- Ilo-Motorenwerke
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Die ILO-Motorenwerke waren einst die größten Zweitaktmotorenwerke Deutschlands.
Der Begriff ILO stammt aus der Kunstsprache Esperanto und bedeutet „Werkzeug“. Scheinbar gibt es zwei Schreibweisen des Namens: ILO und JLO. Der Schriftzug „JLO“ wurde als Design-Variante für Firmenlogo und Motorennamen mit der handschriftlichen Form des Großbuchstabens I vor dem Druckbuchstaben L benutzt. Der andere Schreibstil ILO wurde im Schriftverkehr benutzt und ist richtig.
Inhaltsverzeichnis
Die Gründungsjahre und der Erste Weltkrieg
Gegründet wurde die Firma 1911 in Altona/Elbe. Dort kaufte der Firmengründer Heinrich Christiansen eine in Konkurs geratene Maschinenfabrik. Unter dem Firmennamen Norddeutsche Maschinenfabrik GmbH beschäftigte er zunächst ca. 25 Mitarbeiter. Hergestellt wurden insbesondere Geräte für den Gleis- und Brückenbau der Deutschen Reichsbahn. Nach etwa zwei Jahren der Firmengründung waren die Betriebsräume in Altona zu klein geworden. Heinrich Christiansen kaufte ein Gelände am Bahnhof Pinneberg. Dort wurde für die Fertigung eine kleine Halle errichtet, in deren Anbau sich auch die Büroräume befanden. Auch während des Ersten Weltkrieges wurde die für die Reichsbahn entwickelte Gleisstopfmaschine weiter gebaut. Ein Gerät, das beim Eisenbahnbau zur Verdichtung des Schotters zwischen den Schwellen benutzt wurde. Um 1918 wurde dann ein Zweitaktmotor entwickelt, der das Gerät unabhängig von einer anderen Kraftquelle machte. Dies war praktisch der erste ILO-Motor.
Unternehmensentwicklung von der Zeit der Weimarer Republik bis zum Zweiten Weltkrieg
Nach dem Kriegsende 1918 hatte der Betrieb große wirtschaftliche Probleme. Die Rüstungsaufträge blieben aus und viele Arbeiter mussten entlassen werden. Doch die Gleisstopfmaschinen brachten in den Folgejahren gute Verkaufserfolge. Die Produktion der Gleisstopfmaschinen in Pinneberg endete 1922, nachdem sich 1921 Heinrich Christiansen entschloss das Patent der Gleisstopfmaschinen an die Krupp AG zu verkaufen.
Nun konzentrierte sich der Betrieb auf den Bau von Zweitaktmotoren für Motorräder und Kleinlaster. Fast alle wichtigen deutschen Hersteller von Motorrädern bauten die Motoren in ihre Fahrzeuge ein. Gegen 1927 wurde ein Fahrradhilfsmotor entwickelt, der einer der ersten leistungsfähigen Antriebe für Fährräder war. Ab 1929 wurden ebenfalls Zweitaktmotoren für die Landwirtschaft angeboten. So gab es Motorhacken und Pumpen mit ILO-Motoren. Seit 1922 wurde der Betrieb ständig vergrößert, bis dann auch endlich um 1930 auch der Name ILO über dem Eingang stand.
In den 30er Jahren sind die Motoren für Dreiradlieferwagen ein großer Umsatzschlager. In den Modellen Tempo Vidal & Sohn und Goliath Borgward liefen Motoren von ILO. 1931 brachte man einen Einradwagenschieber zum Verschieben von Eisenbahnwaggons auf den Markt. Er wurde viele Jahre erfolgreich verkauft. Doch die ILO Zweiradmotoren hatten es immer schwerer sich gegen die Konkurrenz von DKW, NSU und Sachs durchzusetzen. Die Bastert Werke in Bielefeld hingegen bezogen ihre gesamte Motorenpalette von ILO. Bis zum Zweiten Weltkrieg wuchs die Anzahl der Beschäftigten auf 300.
Auch während des Zweiten Weltkrieges fertigte man fast ausschließlich Motoren. Da diese jedoch hauptsächlich zu militärischen Zwecken Verwendung fanden, wurde das Werk zum Rüstungsbetrieb erklärt und Heinrich Christiansen zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. In der Zeit des Krieges wurden – wie in anderen Betrieben – auch ca. 160 Zwangsarbeiter eingesetzt. Sie waren in Baracken auf dem Werksgelände untergebracht. Die Werksanlagen blieben während des Krieges unversehrt, da keine Bomben das Werk trafen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg war das ILO Werk voll einsatzbereit und Heinrich Christiansen jun. übernahm die Leitung des Werkes. Auch eine Demontage durch die englische Besatzungsmacht fand kaum statt. Man fing an mit dem Herstellen von Krücken, Eierbechern, Feuerzeugen und sonstigen Gegenständen, die man nach Kriegsende dringend benötigte. An den Motorenbau war gar nicht zu denken, aber es wurden Motoren der englischen Rheinarmee repariert und die ersten Aufträge für Fahrzeugmotoren kamen ebenfalls von der Besatzungsmacht.
