Johannes de Piano Carpini

Johannes de Piano Carpini
Die Reiseroute Johannes de Plano Carpinis

Johannes de Plano Carpini (auch Giovanni Piano Carpini oder Giovanni da Pian del Carpini; * um 1185 in Fian dei Carpini, heute Magione, bei Perugia in Umbrien; † 1. August 1252 in Bar, Montenegro) war ein italienischer Franziskaner, der vor allem durch seine Reise in die Mongolei Bekanntheit erlangte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Als Missionar in Europa

Johannes war ein Schüler und Gefährte von Franz von Assisi und wirkte in den 1220ern als Missionar und Organisator des Franziskanertums in Deutschland. Dort gründete er mehrere Kloster im Rheinland und Sachsen. 1222 ging er als Missionar nach Tunis und 1225 auf die Iberische Halbinsel. Seit 1228 leitete er die Ordensprovinzen Teutonia und Saxonia, seine Missionsarbeit dehnte er immer weiter nach Osten aus.

Auf Mission zum Großkhan

1245 wurde Johannes de Plano Carpini vom Papst Innozenz IV. mit einer Mission in der Ukraine beauftragt, welche damals von den Mongolen besetzt war. Neben der Mission sollte er auch als Leiter einer Gesandtschaft den mongolischen Großkhan aufsuchen. Diplomatischer Hintergrund war, dass nach dem verheerenden Mongolensturm von 1241 weitere Kriegszüge nach Europa ausgeschlossen werden sollten, während Innozenz IV. die Mongolen als Bündnispartner gegen den vorrückenden Islam und zur Sicherung der Kreuzfahrerstaaten zu gewinnen versuchte.

Am Ostertag 1245 verließ er Lyon, zog durch Böhmen und das heutige Schlesien zum von den Mongolen besetzten Kiew am Dnepr und von dort zum Don. Hier ging es weiter zur Wolga, durch das neu-entstandene Mongolenreich der Goldenen Horde zum Fluss Ural, über die Seidenstraße zu den Dsungarischen Seen und von dort weiter in das Zentrum des Mongolenreiches. Beim Fluss Orchon stieß man auf das Inthronisationslager der Mongolen, die gerade im Begriff waren, nach den Tode des Vorgängers und einer Zwischenregentschaft einen neuen Großkhan zu ernennen. Im August 1246 wohnte Johannes der Inthronisation des neuen Khans Göjük bei und erst vier Monate später wurde ihm in dem Jurtenlager eine Audienz gewährt. Carpini berichtet in seinem Buch, dass die Mongolen damals nirgendwo feste Städte bauten, da sie solche für einen strategischen Nachteil hielten. Die festen Städte der unterworfenen Völker konnten aus Sicht der Mongolen nach ihrer Kriegsmethode leicht erobert werden. Es ist daher glaubhaft, daß die später von Wilhelm von Rubruk beschriebene feste Stadt mit dem Palast zur Zeit des Besuches von Carpini noch nicht fertiggestellt war und eine möglicherweise schon seit 1220 bestehende Baustelle den Fremden nicht gezeigt wurde. Jedenfalls berichtet Carpini, dass das weitläufige und reich ausgestattete Jurtenlager (und nicht Karakorum) damals der Ort war, wo "der Thron des Kaisers aufgestellt war"[1]. Deshalb sagt man oft vereinfacht, aber nicht ganz korrekt, daß Carpini "nach Karakoum gesandt (wurde), wo er 1246 beim Großkhan Kujuk für den Frieden eintrat."[2] Sehr viele fremde Handwerker und Berater habe es dort gegeben, berichtete Johannes Carpini, auch auffallend viele Christen unter ihnen, weiterhin Nestorianer, Russen und andere. Handwerker gab es ausschließlich aus fremden Völkern, welche meist nach Eroberungen auf diese Weise ihr Leben retten und auch bei entsprechenden Leistungen gut leben konnten, während die Mongolen sich selbst auf das Kriegshandwerk konzentrierten. Da Johannes aber nach eigenen Angaben [3] die Stadt Karakorum mit dem noch im Bau befindlichen Khan-Palast und den seit 1235 entstehenden Befestigungsanlagen nicht gesehen hatte, ist Wilhelm von Rubruk zweifellos der erste Europäer, der im April 1254 die Mongolenhauptstadt Karakorum tatsächlich gesehen und beschrieben hat.

Bei besagter Audienz im Jurtenlager hätte Johannes de Plano Carpini dem neuen Khan einen mitgebrachten Papstbrief überreichen sollen, der den Mongolenherrscher aufforderte, die Kampfhandlungen seiner Truppen gegen die Christen einzustellen. Ob er den Brief tatsächlich überreicht hat oder dies aus taktischer Überlegung besser unterließ, ist letztlich nicht überliefert. Da das unaufgeforderte Erscheinen einer gegnerischen Abordnung nach mongolischer Tradition für den Khan bedeutete, dass man sich ihm unterwerfen wolle, schickt er diese Abordnung nach dem Empfang mit einem Schreiben von seiner Seite wieder zurück. In diesem Schriftstück forderte er nunmehr den Papst mit einer hinzugefügten, versteckten Drohung dazu auf, zusammen mit den anderen Königen unverzüglich zu ihm kommen, um sich persönlich ihm zu unterwerfen.

