Indizieren

Indizieren

Indizierung bezeichnet im Allgemeinen die Aufnahme in einen Index. Speziell wird darunter vor allem die Aufnahme in ein Verzeichnis verbotener Werke verstanden. Der Begriff Index für ein Verzeichnis verbotener Werke geht auf den Index Librorum Prohibitorum zurück, das Verzeichnis der für Katholiken verbotenen Bücher.

Bei der Erstellung eines Registers und beim Information Retrieval wird neuerdings in Anlehnung an das englische indexing die Bezeichnung Indexierung statt Indizierung verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Grundsätze des Jugendschutzrechts

In Deutschland versteht man unter Indizierung die Einschränkung von Abgabe und Verbreitung bestimmter als jugendgefährdend eingestufter Medien.

Die in Art. 5 des deutschen Grundgesetzes geschützten Freiheiten der Meinungsäußerung und der Kunst sind nicht schrankenlos gewährleistet. Neben den allgemeinen Gesetzen und einigen Tatbeständen des Strafgesetzbuches bilden eine Schranke auch die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend (Art. 5 Absatz 2 GG).

Die verwaltungsrechtliche Indizierung von Literatur und anderen Medien wird durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) durchgeführt. Die BPjM kann grundsätzlich alle Arten von Medien indizieren. Sie ist jedoch nicht für Tageszeitungen, das Fernsehen und den Hörfunk zuständig. Ebenfalls nicht mehr indiziert werden inzwischen Filme und Computerspiele, die eine Alterskennzeichnung der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) oder der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) tragen.

Die BPjS/BPjM hat seit ihrer Gründung 1954 rund 15.000 Werke als jugendgefährdend indiziert. Auf der aktuellen Liste stehen rund 5.300 Medientitel. Dies sind rund 2.500 indizierte Buchtitel, Broschüren und Comics und etwa ebenso viele Videofilme. Dazu kommen mehrere hundert Computerspiele, Internetangebote, CDs und andere Tonträger sowie andere indizierte Medien.

Rechtsfolgen der Indizierung

Indizierte Medien dürfen Kindern und Jugendlichen weder verkauft noch überlassen oder anderweitig zugänglich gemacht werden. Sie dürfen nicht mehr beworben werden und nicht im Versandhandel vertrieben werden, es sei denn, es werden Vorkehrungen getroffen, um sicherzustellen, dass der Kunde mindestens 18 Jahre alt ist. Indizierte Videofilme und Computerspiele dürfen in Geschäften angeboten werden, sie dürfen Kindern und Jugendlichen aber nicht frei zugänglich sein. Indizierte Bücher dürfen in der Buchhandlung nur unter der Ladentheke angeboten werden. Strittig ist, ob eine kritische Rezension von jugendgefährdenden Medien möglich ist, da es hierzu keine einheitliche Rechtsprechung gibt.

Indizierungen bestehen gemäß Jugendschutzgesetz für 25 Jahre, dann werden sie aus der Liste gestrichen oder müssen einem neuen Verfahren unterworfen werden (§ 18 Abs. 7 JuSchG). Bei Änderung der Sach- und Rechtslage kann ein Verfahrensbeteiligter auch vor der Frist einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen.

Kritik

Die Indizierung von Schriften hat einen ambivalenten Effekt. Zum einen gilt ein Index niemals global, das heißt seine Wirkung beschränkt sich immer auf eine Gruppe. Man kann aber einer Gruppe von Leuten schlecht verbieten, was für alle anderen Allgemeingut ist. Ein solches Verbot wirkt nicht und richtet sich am Ende gegen den, der das Verbot ausspricht. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass einige aus der Gruppe die Verhältnisse umdrehen und den Index quasi als Leseliste verwenden. Das invertiert dessen Wirkung.

Für Verlage ist die wirkungsvollste Regulierung bei indizierten Werken das Werbeverbot. Ein solches Werbeverbot macht einen Verlust aller in die Herausgabe eines Medienwerks investierten Mittel absolut sicher. Somit unterbleibt in fast allen Fällen die Publikation von Werken, die auch nur möglicherweise indizierbar sein könnten, von vorneherein.

