Jochgeier

Jochgeier
Bartgeier
Bartgeier (Gypaetus barbatus)

Bartgeier (Gypaetus barbatus)

Systematik
Ordnung: Greifvögel (Falconiformes)
Familie: Habichtartige (Accipitridae)
Unterfamilie: Gypaetinae
Gattung: Bartgeier
Art: Bartgeier
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Gypaetus
Storr, 1784
Wissenschaftlicher Name der Art
Gypaetus barbatus
Linnaeus, 1758

Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) ist ein Greifvogel aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae). Er bildet die einzige Art der gleichnamigen Gattung (Gypaetus). Mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,9 Metern zählt er zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt. Mit 225 bis 250 Brutpaaren ist der Bartgeier einer der seltensten Greifvögel Europas.

Inhaltsverzeichnis

Name

Der Bartgeier wird auch Lämmergeier genannt – eine Bezeichnung, die sich auch im englischsprachigen Raum eingebürgert hat. Auf seine äußerliche Ähnlichkeit zu einem Adler weisen auch Namen wie Bartadler oder Greifadler hin. Goldgeier, Bartfalk, Berggeier, Beinbrecher oder Knochenbrecher sind weitere Bezeichnungen, die der Volksmund dieser Geierart gegeben hat.

Erscheinungsbild

Bartgeier, Vorderansicht.

Ausgewachsene Bartgeier haben ein kontrastreiches Körpergefieder. Die Oberseite ist grauschwarz. Kopf, Hals und die Körperunterseite sind weiß bis rostrot.

Auffällige borstenartige schwarze Federn hängen dem Bartgeier über den Schnabel. Sie sind für diese Art namensgebend gewesen. Die Augen sind von einem roten Skleralring umgeben; die Intensität des Rots spiegelt die Stimmung des Vogels wider. Je erregter er ist, desto leuchtender ist dieser Skleralring. Die Iris der Augen ist gelb. Der Bartgeier hat lange, relativ schmale und zum Ende hin deutlich zugespitzte Flügel, die beim Gleiten leicht nach unten hängend gehalten werden. Der Schwanz ist lang und keilförmig. Junge Bartgeier sind überwiegend grauschwarz, nach fünf bis sieben Jahren ist die Art ausgefärbt. Bartgeier weisen nur einen sehr geringen Geschlechtsdimorphismus auf.

Der Bartgeier ist insgesamt deutlich schmalflügeliger und langschwänziger als die anderen Altweltgeier (Unterfamilie Aegypiinae). In seinem Flugbild ähnelt er mit den langen spitzen Flügeln und dem langen, spatelförmigen Schwanz eher einem riesigen Falken. Er ist ein ausgezeichneter Segler, der schon geringste Aufwinde nutzen kann, um im Gleitflug an Felswänden oder über einem Berggipfel zu patrouillieren.

Seine Flügelspannweite beträgt 2,30–2,83 m, seine Körperlänge 94–125 cm, sein Gewicht 4,5–7 kg.

Verbreitungsgebiet

Verbreitung des Bartgeiers
grün: Regionen mit regelmäßigen Brutvorkommen
rote x: Wiedereinbürgerungsgebiete

Der Bartgeier hat heute ein disjunktes Verbreitungsgebiet. Er ist in Afrika ebenso zu finden wie in den Pyrenäen, einigen Bergregionen Südeuropas, in Gebirgen des südwestlichen und zentralen Asiens, der Mongolei und Zentralchina. Innerhalb dieses großen Verbreitungsgebietes werden zwei Unterarten beschrieben:

Lebensraum

Typische Lebensräume des Bartgeiers sind alpine und montane Bergregionen oberhalb der Baumgrenze. Sie sind durch große Höhenunterschiede, steile Felswände, gute Thermik und Aufwinde gekennzeichnet. Sie müssen außerdem Frischwasser und sogenannte Rotbadestellen aufweisen. Unzugängliche Felsnischen sind notwendig, damit die Bartgeier zur Brut kommen. Wichtig ist für den Bartgeier gleichfalls, dass es einen Bestand von Beutegreifern wie Wolf und Luchs sowie großen Greifvögeln wie Steinadler in seinem Lebensraum gibt. Er benötigt sie, da er von ihnen einen Teil der Beute übernimmt.

Die Höhenregionen, in denen sich Bartgeier aufhalten, entsprechen in Europa Höhen zwischen 1.500 und 3.000 Metern. Im Himalaya kommen sie bis zu 7.800 Metern vor. In Äthiopien dagegen kann man den Bartgeier bereits in einer Höhe ab 300 Metern über dem Meeresspiegel beobachten.

