In-Ear-Ohrhörer

In-Ear-Ohrhörer

Kopfhörer sind kleine Schallwandler, die an oder in den Ohren getragen werden. In der Frühzeit des Radios wurde nur über Kopfhörer gehört; natürlich in Mono, also war auf beiden Hörkapseln das gleiche Signal. Es gibt auch Kopfhörer, die nur eine Hörkapsel haben.

Der Erfinder des Kopfhörers wurde bis heute nicht eindeutig festgestellt. Seit Erfindung der Telefonie als auch des Radios wurden kopfhörer-ähnliche Geräte verwendet. Einige Quellen deuten auf den US-Amerikaner Nathaniel Baldwin als Erfinder des Kopfhörers[1]. Baldwin (1878-1961), Gründer und Inhaber der Baldwin Radio Company in Salt Lake City, brachte 1910 seine „Baldy Phones“ genannten Kopfhörer auf den Markt.

Alte Bauform aus der Detektorempfänger-Zeit

Bekannte Hersteller von Kopfhörern sind unter anderem AKG, Audio-Technica, Beyerdynamic, Grado, MB Quart, Koss, Philips, Sennheiser, Shure, Sony, Stax Ltd. und Cresyn.

Inhaltsverzeichnis

Bauformen

  • Ohrhörer
  • Gehörganghörer bzw. In-ear headphones/canalphones (wortwörtlich auch „Im-Ohr-Kopfhörer“)
Die Kopfhörer werden in den Gehörgang eingeführt. Diese Art von Kopfhörern wird beim In-Ear-Monitoring verwendet. Es gibt sie in verschiedenen Materialien wie Schaumstoff oder Silikon.
Im professionellen Bereich wird das In-ear Monitoring den Ohren jedoch individuell angepasst, indem der Hörer in eine Otoplastik aus Silikon eingearbeitet wird. Diese Maßanfertigung wird von Hörgeräteakustikern hergestellt. Sie sind sehr bequem und sicher zu tragen, langlebig, leicht zu reinigen und bieten die beste Isolation von Außengeräuschen.
  • Ohrhörer (ear buds)
Die Kopfhörer werden in die Ohrmuschel (Pinna) eingesetzt. Manche Menschen empfinden das als unangenehm. Dafür sind sie platzsparend und geeignet für unterwegs.
Allerdings ist diese Art von Kopfhörern unter Umständen weitaus schädlicher (in Bezug auf Überlastung der Ohren durch zu hohe Dauerlautstärke) als aufliegende Kopfhörer, gerade weil der Schall direkt in den empfindlichen Gehörgang geleitet wird.
  • Muschelkopfhörer
Diese Kopfhörer sind größer und werden über die Ohrmuscheln gelegt. Sie werden in zwei Klassen unterteilt:
Ohraufliegende Kopfhörer (supra-aural)
Die Kopfhörermuschel bedeckt das Ohr, umschließt es jedoch nicht.
Ohrumschließende Kopfhörer (circumaural)
Die Kopfhörermuschel umschließt das Ohr vollständig.
  • Eine seltene Sonderform ist der Kopflautsprecher. Es handelt sich dabei um zwei kleine Lautsprecher, die über den Kopf gehängt werden und völlig frei die Ohren beschallen. Dadurch ist eine natürlichere Lokalisation möglich. Bekanntestes Modell ist der AKG K 1000.

Form der äußeren Abdeckung

Geschlossener Muschelkopfhörer
  • Geschlossene Muschelkopfhörer
Der Kopfhörer soll möglichst bündig und dicht mit dem Kopf abschließen, wofür meistens weicher Kunststoff oder Leder verwendet wird. Dadurch wird ein größerer Bassdruck erreicht. Bei längerem Tragen solcher Kopfhörer verspüren viele Menschen einen Wärmestau und etwas unangenehmen Druck auf den Ohren, da kein Druckausgleich zwischen Kopfhörermuschel und Umgebung stattfindet. Bei ohrumschließenden geschlossenen Kopfhörern ist das Druckgefühl auf den Ohren wesentlich geringer als bei ohraufliegenden.
  • Halboffene und offene Muschelkopfhörer
Halboffener Muschelkopfhörer HD600
Im Gegensatz zum geschlossenen Muschelkopfhörer wird ein weicher Stoff als Dämmung gegen den Kopf verwendet. Um den fehlenden Bassdruck auszugleichen, müssen Membranen und Technik des Kopfhörers aufwändiger konstruiert werden. Die Abdeckung ist perforiert und ermöglicht den Druckausgleich zwischen Kopfhörermuschel und Umgebung.