Datei:Mars Monza.jpgDie ersten Zweitaktmotoren für zivile Zwecke wurden wieder ab 1947 gefertigt. Zu den ersten Kunden gehörte auch die Hamburger Firma Vidal & Sohn. Sie begann erneut mit der Produktion des TEMPO Dreiradlastfahrzeuge und baute weiterhin ILO-Motoren ein. Ab 1948 setzte zudem eine Motorisierungswelle ein[1]. Sie begann für die meisten mit dem Kauf eines Motorrades. So erlebte ILO in den folgenden Jahren einen Auftragsboom, aber man war für diese Herausforderung gut gerüstet, da das Werk ja fast vollständig erhalten geblieben war. Die Motoren aus den Vorkriegsjahren wurden immer weiter verbessert. Viele Motorradhersteller entschieden sich für den ILO-Motor. Darunter waren bekannte Motorradkonfektionäre wie z. B. Brückner, Dürkopp, Geier, Göricke, Hercules, Hoffmann, Maico, Rixe und Tornax. Bis 1950 stieg die Zahl der produzierten Motoren auf ca. 56.000 Stück und die Zahl der Beschäftigten war auf ca. 600 gestiegen. Man fing an in drei Schichten zu arbeiten, um der Nachfrage gerecht zu werden. Doch reichten die vorhandene Produktionsfläche nicht mehr aus. So wurde 1950 das Werk auf 8.750 m² vergrößert. Gleichzeitig entstand ein weiteres Werk in München.
Die ILO Werke Süd. Dort wurden hauptsächlich Mokickmotoren und der berühmte ILO Piano Motor gebaut. Der wohl bekannteste und erfolgreichste Motor war jedoch der ILO Twin (M 2 x 125) mit 250 ccm, der in Pinneberg hergestellt wurde.
Mitte 1954 arbeiteten ca. 1.500 Beschäftigte in beiden Werken und produzierten etwa 184.000 Motoren. Damit war ILO nicht nur größter Arbeitgeber im Kreis Pinneberg, sondern auch größter Hersteller für Zweitaktmotoren in Deutschland. Weiterhin baute man noch den bereits vor dem Krieg entwickelten und weiter verbesserten Einradwagenschieb Doch Mitte der 1950er Jahre endete der Boom für motorisierte Zweiräder. Zahlreiche Motorradhersteller meldeten Konkurs an. Denn das Auto wurde zum Liebling der Deutschen. Die Herstellung von Motorrad- und Rollermotoren lief gegen 1959 aus. Das Unternehmen musste ca. 600 Mitarbeiter entlassen
Die Übernahme
Mit der Rockwell Manufacturing Company war Ende 1959 ein Käufer gefunden worden. Heinrich Christiansen jun. verblieb noch bis 1960 als Geschäftsführer im Unternehmen. Es wurde eine neue Fertigungshalle für Armaturen gebaut. Das Geschäft mit dem vernachlässigten Industriemotoren entwickelte sich positiv und die Zahl der Beschäftigten stieg wieder auf 1200. Ab 1963 reichten die Produktionshallen nicht mehr aus und man verlagerte die Armaturenfertigung nach Prisdorf.
Gegen 1960 begann die Entwicklung von Schneeschlittenmotoren für den nordamerikanischen und skandinavischen Markt. Denn in den USA und Kanada war der Schneeschlitten zu einem Sportgerät geworden. Seit 1963 investierte das Unternehmen in dieses Geschäft. Eine breite Motorenpalette stand bald zur Verfügung und der Erfolg blieb nicht aus. Ab 1965 steigerte sich der Absatz in größeren Stückzahlen und entwickelte sich in den Folgejahren weiter. Bis Ende 1969 produzierte ILO ca. 283.000 Motoren.
Rekorde und der Niedergang
Mitte der 60er Jahre kamen für ILO neue Absatz- und Produktionsrekorde. Der Verkauf von Schneeschlittenmotoren nach den USA und Kanada stieg auf über 39.000 Stück. Das waren etwa die Hälfte des gesamten ILO Exports. 1968 wurde schließlich eine neue Druckgussgießerei gebaut. Damit stieg die Produktionsfläche auf über 20.000 m². Auch die Investitionen erreichten Rekordhöhen. Sie betrugen 1969 10 Millionen DM. Allein der Umbau und die Erweiterung der Sozialräume kosteten 500.000 DM und der Bau eines vollautomatischen Hochregallager kostete 1,5 Millionen DM. Man wollte erstmals den Umsatz von 100 Millionen DM erreichen.