Die diplomatischen Ziele der Mission wurden also nicht erreicht, doch aufgrund seines Reiseberichts „Ystoria Mongolorum quos nos Tartaros appellamus“, der erstmals die Kultur und Gebräuche der Mongolen beleuchtete, war die Mission zumindest in wissenschaftlicher Hinsicht ein Erfolg.

Bezüglich der Frage, ob im Reich der Mongolen christliche Völker anzutreffen seien, berichtet er vom christlichen zentralasiatischen Turkvolk der Uighuren, das von Dschingis Khan erobert worden sei: „Diese Menschen sind Christen von der Sekte der Nestorianer" [4] Er erwähnt noch ein weiteres von Dschingis Khan teilweise niedergeworfenes, wohlhabendes Volk, vermutlich Chinesen, die eine besondere Schrift haben: die "Kytai". Sie seien Heiden, glauben aber an Jesus Christus, wenngleich sie nicht getauft seien. "Sie tragen keinen Bart und ähneln im Gesichtsschnitt ziemlich den Mongal, doch haben sie nicht ganz so breite Gesichter." Das Reich des legendären Priesterkönigs Johannes aber vermutete er in Indien (Thomaschristen?): „Einen anderen Sohn schickte Činggis Khan mit einem Heer gegen die Inder. ... Er führte auch ein Heer in die Schlacht gegen die Christen, die im Größeren Indien leben. Als das der König jenes Landes, der im Volk Priesterkönig Johannes genannt wird, hörte, zog er ihnen mit einem Heer entgegen ...[5].

Rückkehr

In 106 Tagen legte Johannes etwa 3000 englische Meilen, also etwa 4800 Kilometer, zurück und im Juni 1247 traf die Gesellschaft wieder in Kiew ein. Es ist nicht mit Sicherheit bekannt, ob der Brief des Großkhans an den Papst diesem wirklich überbracht wurde.

Letzte Jahre in Europa

Zurück in Europa wurde Johannes de Plano Carpini 1248 zum Erzbischof von Antivari (heute: Bar) in Montenegro ernannt, wo er sich aber gegen ältere Metropolitansprüche aus Dubrovnik trotz serbischer Unterstützung nicht durchsetzen konnte und am 1. August 1252, ungefähr 65-jährig, verstarb.

Seine Werke enthalten wertvolle Informationen über die alte Ukraine und insbesondere eine Beschreibung des zeitgenössischen Kiew.

Werke

  • Liber Tartarorum.
  • Ystoria Mongolorum quos nos Tartaros appelamus

Einzelnachweise

  1. Johannes von Plano Carpini: Kunde von den Mongolen 1245-1247, übers. v. F. Schmiederer, Sigmaringen 1997, S. 114.
  2. Lexikon für Theologie und Kirche, Sonderausgabe 2006: Johannes del Piano Carpini, Bd. 5, S. 958.
  3. Johannes von Plano Carpini: Kunde von den Mongolen 1245-1247, übers. v. F. Schmiederer, Sigmaringen 1997, S. 41 f.
  4. Johannes von Plano Carpini: Kunde von den Mongolen 1245-1247, übers. v. F. Schmiederer, Sigmaringen 1997, S. 62.
  5. Johannes von Plano Carpini: Kunde von den Mongolen 1245-1247, übers. v. F. Schmiederer, Sigmaringen 1997, S. 65

Literatur

Werkausgaben

  • Johannes Gießauf: Die Mongolengeschichte des Johannes von Piano Carpine: Einführung, Text, Übersetzung, Kommentar. Schriftenreihe des Instituts für Geschichte, Band 6. Graz 1995, ISBN 3-85375-012-5
  • Johannes von Plano Carpini: Kunde von den Mongolen 1245-1247. Herausgegeben, eingeleitet und erläutert von Felicitas Schmieder. Thorbecke, Sigmaringen 1997, ISBN 3-799-50603-9
  • C. R. Beazley (Hg.): The Texts and Versions of John de Plano Carpini. 1903; Reprint 1967

Sekundärliteratur

  • Anna-Dorothee von den Brincken: Die Nationes Christianorum orientalium im Verständnis der lateinischen Historiographie. Kölner historische Abhandlungen, Band 22. Böhlau, Köln/Wien 1973, ISBN 3-412-86173-1
  • Anna-Dorothee von den Brincken: Die Mongolen im Weltbild der Lateiner um die Mitte des 13. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung des »Speculum Historiale« des Vinzenz von Beauvais. In: Archiv für Kulturgeschichte. Nr. 57 (1975), S. 117-140
  • Gian Andri Bezzola: Die Mongolen in abendländischer Sicht. Ein Beitrag zur Frage der Völkerbegegnungen. Francke, Bern/München 1974, ISBN 3-7720-1056-3
  • Johannes Fried: Auf der Suche nach der Wirklichkeit. Die Mongolen und die europäische Erfahrungswissenschaft im 13. Jahrhundert. In: Historische Zeitschrift. Nr. 243 (1986), S. 287-332
  • Lexikon des Mittelalters. Band 5. 1992, Spalte 594
  • Bernard de Vaulx: Histoire des missions catholiques françaises. Fayard, 1951
  • René Guennou: Les missions catholiques in Histoire des Religions. Gallimard, 1972
  • Jean-Paul Roux: Les explorateurs au Moyen Âge. Fayard, Coll. Pluriel, Paris, 1985

Weblinks



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