- Innerdeutsches Verhältnis
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Mit den innerdeutschen Beziehungen oder deutsch-deutschen Beziehungen werden die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und menschlichen Kontakte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zur Zeit der Deutschen Teilung zwischen 1945 und 1990 bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Die Phasen der innerdeutschen Beziehungen
Der Prozess der deutschen Teilung im Schatten internationaler Machtverhältnisse
Nach der Kapitulation der Wehrmacht im Mai 1945 zerbrach die Anti-Hitler-Koalition zwischen den USA und der Sowjetunion, und die Idee der Teilung des besiegten Landes wurde von nun an durch den aufkommenden Ost-West-Konflikt bestimmt, der die innerdeutsche Spaltung zum Exempel für den die Welt entzweienden „Eisernen Vorhang“ werden ließ. Wichtige Wegmarken der allmählichen Abgrenzung waren der US-amerikanische Marshallplan 1947 sowie die westliche Währungsreform und die Berlin-Blockade 1948. Die Integration der westlichen Besatzungszonen in die Gemeinschaft der Westmächte und die des östlichen Teils in das System der UdSSR begleitete schließlich im Jahr 1949 die Gründungen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR.
Die Zuspitzung des Kalten Krieges
Der Ausbruch des Koreakrieges 1950 führte in der Bundesrepublik zu einer intensiven Debatte über eine deutsche Wiederbewaffnung als Beitrag zur Verteidigung Westeuropas im Rahmen einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG). Im Jahr 1955 mündete die Diskussion schließlich im Beitritt zum westlichen Militärbündnis der NATO und dem Aufbau einer Verteidigungsarmee, der Bundeswehr. Wirtschaftlich wurde die junge Bundesrepublik auf der Basis der Römischen Verträge von 1957 an die Westmächte gebunden, was zu einer Mitgliedschaft in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) führte, den Vorformen der heutigen Europäischen Union (EU). Die DDR wurde währenddessen in den Ostblock eingegliedert: Die DDR trat dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) und mit ihrer neu gegründeten Nationalen Volksarmee dem Warschauer Pakt bei.
Während es Bundeskanzler Konrad Adenauer gelang, die Bundesrepublik Deutschland schrittweise an den Westen anzunähern, das Land mit seinen europäischen Nachbarn zu versöhnen und in Frankreich einen engen Partner zu finden, profitierten die Bundesbürger vom „Deutschen Wirtschaftswunder“, dem durch die Marktwirtschaft bescherten Aufschwung. Die DDR-Regierung setzte hingegen auf realsozialistische Fünfjahrpläne und konnte die wirtschaftliche Situation nur langsam stabilisieren. Aus Mangel an freien Wahlen fehlte es der SED außerdem an Legitimität, was u. a. zum so genannten Volksaufstand am 17. Juni 1953 führte, der mit sowjetischer Hilfe beendet wurde.
Die durch Feindbilder geprägte Entfremdung der beiden deutschen Staaten seit Mitte der 1950er Jahre gipfelte im August 1961 in der Abriegelung Westberlins durch den Bau der Berliner Mauer. Damit setzte die DDR der zunehmenden Abwanderung der leistungsstarken Bevölkerung und verbliebenen Hoffnungen auf eine baldige Wiedervereinigung ein vorläufiges Ende.
Zeichen der Entspannung
Die Kubakrise im Jahr 1962, als die Welt am Rande eines Atomkrieges stand, markierte den Wendepunkt des Kalten Krieges, hin zu einer Kooperations- und Entspannungspolitik, die sich durch ein verändertes Klima auch auf die innerdeutschen Beziehungen auswirkte.