Das von Familiengruppen oder Paaren beanspruchte Revier hat eine Größe zwischen 100 und 400 Quadratkilometern. Während des Winterhalbjahrs wird das Gebiet, das Bartgeier während ihrer Nahrungssuche überfliegen, noch größer. Allerdings verhalten sich Bartgeier nur in unmittelbarer Nähe ihres Nestes aggressiv gegenüber Artgenossen und anderen Greifvögeln. Bartgeier sind Standvögel, die das ganze Jahr über in ihrem Brutrevier verbleiben.

Nahrung- und Nahrungserwerb

Knochen als Nahrungsnische

Kopf eines Bartgeiers, Frontalsicht – Bartgeier leben überwiegend von Knochen

Bartgeier leben nahezu ausschließlich von Aas – die einzige Ausnahme davon stellen Landschildkröten im Mittelmeerraum dar. Die Landschildkröten trägt der Bartgeier in die Luft und lässt sie ebenso wie Knochen aus großer Höhe fallen. In Afrika ist er außerdem dabei beobachtet worden, dass er die Plazenta von Wild- und Nutztieren frisst. Der Bartgeier landet dabei mitten in der Herde und nähert sich dann zu Fuß den Geburtsüberresten.

Seine Nahrung besteht zu 80 % aus Knochen von gefallenen Tieren und Aas. Jungtiere sind noch auf Muskelfleisch angewiesen, aber erwachsene Tiere können sich fast ausschließlich von Knochen ernähren. Ein ausgewachsenes Tier benötigt dabei täglich zwischen 250 bis 400 Gramm Knochen. Um die Knochen zu zerkleinern, lassen Bartgeier diese aus großer Höhe auf Felsen fallen, um schlundgerechte Stücke zu erhalten.

Entdeckt ein Bartgeier einen Kadaver, kreist er erst eine Zeitlang über diesem. Landet er, tut er dies in einiger Entfernung vom Kadaver und nähert sich diesem zu Fuß. Beute, die er nicht sofort verzehrt, bewahrt er in größeren Nahrungsverstecken in Horsten oder Ruhe- und Schlafplätzen auf.

Mit der Spezialisierung auf Knochen hat der Bartgeier eine Nahrungsnische gefunden, die ihm von keinem anderen Tier streitig gemacht wird. Er wartet daher auch geduldig ab, bis sich andere Beutegreifer wie Füchse, Wölfe, Bären oder auch andere Geier am Kadaver gütlich getan haben. Die spektakulären Verteilungsauseinandersetzungen, die man beispielsweise in der afrikanischen Savanne beobachten kann, wenn Geier zwischen Löwen versuchen, an Teile des Kadavers zu gelangen, kommen bei Bartgeiern nicht vor. Mit der Spezialisierung auf Knochen hat der Bartgeier sich dabei durchaus eine nährstoffreiche Nahrungsquelle erschlossen. Knochen enthalten im Durchschnitt 12 Prozent Eiweiß, 16 Prozent Fett, 23 Prozent Mineralstoffe und 49 Prozent Wasser. Wegen des geringen Wassergehaltes der Knochen trinken Bartgeier häufig. Sie sind daher auf Frischwasserquellen in ihrem Lebensraum angewiesen und nehmen auch Schnee auf, um ihren Durst zu stillen.

Die Techniken des Knochenfressens

Bartgeier verfügen über eine außergewöhnliche große Mundspalte. Ausgewachsene Vögel können bis zu 18 Zentimeter lange und drei Zentimeter dicke Knochen ohne Zerkleinerung verschlucken. Noch größere Knochen werden vom Bartgeier jedoch vor dem Fressen zerkleinert. Im Unterschied zu anderen Geierarten verfügt der Bartgeier über recht bewegliche Greiffüße und spitze Krallen. Er ist daher in der Lage, die Knochen zu ergreifen und sich mit ihnen in die Luft zu erheben und sie aus einer Höhe von 60 bis 80 Meter fallen zu lassen. In einem Revier etablierte Bartgeier nutzen regelmäßig sogenannte Knochenschmieden, das sind Felsplatten von einer Größe von etwa 30 Quadratmetern. Auf diese lässt der Bartgeier den Knochen herabstürzen, bis dieser zerbricht. Bartgeier sind dabei geduldig und lassen Knochen bis zu vierzig Mal herabfallen, bis sie endlich zerbrechen. Der spanische Name des Bartgeiers Quebrantahuesos („Der die Knochen bricht“) nimmt dies auf.

