Ibn 'Asakir

Ibn 'Asakir

Ibn 'Asakir 'Ali ibn al-Hasan ibn Hibat Allah ibn 'Abd Allah ibn al-Husain Abu l-Qasim asch-Schafii ad-Dimaschqi / ‏علي بن الحسن بن هبة الله بن عبد الله بن الحسين أبو القاسم الشافعي الدمشقي ‎ / ʿAlī b. al-Ḥasan b. Hibat Allāh b. ʿAbd Allāh b. al-Ḥusain Abū ʾl-Qāsim aš-Šāfiʿī ad-Dimašqī, bekannt als Ibn Asakir ‏ابن عساكر‎ / Ibn ʿAsākir (* September-Oktober 1105; † Januar 1176) war ein berühmter Wissenschaftler und Historiker in der Großfamilie der Banu 'Asakir in Damaskus.

Er studierte zunächst im Kreis seines Vaters, der ein angesehener Jurist und Theologe war. Sein jüngerer Bruder, Mohammed ibn al-Hasan war Kadi in Damaskus. Seine Onkel mütterlicherseits bekleideten weitere Richterämter in Syrien. Nach dem Tod seines Vaters trat er im Jahre 1126 mit seinem älteren Bruder Sa'in Hibat Allah ibn al-Hasan (†1168) seine erste Studienreise an, um Hadith und Fiqh und andere Wissenschaftsdisziplinen zunächst in der von Nizam al-Mulk gegründeten Madrasa al-Nizamiya in Bagdad und ein Jahr später in Mekka zu studieren. Nach seiner Rückkehr von der Pilgerfahrt blieb er fünf Jahre in Bagdad. Nach einem kurzen Aufenthalt in seiner Heimatstadt, wo er auch bei al-Ghazali während dessen Kurzaufenthalt in Damaskus studierte, begab er sich auf eine fünfjährige Studienreise nach Persien. Im Alter von vierunddreißig Jahren kehrte er endgültig nach Damaskus zurück, um dann als Professor in der Madrasa an-Nuriya zu wirken. adh-Dhahabi, der bekannteste Gelehrtenbiograph des 14. Jahrhunderts, berichtet, dass Ibn 'Asakir einen Monat in Damaskus und dann einen Monat in Jerusalem, in der Madrasa as-Salahiyya, zu unterrichten pflegte. Bekannt waren er und andere Mitglieder der Banu 'Askar für ihre Sympathie für die Lehre von al-Ašʿarī, was ihn veranlasste, das Stadtviertel der Hanbaliten zu meiden, die ihm „tamasch'ur“ (d.i. Asch'arismus) - ein von adh-Dhahabi geprägter Begriff - vorwarfen.

Den Einzug von Saladin in Damaskus im Jahre 1175 hat er noch erlebt; wenige Monate später starb er. Seine Beisetzung fand im Beisein Saladins statt.

Werke

Den islamischen Biographen zufolge ist Ibn 'Asakir der Verfasser von rund 105 Schriften auf dem Gebiet des Hadith, der Hadithkritik, der Gelehrtenbiographien und der Stadtgeschichte. Sein bekanntestes Werk ist seine monumentale Gelehrtengeschichte von Damaskus:

  • Ta'rich madinat Dimaschq ‏تأريخ مدينة دمشق‎ / Taʾrīḫ madīnati Dimašqa.
Titelblatt vom Teil 325 des Ta'rich madinat Dimaschq: die Vita des Uthman ibn Affan

Das Werk, von dem weltweit mehrere fragmentarische, sich gegenseitig ergänzende Handschriften in großen Sammlungen vorliegen, ist erst seit 1995 vollständig im Druck zugänglich und umfasst 70 Bände (à durchschnittlich 400 bis 500 Druckseiten). Das in den 80-er Jahren begonnene Projekt der Akademie der Arabischen Sprache in Damaskus, das Gesamtwerk in einer kritischen Edition herauszugeben, ist nicht bis Ende durchgeführt worden.

Die ersten Bände sind der Beschreibung der Vorzüge Syriens im allgemeinen und der Stadt Damaskus im besonderen gewidmet. Sie sind mit entsprechenden, auf den Propheten Mohammed zurückgeführten Lobreden und seinen Aussagen über die Tugenden der Stadt und ihrer Bewohner ausgestattet. Auf die geographische Beschreibung von Damaskus und seiner Umgebung folgt zunächst die Biographie des Propheten und der vier rechtgeleiteten Kalifen. Erst im Anschluss an diese Kapitel, die in der Druckausgabe drei Bände umfassen, beginnt die eigentliche Damaszener Gelehrtenbiographie; in alphabetischer Reihenfolge - allerdings beginnend mit den Namen Ahmad und Muhammad - führt Ibn 'Asakir diejenigen historischen Persönlichkeiten und Wissenschaftler von Rang an, die in Damaskus gelebt, gewirkt oder die Stadt besucht haben. Die letzten zwei Bände sind den Frauen gewidmet.[1]

Der Wert dieses umfassenden Werkes, an dem Ibn 'Asakir über dreißig Jahre gearbeitet hat, liegt in seinem kompilatorischen Charakter; er präsentiert das immense Material mit Hinweisen auf frühere Schriften dieser Gattung, die heute nicht mehr vorliegen.