Problematisch ist bei der Indizierung auch, dass die Wirkung der indizierten Medien unsicher ist. Daher werden häufig eher persönliche Moralvorstellungen umgesetzt, anstatt einen wirksamen Schutz der Jugendlichen zu erreichen.

Ein weiteres großes Problem ist die Tatsache, dass aus Verwertungsinteresse oft stark gekürzte Versionen von indizierten Filmen herausgebracht werden, die durch das Entfernen von beispielsweise Gewaltszenen eine völlig andere Aussage bekommen. Hierdurch wird der Zuschauer seiner Möglichkeit beraubt, sich kritisch mit dem eigentlich von den Produzenten gewollten Kunstwerk auseinanderzusetzen.

In der Folge greift eine Indizierungsandrohung de facto sowohl in die Meinungs- als auch künstlerische Freiheit eines Herstellers ein. Auch wenn eine Zensur im Vorhinein nicht stattfindet, so kann eine Androhung einer Indizierung dazu führen, dass eine Schrift inhaltlich vom Original verändert werden muss, um die Kontrolle unbeanstandet zu überstehen. Damit wird die eigentliche Intention der Schrift – wenn auch umstritten – verfälscht und auf „Linie des Staates“ gebracht. In vielen Fällen wird die Einfuhr oder der Vertrieb von Schriften in Deutschland aus diesem Grund gar nicht erst versucht. In der Wirklichkeit ist für Erwachsene eine indizierte Schrift auch praktisch nicht mehr erwerbbar und kommt daher den Folgen einer Zensur sehr nahe oder gleich.

Rechtliche Abgrenzung

Für einen deutschen Konsumenten wird die Gesetzeslage auf verschiedene Arten offenbar. So darf er zum einen keine indizierten Medien auf dem Wege des Versands einführen (ein derartiges Versandverbot gilt nur in Deutschland; § 4 Absatz 3 GjSM). Auf der anderen Seite kann der Zoll auch die Einfuhr von Medien verbieten, die zwar nicht indiziert sind, aber die entsprechenden Merkmale aufweisen (Mutmaßung einer Straftat auf Grundlage § 18 GjSM resp. § 184 StGB, in Folge § 12 ZollVG). Zum Dritten muss der Zoll oder jede andere Behörde tätig werden, wenn kinderpornografisches Material vermutet wird. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass nach deutschem Recht auch Literatur unter diese gesetzlichen Bestimmungen fällt. (Klassischer Fall: "Josefine Mutzenbacher".)

Vom restriktiven Umgang mit indizierten Medien abzugrenzen ist im übrigen die strafbare Verbreitung von Ton- und Bildträgern, Datenspeichern, Abbildungen und anderen Darstellungen (strafrechtlicher Oberbegriff: Schriften gem. § 11 Abs. 3 StGB), deren Inhalte das Merkmal eines bestimmten Tatbestandes des Strafgesetzbuches (StGB) erfüllen.

Hierunter fallen

  1. pornografische Schriften, die Gewalttätigkeiten oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben (§ 184a StGB),
  2. kinderpornografische Schriften (§ 184b StGB),
  3. volksverhetzende Schriften (§ 130 Abs. 2 StGB definiert abschließend, was unter dem Begriff zu verstehen ist),
  4. Schriften, die den Staat und seine Symbole verunglimpfen (§ 90a StGB),
  5. Schriften, die Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen beinhalten (§ 86a StGB),
  6. Schriften, die den Tatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB) erfüllen,
  7. Schriften, die dazu bestimmt und/oder geeignet sind, als Anleitungen zu einer rechtswidrigen Tat i.S.d. § 126 Abs. 1 StGB zu dienen (§ 130a StGB)
  8. gewaltdarstellende Schriften (§ 131 Abs. 1 StGB definiert den Begriff "Gewaltdarstellung" näher)

Nicht nur die Verbreitung ist strafbar, sondern auch verschiedene andere Umgangsformen mit den besagten Medien. So ist beispielsweise alleine schon der Besitz von Schriften i.S.d. § 184b StGB unter Strafe gestellt. Weiterhin wird für alle benannte Schriften die öffentliche Ausstellung, Herstellung, Lieferung, Einführung, Ankündigung und viele spezifische Umgangsformen unter Strafe gestellt.

Siehe auch

Weblinks

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