Jisei

Jisei
General Akashi Gidayu bereitet sich vor, Seppuku zu begehen, nachdem er 1582 eine Schlacht für seinen Herren verloren hat. In dieser Darstellung Yoshitoshis ist das fertiggestellte Todesgedicht in der oberen rechten Ecke zu sehen.
Todesgedicht von Kuroki Hiroshi, eines japanischen Soldaten, der bei einem U-Boot-Unfall am 7. September 1944 starb.

Ein Todesgedicht (jap. 辞世の句 jisei no ku) ist ein Gedicht, das jemand schreibt, der seinem Tod nahe ist. Es ist in verschiedenen Kulturen, darunter Japan, für gebildete Personen Brauch, eines zu schreiben.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Poesie war lange Zeit ein Kernstück der japanischen Tradition, in enger Verbindung zur religiösen Praxis. Das Gedicht sollte elegant und natürlich sein und neutrale Gefühle aus dem Umkreis der Lehren des Buddhismus oder Shinto (und möglicherweise auch des Christentums) darstellen. Mit Ausnahme der frühesten Werke dieser Tradition wurde es als ungehobelt angesehen, den Umstand des Sterbens direkt anzusprechen. Man kann jedoch mit Untertönen von Worten wie Sonnenuntergang oder fallende Kirschblüten die Unvermeidlichkeit des Todes andeuten.

Es war üblich, sich über dieses einmalige Ereignis im Leben bereits vorher, gelegentlich auch lange vor dem Tod, zu beraten, um ein Gedicht zu entwerfen. Es ändert sich viel im Leben eines Menschen, und so konnten die Gedichte oft neu geschrieben werden. Dieses Umschreiben wurde fast niemals erwähnt, um das Andenken an den Verstorbenen nicht zu beflecken.

Sowohl chinesische als auch japanischen Zen-Mönche schreiben Todesgedichte (entweder in Gedichten chinesischen Stils kanshi, Waka oder Haiku), ebenso ist es Tradition für Haiku-Dichter und jeden, der es wünscht, eines zu schreiben.

Es ist ein alter Brauch für gebildete Personen in Japan, auf dem Totenbett ein Jisei zu dichten. Eine der ältesten Jisei wurde von Prinz Otsu rezitiert, bevor er 686 hingerichtet wurde. Berühmte Todesgedichte sind bekannt von dem Haiku-Dichter Basho, dem Mönch Ryokan, dem Erbauer der Burg Edo Ota Dokan, und dem Holzdruck- Meister Tsukioka Yoshitoshi.

Manche Dichter hinterließen ihre Jisei in mehreren Formen. Prinz Otsu als Waka und Kanshi, der Teemeister Sen no Rikyu als Kanshi und Kyoka.

Das Todesgedicht hatte manchmal den Neben-Aspekt eines Testamentes und versöhnte Differenzen zwischen verschiedenen Personen.

In einem den Regeln entsprechendem Seppuku ist eines der Rituale, ein Todesgedicht zu schreiben. Dieses ist im Waka-Stil geschrieben. Asano Naganori, der Daimyo, dessen Suizid durch die 47 Ronin gerächt wurde, schrieb ein Gedicht, in dem Kommentatoren einen Hinweis auf Unreife und fehlenden Charakter finden, die vor allen Dingen dazu führten, dass ihm befohlen wurde, zur Wiederherstellung seiner Ehre Seppuku zu begehen.

Beispiele

Das Todesgedicht des Katsushika Hokusai hat die Form eines Haiku:

Hitodama de
yuku kisan ja
natsu no hara
Als ein Geist werde ich jetzt
umherschweifen
in den Sommerfeldern.

Der Hitodama (wörtlich: Menschenseele) verlässt den Körper im Augenblick des Sterbens in Form eines blassblauen Feuerballs, der 49 Tage in der Nähe des Heims des Verstorbenen bleibt. Das folgende Gedicht sprach der Mönch Ryokan (1757-1831) der ihn pflegenden Nonne in seinen letzten Augenblicken zu:

Ura o mise
omote o misete
chiru momiji
Mal zeigt es die Rückseite,
mal die Vorderseite,
ein Ahornblatt im Fallen.

