Peter Bieri

Peter Bieri

Peter Bieri (* 23. Juni 1944 in Bern, Pseudonym: Pascal Mercier) ist ein Schweizer Philosoph und Schriftsteller.

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Akademischer Werdegang

Bieri legte die Matura am Berner Gymnasium Kirchenfeld ab und studierte Philosophie, Anglistik und Indologie in London und Heidelberg. Dort promovierte er 1971 bei Dieter Henrich und Ernst Tugendhat mit einer Arbeit zur Zeit, in der er sich umfassend mit der Zeiterfahrung des englischen Philosophen John McTaggart Ellis McTaggart beschäftigte. Es folgten Studien an der University of California, Berkeley, der Harvard University, dem Wissenschaftskolleg zu Berlin und dem Van Leer Institut in Jerusalem. 1983 wurde er nach Bielefeld berufen. Danach arbeitete Bieri als wissenschaftlicher Assistent am Philosophischen Seminar der Universität Heidelberg.

Bieri war Mitbegründer des Forschungsschwerpunktes Kognition und Gehirn der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Schwerpunkte seiner Forschung sind Philosophische Psychologie, Erkenntnistheorie und Moralphilosophie. Von 1990 bis 1993 war er Professor für Geschichte der Philosophie an der Universität Marburg; ab 1993 lehrte Peter Bieri Philosophie an der Freien Universität Berlin am Lehrstuhl für Sprachphilosophie als Nachfolger von Ernst Tugendhat. Im Jahr 2007 zog sich Bieri vorzeitig in den akademischen Ruhestand zurück, verärgert über den Universitätsbetrieb.[1] Die Verärgerung Bieris über die Lage an den Universitäten äußert sich in folgendem Zitat: „Wenn ich mir ansehe, wer im Fernsehen oder in den Zeitungen die Helden sind, so sehe ich nur Fassaden ohne etwas dahinter. Das Gleiche läßt sich an den Universitäten beobachten, die zur Zeit durch die Perspektive der Unternehmensberatung kaputtgemacht werden. Wir bekommen ständig Fragebögen: Wie viele Gastprofessuren haben Sie wahrgenommen? Wie viele Drittmittel haben Sie eingeworben? Eine Diktatur der Geschäftigkeit. All diese Dinge haben mit der authentischen Motivation eines Wissenschaftlers gar nichts zu tun.“[2]

Arbeiten als Philosoph

Am bekanntesten ist Bieris Buch Das Handwerk der Freiheit mit der Kernthese:[3]

Auch wenn die Naturgesetze bestimmen, was wir tun und denken, können wir uns unter Berücksichtigung der jedem Menschen gegebenen Bedingtheiten als frei verstehen. Frei sind wir in diesem Sinne genau dann, wenn wir unseren eigenen Überzeugungen gemäß handeln können. Ein solcher Freiheitsbegriff, der ein bewusstes Reflektieren und eine bewusste Entscheidung voraussetzt, aber auch für möglich hält, steht nicht im Gegensatz zum Determinismus. Die Idee einer "absoluten Freiheit", die gegen den Determinismus gerichtet ist, ist begrifflich inkohärent.

In dem Aufsatz „Was macht das Bewußtsein zu einem Rätsel?“[4] argumentiert Peter Bieri gegen die Idee, dass die Neurowissenschaften das Phänomen „Bewusstsein“ erklärt hätten. Auch wenn wir immer mehr über die neuronalen Korrelate von Bewusstsein erfahren, so wissen wir dennoch nicht, warum diese Prozesse von Bewusstsein begleitet sind. Bieris Argumentation ähnelt hier der von Thomas Nagel, Joseph Levine und David Chalmers. Siehe dazu: Bieri-Trilemma.

In einem Spiegel-Essay[5] reagiert er auf ein zuvor veröffentlichtes Streitgespräch zwischen dem Neurobiologen Gerhard Roth und dem Moraltheologen Eberhard Schockenhoff[6]. Roth berichtete darin, dass Zusammenhänge zwischen neuronalen Vorgängen und einer Willensentscheidung nachweisbar sind, bevor sich der Mensch der Entscheidung bewusst ist. Dadurch sei bewiesen, dass menschliche Entscheidungen alleine abhängig sind von den Genen und neuronalen Vorgängen, die determiniert sind durch frühkindliche Ereignisse und Erfahrungen aller Lebensjahre.

Bieri kritisiert diese Argumentation als Kategorienfehler: „denken wir uns jemand, der ein Bild zerlegte, um herauszufinden, was es darstellt ...Es geht nie gut, wenn wir Fragen, die sich auf der einen Beschreibungsebene stellen, auf einer anderen beantworten“.

Im Jahr 2006 zeichnete ihn die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen mit der Lichtenberg-Medaille aus.

Arbeiten als Schriftsteller

Unter dem Pseudonym Pascal Mercier hat Peter Bieri bisher vier Romane veröffentlicht: Perlmanns Schweigen (1995), Der Klavierstimmer (1998), Nachtzug nach Lissabon (2004) und Lea (2007). Im Jahr 2006 erhielt er für sein literarisches Werk den Marie-Luise-Kaschnitz-Preis.

Werke

Philosophisches Werk

  • Peter Bieri: Zeit und Zeiterfahrung. Exposition eines Problembereichs. (Dissertation aus 1971). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972.
  • Peter Bieri (Hrsg.): Analytische Philosophie des Geistes. Hain, Königstein/Ts. 1981 (Neuauflagen 1993 und 2007).
  • Peter Bieri (Hrsg.): Analytische Philosophie der Erkenntnis. Athenäum, Frankfurt am Main 1987.
  • Peter Bieri: Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. Hanser, München 2001. ISBN 3-596-15647-5
  • Peter Bieri: Was bleibt von der analytischen Philosophie? In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 2007. Heft III, S.333-344.
  • Peter Bieri: Wie wollen wir leben? Residenz, St. Pölten 2011. ISBN 978-3-7017-1563-3

Literarisches Werk

Artikel und Reden

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bericht der NZZ am Sonntag, 27. Mai 2007 (mit FAZ-Zitat vom 23. Mai 2007).
  2. Artikel Artikel der Jungen Welt am 2. Oktober 2009
  3. Institut für Philosophie - Zur Person von Prof. Dr. Peter Bieri
  4. Was macht Bewußtsein zu einem Rätsel? (rtf) - veröffentlicht in "Gehirn und Bewusstsein" (Hrsg. W. Singer) - Spektrum der Wissenschaft Heidelberg 1994, S.172-180
  5. Unser Wille ist frei, Der Spiegel, 2/2005, S. 124 f.
  6. Das Hirn trickst das Ich aus. In: Der Spiegel. Nr. 52, 2004, S. 116–120 (Streitgespräch, online).

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