Die Ostpolitik der sozialliberalen Regierung unter Bundeskanzler Willy Brandt hatte daran einen entscheidenden Anteil. Bereits in der Zeit vor der Großen Koalition, welche 1966 die Ära Adenauer beendete, hatte Brandt zusammen mit seinem Pressesprecher Egon Bahr diese außenpolitischen Leitgedanken der „Politik der kleinen Schritte“, dem „Wandel durch Annäherung“ und der „menschlichen Erleichterungen“ vorbereitet. Innerhalb von nur drei Jahren kam es nach dem symbolischen Auftakt mit dem Erfurter Gipfeltreffen 1970 zu den Ostverträgen mit Moskau, Warschau und Prag, dem Viermächteabkommen über Berlin, der Gewaltverzichtserklärung gegenüber den osteuropäischen Staaten und dem Grundlagenvertrag mit der DDR. Erstmals wurden damit Souveränität des anderen und bestehende Grenzen gegenseitig anerkannt und der Status Berlins gesichert. Strategien wie die Hallstein-Doktrin, in welcher die Bundesrepublik Mitte der 1950er noch einen Alleinvertretungsanspruch formuliert und jegliche diplomatischen Beziehungen zu Ländern, welche die DDR anerkennen, abgelehnt hatte, gehörten nun der Vergangenheit an.
Diese Politik der „Normalisierung“ diente auch reaktiv der Entschärfung des internationalen Ost-West-Konfliktes und setzt die Voraussetzung für die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) 1975 und die Gespräche über Truppenbegrenzungen. Doch wurde durch das erreichte „geregelte Nebeneinander“ der Status quo derart zementiert, dass nach mehr als 20 Jahren in beiden deutschen Staaten nur noch wenige an die Realisierbarkeit einer Wiedervereinigung glaubten.
In der DDR reagierte man auf die neuen Entspannungsentwicklungen sogar mit neuer Abgrenzung, um eine eigene staatliche Identität zu finden. Mit der Bereitschaft zum Dialog hatte der Staat internationale Anerkennung erlangt. 1973 wurden die Bundesrepublik und die DDR Mitglieder der UNO. Durch die zunehmende wirtschaftliche Leistung stieg auch das Selbstbewusstsein der Nation, was 1974 die Volkskammer dazu bewog, die Begriffe deutsche Nation und Wiedervereinigung aus der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik zu streichen. Dass eine zu große Eigenständigkeit auch zum Konflikt mit der Sowjetunion führen konnte, hatte 1971 bereits Walter Ulbricht zu spüren bekommen, der wegen seiner Reformverweigerung in der Funktion als erster Sekretär der SED durch Erich Honecker ersetzt worden war.
Neue Herausforderungen und Chancen
Die beiden Ölkrisen in den 1970er-Jahren wirken sich indessen verheerend auf die wirtschaftliche Entwicklung der DDR aus und führen zu Unzufriedenheit in der Bevölkerung, nicht aber zu strukturellen Reformen. Aufkommende oppositionelle Gruppen werden durch das engmaschige Spitzelnetzwerk der Staatssicherheit bekämpft, um die politische Stabilität im Land zu bewahren.
Eine Störung der innerdeutschen Beziehungen folgte durch die Spiegel-Veröffentlichung des Manifests des Bundes Demokratischer Kommunisten Deutschlands im Januar 1978.
Zwischenzeitlich werden die innerdeutschen Beziehungen von einer neuen Welle internationaler Aufrüstung belastet, die im NATO-Doppelbeschluss und der sowjetischen Besetzung Afghanistans 1979 ihren Höhepunkt fand. Innenpolitisch war die Regierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt diesen Belastungen nicht mehr gewachsen und ebnete schließlich einer schwarz-gelben Koalition unter Kanzler Helmut Kohl den Weg. Diese versuchte, den Kontakt zum deutschen Nachbarstaat, welcher auch durch Schmidts Besuch in der DDR 1981 gefestigt worden war, nicht abreißen zu lassen. Auch war es allein durch Milliardenkredite aus Westdeutschland möglich, die DDR vor dem finanziellen Ruin zu bewahren. Die Weigerung der SED, die von dem sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow eingeleiteten Reformen Perestroika und Glasnost auf die DDR zu übertragen, drängte das Land immer mehr ins politische Abseits. Nicht zuletzt der wärmenden Wirkung der Politik Gorbatschows auf das weltweite eingefrorene Klima des Kalten Krieges war es zu verdanken, dass Honecker im Jahr 1987, als letzten Akt der ostdeutschen Anerkennungsbemühungen, die Bundesrepublik besuchte.
