Johnstonatoll

Johnstonatoll
Lage des Johnston-Atolls im Pazifik
Karte des Johnston-Atolls
Satellitenbild des Johnston-Atolls
Die Aurora des Atomtests Starfish Prime
Die JACADS-Anlage zum Entsorgen chemischer Kampfstoffe
Inoffizielle Flagge

Das Johnston-Atoll ist ein Atoll im nördlichen Pazifik, 1.150 km südwestlich von Hawaii gelegen. Die Inselgruppe gehört politisch zu den Vereinigten Staaten und wird von diesen als sogenanntes nicht inkorporiertes Territorium zu den United States Minor Outlying Islands gezählt. Die Hauptinsel Johnstoninsel zählte bis 2004 noch etwa 317 Einwohner, hauptsächlich US-Militärs. Sie ist reich an Guanoablagerungen.

Die 2,67 km² große Inselgruppe besteht aus den beiden stark durch den Menschen veränderten Inseln Johnston Island und Sand Island sowie den zwei künstlichen Inseln Akau im Norden und Hikina im Osten. Den Inseln ist im Nordwesten ein Korallenriff vorgelagert. Auf dem Atoll gibt es keine natürlichen Süßwasserquellen.[1]

Die Inseln wurden von den USA für Kernwaffentests benutzt und 1962 bei der Explosion eines Flugkörpers stark mit Plutonium kontaminiert. Seit 1972 fanden regelmäßig Tests statt und bis 2000 dienten die Inseln als Lagerstätten für radioaktives Material sowie für die Vernichtung chemischer und biologischer Waffen wie Sarin-Nervengas und Agent Orange. Im Jahr 2000 begannen Aufräumarbeiten.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Das Atoll liegt nur wenige Meter über dem Meeresspiegel, die höchste Stelle ragt gerade einmal fünf Meter aus dem Wasser empor. Das Klima ist das ganze Jahr über heiß, trocken und windig, wobei Nordost-Passate vorherrschen. Im 19. Jahrhundert wurden die umfangreichen Guanoablagerungen abgebaut, die man früher als Dünger verwendete.[2]

Geschichte

Das Johnston Atoll wurde am 2. September 1796 von Kapitän Joseph Pierpont auf der amerikanischen Brigg Sally entdeckt und 1807 vom britischen Schiffskapitän Charles James Johnston wiedergesichtet. Am 19. März 1858 wurden die Inseln unter Berufung auf den Guano Islands Act für die USA in Besitz genommen, aber bereits am 27. Juli 1858 vom hawaiischen König Kamehameha IV. annektiert. 1898 wurde die Inselgruppe erneut ein Teil der USA, welche sie von 1958 bis 1975 als Raketenstartplatz nutzten, wobei sich die Abschussrampe bei 16° 44′ 15″ N, 169° 31′ 26″ W16.7375-169.523888888897 befand.[3]

Von der Johnstoninsel wurden auch Raketen für hochatmosphärische Tests von Wasserstoffbomben gestartet. So startete am 1. August 1958 im Rahmen der Operation Hardtack eine Redstone-Rakete mit einem 3,8 Megatonnen-Sprengkopf zum Zweck eines Kernwaffentests in 77,8 Kilometer Höhe. Weitere Raketen für hochatmosphärische Atombombentests wurden von der Johnstoninsel am 12. August 1958 in eine Höhe von 43 Kilometern und am 9. Juli 1962 im Rahmen der Operation Starfish Prime (als Teil der Operation Dominic) gestartet, wobei der auftretende EMP zahlreiche elektrische und elektronische Geräte auf Oahu (Hawaii) störte.

