdischer Kultur und Religion sowie historischem und gegenwärtigem jüdischen Leben an. Darunter befinden sich Führungen durch die Dauerausstellung "Stationen jüdischen Lebens" für Schüler- oder Erwachsenengruppen, Lehrhäuser zu Aspekten der jüdischen Religionspraxis und Lebenskultur für Kinder und Jugendliche, Führungen durch das Gebäude zur Architektur und ihrer einstmals jüdischen Bedeutung (z.B. an jedem ersten Sonntag im Monat). Ein für Erwachsene gedachtes Torah-Lehrhaus befasst sich zweiwöchentlich mit jüdischen Traditionstexten. Darüber hinaus ist die "Alte Synagoge" mit einer regelmäßigen Vortragsreihe Diskussionsplattform für zentrale politische und gesellschaftliche Fragen der Gegenwart und Zukunft. Schulklassen können dort auch Lehrhäuser zur Schärfung der politischen Sinne besuchen. Außerdem dient die "Alte Synagoge" als Veranstaltungsort für Konzerte, Theateraufführungen, Lesungen und andere kulturelle Veranstaltungen. Geleitet wird sie seit 1988 von Edna Brocke.

Am 27. Februar 2008 hat der Rat der Stadt Essen beschlossen, die Alte Synagoge zum Haus jüdischer Kultur weiterzuentwickeln. Hierzu erfolgen Umbaumaßnahmen im Inneren, um neue Ausstellungsflächen zu gewinnen. Auch der Außenbereich wird neu gestaltet. Seit September 2008 ist deshalb das Haus geschlossen. Die Neueröffnung ist für das Frühjahr 2010 geplant.

Weblinks

Siehe auch

51.4563888888897.01666666666677Koordinaten: 51° 27′ 23″ N, 7° 1′ 0″ O


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