  • Eine Traditionssammlung über die Vorzüge des Dschihad kitab al-arba'in fil-idschtihad fi iqamat al-dschihad / ‏كتاب الأربعين في الاجتهاد في إقامة الجهاد ‎ / kitāb al-arbaʿīn fī ʾl-iǧtihād fī iqāmati ʾl-ǧihād /„Vierzig Hadithe über die Bestrebung den Dschihad durchzuführen“.

Die Sammlung entstand im Zeichen der Kreuzzüge und nach dem Einzug des Emirs von Aleppo Nur ad-Din Mahmud ibn Zangi in Damaskus im Jahre 1154. Diesem Herrscher fiel nach der Eroberung von Edessa unter der Führung seines Vaters Zengi im Jahre 1144 die Aufgabe zu, als Vorkämpfer des Islams auf breiter Front gegen die Ungläubigen zu kämpfen. Unter seiner Herrschaft entstanden sechs islamische Hochschulen sunnitischer Prägung, an denen auch Ibn 'Asakir unterrichtete und auf Wunsch des Herrschers nicht nur diese Traditionssammlung über die Notwendigkeit des Heiligen Krieges verfasste, sondern auch die Damaszener Gelehrtenbiographie zum Abschluss brachte.

  • Seine Abhandlung, die er zum Zwecke der Verteidigung der theologischen Lehren von al-Ašʿarī verfasste, der zwischen der Mu'tazila und Ahmad ibn Hanbal vermittelnd eingetreten war, trägt den Titel: tabyin kadhib al-muftari fima nusiba ila al-imam Abi l-Hasan al-Asch'ari / ‏تبيين كذب المفتري فيما نسب إلى الإمام أبي الحسن الأشعري ‎ / tabyīn kaḏib al-muftarī fī-mā nusiba ilā ʾl-imām Abī ʾl-Ḥasan al-Ašʿarī /„Erläuterung der Lügen des Verleumders darüber, was man dem Imam Abu 'l-Hasan al-Asch'ari zur Last gelegt hat“; es liegt seit 1928 (Kairo) im Druck vor und ist mehrfach Gegenstand von Studien gewesen.
  • Mu'dscham asch-schuyuch ‏معجم الشيوخ‎ / Muʿǧamu ʾš-šuyūḫ /„Lexikon der Lehrmeister“.

Unter diesem Titel haben viele Gelehrte der islamischen Wissenschaften Bücher verfasst, in denen sie die Namen ihrer Lehrer mit der Kurzfassung ihrer Vita und der Beschreibung der von ihnen gepflegten Wissenschaftsdisziplinen zusammenfassten. Ibn 'Asakirs Werk liegt in einigen Handschriften vor und ist in drei Bänden im Jahre 2000 in Damaskus ediert worden. Er führt in diesem Buch 1.619 Gelehrte an, an deren Vorlesungen er in Damaskus und auf seinen Studienreisen teilgenommen hat. Über seine mehr als achtzig Lehrerinnen verfasste er eine eigene Sammlung: mu'dscham al-niswan / ‏معجم النسوان ‎ / Muʿǧamu ʾl-niswān /„Lexikon der Frauen“, die verloren gegangen ist (siehe: Lit. H. Schützinger).

  • Eine kleine Abhandlung von 28 Handschriftenseiten über die Vorzüge des Rechtswerkes - al-Muwatta' - von Malik ibn Anas ist in der Nationalbibliothek von Damaskus unter dem Titel kaschf al-mughatta fi fadl al-Muwatta / ‏كشف المغطى في فضل الموطأ ‎ / kašfu ʾl-muġaṭṭā fī faḍli ʾl-Muwaṭṭaʾ /„Darlegung (wörtlich: Enthüllung) des Vorzugs des Muwatta'“ erhalten (siehe Lit. F. Sezgin). Der Verfasser, der seine Ausbildung in der von asch-Schafii geprägten Rechtsschule (madhab) erhalten hat, stellt hier eine Sammlung von positiven Aussagen und Lobreden über Maliks bahnbrechendes Werk zusammen.

Quellennachweise

  1. Gedruckt in 70 Bänden. Beirut 1995-1998. Das Werk ist auch als CD-ROM (www.turath.com) erhältlich

Literatur

  • Carl Brockelmann: Geschichte der arabischen Litteratur. Zweite den Supplementbänden angepasste Auflage. Bd. I. 403-404. Brill, Leiden 1943. Erster Supplementband, S. 566, Brill, Leiden 1937
  • Gerhard Conrad: Die Quḍāt Dimašq und der maḏhab al-Auzāʿī. Materialien zur syrischen Rechtsgeschichte. Beiruter Texte und Studien. Band 46. Beirut 1994 ISBN 3-515-05588-6
  • M. J. McCarthy: The Theology of al-Ash'ari. S. 145-229. Beirut 1953
  • Franz Rosenthal: A History of Muslim Historiography, S. 451. Brill, Leiden 1968
  • Heinrich Schützinger: Das Kitāb al-Muʿǧam des Abū Bakr al-Ismāʿīlī, S. 24-25 und passim. Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes. Band XLIII, 3. Wiesbaden 1978. ISBN 3-515-02700-9
  • Fuat Sezgin: Geschichte des arabischen Schrifttums. Bd. I., S. 463. Nr. 5; S.602-603. Brill, Leiden 1967
  • Ferdinand Wüstenfeld: Die Geschichtsschreiber der Araber und ihre Werke, S. 93. Göttingen 1882
  • The Encyclopaedia of Islam. New Edition. III. 713

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