Die Neigung, Knochen fallen zu lassen, ist Bartgeiern angeboren. Technische Fertigkeit erwerben sie jedoch erst im Laufe der Zeit. Sehr erfahrene Vögel setzen sogar zu einem Sturzflug an und schleudern den Knochen herab, um damit die Energie des Aufpralls zu steigern.

Fortpflanzung

Bartgeier sind wendige und geschickte Flieger und zeigen das auch während ihres Balzspiels. Zum Balzspiel gehören Verfolgungsjagden zwischen den Partnern, Loopings, ein Fliegen auf dem Rücken, bei dem sich die Vögel gelegentlich an den Fängen fassen und gemeinsam bis knapp über den Boden herabtrudeln. Dies wechselt mit Flugphasen, in denen sie in einem Abstand von wenigen Metern völlig synchron voneinander fliegen.

Bartgeier bauen in unzugänglichen Felsnischen oft gewaltige Horste. Der Horstbau beginnt im Herbst. Die Horste werden von den in festen Partnerschaften lebenden Bartgeiern immer wieder genutzt. Ältere Horste können mit einer Breite von drei Metern und zwei Metern Höhe gewaltige Ausmaße annehmen. Beim Nestbau verarbeiten die Bartgeier neben Ästen auch Knochen und polstern die Nestmulde mit Federn und Tierhaaren aus. Wo sie sie finden können, nutzen sie zum Auspolstern auch Lappen und Papier. In der Literatur ist sogar ein Fall bekannt, wo ein Gebetsteppich für das Auspolstern verwendet wurde.

Die Eiablage erfolgt im späten Dezember oder Januar, wenn in den von ihnen bevorzugten Lebensräumen ein besonderes harsches Wetter vorherrscht. Bartgeier legen gewöhnlich zwei Eier. Das zweite Ei folgt etwa eine Woche nach dem ersten. Die Brutdauer beträgt 52 bis 58 Tage. Der zweite schlüpfende Jungvogel ist meist nicht in der Lage, sich gegen den älteren Jungvogel im Kampf um das Futter durchzusetzen. Er stirbt daher durch Vernachlässigung innerhalb weniger Tage. In sehr seltenen Ausnahmefällen tötet der ältere Jungvogel sogar sein schwächeres Geschwister. Die Jungvögel, die überwiegend im März schlüpfen, kommen dann zur Welt, wenn die Schneeschmelze einsetzt und zahlreiche Tierkadaver von im Winter umgekommenen Wildtieren freigelegt werden. Bartgeiern fällt in dieser Zeit die Nahrungsbeschaffung für den Jungvogel, den sie großziehen, sehr leicht. Die Nestlingszeit beträgt 110 bis 120 Tage.

Während die ausgewachsenen Bartgeier Standvögel sind, streifen Jungvögel mehr herum. Dabei verlassen sie jedoch nur ausnahmsweise die Gebirge. Auf ihren Streifzügen schützt sie unter anderem ihr Jugendkleid vor den Aggressionen von Revierinhabern. Erwachsene Vögel dulden Vögel im Jugendkleid auch an der Beute. Die Bartgeier erreichen mit 5–7 Jahren ihre Geschlechtsreife.

Bartgeier und Mensch

Der Bartgeier trug über lange Zeit den Namen Lämmergeier, weil man in diesem Vogel einen Jäger von Lämmern und Gämsen sah und ihm sogar andichtete, dass er gelegentlich ein Kind davontrage. Noch Friedrich von Tschudi hielt 1890 zu dieser Art fest:

Im Urnerlande lebte noch 1854 eine Frau, die als Kind von einem Lämmergeier entführt worden war. In Hundwyl (Appenzell) trug ein solcher verwegener Räuber ein Kind vor den Augen seiner Eltern und Nachbarn weg. Auf der Silberalp (Schwyz) stieß ein Geier auf einen auf einem Felsen sitzenden Hütenbuben, begann ihn sogleich zu zerfleischen und stieß ihn, ehe die herbeieilenden Sennen ihn vertreiben konnten, in den Abgrund... (Lit.: zit. n. Hofrichter, S. 60)

Lebte der Bartgeier in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch in einem Großteil des Alpenbogens, wurde er in weniger als hundert Jahren in den Alpen restlos ausgerottet. Mit der zunehmenden Nutzung der Gebirgsregionen durch den Menschen wurde einerseits seine Nahrung zunehmend knapper. Gleichzeitig war er einer rigorosen Bejagung ausgesetzt. Die Landesherren lobten sogar Prämien aus. Die letzten Vögel wurden 1886 in der Schweiz in Visp, 1906 in Österreich und 1913 in Italien im Aostatal erlegt. Ein letztes Nest wurde zerstört.