Dieser Start hätte schon am 20. Juni 1962 durchgeführt werden sollen, doch explodierte damals die Rakete in einer Höhe von 10 Kilometern. Hierbei wurde die benachbarte Sand Island mit Plutonium kontaminiert. Bei einem Startversuch am 26. Juli 1962 explodierte die Rakete mit dem Atomsprengkopf auf der Abschussrampe, wodurch diese zerstört und das umliegende Areal mit Plutonium kontaminiert wurde. Dies führte zu einer fast vierteljährigen Pause der Experimente. Diese wurden am 16. Oktober 1962 wieder aufgenommen, wobei es wieder zu einem Fehlschlag kam. Die Rakete vom Typ Thor DSV-2E explodierte in einer Höhe von 10 Kilometern, wobei auf der Johnstoninsel auch etwas radioaktiver Niederschlag niederging.[4]

Weitere Raketen zum Zweck hochatmosphärischer Atombombentests wurden gestartet:

  • 20. Oktober 1962 (Startrakete: Strypi, Sprengkopf: 60kt, Explosionshöhe: 147 km)
  • 26. Oktober 1962 (Startrakete: Thor DSV-2E, Sprengkopf: 300kT, Explosionshöhe: 50 km)
  • 1. November 1962 (Startrakete: Thor DSV-2E, Sprengkopf: 300kT, Explosionshöhe: 98 km)
  • 4. November 1962 (Startrakete: Nike Hercules, Sprengkopf: einige kT, Explosionshöhe: 21 km).[5]

Nachdem keine oberirdischen Kernwaffentests mehr möglich waren, wurden von der Johnstoninsel bis 1975 zahlreiche Forschungsraketen (auch für die zivile Forschung) in Höhen von bis zu 1148 Kilometern gestartet. Ende der 1980er Jahre wurde auf der Insel eine Anlage, das Johnston Atoll Chemical Agent Disposal System (JACADS), für die Verbrennung chemischer Kampfstoffe errichtet und nach Beenden der Arbeit 2003 wieder demontiert.

Ende 2003 wurden die Inseln vom Militär geräumt und die Verwaltung dem U.S. Fish & Wildlife Service übertragen. Dieser schuf das Naturschutzgebiet Johnston Atoll National Wildlife Refuge und gliederte es in den Pacific Remote Islands National Wildlife Refuge Complex ein.

2005 wurde das Atoll von der General Services Administration (GSA) zum Verkauf angeboten,[6] das Angebot jedoch aufgrund eines Environmental Impact Statements[7] zurückgezogen.

Literatur

  • American activities in the Central Pacific, 1790 - 1870 / ed. by Ralph Gerard Ward, Vol. 3; Ridgewood, NJ 1967

Weblinks

Quellen

  1. Johnston-Atoll im CIA World Factbook (englisch)
  2. Weltatlas und Länderlexikon, Tandem-Verlag GmbH
  3. Jane's Oceania Page - Johnston Island (englisch)
  4. Operation Dominic (englisch)
  5. Raketenexperimente auf der Johnstoninsel (englisch)
  6. ehem. Verkaufsangebot der GSA (englisch)
  7. National Marine Fisheries Service - Draft Programmatic Environmental Impact Statement (englisch)

16.730833333333-169.495833333337Koordinaten: 16° 44′ N, 169° 30′ W


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Johnstonatoll —   [ dʒɔnstən ], Atoll im nördlichen Pazifik, 1 150 km südwestlich von Hawaii, mit vier Inseln (zusammen 2,8 km2), 1 100 Einwohner; auf Johnston Island Flugplatz und Depots. Das Johnston Atoll, 1807 vom britischen Kapitän James Johnston entdeckt,… …   Universal-Lexikon

  • NATO-Ländercode — Die Ländercodes der NATO sind in der STANAG 1059 List of NATO Country Codes festgeschrieben. Neben den Codes für real existierende Staaten wurden auch für die bei Übungen/Manövern gebräuchlichen Bezeichnungen fiktiver Staaten (z. B. „Rotland“)… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der NATO-Ländercodes — Die Ländercodes der NATO sind in der STANAG 1059 List of NATO Country Codes festgeschrieben. Neben den Codes für real existierende Staaten wurden auch für die bei Übungen/Manövern gebräuchlichen Bezeichnungen fiktiver Staaten (z. B.… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”