- Irischer Hochkönig
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Der Hochkönig (engl. High King, irisch: Ard Rí) war ein Ehrentitel der irischen Könige, der meist nur literarisch und posthum verliehen wurde. Als Sitz des Hochkönigs wird hauptsächlich der als heilig geltende Hill of Tara, westlich von Dublin, angesehen. Die Legende des Hochkönigtums wurde von Tara aus verbreitet.
Die Legenden, dass dieser oder jener Herrscher Irischer Hochkönig war, sind alt, mannigfaltig und unausrottbar. Erst die jüngere Forschung stellt klar, dass dieser Titel eine Anmaßung war, der irische Provinzherrscher frönten, ohne dem Anspruch in etwa gerecht werden zu können. Stattdessen gab es auf der Insel 97 Stämme (Clans), die einen König (Ri) hatten, der 4–5 Regionalkönigen unterstand.
Inhaltsverzeichnis
Irische Königreiche
„Rí“ und „Ard Rí“ - Häuptling, Fürst, Provinzkönig oder König?
Die größeren irischen Königreiche bildeten sich aus der keltischen Stammesgesellschaft. Jeder Stamm, tuatha (Einzahl: tuath), besaß ein Oberhaupt, den rí, der von der oenach einer kleinen privilegierten Gruppe, deren Mitglieder das Recht besaßen Waffen zu tragen, gewählt wurde. Die Aufgaben des rí waren nur in Kriegszeiten mit denen eines absoluten Herrschers vergleichbar. In Friedenszeiten war er lediglich der Vorsitzende der oenach. Die frühe irische Gesellschaft war eher eine Oligarchie als eine Monarchie.
Rí wird heute üblicherweise mit King - König - übersetzt. Ursprünglich war es aber nur die Bezeichnung eines von der waffentragenden Elite des Stammes gewählten Oberhaupts, also ein Häuptling (engl. auch als Chief bezeichnet). Im Laufe der Entwicklung zu den vier (mitunter auch fünf) irischen Regional-Königreichen blieb die alte Bezeichnung jedoch erhalten, weshalb die adäquate Übersetzung je nach Zusammenhang, Zeitraum, Stamm und Region unterschiedlich sein kann. Variationen reichen von Stammesoberhaupt über Häuptling bis hin zu Fürst, Provinzkönig, Kleinkönig und König.
Jeder Ri war einem Oberkönig verpflichtet, der Ruiri genannt wurde. Darüber gab es eine weitere Instanz, das waren die vier (zeitweise auch fünf) Ri Ruirech, Provinzherren. Von diesen behaupteten immer einige gleichzeitig, auch der Hochkönig zu sein. Zunächst taten dies die Ui Néill von Armagh in Ulster (später O´Neill genannt), wo auch die eher unbedeutende irische Mönchskirche seit St. Patrick einen Sitz hatte. Später taten dies die Herrscher von Tara, das nicht der Königssitz einer Provinz war, sondern ein gewaltsam von Leinster abgetrenntes Gebiet.
Entstehung der irischen Königreiche
Im Laufe der Zeit bildeten sich kurzfristige Bündnisse zwischen mehreren tuatha. Die beteiligten rí unterwarfen sich für die Dauer dieses Bündnisses einem ruiri, einer Art "Großkönig". Daraus entstand der Titel des rí ruirech, den die Könige der bis heute in nur leicht abgewandelter Form existierenden Provinzen Ulster (irisch: Uladh), Leinster (Laighean), Munster (Mumhan) und Connacht innehatten. Diese rí ruirech hatten in ihrem Territorium immer nur bedingt hegemoniale Macht. Noch zu Brian Borús Zeiten im 11. Jahrhundert existierten 100 bis 200 Kleinkönigreiche, die auf die alten irischen Stämme zurückgingen und deren rí sich nur aus Opportunismus oder unter militärischem Druck dem rí ruirech unterwarf. Wann immer die militärische Macht des rí ruirech schwächer wurde, begehrten die rí auf und stellten die Macht eines ri ruirech in Frage.
Als die Ui Neills, die den rí ruireach von Ulster stellten, im 8. Jahrhundert Tara annektierten und der rí der Ui Neills sich selbst zum König aller Iren ernannte, entstand erstmals die Idee eines gesamtirischen Großreiches, das Hochkönigtum Irlands. Der Hochkönig ist durch den vorangestellten Zusatz Ard eindeutig bezeichnet.
Hochkönigtum
Es gibt zwar Namen von Hochkönigen bis weit in vorgeschichtliche Zeit (bis ins 2. Jahrtausend vor Christus), dabei handelt es sich aber um mythologische Namen, die erst zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert nach Christus niedergeschrieben wurden, um die Idee eines gesamtirischen Reiches nach Vorbild der christlichen Reiche auf dem europäischen Festland historisch zu legitimieren. Vor dem 8. Jahrhundert war das Hochkönigtum in Irland gänzlich unbekannt.