Schallwandlertechnik

Bei Kopfhörern gibt es wie bei anderen Lautsprechern auch verschiedene Systeme der Schallwandlung.

  • Magnetisch beziehungsweise elektromagnetisch
Der Strom vom Verstärker durchfließt zwei mit einem Permanentmagneten vormagnetisierte Spulen ähnlich einem Elektromagneten, dessen Magnetpole sich in geringem Abstand hinter einer Stahlblechmembran befinden; früher die einzige Bauform, heute meistens nur noch in sehr alten Telefonen zu finden. Die Wiedergabequalität ist nur für das Verstehen von Sprache ausreichend.
  • Dynamisch beziehungsweise elektrodynamisch
Der Strom vom Verstärker durchfließt eine Tauchspule, die sich wie bei einem dynamischen Lautsprecher im ringförmigen Luftspalt eines Permanentmagneten bewegt. Die Schwingspule treibt die mit ihr verbundene Membran an. Diese Bauform ist heute am meisten verbreitet und bietet hohe Wiedergabequalität. Das System heißt auch Tauchspulensystem, da die Schwingspule in den Spalt des Dauermagneten „eintaucht“.
  • Elektrostatisch
Das Prinzip arbeitet wie ein umgekehrt betriebenes Kondensatormikrofon, es erfordert hohe Spannungen, die von einem speziellen Kopfhörerverstärker geliefert werden; der bekannteste Hersteller ist Stax. Derartige Systeme werden von Audiophilen geschätzt, sind aber teuer und aufwändig und dementsprechend selten.
  • Piezoelektrisch
Piezokeramische Wandler haben typischerweise einen hohen Wirkungsgrad und geringe Klangqualität (kaum Tiefenwiedergabe, ausgeprägte Resonanzen). Die Impedanz ist hoch (frequenzabhängig, mehrere Kiloohm), s. a. bei Piezoelektrizität.

Signalanschluss

  • Kabelgebundene Kopfhörer
Hier wird das Signal durch ein Kabel an die Spulen oder Elektroden geleitet. Der Kopfhörer ist passiv.
  • Kopfhörer für Induktionsschleifen
Die früheste kabellose Signalübertragung zu Kopfhörern besteht aus einer im Raum umlaufenden Induktionsschleife, die direkt mit dem verstärkten NF-Signal gespeist wird. Zum Empfang benötigen die Kopfhörer im einfachsten Fall ebenfalls nur eine Spule, in der durch das Magnetfeld der Induktionsschleife eine NF-Spannung induziert wird. Weiterhin gab es auch kleine Hörhilfen mit Akku, Spule und Verstärker zum Anschluss eines Ohrhörers.
  • Infrarot-Kopfhörer
Das Signal wird (meistens) analog über eine FM oder digital codiert mit einem LED-Infrarotsender zum Kopfhörer übertragen. Es ist eine Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger (Kopfhörer) nötig. Wird das Signal digital übermittelt, muss es erst noch durch einen D/A-Wandler in ein Analogsignal umgewandelt werden. Handelt es sich um ein analoges Signal, übernimmt ein FM-Demodulator die Umwandlung.
In den Kopfhörern sind IR-Empfänger und Verstärker integriert. Weil die Kopfhörer das Signal aktiv verstärken, benötigen sie eine Batterie. Die Klangqualität wird oft durch Signalfehler und ein Grundrauschen beeinträchtigt.
Analoger Funkkopfhörer: in der Auflage sind Modulator, Sender und Antenne untergebracht
  • Analoge Funkkopfhörer
Wie beim Infrarot-Kopfhörer wird das Signal drahtlos übermittelt. Statt Infrarot werden jedoch Funkwellen verwendet. Je nach Hersteller und Modell unterscheiden sich die Übertragungsfrequenzen. Dadurch sind Funkkopfhörer/Sender untereinander oft nicht kompatibel.
Bei Funkkopfhörern wird das Signal in der Regel per FM übermittelt. Ein FM-Demodulator übernimmt die Umwandlung in ein Audio-Signal. Der Kopfhörer verstärkt das Signal aktiv. Dadurch benötigen diese Kopfhörer ebenfalls eine Batterie.
  • Digitale Funkkopfhörer
Hier wird das Funk-Signal nicht analog, sondern digital (beispielsweise über Bluetooth) übertragen. Das empfangene Signal wird erst vom eingebauten D/A-Wandler des Kopfhörers in ein analoges Tonsignal umgewandelt. Diese Technik eliminiert das oft als störend empfundene Signal- und Ruherauschen und ermöglicht eine störungsfreie Übertragung digitaler Tonquellen. Die bei analogen Tonquellen zusätzlich erforderliche A/D-Wandlung wirkt sich nur in geringem Maße auf die Qualität aus.

