Individualisierte Massenfertigung

Individualisierte Massenfertigung

Die individualisierte Massenfertigung (Mass Customization) ist ein Produktionskonzept, in dem einerseits die Vorzüge der Massenproduktion (wie Skaleneffekte, Erfahrungskurvenvorteil, Automatisierung) genutzt werden, andererseits dem wachsenden Wunsch des Kunden nach Individualisierung seines Produktes Rechnung getragen wird.

Das Wort selbst ist ein Oxymoron aus den eigentlich grundverschiedenen Begriffen mass production: „Massenproduktion“ und customization: „kundenindividuelle Anpassung“.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Zielabsatzmarkt ist nicht der differenzierte, sondern der Massenmarkt. Hier soll durch Variation aus wenigen, aus Kundensicht jedoch entscheidenden Merkmalen des Produkts eine Individualisierung erreicht werden. Typische Individualisierungsdimensionen sind zum Beispiel Designmerkmale oder Passform. Häufig basieren diese Produkte aber auch auf dem Konzept der Modularisierung, das heißt das Produkt kann aus diversen Bausteinen individuell zusammengestellt werden.

Mittels Mass Customization ist man in der Lage individuelle Kundenbedürfnisse zu bedienen, bei Kosten die nur geringfügig über denen eines Standardprodukts liegen. In der Sportschuhindustrie liegt dieses Preispremium bei circa 20 Prozent. Der Anbieter muss somit idealerweise nur noch für den konkreten Bedarf produzieren, spart Lagerkosten und kann aufgrund der Erfüllung des Kundenwunsches dem Preiskampf im Segment der standardisierten Produkte ausweichen. Häufig ist sogar eine Positionierung als Innovationsführer im Markt möglich.

Das Unternehmen gewinnt zudem eine Fülle an Kundendaten und Informationen über Kundenbedürfnisse, die über traditionelle Marktforschungsmethoden nur schwer ermittelbar sind (sticky information). Durch Mass Customization erhält ein Unternehmen also auch ein zusätzliches Instrument zur frühen Aufklärung neuer Marktentwicklungen. Eine dauerhafte Kundenbindung wird begünstigt.

Die Weiterentwicklung von Mass Customization ist das Open Innovation-Konzept, bei dem versucht wird, durch eine Integration des Kunden neue Innovationen und Produkte zu entwickeln.

Möglich wird die individualisierte Massenfertigung erst durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnik. Beispielsweise indem der Kunde internetbasiert sein Produkt mit Hilfe eines Konfigurators selbst gestaltet. Hinter der elektronischen Oberfläche wird weiterhin eine hochautomatisierte aber flexible Logistik und entsprechende Produktionsmittel, die im One-Piece-Flow produzieren können benötigt.

Mass Customization hat bereits in vielen verschiedenen Branchen Fuß gefasst: Textilien, Schuhe, Uhren & Schmuck, Fertighäuser, Küchen, Möbel, Lebensmittel (Schokolade, Wein, Cornflakes), und vielen mehr.

Durch Mass Customization werden besondere Anforderungen an den Entwurf von Informationssystemen erforderlich.

Konzeptionen des Mass Customization

Soft Customization

Die Individualisierung wird nicht in der Fertigung, sondern außerhalb des Unternehmens vorgenommen. Es gibt grundlegend drei Arten von Soft Customization: explizite oder implizite Personalisierung ( mein Yahoo!, Mein Ebay; Suchmaschinen); individuelle Endfertigung im Vertrieb (Smart) und Serviceindividualisierung (Musikprogramme für Fluggäste bei British Airways; Anlieferung beim Catering; telefonische Störungshotline z. B. von Arcor).

Hard Customization

Die Individualisierung geschieht schon in der Fertigung durch: standardisierte Vorproduktion und individuelle Endproduktion – oder umgekehrt (Levi’s); individuelle Kombination von standardisierten Modulen (Dell-Computer); massenhafte Fertigung von Unikaten (persönliche Medikamente).

Literatur

  • Pine, B. Josef II: Mass Customization : The new frontier in business competition. Boston: Harvard Business, 1993 - ISBN 0-87584-372-7.
  • Piller, Frank T.: Mass Customization : Ein wettbewerbsstrategisches Konzept im Informationszeitalter. 4. Aufl. Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag, 2006 - ISBN 978-3-8350-0355-2.
  • Hanisch, Susanne: Das Konzept der Mass Customization. Saarbrücken: Vdm, 2006 - ISBN 978-3-86550-281-0.
  • Dietrich, Andreas J.: Informationssysteme für Mass Customization: Institutionenökonomische Analyse und Architekturentwicklung. Gabler, 2007 - ISBN 978-3-8350-0838-0.

Weblinks


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