Doch der Umsatz mit Schneeschlittenmotoren ging 1971 drastisch zurück, denn die japanische Konkurrenz war zu groß geworden. Wie fast überall, machten sie mit qualitativ guten und preiswerten Produkten den deutschen und europäischen Herstellern zu schaffen. Außerdem führten Überkapazitäten bei der Motorenproduktion weltweit zu einem Preisverfall. Die Aufwertung der DM erschwerte das Auslandsgeschäft. 1969 lieferte ILO noch 283.000 Motoren. Ein Jahr später waren es nur noch 128.300. Der Verkauf von Industriemotoren war zwar in den Jahren des Schneeschlittenbooms parallel fortgesetzt worden. Doch neue Produkte gab es nicht, denn man hatte sich zu sehr auf die Schneeschlittenmotoren konzentriert. Es folgten Jahre mit Kurzarbeit und Personalabbau. Die Zahl der Mitarbeiter sank auf 800. Mitte 1975 stellte ILO die Produktion von Schneeschlittenmotoren ein. Die Druckgussgießerei wurde Anfang 1976 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten noch 320 Beschäftigte in den riesigen Hallen.
1977 wurde das Unternehmen an die amerikanische Tecumseh Products Company verkauft. Die neue Gesellschaft baute Kompressoren, Getriebe und, wie früher, Zwei- und Viertaktmotoren. Mit dem Kauf des ILO Werks sollte ein ”Standbein” auf dem europäischen Markt und die Stärkung der Position als Motorenanbieter erfolgen. Es wurde ein Ersatzteillager zur Versorgung der europäischen Tecumseh Motorenkunden eingerichtet. ILO baute nun Allzweckmotoren für die Landwirtschaft, den Bau und die Industrie. ILO-Motoren liefen nun in Kehrmaschinen, Rasenmähern, Kompressoren und Erdverdichtern. Nun wurde wieder an weiteren technischen Verbesserungen des Motorenprogramms gearbeitet. Man erzielt auch wieder einen leichten Zuwachs beim Motorenabsatz. Die Auftragsfertigung und Lieferung von Kurbelwellen für andere Hersteller brachten kaum Gewinne ein. So wurden leerstehende Hallen an Toyota Deutschland vermietet, die dort ein Zentralersatzteillager betrieb und man schrieb „schwarze Zahlen“.
In Jahr 1986 feierte ILO das 75-jährige Firmenjubiläum. Vor Mitarbeitern und Ehrengästen zeigte sich die Geschäftsführung optimistisch, dass in den Folgejahren die Auftragslage verbessert werden könnte. Doch 1988 wurde es allen Beschäftigten klar, dass es nicht so war. Nach dem Konkurs einiger wichtiger Abnehmer sank der Umsatz bis 1989 auf 6 Millionen DM. Ein neu entwickelter Rasenmähermotor musste wegen technischer Probleme vom Markt genommen werden. Seit 1987 machte das Unternehmen Verluste. Mitte 1990 beschloss Tecumseh die Schließung des Werks in Pinneberg. Denn weltweit bestand eine Überkapazität im Bereich der Motorenfertigung. Die noch verbleibenden 186 Beschäftigten bekamen eine Abfindung nach einem Sozialplan. Auch die Ansprüche auf Betriebsrente wurden noch gesichert.
Zum 31. Dezember 1990 schlossen sich die Werkstore für immer. Am 13. März 1991 kamen der Maschinenpark, die Betriebseinrichtungen sowie große Teile des Werksmuseums der ILO Werke zur Versteigerung. So ging eine achtzigjährige Firmengeschichte zu Ende.
Ein Teil der Motorensammlung kam ins Pinneberger Stadtmuseum und in das stadtgeschichtliche Heimatmuseum Uetersen in Uetersen. Seit 1999 findet jährlich im Mai die Pinneberg Mobil statt. Es ist ein Veteranentreffen mit einer Ausfahrt durch den Kreis Pinneberg für Automobile, Motorräder und Trecker zum Gedenken an die ILO-Werke, mit Treffen der ehemaligen ILO Mitarbeiter.
Noch zu "guten" Zeiten hat sich das ILO-Werk um die Förderung des Maschinenbau-Handwerkes gekümmert. Oft wurden Führungen für interessierte Schulklassen durchgeführt. Ein Relikt an diese Zusammenarbeit ist ein Teil einer großen tonnenschweren ausrangierten ILO-Fertigung, dass noch heute im Haupteingang der Beruflichen Schulen des Kreises Pinneberg in Pinneberg steht.
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