Im 9. Jahrhundert begannen einige irische Könige, vornehmlich jene aus der Dynastie der Uí Néill, den Titel "König aller Iren" zu beanspruchen. Nach der Eroberung des heiligen Hill of Tara entstand zur Legitimation ein fünftes, nur formal unabhängiges Königreich: Meath (irisch: Mide), Mitte, das als Zentrum Irlands den Sitz des Hochkönigs innehaben sollte. Das einstmals zu Leinster gehörende Gebiet hatten die Uí Néills von Ulster, (nun nördliche Uí Néills genannt) annektiert und zur Legitimation der Hochkönigswürde zum eigenständigen Königreich erklärt.
Faktisch jedoch kann nicht von einer tatsächlichen Instanz mit ausreichend Einfluss in allen Teilen Irlands gesprochen werden. Selbst der Einfluss Brian Borús, der als erster (einziger) unumstrittener irischer Hochkönig bezeichnet wird, reichte nur kurze Zeit in alle Regionen. Lange Zeit seiner Herrschaft als Hochkönig verbrachte er damit, mit seiner Armee kreuz und quer über die Insel zu ziehen, um seine Machtansprüche zu festigen. Unumstritten war Brian Ború nie.
Im Jahre 940 n. Chr. wurde der Mann geboren, dem es als einzigem, wenn auch nur für neun Jahre, gelingen sollte, tatsächlich irischer Hochkönig zu sein. In Béal Bórú, bei Killaloe, am Shannon im heutigen Co. Clare, wird Brian mac Cenntig geboren. Sein Vater ist Rí des noch unbedeutenden Clan der Dál gCais. Im gemeinsamen Kampf mit seinem älteren Bruder Mahon, der den Thron des Vaters bestiegen hatte, besiegt er die Wikinger in der Enklave von Limerick. Dadurch wird Mahon Oberkönig von Munster und bezieht seinen Sitz in Cashel. Die Kämpfe mit den Wikingern, die auch in Cork, Dublin, Waterford und Wexford sitzen, gehen aber weiter. Brian beansprucht nach dem Tod seines Bruders den Königstitel von Munster. In Cashel sitzt aber schon der König der Eoghanacht, den Brian kurzerhand besiegt. Danach besiegt er Malachy II., den König der südlichen Ui Néill an, die zu Tara sitzen. Mit dem König der nördlichen Ui Néill, Maél Sechnaill, einigt er sich nach etlichen Scharmützeln auf die Aufteilung Irlands. Durch Heirat verbindet er sich dann mit den Wikingern von Dublin und erklärt sich zum Hochkönig von Irland und zum Augustus des nordwestlichen Europa. Die nördlichen Ui Néill geben vorerst klein bei, es ist das Jahr 1005 und Brian ist nun bereits 65 Jahre alt.
Es kommt dann aber schnell zum Widerstand, den der König von Leinster mit den Ui Néill´s anführt, an dem sich aber auch die Wikinger von Dublin beteiligen. Am Karfreitag des Jahres 1014 kommt es zu der blutigen Schlacht von Clontarf, die als die Vertreibung der Wikinger in die Legenden einging. In der Schlacht fielen Brian Boru und sein Sohn Murrogh. Brians Truppen gewannen aber und strickten an den Legenden, die in den Annalen von Inisfallen zu Papier gebracht wurden. Die Folge für Irland war, dass alles so blieb, wie es vor Brians Auftreten war, auch die Wikinger blieben, nur die zahlreichen Nachkommen, die Brian Boru mit seinen vier Frauen und 30 Konkubinen hatte, nannten sich fortan die O´Brians.
Die Auseinandersetzungen der irischen Könige um die Hegemonie führte dazu, dass im Jahre 1166 Diarmait MacMurroughs, der König von Leinster (der sich zum Hochkönig ausgerufen hatte), den englischen König Heinrich II. um Hilfe bat. Infolgedessen gewannen die Engländer bzw. Anglonormannen erstmals militärische Macht über Irland. Danach nahm das Bestreben nach dem Amt des Hochkönigs schnell ab und endete 1175.
Edward Bruce
1315 wurde noch einmal ein Hochkönig ausgerufen: Edward Bruce, der Bruder des schottischen Freiheitskämpfers Robert Bruce. Die Iren erhofften sich mit Hilfe des gerade unabhängig gewordenen Schottlands die Vertreibung der anglo-normannischen Fremdherrschaft. Doch Edward hatte kaum Erfolg. Er eroberte zwar Ulster und Connacht, starb aber bereits 1318 während einer eher kleineren Auseinandersetzung im County Louth.
Literatur
- Marianne Tölle (Hrgb.), Im Irland der Hochkönige 400 bis 1200 n.Chr., 2004, ISBN 3898362434
- Jürgen Elvert, Geschichte Irlands, 2003, ISBN 3423301481
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