Amtssprache Griechenlands bis 1976

Amtssprache Griechenlands bis 1976
Katharevousa (Καθαρεύουσα)
Projektautor Adamantios Korais
Linguistische
Klassifikation

Konstruierte Sprache

Kunstsprache
Griechische Sprache
  • Katharevousa
Besonderheiten Die Katharevousa war bis 1976 Amtssprache des Staates Griechenland.

Die heute als Katharevousa (Καθαρεύουσα „Die Reine [Sprache]“) bezeichnete Form des Griechischen wurde im 19. Jahrhundert zunächst auf Basis der griechischen Volkssprache, später eher nach dem Ideal des klassischen Attisch entwickelt, da man die Notwendigkeit einer modernen Staats- und Bildungssprache feststellte und die gesprochene Volkssprache für die Zwecke des neu zu gründenden griechischen Staates nicht als ausreichend erachtete.

Der Initiator der Katharevousa war der Schriftsteller Adamantios Korais (1748–1833), der zunächst eine „gereinigte“ Form der neugriechischen Volkssprache befürwortete; erst später wurden zunehmend auch radikalere Sprachformen propagiert, die bis zum reinen Attizismus reichten (anstelle des volkstümlichen Wortes für Fisch, ψάρι psari, schlug Korais die spätantike Form ὀψάριον opsarion und nicht etwa das echt altgriechische ἰχθύς ichthys vor). Der Grundgedanke war, das gesprochene Griechisch von fremdsprachigen Einflüssen (z. B. aus dem Türkischen) zu reinigen und sehr volkstümliche Ausdrücke durch gehobenere zu ersetzen.

Wichtig ist die Tatsache, dass es „die Katharevousa“ nicht gab, vielmehr waren während des griechischen Sprachstreits je nach Schriftsteller eine Vielzahl von unterschiedlich stark antikisierenden Abstufungen der Katharevousa (wie auch der Dimotiki) im Umlauf.

Mit der Staatsgründung wurde die Katharevousa als autoritäre und antikisierende Staatssprache etabliert, die mit dem ursprünglich von Korais verfolgten Ideal einer „verschönerten“ Volkssprache nicht mehr viel gemeinsam hatte und von keinem Menschen als Muttersprache gesprochen wurde. Sie wurde zwar nach wie vor immer als Neugriechisch bezeichnet, hatte aber in den meisten Fällen ein eher altgriechisches Aussehen, ist jedoch mit der altgriechischen Sprache keineswegs gleichzusetzen, da sie auch Formen und Wörter enthielt, die es im Altgriechischen nie gegeben hat.

Die Katharevousa war bis 1976 Amtssprache des Staates. Seitdem ist das natürliche und von Griechen als Muttersprache gesprochene Neugriechisch (auch als Dimotiki, später unter Berücksichtigung neuerer Katharevousa-Einflüsse auf die gesprochene Sprache korrekter auch als Standard Modern Greek/νεοελληνική κοινή bezeichnet) alleinige Staatssprache Griechenlands sowie Amtssprache Zyperns und der Europäischen Union. 1982 folgte auch die offizielle Abschaffung der polytonischen Orthographie.

Die Katharevousa spielt in einigen Bereichen wie dem Rechtswesen und der Kirche weiterhin eine Rolle; auch viele Sprichwörter und Redewendungen des Alltags stammen aus der Katharevousa. Zahlreiche Wörter und grammatikalische Erscheinungen der Katharevousa sind ins Neugriechische eingegangen und werden heute nicht mehr als altertümlich oder gelehrt wahrgenommen. Die Zeitung „Estia“ erscheint als letzte Tageszeitung in Katharevousa und hat mit den Freunden der Hochsprache eine feste Leserschaft.

Literatur

  • Geschichte:
    • Francisco R. Adrados: Geschichte der griechischen Sprache von den Anfängen bis heute. Tübingen/Basel 2002
    • Hans Eideneier: Von Rhapsodie zu Rap. Aspekte der griechischen Sprachgeschichte von Homer bis heute. Tübingen 1999

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