Impedanz

  • Niederohmige Kopfhörer: Die Impedanz des Kopfhörers liegt im Bereich 4-100 Ω: Elektromagnetische und elektrodynamische Kopfhörer, Ohrhörer
  • Mittelohmige Kopfhörer: Die Impedanz liegt im Bereich 100-1000 Ω: Elektromagnetische und elektrodynamische Kopfhörer
  • Hochohmige Kopfhörer: Die Impedanz liegt im Bereich 1-4 kΩ: Elektromagnetische Kopfhörer unter anderem für Detektor-Empfänger (veraltet). Bei piezoelektrischen Kopfhörern ist die Impedanz je nach Frequenz noch höher.

Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung

Seit neuerem gibt es Kopfhörer mit aktiver Geräuschreduktion auf Basis der Antischall-Technik. Ein Mikrofon an der Außenseite des Kopfhörers nimmt die Außengeräusche auf. Eine Elektronik mischt die verpolten Schwingungen hinzu. Das Signal wird dann dem Audiosignal beigemischt. Der Störschall und das beigemischte Signal löschen sich nun aus. Mit dieser Technik ist es möglich, insbesondere tieffrequente Störgeräusche aktiv zu eliminieren. Diese Technik ist schon lange in den Kopfhörern von Flugzeugpiloten zur Geräuschverminderung eingesetzt worden. Durch das hauptsächliche Ausschalten der tieffrequenteren Störgeräusche konnte man den Schallpegel in den Kopfhörern der Piloten und damit die gesundheitliche Belastung senken.

Eine einfachere und wirkungsvollere Art der Unterdrückung von Störgeräuschen ist die Verwendung von geschlossenen, ohrumschließenden Kopfhörern. Bei geeigneter Konstruktion sind insbesondere oberhalb von 500 Hz höhere Dämpfungen als mit aktiver Geräuschunterdrückung möglich, die auch bei höheren Pegeln funktioniert.

Lokalisation bei Kopfhörern

Der von den Kopfhörern abgegebene Schall wirkt direkt auf den Gehörgang der Ohren und nicht auf den gesamten Kopf, wie beim natürlichen Hören. Die zum Hören wichtigen Ohrmuscheln sind dabei außer Kraft gesetzt, sozusagen „amputiert“. Die Beschallung über Kopfhörer wirkt daher deutlich anders als über Stereo-Lautsprecher abgehört. Insbesondere findet mit Kopfhörern die räumliche Lokalisation bei normalen Stereoaufnahmen nur eingeschränkt statt; die Trennung beider Tonkanäle wirkt unnatürlich und die wiedergegebenen Instrumente oder Stimmen werden meistens im Kopf statt außerhalb lokalisiert. Zur teilweisen Verminderung dieses Effektes gibt es Kopfhörer, deren Lautsprecher nach vorne angewinkelt sind, außerdem sogenannte Crossfeed-Lösungen oder elektroakustische Kunstgriffe wie Dolby Headphone. Auch die Diffusfeldentzerrung trägt zu einem deutlich räumlicheren Eindruck und einer verbesserten Vorn-Hinten-Ortung (Außerkopf-Ortung) bei. (Hierbei wird die Linearität des Kopfhörers nicht auf eine Direktschallquelle, sondern entsprechend dem natürlichen Hören auf viele Schallquellen aus verschiedensten Winkeln abgestimmt, die ein diffuses Schallfeld erzeugen; Recommendation ITU-R BS.708 der Internationalen Fernmeldeunion; s. Glossar Hifi-Forum: [1]).

Nahezu vollständig vermieden wird dieser Effekt durch die indirekte Einbringung der Schallwellen mittels außermittig nach vorne unten versetzter Schallwandler. Diese von verschiedenen Firmen unter der Bezeichnung S-Logic vermarktete Technologie vermindert gleichzeitig den Schalldruck auf das Trommelfell, verbessert die Wahrnehmung von Signalen und vermindert deutlich die Ermüdungserscheinungen beim Kopfhörerhören.

