Altmärkische Kleinbahn AG

Altmärkische Kleinbahn AG

Die Altmärkische Kleinbahn AG – seit 1943 Altmärkische Eisenbahn-AG – war das bedeutendste Unternehmen der an Kleinbahnen reichen Landschaft im Norden des heutigen Landes Sachsen-Anhalt. Ihre rund fünfzigjährige Geschichte ist – wie sich schon aus dem häufigen Wechsel der Firma ergibt – ziemlich unübersichtlich; sie soll hier verständlich dargestellt werden.

Die Keimzelle der Altmärkischen Eisenbahn-AG war die „AG Kleinbahn Bismark-Calbe-Beetzendorf“, die ab 1. Januar 1904 als „AG Kleinbahn Bismark-Calbe-Beetzendorf-Diesdorf“ firmierte. Sie vereinigte sich am 5. November 1904 mit der „Kleinbahn-AG Gardelegen-Calbe an der Milde“ zur „Kleinbahn-AG Bismark-Gardelegen-Diesdorf“, die sich ab 30. Oktober 1908 „Kleinbahn-AG Bismark-Gardelegen-Wittingen“ nannte. Daraus entstand am 21. Dezember 1927 nach der Fusion mit der „Altmärkischen Kleinbahn-GmbH“ in Klötze die „Altmärkische Kleinbahn AG“. Erst ab 30. Juli 1943 hieß sie dann „Altmärkische Eisenbahn-AG“. Sie hatte ihren Unternehmenssitz in Merseburg, die Betriebsleitung befand sich in Calbe an der Milde, wie die Stadt bis zur Umbenennung in Kalbe/Milde im Jahre 1952 hieß.

Inhaltsverzeichnis

AG Kleinbahn Bismark-Calbe-Beetzendorf-Diesdorf

Am 7. September 1899 wurde die AG Kleinbahn Bismark-Calbe-Beetzendorf unter Beteiligung des preußischen Staates (25 %), der Provinz Sachsen (25,9 %), der Kreis Salzwedel (8,8 %) und Stendal (4,4 %), von 25 Städten und Gemeinden (20,1 %) sowie der Bahnbau-Gesellschaft Lenz & Co GmbH (15,8 %) gegründet, die auch die Betriebsführung übernahm.

Schon am 18. Dezember 1899 konnte die erste Strecke eröffnet werden, die von Bismark Anschlussbahnhof an der Hauptbahn Stendal–Salzwedel (betrieben seit 1870) in westlicher Richtung über Bismark Stadtbahnhof nach Calbe an der Milde, dem Sitz der Gesellschaft, führte. Von hier aus ging es weiter über Badel nach Beetzendorf an der Staatsbahnstrecke Salzwedel–Oebisfelde. Die Fortsetzung über Rohrberg nach Diesdorf, die sich in einer Änderung der Firma niederschlug, folgte am 24. Dezember 1903. Damit war die normalspurige Strecke 59 km lang.

Kleinbahn-AG Gardelegen-Calbe

Die Kleinbahn-AG Gardelegen-Calbe an der Milde, an der der Staat und die Provinz zu etwa je einem Drittel neben weiteren Aktionären beteiligt waren, nahm ihre 21 km lange Strecke, die von Gardelegen an der Hauptbahn Stendal–Oebisfelde (betrieben seit 1871) nach Norden zum Knotenpunkt Calbe führte, am 25. März 1904 in Betrieb. Ihre Selbständigkeit währte nur ein halbes Jahr bis zur Fusion mit der älteren Gesellschaft, die sich nun Kleinbahn-AG Bismark-Gardelegen-Diesdorf nannte. Die erneute Änderung der Firma in Kleinbahn-AG Bismark-Gardelegen-Wittingen am 30. Oktober 1908 war ein Vorgriff auf die Erweiterung des Netzes um den 12 km langen Abschnitt Diesdorf–Wittingen, der ab 1. August 1909 ebenso in die Provinz Hannover führte wie ein Abzweig von Rohrberg nach Zasenbeck (16 km), der am 1. Oktober 1911 in Betrieb ging.

Altmärkische Kleinbahn-GmbH

Den passenden Namen für das inzwischen auf eine Länge von 108 km gewachsene Netz brachte aber erst die Fusion mit der Altmärkischen Kleinbahn GmbH. Diese war schon am 15. Juli 1896 von der Stadt Klötze mit 77% und dem Kreis Gardelegen mit 23 % der Anteile gegründet worden. Sie hatte am 21. August 1897 von der Kreisstadt Klötze an der Staatsbahn Salzwedel–Oebisfelde eine Kleinbahnstrecke nach Faulenhorst (17 km) eröffnet, deren Weiterführung sich aus finanziellen Gründen erheblich verzögerte. So erreichte sie am 11. November 1897 Wernstedt und am 16. Januar 1898 Groß Engersen, wo erst 1904 die Kleinbahn Gardelegen–Calbe kreuzte.

