- Impulskontrollstörung
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Als Störung der Impulskontrolle oder Impulskontrollstörung wird in der Psychiatrie und der Klinischen Psychologie ein Verhaltensablauf bezeichnet, bei dem ein als unangenehm erlebter Anspannungszustand durch ein bestimmtes impulsiv ausgeübtes Verhalten aufgelöst wird. Nach der Beschreibung in der ICD-10 ist es "durch wiederholte Handlungen ohne vernünftige Motivation gekennzeichnet, die nicht kontrolliert werden können und die meist die Interessen des betroffenen Patienten oder anderer Menschen schädigen"[1].
Das impulsive Verhalten wird dranghaft, oft automatisch ausgeführt. Es wird zwar bewusst erlebt, kann aber willentlich nicht oder nur schwer verhindert werden. Impulskontrollstörungen können somit als Volitionsstörung aufgefasst werden, oder - in neuropsychologischer Perspektive - als Störung der Exekutiven Funktionen. Die impulsiv ausgeübten Verhaltensweisen können eine sehr große Bandbreite umfassen: Essen, Kaufen, Spielen, Nägelkauen, Mit-dem-Auto-Rasen, übermäßige Masturbation, Selbstverletzungen (meistens bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung).
Voraussetzung für eine Bewertung impulsiven Verhaltens als psychische Störung ist, dass es als "unangepasst" gelten kann, also entweder nicht den vernunftorientierten Zielen der betreffenden Person entspricht oder dem Betroffenen selbst oder anderen Personen Schaden zufügt (z.B. Schulden, Unfälle, Verletzungen).
Inhaltsverzeichnis
ICD-10 und DSM-IV
Klassifikation nach ICD-10 F63 Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle ICD-10 online (WHO-Version 2006) Die Klassifikation psychischer Störungen der Weltgesundheitsorganisation (fünftes Kapitel der ICD-10) klassifiziert folgende konkreten Störungsbilder gesondert im Abschnitt "Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle":
- pathologisches Spielen (Code: F63.0)
- pathologische Brandstiftung (F63.1)
- pathologisches Stehlen (F63.2)
- pathologisches Haarezupfen (F63.3)
Andere Impulskontrollstörungen sind als „Sonstige abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle“ (F63.8) zu klassifizieren, auch die im DSM-IV gesondert gelistete Intermittierende explosive Störung, die durch zeitweilig auftretende aggressive Ausbrüche gekennzeichnet ist.
Therapie
Behandlungsansätze arbeiten u.a. mit kognitiver Verhaltenstherapie. Ziel ist in diesem Fall, nicht nur den Impuls durch entsprechende bewusste Aufmerksamkeitslenkung (Anzeichen, Auslöser) zu verhindern, sondern alternatives funktionaleres Verhalten (also etwas, das besser hilft und der Person längerfristiger nutzt) zu lernen.
Psychoanalytische Behandlungsansätze sehen Störungen der Impulskontrolle als ein Symptom, das im Zusammenhang mit den verschiedensten psychischen Störungen auftreten kann. Diese Therapien zielen darauf ab, die innere Psychodynamik so zu verändern, dass psychische Funktionen bzw. Kompetenzen wie die Impulskontrolle und die Fähigkeit zur zielorientierten und realitätsgerechten Selbststeuerung dem Betroffenen wieder zur Verfügung stehen oder sich neu entwickeln.
Siehe auch
- Abhängigkeit
- Exekutive Funktionen
- Selbstregulation
- Selbstkontrolle
- Walter Mischel (Marshmallow-Test)
Weblinks
- ICD-10-Code F63
- Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie zu "Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle"
Einzelnachweise
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