Zitate

  • "In unserem Land schreiben die Zen-Mönche Sterbegedichte. Die meisten von ihnen verfassen das Gedicht bereits, wenn sie noch gesund sind, und tun dann, wenn sie sterben, so, als dichteten sie es spontan. Manche dieser Gedichte sind Unsinn; andere verdienen höchste Anerkennung." (Anonymer Autor: "Nomori no Kagami", 15. Jh. (zitiert nach Hoffmann: Die Kunst des letzten Augenblicks, S. 36))
  • "Zen-Mönche ... schreiben gewöhnlich Sterbegedichte. Ich weiß selbst von zwei oder drei Mönchen, die ihre Gedichte im Augenblick des Todes verfassten - ein sehr schwieriges Unterfangen. Sie dachten vielleicht, dass sie es für ihre Schüler täten, aber will man den Gang der Natur respektieren, so ist eine derartige Praxis ganz und gar nicht angebracht... Das Motiv, sich so große Mühe zu geben, ein Sterbegedicht zu schreiben, ist der Wunsch, bei anderen Eindruck zu machen." (der Literaturwissenschaftler Ban Kokei in seinem Buch "Kandem Jijitsu", 1806 (zitiert nach Hoffmann: Die Kunst des letzten Augenblicks, S. 36f.))

Quellen

  • Yoel Hoffmann: Japanese Death Poems: Written by Zen Monks and Haiku Poets on the Verge of Death, Charles E. Tuttle Company, 1986, ISBN 0-8048-1505-4, 366 Seiten (gekürzte deutsche Übersetzung: Die Kunst des letzten Augenblicks. Todesgedichte japanischer Zenmeister, Herder: Freiberg, Basel, Wien, 2000, ISBN 3-451-04965-1, 160 Seiten)

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jisei no ku — El general Akashi Gidayu preparándose para hacerse el haraquiri tras perder una batalla de su maestro en 1582. Está representado justo después de escribir su poema de despedida, visible en la esquina superior derecha. Ilustración de Yoshitoshi… …   Wikipedia Español

  • Jisei (Computerspiel) — Dieser Artikel wurde auf die Qualitätssicherungsseite des Portals Computerspiele eingetragen. Beteilige dich an der Diskussion und hilf mit, den Artikel zu verbessern …   Deutsch Wikipedia

  • Jisei-in — is the name of many temples in Japan. * Jishō in at Nishi Ochiai in Shinjuku, Tokyo is known as nihongo| Cat Jizō |猫地蔵|nekojizō or cat temple . The statue of jizō can be shown publicly once a year on the day of setsubun (February 3) with bean… …   Wikipedia

  • Death poem — Jisei redirects here. For the 2010 visual novel, see Jisei (video game). General Akashi Gidayu preparing to commit seppuku after losing a battle for his master in 1582. He is depicted as having just written his death poem, which is also visible… …   Wikipedia

  • SakeVisual — ist ein Entwickler und Publisher von englischsprachigen Adventures japanischen Typuses (außerhalb Japans verallgemeinernd als Visual Novel bezeichnet). Sie sind vor allem bekannt für ihr Otome Game (derartige Spiele für junge Frauen als… …   Deutsch Wikipedia

  • Poème d'adieu — Le général Gidayu Akashi se prépare à commettre seppuku après avoir perdu une bataille pour son maître en 1582. Il est représenté ici en train d écrire son poème d adieu, dont une partie est visible dans le coin droit supérieur. Illustration de… …   Wikipédia en Français

  • KARATÉ — Le terme karate dō écrit en kanjis. Karate dō 空手道 …   Wikipédia en Français

  • Kara- te — Karaté Le terme karate dō écrit en kanjis. Karate dō 空手道 …   Wikipédia en Français

  • Karate — Karaté Le terme karate dō écrit en kanjis. Karate dō 空手道 …   Wikipédia en Français

  • Karatedo — Karaté Le terme karate dō écrit en kanjis. Karate dō 空手道 …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”