Ignoramus et ignorabimus

Ignoramus et ignorabimus
Emil Heinrich du Bois-Reymond prägte den Ausspruch „Ignoramus et ignorabimus“

Ignoramus et ignorabimus (lat. „Wir wissen es nicht und wir werden es niemals wissen“) ist ein Ausspruch des Physiologen Emil Heinrich du Bois-Reymond, der bekannt geworden ist als ein Ausdruck der Skepsis gegenüber den Erklärungsansprüchen der Naturwissenschaften. Das vollständige Zitat lautet:

„Gegenüber den Rätseln der Körperwelt ist der Naturforscher längst gewöhnt, mit männlicher Entsagung sein „Ignoramus“ auszusprechen. Im Rückblick auf die durchlaufene siegreiche Bahn trägt ihn dabei das stille Bewußtsein, daß, wo er jetzt nicht weiß, er wenigstens unter Umständen wissen könnte, und dereinst vielleicht wissen wird. Gegenüber dem Rätsel aber, was Materie und Kraft seien, und wie sie zu denken vermögen, muß er ein für allemal zu dem viel schwerer abzugebenden Wahrspruch sich entschließen: „Ignorabimus“. (Über die Grenzen des Naturerkennens, 1872, Seite 464)

Du Bois-Reymond äußerte die Worte erstmals 1872 in dem Vortrag „Über die Grenzen des Naturerkennens“, den er auf der Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ) in Leipzig hielt. Du Bois-Reymond postuliert hier zwei grundsätzliche Grenzen des Naturerkennens: Unerkennbar sei zum einen das Wesen von Materie und Kraft, zum anderen das Verhältnis, in dem Bewusstseinszustände zu ihren materiellen Voraussetzungen stehen.

In seinem 1880 vor der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin gehaltenen Vortrag „Die sieben Welträthsel“ unterscheidet er – wie der Titel schon sagt – insgesamt sieben Welträtsel, von denen er einige für grundsätzlich unlösbar hält. Du Bois-Reymonds Thesen erregten große Aufmerksamkeit und wurden sehr kontrovers diskutiert. Ernst Haeckels erfolgreichstes Buch „Die Welträthsel“ etwa ist eine Reaktion auf die Thesen du Bois-Reymonds.

Noch heute gibt es in der Philosophie des Geistes – und besonders in der Qualiadebatte – zahlreiche Reaktionen auf die Ignoramus-et-ignorabimus-Rede, da du Bois-Reymond das Bewusstsein für grundsätzlich unerklärlich hielt. Er behauptete:

Welche denkbare Verbindung besteht zwischen bestimmten Bewegungen bestimmter Atome in meinem Gehirn einerseits, andererseits den für mich ursprünglichen, nicht weiter definierbaren, nicht wegzuleugnenden Tatsachen 'Ich fühle Schmerz, fühle Lust; ich schmecke Süßes, rieche Rosenduft, höre Orgelton, sehe Roth ...' (Lit.: du Bois-Reymond, 1872)

In neuerer Zeit nahmen etwa Peter Bieri und Hans Flohr zu dieser Haltung Stellung - der erste zustimmend, der zweite ablehnend.

Literatur

  • Emil du Bois-Reymond: Über die Grenzen des Naturerkennens, 1872, Nachdruck u.a. in: Emil du Bois-Reymond: Vorträge über Philosophie und Gesellschaft, Hamburg, Meiner, 1974.
  • Ders.: Die sieben Welträthsel, 1880, Nachdruck u.a. in: Emil du Bois-Reymond: Vorträge über Philosophie und Gesellschaft, Hamburg, Meiner, 1974.
  • Weltanschauung, Philosophie und Naturwissenschaft im 19. Jahrhundert. Bd. 3: Der Ignorabimus-Streit, hg. v. Kurt Bayertz et al., Hamburg, Meiner, 2007.

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