Erfolgreiche Wiederansiedlung in den Alpen

In den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts erschien eine Wiederansiedlung in den Alpen möglich, denn es gab wieder große Mengen wild lebender Huftiere, die als Nahrung für den Bartgeier in Frage kamen. Dazu trat ein neues Gesetz in Kraft, das den Bartgeier schützte und die Anwendung von Strychnin in Ködern untersagte. Angeregt durch Zuchterfolge im Innsbrucker Alpenzoo seit 1973 bildete sich eine internationale Gruppe mit dem Ziel der Wiederansiedlung des Bartgeiers durch Auswilderung in den Alpen.

Schweizer Nationalpark – einer der Orte, an denen Bartgeier wieder angesiedelt wurden

1986 wurde im Rauriser Krumltal (Nationalpark Hohe Tauern) der Versuch der Auswilderung in Gefangenschaft geborener junger Bartgeier gestartet. Dafür wurden etwa 10 Wochen alte, noch flugunfähige Jungtiere in einem künstlichen Horst ausgesetzt und bis zum Erstflug mit etwa 4 Monaten ohne Menschenkontakt gefüttert. Danach wurde noch so lange Futter im Gelände angeboten, bis sich die jungen Geier selbständig ernähren konnten.

Wegen des Erfolges kamen in den folgenden Jahren noch weitere Freilassungsplätze in Hochsavoyen, den Nationalparken Vanoise und Mercantour (Frankreich), Stilfser Joch (Italien) und im Schweizer Nationalpark sowie in den Seealpen (Italien) dazu. Im Herbst 2005 waren insgesamt 137 junge Bartgeier ausgesetzt worden, von denen rund 80 in den Alpen überlebt haben.

Junggeier aus Gefangenschaftszucht entwickelten sich problemlos zu selbständig überlebensfähigen Individuen. Die Überlebensrate war höher als erwartet und liegt bei etwa 70 Prozent. Die Vögel finden nach wie vor gute Lebens- und Brutbedingungen in den Alpen. Der erste Brutversuch fand 1997 in der Haute-Savoie statt. Seither hat das sehr fruchtbare Paar vier weitere Male erfolgreich Junge aufgezogen. Bis 2002 hatten insgesamt 8 Paare in den Alpen gebrütet, sechs davon erfolgreich. Die anderen Paare, die sich gefunden haben, setzten weitere 16 junge Bartgeier in die Welt. 2002 wurden sechs Jungvögel in den Alpen geboren, drei in Italien und drei in Frankreich. Im Jahre 2005 gab es 27 in Freiheit geborene Bartgeier in den Alpen. Der erste 1997 in Hochsavoyen geborene Vogel ist jetzt geschlechtsreif und ein Nisten der zweiten Generation ist demnächst möglich. 25 % der aktuell etwa 100 in den Alpen lebenden Bartgeier stammen schon aus Freilandbruten. Die Freilassung soll in den nächsten Jahren auslaufen. Noch intensiver als bisher soll für eine natürliche Verwertung abgestürzter Weidetiere durch Aasfresser geworben werden.

Mehr als 100 Jahre nach der Ausrottung des Bartgeiers in der Schweiz brüten 2007 erstmals wieder zwei Bartgeierpaare in den Schweizer Alpen. Im Raum des bündnerischen Ofenpasses ist erstmals seit 122 Jahren ein junger Bartgeier in freier Wildbahn aus dem Ei geschlüpft. Der Schlupf sei vermutlich zwischen dem 20. und 25. März 2007 erfolgt. Am 31. Juli 2007 ist eines der zwei Jungen am Ofenpass flügge geworden und hat seinen ersten Rundflug unternommen. 2008 wurden zwei Jungtiere flügge (erneut am Ofenpass und erstmals im Albula-Gebiet).

Laut aktuellen Angaben der staatlichen Vogelwarte der Schweiz leben in den Alpen derzeit in etwa 100 Bartgeier. In der Schweiz sind 50 unterschiedliche Exemplare beobachtet worden, allerdings stammen diese auch aus anderen Ländern, da sie in den ganzen Alpen "herumstreifen".