Bei Kunstkopf-Stereofonie (Wiedergabe von binauralen Tonaufnahmen, die über einen Kunstkopf gemacht wurden) ist Kopfhörer-Wiedergabe zwingend erforderlich.

Testversuche zur Funktionsweise der Richtungslokalisation des menschlichen Gehörs werden überwiegend über Kopfhörer gemacht. Hierzu ist der Ausdruck Lateralisation vorbehalten, um differenzierte Testsignale getrennt den Ohren darzubieten und ihre Auswirkungen auf die seitliche Auslenkung (Hörereignisrichtung) zu untersuchen.

Anschluss und Verstärkung

Da Kopfhörer üblicherweise passive Systeme sind, müssen sie in den meisten Fällen an einen Verstärker angeschlossen werden, um ein Signal in akzeptabler Lautstärke zu produzieren. Der Anschluss erfolgt dabei in der Regel über einen Klinkenstecker mit dem Durchmesser 6,3 oder 3,5 Millimeter (bei Kleingeräten wie Diktiergeräten, mp3-Playern oder Handys oft auch 2,5 Millimeter). Bei früheren Systemen wurden auch fünfpolige DIN-Würfelstecker (um 180° drehbar mit Lautsprecherabschaltung), Lautsprecherstecker gemäß DIN 41529 (auch kaskadierbar) oder einfach Bananenstecker verwendet. Ausnahmen sind zum Beispiel Detektorempfänger und alte Telefonanlagen mit Kohlekörnermikrophonen, die ohne Verstärker auskommen.

Die Kopfhörerbuchsen tragbarer Musikabspielgeräte oder Verstärker werden oft durch NF-Verstärker gespeist, die nur geringe Pegel erzeugen können. Es gibt daher für hohe Ansprüche im Studiobereich spezielle Kopfhörerverstärker, die insbesondere bei hochwertigen und hochohmigen Kopfhörern eine bessere Tonqualität und höhere Lautstärke erreichen. Kopfhörer mit hoher Impedanz sind oft im High-End-Bereich anzutreffen. Elektrostatische Kopfhörer benötigen eine höhere Spannung (z. B. 280 oder 580 Volt) und müssen daher an eigene Speisegeräte oder per Übertrager an die Lautsprecherausgänge eines Voll- oder Endverstärkers angeschlossen werden.

Trivia

Die Firma Sennheiser entwickelte in den 1980er-Jahren ein elektrostatisches Kopfhörer-System bestehend aus einem Kopfhörer und einem Röhrenverstärker mit dem Namen „Orpheus“. 1991 kamen 300 handgefertigte Exemplare auf den Markt. Der empfohlene Verkaufspreis lag bei 30.000 DM (15.300 Euro). 2006 baute Sennheiser einige wenige Kopfhörer des Systems neu und verkaufte sie ohne den Röhren-Verstärker.

Die Firma Sony entwickelte in den 1980er-Jahren den dynamischen Kopfhörer MDR-R10, der 4.000 US Dollar kostete.

Die Firma Sony entwickelte 2004 den dynamischen Kopfhörer Qualia 010, der 2.800 US Dollar kostete.

Die Firma Audio Technica entwickelte 2004 den dynamischen Kopfhörer ATH-L3000, der 2.600 US Dollar kostete.

Die Firma Stax entwickelte über Jahrzehnte eine Reihe von elektrostatischen Kopfhörern und dazu passenden Verstärkern. Der Stax Omega MKII kostet circa 4.800 US Dollar.

Gefahr durch Kopfhörer

Häufig wird die Gefahr der Verschlechterung des Hörvermögens unterschätzt oder nicht beachtet. Viele Leute neigen dazu, mit Kopfhörern Musik in einer wesentlich höheren Lautstärke zu hören, als sie das üblicherweise mit Lautsprechern tun würden, da lautes Hören über Kopfhörer nur selten von Mitmenschen beanstandet wird. Hierdurch riskieren viele eine Verschlechterung ihres Hörvermögens.

Siehe auch

Headset (Sprechgarnitur, Mikrofon-Kopfhörer)

Einzelnachweise

  1. Historischer Zeitungsartikel über Nathaniel Baldwin als Erfinder des Kopfhörers (engl.)

Weblinks


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