Auf dem Weg zur Einheit
Gorbatschows Reformen zogen allerdings noch weitere Konsequenzen nach sich. Neben der spürbaren Entschärfung des internationalen Ost-West-Konfliktes, insbesondere des Kalten Krieges durch verbindliche Abrüstungsvereinbarungen zwischen der UdSSR und den USA, eröffnete die Politik des „Tauwetters“ auch den Einzelstaaten des Ostblocks neue Perspektiven. Nachdem Moskau einer allmählichen Demokratisierung nicht mehr im Wege stand, öffnete Ungarn im August 1989 seine Grenzen zu Österreich. Mit der einsetzenden Massenflucht erfuhren auch die Oppositionsbewegungen innerhalb der DDR neuen Zulauf. Nicht allein in Leipzig kam es zu regelmäßigen Protestmärschen, den so genannten Montagsdemonstrationen. Für die Rettung der SED-Macht war es hingegen längst zu spät, wofür sie, nach einer Weisheit Gorbatschows, vom Leben bestraft wird: In der Nacht des 9. zum 10. Novembers 1989 kapitulierte der Staatsapparat der DDR vor seinem eigenen Volk. Die Öffnung der Berliner Mauer stellte einen menschlichen Höhepunkt im Verlauf der „friedlichen Revolution“ dar.
Das nun für eine Wiedervereinigung geöffnete „Zeitfenster der Geschichte“ bewegte alle Beteiligten zu schnellem Handeln: Die SED bot der Opposition Gespräche am Runden Tisch an, Helmut Kohl legt im Alleingang sein Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung vor und die erste rechtmäßig gewählte Regierung der DDR unter Lothar de Maizière macht den Weg frei für die Übernahme des westdeutschen Wirtschafts- und Sozialssystems und den Beitritt zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland.
Da jedoch die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges über den Zusammenschluss der beiden deutschen Staaten mitentscheiden mussten, wurden im Rahmen der Zwei-plus-Vier-Gespräche genannten Verhandlungen gemeinsam letzte Rahmenbedingungen erarbeitet.
Mit dem Hissen der deutschen Bundesflagge um 0:00 Uhr in der Nacht vom 2. zum 3. Oktober 1990 am Reichstagsgebäude in Berlin war Deutschland nach 40 Jahren der Teilung wieder offiziell vereint. Nach mehr als einem Jahrhundert des von Otto von Bismarck erstmals eingeschlagenen Deutschen Sonderweges war das Land hiermit, als eines unter gleichen, Teil der europäischen Staatenfamilie geworden, mit aller damit verbundenen Souveränität, Akzeptanz und Verantwortung. Die Frage der innerdeutschen Beziehungen ist damit als gegenstandslos anzusehen.
Verträge zwischen der Bundesrepublik und der DDR
- Grundlagenvertrag von 1972
- Status der Ständigen Vertretungen
- Transitabkommen
- Berlinabkommen
- DDR-Kredit in den 1980ern unter maßgeblicher Mitwirkung von Franz-Josef Strauß
Siehe auch
Literatur
- Die Geschichte der DDR. In: Informationen zur politischen Bildung Nr. 231. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1991.
- Die Teilung Deutschlands. In: Informationen zur politischen Bildung Nr. 232. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1991.
- Internationale Beziehungen I. In: Informationen zur politischen Bildung Nr. 245. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2000.
- Der Weg zur Einheit. In: Informationen zur politischen Bildung Nr. 250. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2005.
- Die Deutsche Geschichte. Band 4: 1945–2000. Weltbildverlag, Augsburg 2001.
- Geschichte. Pocket Teacher. Cornelsen Verlag, Berlin 2000.
Weblinks
- Das geteilte Deutschland (Projekt Lebendiges virtuelles Museum Online)
- Deutsch-deutsche Geschichte in Bild und Ton (tagesschau.de)
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