Jubiläenbuch

Jubiläenbuch

Das Buch der Jubiläen, Jubiläenbuch, (hebr. ספר היובלים), manchmal auch Kleine Genesis (Leptogenesis) genannt, ist eine religiöse Schrift des jüdisch-christlichen Kulturkreises. Es greift insbesondere Gedankengut aus der Genesis und dem Exodus auf und stellt es im Licht rabbinischer Traditionen des 2. vorchristlichen Jahrhunderts dar. Die Juden rechnen das Werk heute zu den Midraschim, die meisten christlichen Denominationen indes zu den Apokryphen des Alten Testaments.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Das Buch der Jubiläen erzählt die gesamte Geschichte der Welt zwischen ihrer Erschaffung und der Übergabe der Gesetzestafeln am Sinai neu, schmückt sie mit in der Tora selbst nicht enthaltenen Details aus und versucht, jedes Ereignis minutiös nach „Jubiläen“, Jahren, Wochen und Tag zu datieren – gemäß einer Einteilung, die Moses unmittelbar am Berge Sinai geoffenbart worden sein soll und in der die Zahl „7“ eine große Rolle spielt. Die Verführung Evas durch die Schlange etwa soll „nach Ablauf der sieben Jahre (…) und zwar im 2. Monat, am 17. Tage“ stattgefunden haben. Adam starb „am Ende des 19. Jubiläums, in der 7. Jahrwoche, in ihrem 6. Jahre“. Auch enthält das Werk zahlreiche Speise- und Reinheitsvorschriften.

Großen Raum nehmen auch die Engel ein. Erwähnt werden vier Klassen: „Engel des Angesichts“, „Engel der Heiligung“, „Engel der Natur“ und „Schutzengel“. Berichtet wird u. a. die Erschaffung der Engel am ersten Schöpfungstag, aber auch die sündhafte Verbindung abtrünniger Engel mit Menschentöchtern, aus der das später bei der Sintflut vernichtete Riesengeschlecht der Nephilim hervorging. (In der äthiopischen Fassung wird allerdings gesagt, dass in diesem Fall mit „Engeln“ die Nachkommen Sets und mit „Menschen“ die Nachkommen Kains gemeint sind.)

Nach Auffassung des Autors der Jubiläen war Hebräisch die Sprache, die ursprünglich von aller Kreatur, Menschen wie Tieren, und auch im Himmel gesprochen worden sein soll. Nach der Zerstörung des Turmes zu Babel sei sie aber in Vergessenheit geraten, ehe sie Abraham wieder von den Engeln gelehrt worden sei. Enoch sei der erste Mensch gewesen, den sie in der Kunst der Schrift unterwiesen hätten, worauf er alle Geheimnisse der Astronomie, der Zeitmessung und der Weltgeschichte niedergeschrieben habe.

Manuskripte

Die erhaltenen Manuskripte des Buches der Jubiläen bestehen aus bruchstückhaften, auf ein Werk des Epiphanius zurückgehenden griechischen Texten, deren ein Viertel des Gesamtumfangs ausmachenden lateinischen Übersetzungen sowie vier besser erhaltenen äthiopischen Texten aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Unwiederbringlich verloren ist freilich das hebräische Original, das abweichende Fassungen der Inhalte von Genesis und Exodus enthalten haben soll.

Ein zusätzliches syrisches Fragment im Britischen Museum mit dem Titel Namen der Patriarchengattinen gemäß dem Hebräischen Buch der Jubiläen legt nahe, dass irgendwann auch eine syrische Fassung existiert haben muss.

Weitere Fragmente wurden unter den Schriftrollen vom Toten Meer gefunden. Wieviel vom Originaltext fehlt, kann aber anhand der Stichometrie des Nicephorus ermessen werden, der von 4300 Versen im Buch der Jubiläen spricht.

Entstehungsgeschichte

Aufgrund interner Belege geht die Forschung davon aus, dass die hebräische Urfassung des Buchs der Jubiläen von einem Pharisäer zwischen 135 (Ernennung des Hyrcanus zum Hohepriester) und 105 v. Chr. (sein Bruch mit den Pharisäern) geschrieben wurde. Die Orientalisch-Orthodoxe Kirche, in der das Buch der Jubiläen traditionell hohe Wertschätzung genießt und als älter als die Genesis betrachtet wird, beharrt indes unter Berufung auf eine im Werk selbst enthaltene Aussage darauf, dass es am Sinai unmittelbar von Gott an Moses übergeben worden sei.

Ein Anliegen des Buches war es u. a., das traditionelle Judentum gegen den wachsenden Druck von Seiten der griechischen Kultur zu verteidigen. So hatten die hellenisierteren unter den Juden, etwa in Alexandria, die Bedeutung der levitischen Gebote für das Leben der Juden in der „modernen“, griechisch geprägten Welt relativiert. Diese Entwicklung betrachteten die Autoren des Buchs der Jubiläen als fatal für die jüdische Religion und Identität, wurde doch der Tora immerwährende Gültigkeit zugeschrieben.

Wirkungsgeschichte

Unter den Schriftrollen von Qumran ist das Jubiläenbuch in zahlreichen Handschriften belegt, hatte demnach hohe Bedeutung für die hinter den Texten stehende Gruppierung. In den jüdischen Kanon wurde das Jubiläenbuch gleichwohl nicht aufgenommen. Ähnliches gilt für das Christentum. Zwar stand das Buch auch bei den Kirchenvätern in hohem Ansehen, dennoch wurde es kein Teil des Kanons der Reichskirche. Dass das Buch überhaupt die Zeiten überdauert hat, ist daher allein den Orientalisch-Orthodoxen Kirchen, dabei vor allem der äthiopischen Kirche, sowie den Schriftrollen vom Toten Meer zu verdanken. Beeinflusst durch den Gebrauch in Äthiopien gelangte das Buch in neuerer Zeit auch in Teilen der jamaikanischen Rastafari-Bewegung zu einigem Ansehen.

Literatur

  • Klaus Berger: Das Buch der Jubiläen. In: Werner Georg Kümmel; Hermann Lichtenberger (Hg.): Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Bd. 2: Unterweisung in erzählender Form. Gütersloh 1973-1999, 273-575.
  • Paul Rießler, Altjüdische Schriften außerhalb der Bibel, Augsburg 1928. (Übersetzung des Jubiläenbuchs S. 539-666.)

Weblinks


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