Begleitende Maßnahmen zur Wiederansiedelung

Flugbild.
Profilansicht

Zur Ausrottung des Bartgeiers in den Alpen zu Beginn des 20. Jahrhunderts trugen auch Missverständnisse und Fehlinformationen über die Lebensweise des Bartgeiers bei. Die Wiederansiedlungsversuche, die in den 1980er Jahre begannen, waren daher von umfangreichen Aufklärungskampagnen begleitet. Speziell Landwirte und Jäger wurden darüber aufgeklärt, dass der Bartgeier seine frühere Bezeichnung Lämmergeier nicht verdient und tatsächlich ein auf Aas spezialisierter Vogel ist. Zu den einzelnen Maßnahmen, die umgesetzt wurden, zählte die Einbindung von Landwirten und Jägern in die Beobachtung der ersten ausgesetzten Vögel. Beide Gruppen sollten sich selbst davon überzeugen können, dass der Bartgeier nur Knochen frisst. Zu den ungewöhnlicheren Maßnahmen gehörte auch, dass man sowohl in einigen Zuchtstationen und Zoos im Gehege der Bartgeier Kaninchen, Murmeltiere und Hühner hielt, um auch so zu demonstrieren, dass Bartgeier sich nicht an lebenden Tieren vergreifen. Aus jüngster Zeit kennt man jedoch einige Fälle in Spanien, wo Geier sehr wohl lebende Tiere (frisch geborenes Kalb, Schafe) angegriffen und getötet haben. Dies vor allem deshalb, weil sie in ihrem Habitat zu wenig Aas vorfanden.

Nach wie vor ist auch in guter ornithologischer Literatur zu lesen, dass Bartgeier durch dichtes Anfliegen Gämsen und Schafe auf Berggraten zum Abstürzen bringen.

Bis heute kommt es jedoch zu Abschüssen der streng geschützten Vögel. 1997 wurde ein Schweizer Jäger zu 10 Tagen Bewährung und 20.000 Schweizer Franken Geldstrafe verurteilt, der ein für das Wiederansiedlungsprojekt wichtiges Weibchen abschoss. Eine Reihe anderer Täter, die illegal Bartgeier abschossen, konnte nicht gefasst werden. In den Pyrenäen werden nach wie vor Giftköder ausgelegt, die gezielt Bartgeier anlocken sollen. Bartgeier fressen jedoch auch die Giftköder, die für wildernde Hunde, Wölfe oder Füchse ausgelegt werden und verenden daran. Auch werden nach wie vor Nester ausgenommen, um die Eier auf dem Sammlermarkt zu verkaufen.

Schutzprojekt auf Kreta

Das einzige Vorkommen des Bartgeiers auf dem Balkan befindet sich auf Kreta. Durch ein Schutz- und Aufklärungsprojekt im Rahmen des EU-Programms LIFE zwischen 1998 und 2006 gelang es, den Bestand auf sechs Brutpaare zu stabilisieren. Die Arbeiten konzentrierten sich auf das Asteroussia-Gebirge (südlich der Messara-Ebene) und den Berg Agios Dikaios (im äußersten Westen), wo u.A. ein Naturlehrpfad und eine Beobachtungsstation eingerichtet wurden. Ein weiteres Brutpaar befindet sich im Samaria-Nationalpark; wesentlich häufiger sind dort jedoch Gänsegeier.

Sonstiges

Von dem griechischem Dichter Aischylos, der 456 v. Chr. in Gela starb, erzählt die Legende, die Plinius der Ältere überlieferte, dass er dadurch zu Tode kam, dass ein Raubvogel eine Schildkröte auf seinen kahlen Kopf herabfallen ließ. Sollte die Legende wahr sein, ist vermutlich ein Bartgeier für den Tod des Dichters verantwortlich. Landschildkröten gehören im Mittelmeerraum tatsächlich zum Beutespektrum des Bartgeiers, die sie ähnlich wie Knochen auf Knochenschmieden herabfallen lassen. Ungewöhnlich wäre allerdings, dass ein Bartgeier aus sechzig Meter Höhe die glänzende Glatze Aischylos' für eine erfolgversprechende Stelle halten würde, an der der Panzer einer Schildkröte zerbrechen würde.

Literatur

  • Robert Hofrichter: Die Rückkehr der Wildtiere – Wolf, Geier, Elch & Co. Leopold Stocker Verlag, Graz 2005. ISBN 3-7020-1059-9
  • Benny Génsbol, Walther Thiede: Greifvögel – Alle europäischen Arten, Bestimmungsmerkmale, Flugbilder, Biologie, Verbreitung, Gefährdung, Bestandsentwicklung. BLV Verlag, München 2004. ISBN 3-405-16641-1

Weblinks


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