Von hier ging es am 29. September 1899 bis Algenstedt, am 22. November 1900 bis Lindstedt und schließlich am 14. Juli 1901 mit Güterverkehr bis Vinzelberg an der Hauptbahn Stendal–Oebisfelde weiter; der Personenverkehr folgte am 25. August 1901. Die somit insgesamt 47 km lange Bahn war allerdings in der Spurweite von 750 mm ausgeführt worden.

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach dem Ersten Weltkrieg, die sich auf eine wenig leistungsfähige Schmalspurbahn besonders negativ auswirkten, veranlassten die Leitung der Altmärkischen Kleinbahn GmbH zu wirkungsvollen Maßnahmen, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern. In zwei Etappen wurde die Strecke Klötze–Wernstedt, wo jetzt die Verbindung zur Strecke Gardelegen–Calbe stattfand, auf Normalspur umgestellt, am 17. März 1921 ab Kakerbeck und am 20. Juni 1922 ab Klötze. Auf dem östlichen Abschnitt Groß Engersen–Vinzelberg endete der Gesamtbetrieb mit dem Jahresende 1921. Er war durch die später erbaute Verbindung zur Hauptbahn bei Gardelegen überflüssig geworden.

Ein weiterer Schritt zur Konsolidierung war die Fusion mit der größeren Gesellschaft, die fortan ein Netz von 127 km Normalspurstrecken umfasste und nun den Namen Altmärkische Kleinbahn AG annehmen konnte. Neben vier Anschlüssen an die Deutsche Reichsbahn in Beetzendorf, Bismark, Gardelegen und Klötze gab es unmittelbare Verbindungen zur Stendaler Kleinbahn in Bismark, zu den Salzwedeler Kleinbahnen in Badel und Diesdorf, zur Kleinbahn Wittingen–Oebisfelde in Wittingen und Zasenbeck sowie zur Kleinbahn Gardelegen–Neuhaldensleben in Gardelegen. Betriebsmittelpunkt war stets der Bahnhof Calbe an der Milde, von dem zeitweise Züge in fünf Richtungen ausgingen.

Hauptaktionäre mit je 34,3 % waren (1940) der Preußische Staat und die Provinz Sachsen. Kleine Aktienpakete hielten die Kreise Salzwedel, Stendal, Gardelegen und Gifhorn sowie zahlreiche Gemeinden.

Teil der Deutschen Reichsbahn

Die Tatsache, dass nur winzige Anteile in Privatbesitz waren, hinderte die Staatsorgane nach dem Kriege nicht, auch diese Gesellschaft, die seit 1907 von der Kleinbahnabteilung des Provinzialverbandes Sachsen in Merseburg verwaltet wurde, im Sommer 1946 unter staatliche Zwangsverwaltung zu stellen und sie anschließend den Sächsischen Provinzbahnen GmbH einzuverleiben. Über die VVB des Verkehrswesens Sachsen-Anhalt kam die Altmärkische Kleinbahn am 1. April 1949 zur Deutschen Reichsbahn.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren nur die Teilstrecken Diesdorf–Wittingen und Hanum–Zasenbeck, welche die neue Zonengrenze querten, am 1. Juli 1945 stillgelegt worden. Die weiteren Einschränkungen des Betriebs zogen sich dann über Jahrzehnte hin. Der Personenverkehr von Rohrberg zum Grenzort Hanum endete am 27. November 1961; im Güterverkehr wurde Hanum noch bis zum Jahresende 1968 bedient, dann war noch der Abschnitt bis Jübar bis zum 27. April 1975 in Betrieb.

Auf der Strecke Gardelegen–Wernstedt wurde der Personenverkehr am 23. September 1967 und der Güterverkehr am 26. Mai 1968 eingestellt. Die Verbindung Klötze–Wernstedt–Kalbe folgte am 28. Juni bzw. 31. Juli 1970.

Am längsten blieb die Stammstrecke in Betrieb: so wurden zwischen Kalbe und Beetzendorf noch bis 10. März 1991 Personen und bis Jahresende 1993 Güter befördert. Ein Jahr später endete der Güterverkehr auch auf dem 15 km langen Reststück von Bismark (seit 1951 Hohenwulsch) nach Kalbe, der Personenverkehr sogar erst am 9. Juni 2001.

Literatur

  • Wolfgang List, Kleinbahnen der Altmark. Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1979, ohne ISBN; Lizenzausgabe: Alba, Düsseldorf 1979, ISBN 3-87094-528-1

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