Hämatomanie

Hämatomanie

Hämatomanie ist das suchtartige Verlangen nach Blut. Nicht gemeint ist der Verzehr von Blut als Nahrungsmittel (wie zum Beispiel Blutwurst, Möppkenbrot, Veriletut oder ähnlichem).

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung und Merkmale

Menschen, die an voll ausgeprägter Blutsucht leiden, haben das starke, echte Verlangen nach Blut. Den meisten Betroffenen ist es peinlich oder unmöglich, über ihre Neigung zu sprechen. Einer der Gründe dafür ist, dass die Neigung nicht – wie Kannibalismus – im ICD-10 („Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“) aufgeführt ist und daher nicht als tatsächliche Krankheit erkannt wird. Allerdings beschreibt schon Krafft-Ebing in der Psychopathia Sexualis Fälle, in denen zumindest ein deutlich ausgeprägter Blut-Fetisch erkennbar ist (Abschnitt I.1.c.: „Misshandlung von Weibern: Blutigstechen“).

Personen, die unter Hämatomanie leiden, trinken entweder ihr eigenes Blut (aus Wunden), das Blut von Freunden, „Gleichgesinnten“ (sogenannten „donors“) oder Tierblut. Öfter verletzten sich Betroffene selbst, um an Blut heranzukommen. Es sollte aber nicht vom Symptom auf die Krankheit geschlossen werden und das Vorgehen sollte diagnostisch vorsichtig und einfühlsam sein.

Ähnliche Handlungen können beispielsweise beim Borderline-Syndrom, Selbstverletzendem Verhalten (SVV) und Ritzen auftreten, das Motiv dabei aber eben nicht das Trinken von Blut.

Eine voll ausgeprägte Hämatomanie wird von den Betroffenen als ernst zu nehmende Sucht angesehen. Das spiegelt sich auch in der Definition der „Atlanta Vampire Alliance“ (AVA) wieder: „Feeding on blood is absolutely a health necessity; vampires have reported many negative physical symptoms when trying to ignore this need to feed.“[1]

Wie bei allen Neigungen reicht das Spektrum von suchtartigem Verhalten hinab bis zu harmlosen Ausprägungen wie der Schwärmerei für „dunkle“ romantische Vampir-Motive.

Hämatomanie wird nicht selten auch durch den Rückzug ins „Landleben“ kaschiert, wo frisches Blut problemlos erhältlich ist.

Vergleiche von Serientätern mit „Vampiren“ werden in Buchtiteln und Zeitungsüberschriften zwar manchmal getroffen, sind aber unrichtig, da es sich bei solchen Tätern um psychopathologisch volllommen andere Erscheinungen handelt.

Klinisch-psychologische Anmerkungen

Der Begriff müsste griffiger und richtiger Hämatophilie (Verlagen nach Blut) heißen, weil das klinische Bild der Manie hier nicht vorliegt; es handelt sich also eher um eine umgangssprachliche Bezeichnung. Es handelt sich bei der Hämatophilie / Hamatomanie streng genommen um eine Zwangsstörung.

Auftreten

Wie alle sehr starken Neigungen taucht auch die Blutsucht weltweit und in allen Bevölkerungsschichten, dennoch aber selten auf. Da der Hämatomanie in der medizinischen, psychologischen und psychiatrischen Literatur keine Beachtung geschenkt wird, wird sie fast nie erkannt oder berichtet. Eine laufende Umfrage der AVA, die von vorneherein nur hämatomanische Teilnehmer zulässt, zeigt aber, dass es sich um eine – auch im Vergleich zu anderen seltenen Neigungen – nennenswert starke Gruppe von allerdings vereinzelten Menschen handelt (derzeit gut 1.000 Teilnehmer aus allen Kontinenten).

Auslöser

Das Verlangen, Blut zu trinken, kann sich aus seelischen Störungen entwickeln. Dafür spricht auch die sehr deutliche Ausprägung von klinischen Störungen – der Häufigkeit nach: Depression, bipolare Störungen, Panikanfälle und Aufmerksamkeitsstörungen –, die oft zusammen mit Hämatomanie auftreten. Umgekehrt ist der Anteil von hämatomanischen Personen unter Menschen mit den genannten Störungen aber verschwindend gering.

Gefahren der Blutsucht

Betroffene können sich durch Genuss von fremdem Blut mit Krankheiten infizieren. Zudem ist es bei sehr unbedachtem Umgang mit Kanülen möglich, dass Betroffene, die zu viel Blut verlieren, an Blutmangel sterben. Die häufigste Beschwerde nach Konsum von rohem Blut sind das schnell und oft eintretende Erbrechen und Magen-Darm Beschwerden.

Vergleich mit dem Vampirismus

Wenige Vampyr-/Vampir-Vereinigungen thematisieren das Verlangen nach Blut ausführlich und unterscheiden dabei sehr scharf zwischen Rollenspielern, „Energie-Vampiren“ und „Sanguinarians“ (Bluttrinkern).

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden von Hämatomanie Betroffene als hollywoodartige „Vampire“ angesehen, was jedoch falsch ist, da sich Betroffene nur in geringem Umfang von Blut ernähren und nur ihren Sucht- beziehungsweise Energie-Hunger stillen.

Quellen

  1. siehe AVA

Literatur

  • Mark Benecke: Vampyres amonst us, Sequenz Eds.; 1st edition July 2006, ISBN 978-3935977753.
  • R. von Krafft-Ebing: Psychopathia Sexualis, 3rd ed., Stuttgart 1888
  • Frater Mordor: Das Buch Noctemeron. Vom Wesen des Vampirismus. Hostes Humani Generis, Bohmeier Eds., Leipzig 2003, ISBN 978-3890943992.
  • Carol Page: Blood Lust: Conversations With Real Vampires, Harper Collins Eds.; 1st edition Sept. 1991, ISBN 978-0060163297.
  • K. Ramsland: Piercing the darkness: Undercover with vampires in America today, Harper Torch Mass Market, New York; 1st edition Oct. 1999, ISBN 978-0061059452.
  • Arlene Russo: Vampire Nation, John Blake Eds.; 1st edition Dec. 2005, ISBN 978-1844541720.

Weblinks


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